Die verglciclicntle Prüfung sSinmtliclicr gilt und aiisvciclicnd beobachteter ludividueii ergiebt luiii für den iVi/s/no-
saunii bollensis folgende spezifisclie Uuterschcidimgsiiierkniale. —
D e r Kopf je nach dem Alte r etwas mehr oder weniger als ein Fünfle l der ganzen Länge bctrugeuil, die Sclinautze
beiiinbe drei Viertel desselben, von der Spitze bis za den Augcnöffnungen gemessen, ihre Ohcriläche fluchrinid gewölbt,
sanft und allmälig nach vom veracliinälert, die Sj.itze je älter das T h ie r um so mehr erweitert, zuletzt fast krcisruud
abgc sc tz t, iu der Jugend niedrige r, im Älte r hinten über der Nascnmüiidimg hoch gcivÖlbt. Augenöfinungeu in alleu
Lebensstadien läuglicb elliptisch, leicht erhaben umrandet, mehr seitwärts gewendet, anfangs mir wenig k le in e r, als die
Schläfeiigrubeumündiiiigcn; letztere werden stets grösse r, sind im Alte r scbr viel grösser, als die A u g en , länglich trapezoidal
ge sta lte t, hinten stets b re ite r, als vorn. Stirn anfangs nicht b re ite r, als die A u g e n » ) , und etwa doppelt so
b re it, wie der S che ite l; allmälig jene an Bre ite z n - , dieser abnehmend, zule tz t der Scheitel eine blosse scliarfc Kante.
Jederseits v i e r Zähne im Zwischenkicfer, uud 2 8 alternirend grössere und kleinere Zähne in den Kiofcrriindcrn; davon
im Unterkiefer nur 3 — 4 auf dem freien Schenkeltheilo des K ie fe rs ; in de r Jugend in beiden K ie fe rn vielleicht ein
P a a r Zäiinc mehr. Vorderbeine ziemlich halb so la n g , wie die Hinterbeine; letztere etwa so lau g , wie die S d iu au tz e
bis zn den A u gen; der Oberarm etwas mehr als die Hälfte des Oberschenkels messend, der Vorderarm kaum zwei
Dritte l des Obe ra rme s, der Untcrscbcnkcl ♦/, des Oberschenkels, der F u s s fast genau so lang wie de r Oberschenkel,
seine vierte (äusscrste) Zehe die längste. Im Schwanz, der ziemlich die halbe Körperlängc wcgnimmt, über 3 5 ‘Wirbel,
walirscheinlicli 43 — 4 5 . D e r P anz e r aus Qucrrcihen mehr oder minder qucroblougcr Schilder gebildet, deren Anzahl
auf dem Rücken mit der Z ah l der W irb e l übereinzustimmen scliciut; die 2 mittleren Reihen der Riiekenplatteu die
grössten, nnd jede Pla tte mit einem erhabenen K ie l am änsscren Seiteiirande; die Seltenplatten wahrscheinlich nicht gek
ie lt, alternirend etwas k le ine r und wieder grösser. Untere Schwanzseite zur Hälfte ebenfalls mit zwei Reihen kleiner
e r , gekielter Randschilder, die wahrscheinlich nicht bis zum 20stcu M'irbel reichen, wo die obercu K an ten sich in
e i n e n Kamm zu verbinden sclicinen; die letzte Hä lfte des Schwanzes (liinncr, Löher, riiderföriing gestaltet. Alle P a u -
zcrschildcr anf der äusseren Oberfläche grubig v e rtie ft, die Grübclicn meist oval, niigleicb gross, in Reihen geordnet.
Yorderbeine sehr scliw-ach und k le in , Hinterbeine ziemlich s chlank, die 3 inneren Zehen mit kleinen K r a lle n , alle vier
wahrscheinlich durcli eine ganze Schwimmliant vcrhnnden. Grösste L än g e des Tliieres wohl mclit viel ühcr 15 Fuss
liinaiisgcliend, der K o p f also gegen 3 F uss bis etwas darüber lang, der Schwanz etwa 7 Fnss, das Hinterbein gegen
F n s s , der längste (1 6 te bis 19(e) Ruinpfwirbel höchstens 2 bis 2*/o Z oll. —
86.
D i e I n d i v i d u e n a u s F r a u k e n .
In der Liasformation am obercu Tlialgeliäiige der S c h w a r z a c h , zwischen A l t d o r f und N e i im a r k t südöstlich
von N ü r n b e r g , bat man besonders bei B e r g mehrfach nnd zule tz t beim Ansgrabcn des L n d w i g s k a n a l c s
Reste von Mystriosaurus e n td e ck t, welclie ebenfalls zu einer ganzen Reibe vcrscliicdeucr Arten Veranlassung geworden
sind. E s lag uns leider kein Exemplar dieser Fundstätte zur Uiitersnchung vor, wir können also mir auf die Angaben
uns beziehen, welche friilicre sorgfältige Boobacliter darüber gemacht haben. —
Am längsten bekannt ist aus dieser Gegend der zertrümmerte Schädel, dessen Bniclistücke in M e k c k ’s Besitz
waren, und nach seinem Tode in die D a rm s t ä d t e r Natiiraliensammliuig gelangten. C u v i e r gedenkt ihrer nur beiläufig,
erst K a u p (Abb. über Gavialart. Amphib. ctc. S . 2 . T a f. I .) lehrte sie genauer kennen, und belegte sie mit dem
systematischen Namen Mystriosaurus L a u nllardii. Das T hie r hatte eine beträchtliche Grösse , und stand unserem
grössten Exemplare wohl nicht au Grössc nach; es besitzt zwar eine ähnlich g e sta lte te , ab e r viel dick e re , liöliere
Schiiautzenspitze, und wie es nach der Abbildung sche int, mehr g l e i c h g r o s s e ( ? ) Kieferzälmc * ) , deren Anzalil
sich (nach Abzug der 4 jed e r Seite für die S p itz e , welche oben dem Zwischenkicfer angeliörcn) oben auf 2 9 , uiitcii
auf 2 8 belaufen soll, was mit den Zahlen der B o i l e r Exemplare übercinsfimmt. D e r freie Ast des Unterkiefers trägt
6 — 7 Ziiline. —
Gleichzeitig führt K a u p von derselben Fundstelle einen bis hinter die Sympliyscniiaht vollständigen, viel llaclicr
gebauten Unterkiefer unter dem Namen M. Egertoni a u f , der einem etwas kleineren Indiviiliiuiii angehört hahcn muss.
A. W a g n e r ha t dasselbe Stü ck später ansfübrlicher besprochen’) , und ciue Ahbilduiig in natürlicher Grösse gegeben
I bei ill r Geburt nicht bloss viel schmäler, als die AiigenöfTQUag war, sondern
kleinsten Exemplar is t der Unterschied noch bemerkbar; die Stirn hat
») Es leidet für uns keinen Zweifel, dass die Stirn
wahrscheinlich auch schmäler, als der Scheitel; li
9 '“ , die Augenöffnung 10‘" Breite. —
») Es ist sehr za bedauern, dass A. W agner die Grösse der Zähne des von ihm beschriebenen Schnaiitzentheiles (Abh. d. Münch.
Akad. V. 56G.) unbeacliict gelassen lial; er sagt bloss, dass ihre Krone, wie bei M. Mümicri, gestreift sei.
’ ) Hierbei erfährt man, dass das Gvpsmodell, welches Kaup beschreibt, über zusammengesetzte Stücke geformt wurde, die wahr-
scheinlich gar nicht so zusammengehürcQ, und daraus würde die enorm lauge Symphysennahl (gegen 2 0 " ) sich erklären;
Spitze des Uüterkiefers zu schliessen, kann sie höchstens 1 4— 15" lang gewesen sein.
nach der
(Abh. il. Münch Akatl. V. 559. T af. X V I I . Fig. 3.). Daiiehcn ist aiicli liie üntc rkic rc rspifz e von M. Münsteri (Flg. 2.)
d a rg e stc llt,' woraus schon Klar genug die grosse Uchcrcinstiuimiing beider Thie rc liervorgelit. Zaiin passt auf Zalin,
ü iu riss auf Umriss, wenn man bedenkt, dass der M. Egertoni etwas kleiner war, nls der neben ihm ahgebiltlclc M. Mün-
steri, nnd durum die von A. M’a g n e r licrvorgcliohcnc grössere Breite des letzteren nicht viel zu besagen ba t. Auch die
schlankere Form der Zähne dürfte , als einem noch jüngeren T h ic re ziistclicnd, nicht von grosser Bedeutung sein.
Seliwerlich abe r gehört de r 2 " 4 ' " la n g e , grosse, massive M’irb e l, den A. M’a o n e u T a f. X X I. Fig. 8 . verstellt, zu
demselben Ex em p la r, vielleicht nicht einmal zu derselben Spezies. Ih re Trennung von M. bollensis erscheint nns, wenn
die Synipliyscnuaht des Unterkiefers wirklich nur die L än g e von 1 4 — 1 5 " h a tte , nicht e rlaubt, besonders da die A ltc r-
iiafloii grösserer nnd kleinerer Zälme hier wenigstens cntscliicJcu feststclit. Wenn wir das vordere Stück des Üntcr-
kiefei-s vor l l ' / j " L än g e mit unseren Exeniplarcii vergleichen, so linileii wir darauf gerade so viele Zälme (1 1 P a a re
g ro s s e r, die meisten kleineren fehlen), wie an le tz te ren, nud das hcstimiiit u n s , den M. Egertoni nicht vom B o i l e r
G a v i a l spezifisch zu Ircniicii, welcher Ansicht auch A. M 'a g n e r nicht abgeneigt ( a . a . 0 . S . 6 0 0 ii. 4 . ) zu sein scheint. —
Alle übrigen Fnndstückc von derselben Localitat siud noch viel imbedcntender, und erlauben keine allscitigc
Vergleichung; cs wird darum kaum nöthig se in , sie weitläufig zu be.s])rcchen.
Zuvörderst schildert A. M ’a g n e r (a. a. O . S . 5 5 1 f.) unter dem Namen Mystriosaurus macrolepidoius einige
Trümmer, welche allerdings keine spezifische Aclmlichkeit mit dem B o i l e r G a v i a l vcrratlieu. Aber cs ist niciit
zu leugnen, dass sie mit dem Mystriosaurus Laurillardii zusammen gehören könnten. M’cnn man bedenkt, dass
diese A rt solider in alleu Tlicileu constniirt w a r, einen viel dickeren Sclinautzcuthcil besass, derbere Zähne führte,
deren alternircnde Giösscndilferenz eben dcslialb so unbedeutend sein köniifc, dass mau sic ganz übersah; — so wird
cs Niciiiaiideii überraschen, auch solidere M’irbelkiirpcr, grössere dickere Knoclicnscliilder, kräftige Extrcmitätenknoclien
bei ilir anzutreffeii. Das alles weist A. M 'a o n e r a. a. 0 . durcb Büschreibmigeii wie Abbildungen na ch, und r c r -
vollsliiiidigt dadurch, wie uns dü n k t, das noch sehr lückculiafte Bild des M. L a urillardii, mit dem wir unbedenklich
seinen M. macrolepidoius ziisammenziehen. —
Eine andere Nomiualart, Mystriosaurus spedosus S I ü n s t . (L . ii. B k . ii. Jahrb. 1 8 4 3 . 1 2 9 . ) , welche A. M 'a o n
e r dcumäclist hcspriclit ( a . a. 0 . S . 5 6 3 . ) , lasst ihm selber ihre Uebereinstiinmung mit Mystr. LanTÜlardii als wahrscheinlich
crschcineii; e r kommt zu dem Resultat (S . 5 6 6 . ) , dass des Grafen v. M u n s t e r ’s A rt auf ein beträchtlich
grösseres Individuum sich s tü tz e , bei welcbem die Alveolen n i c h t im gleichen Niveau mit der Gaumenfläclie, sondern
etwas höher stehen. Das is t gerade auch beim lebenden Gavial im höheren Alte r de r F a l l , weil die Kiioclicnsiibstanz
allmälig immer dicker wird, nuil die mittlere Gaumenfläclie sich in Folge dessen hcrabsenkt. Hiernach wäre M. spedosus
M ü n s t . beträchtlich iiltcr gewesen, als M. L aurillardii K a u p , und dazu passte die von Ä. M 'a g n e r hcrvorgcliobene
liedeiitcnJcrc Grosse ganz vortrefflich. E s bleibt also ga r kein llinde riiiss, beide A rten zusammenzuzielicn. —
Mystriosaurus ienuirosiris 3 IÜX S T . (a. a. O . S . 1 3 0 . ) , wozu der frülier als Engyommasaurus Brogniarti von
K a u p bcscliricbene innere Schädcikern gehören so ll, i s t , wie A . M a g n e r (S . 5 6 9 . ) bezeichnend angiebt, nur das
zwergliafte Naclibilil des Mysir. spedosus; a lso , fügen wir h in zu , ein jiigendlichcs Individuniu derselben Art. Uebcr-
haiipt kann ein einziges Kicfcrfragmcut, wenn es nicht die allcrcnfscliicdcnstcn Zeichen der Selbständigkeit an sicli
tr ä g t, nicht znr Aufstellung einer n e u e n A r t berechtigen.
Dies sind die Fiiiidslücko und die darauf gegründeten Arten aus U i i t e r f r a n k e i i ; Oberfranken hat nur sehr
selten bei B e r g und B a y r e u t h M y strio sa u ru s-R e ste ge lie fe rt, von denen die ersteren in die ß e r g i s c h e Sammlung,
sdie letzteren in die J I ü n s t e r ’scIic gelaugten. D a rau f gründete G r a f v. M ü n s t e r seinen Mystriosaurus franconicus (a. a.
O. S . 143.) von J l i s t e l g a u . H e rr A . M ’a g n e r hat neuerdings die ziemlich dürftigen Fragmente besprochen (a . a. 0 .
S . 5 7 0 . ) , und zum Th c il auch abbildcn lassen. E r meint zw a r, dass diese Trümmer vollständig liinrciclien, um darin
einen Mystriosaurus zu erkennen, sicht sich aber mir in Erwägung gewisser eigeiithümliclier Furchen am Gaumen veranlasst,
sic vor der Haud als ciuc e ig en e , zunächst mit M. Münsteri, d. h. mit dem B o i l e r G a v i a l , verwandte Art
anznerkenncii. M’ir wollen es dabei hcwcnden lassen, die A r t ciiistwcilcii zu nciincii; wir können der Furche am
Gaumen längs der Alvcolarkante und einer (lächeren iicben der M itte ln ah t, welche die letztere etwas leistenartig her-
vorfrctcn lä s s t, keine spezifische Berecliiignng ziis|irechen. —
8 7 .
Die Prüfung sämnitliclicr, anf deiitsclicm Boden bisher anfgerundcner und öflcntlich liesprocliencr Mystriosaiiren
hat uns also zu dem Resiillat g e fü h rt, dass zur Z e it der L i a s f o r m a t i o n in den Lagunen nahe der alten 3Icercs-
küstc walirscliciiilich z w e i Arten gavialartigcr Krokodile gelebt haben; die eine vollständig und genügend bekannte
S [ i c z i c s ist der Mystriosaurus bollerisis, den unsere Arbeit allein zum Gegenstände ih re r speziellen Untereiichnng gc-
wiilill ha t; die andere, vielleicht etwas jüngere A r t , müsste nach ilireu ältesten Beweisstücken mit dem Namen Myslrio-
saurus Laurillardii belegt werden. S ic scheint nördlicher an den Küsten des langen Busens zwischen Böhmen
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