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()9.
Die V o r d e r g l i c d m a s s c n des B o i l e r G a v i a l s liabcn genau dieselben Bcstaiidthcile, wie die entspreclienden
Organe lebender Krokodile, und unlerseliciden sicli von denen der letzteren lian|)tsiiclilicli mir dnrcli eine für die Grösse
des Tliieres liöclist merkwürdige, übcrrascbcmlc Klciiikcit; sic beweisen durch dies Me rkma l, dass der B o i l e r G a v i a l
viel mclir und grösstentlieils, wenn uiciit ausschliesslich, ein M'u sserthier w a r ,-d e r sich lianiitsäclilich seiner liintcren
Extrcniitiil und seines langen Scliwanzes als Rnderorgaiie bediente, und wahrsclieinlicli auf dem L unde mir liöchst mibe-
h olfcn, ja nbci'han|it kaum gehen konnte.
D a s S c l i u l t c r b l a t t (scapula, T a f. VIT. IX . X I . A ) ist niciit lä n g e r , als etwa z w e i Wirbelkörjicr in seiner
Näh e , wahrend das Schulterblatt lebender Krokodile etwa den v i e r vorderen Rückenwirbeln an Länge glciclikomiut.
E s gleicht im Ansehen einem langgezogeneu B e ile , dessen Stielende verdickt und mit einer länglich dreiseitigen E n d -
fläclie versehen ist. Mit dieser F lä c h e , welche in der Regel nach vorn lie g t, im Leben aber mclir nacli unten gewendet
w a r, sticss das Schulterblatt an das Sclinabclbciii; n u r seine dick ste , im Leben hinterste Ste lle an de r stiimiifcn Ecke
nahm Th e il an der Geleiikgruhe fü r den Oberarm. Ucbcr dciiiselbcii b re ite t sich das Schulterblatt iiacli vorn in einen
Kamin aus, indem sich die dicke E cke allmälig ziischärft nnd in eine sehr dünne K an te iibergelit. Nini verengt sich
der Knochen von beiden Seiten zu einem engen, nicliv runden Halse, nnd hinter dem b re ite t sich alsdann die hciirörmige,
mit einem Bogen endende Fläche wieder ans. E in mehr spitz e r 'Wirbel derselben ist im L eb en nach h in ten , ein melir
abgerundeter nach vorn, der gebogene Endrand nach oben gewendet gewesen, und an Um se tz te sich die zweite, knorp
e lig e , viel kürz e re Abfheilmig des Schulterblattes. Dass eine solche vorliandcn w a r, obgleicli Spuren derselben sich
nicht mehr lin d en , is t aus dem ziemlich d ick en , etwas aiifgcworfcueii Rande der Endfläche zu ciifnclimcii.
Da s S c l i i i a b e l b e i n (coT a co id e um , T a f. IX . X I . B ) hatte dieselbe L än g e mit dem Schulterblatt und eine sehr
ähnliche F o rm ; ein mittle re r, mehr drehrnndcr, dünner T lie il breitet sich jcdcrseits in eine qiicr gegen ilm gestellte
Eiidfläclic aus. Davon stösst die dickere, b re ite re , mehr zwciiappige an das Schulte rbla tt, war also im L eb en das
obere Ende des Knocliens; die flachere, mehr platfenförmig ge sta lte te , etwas sciunälere Fläche verband s ich , wie wir
T a f. IX . sehen können, mit dem Brustbein. Au jenem breiteren E n d e , dessen Eiidraiid in der Mitte buchfig ousgc-
scbweift erscheint, sind zwei Eiidlaiijieii unfcrsclicidbar; ein o b e re r, b re ite re r, der vorwärts vorragte, nnd ein unte
r e r , sp itz e re r, der im Leben nach hinten gewendet war und mit der analogen E cke des Schulterblattes die Ge lcnk-
grnbe für den Oberarm zusainmcnsetzfe. Beide Knoclicn erbeben sich daselbst etwas nach anssen und bilden dadurch
eine ziemlicli tiefe G ru b e , die den znsammcngedriickten K o p f des Oberarmes anfiialim. Vor dieser Ste ile wird das
ScLnabelbcin auf seiner Mitte von einem Loch durclibohrt, dessen Ainvesenheit auch beim B o i l e r G a v i a l nicht be zweifelt
werden k a n n ; man sieht es k la r , wenn auch mit Gestein ausgefiillt, am grossen (T a f . IX .) wie am kleinen
(T a f . X I .) Exemplar. Das untere Ende des Scliiiabclbeines bie te t nichts weiter Bemcrkcnswertlics d a r ; der Endrand
seiner P la tte z e rfä llt in 2 Abtlieiliingcn, wovon die vordere sich an das Brustbein le im t, die liintcre frei abstcht und
mit der rantenfönnigcn Knorpelplatte sich verbindet, welche vom S tie l des Brustbeines getragen wurde.
D e r O b e r a r i i i k n o c l i e n (liumerus, ebenda a ) ist um die Hälfte länger, als das S c linltc ibla tt, übertrifl't also den
analogen Knochen lebender Krokodile beträchtlicli an relativer Länge . Dafür crreiclit er abe r auch nicht dessen S tä rk e .
Sonst is t er ihm sehr ähnlich. Sein oberer Gelenkkopf bildet keine kreisrunde, sondern eine halbmondförmige Ge -
leukQncbc, welche auf die angegebene A r t zwischen Schulte rbla tt und Scliliissclbcin sicli einrügte. Unte r dem Gelenk
wird der Knoclien besonders von liintcn Ler bogig verschmälert, während vorn sich ein stiiinpfcr Raiidiiöckcr au ihm
e rh eb t, der nicht gerade sta rk gewesen zu sein scheint. Dann folgt eine lange, grade, drelirundc S tre c k e , die allmälig
nach unten breiter und flacher wird, sich auf de r Innenseite etwas v e rtie ft, und zuletzt in den queren, anfgeworfeiicii,
zweitheilig ansgebnchtcten Gelenkkopf übergeht, dessen äussere Portion etwas dicker und stä rke r i s t , als die innere.
Indessen stehen namentlich diese beiden Geleukabtlieiliingcn noch mehr, als die obere Gelenkiläche, den eiitsprechcudeii
Gebilden der lebenden Krokodile an Grösse nnd S tä rk e recht merklich nach.
Die beiden Knochen des V o r d e r a rm e s , die E l l e (u b ia , b) und die S p e i c h e (ra d iu s , c) sind viel kürzer,
als der Obe ra rm; sie übertrcITen darin dieselben Knoclien der lebenden Kro k o d ile , indem sic kaum zw e i Drittel,
n ic b t, wie bei die sen, d r e i V ie rte l des Oberarmes b e tragen, wälircnd die Alligatore das Verliältniss bis auf f ü n f
Sechstel steigern. K e ine r von beiden Knüi-Iien liat etwas besonders Aiiszcichnendcs. Die E l l e ist am vollsläiidigslcn
T a f. X . zn sehen, wo sie links in der unteren E cke lie g t; nur ilir unteres Ende ist bcscliädigt *). Man siclit die
Verdickung am oberen Gelenkkopf, dem Olecranon entsprechend, und e rk en n t das viel dünnere untere Ende T a f. V II.
bei i deutliclicr. Im Ganzen ist der Knochen etwas stä rk e r, als die S p e i c h e , diese dagegen an lieidcii Enden zicm-
lich gleichmässig verdickt und grade r gestreckt. Ih re L än g e ist wenig ge rin g e r, als die der Elle.
*) in der BezilFcning is( hier ein Fehler stehen geblieben, dei
Tatei (IX.) zwisclien a und C; diu Knochen, welche er dor
liiicbslabe b sollte neben diesciii Kimclien slelion, nicht aul' der vorigen
anzeigt, sind Rippenstücke. —
D e r unkciiiilliclistc Thcil ist stets die H a n d , kein einziges de r bis je tz t aiifgcfundenen Exemplare des B o i l e r
G a v i a l s hat sie vollständig. Au d i an unseren Ske le tcn ist sic überall so sehr zertiüiimiert, dtiss wir iiidit.s Bestiiiinitcs
von ihr hätten sagen köniicii, wenn nicht H e rr F it z in o k k die grosse Güte gehabt hä tte , uns von dem E \e iii|)la r der
M 'i c i i c r Samiiiliing, dem einzigen, das wenigstens eine deutliche Handwurzel und einen vollständigen Mitfellingcr bes
itz t, eine Zcicliniing in natürlicher Grösse nebst vollständiger Beschreibung zngchcn zu lassen. W ir Imbcn dieselbe
T a f. V fL F ig . 2 . in halber Grösse wiedergegeben, und darnach eine Restauration der Hand neben der llttiiptligur versucht.
He rr F it z in c r sagt in seinem Schreiben wie folgt.
„So v ie l ich aus den Resten cn iiiild n k a n n , düferirt der Vorderfiiss von dem der Krokodile nicht; cs sind dieselben
Knochen und wohl auch in derselben Anzahl vorhanden, wie das beinahe mit Gewissheit angenommen werden kann,
obgleich cs sich auf der Pla tte nicht bei allen Zehen nacliweisen lässt. De r Carptisknoclien für die Ulna (e ) ist
zerdrückt und nur in einer L än g e von 3*/»'" sic litba r, der Carpns des Radius ( ¿ ) misst 6 '" . E in L en ticu la r-
knochcn ( / ) ist vorhanden, das Erbsenbein (g ) dagegen fa st ganz weggestcmmt. D e r D a u m e n besteht dcutlicli
aus d r e i G lied e rn : Wiirzelglicd 5 " ', Mittelglied 3 " ', Endglied 2 '" ; vom Z e i g e f i n g e r sind nnr noch zw e i
Glieder d a , davon misst das erste das zweite ütii M i t t e l f i n g e r siud allc f ü n f Knochen, ein
Mctacarpiisglied und vier P h a langen, e rh a lten , abe r die 3 letzten zweimal winkelig geknickt; das Mctacarpiisglicd
misst 6 " ', das erste Fiiigcrglicd 3 ‘/ j '" , das zweite das dritte V U '" , das vierte 2 '" -, von der v i e r t e n
Z e h e zeigt die P la tte nur 3 K n ocben, davon misst das erste oder Metacarjiu.sbeiuchen 5 '" , das zweite 3 '" , das
d ritte , mir zum Tbcil s ichtba re , 2 " '; vom K l c i i i f i n g c r ist nur das Mctacarpiisglicd in einer L än g e von 4 '"
siclitbar.“ —
Z u (licsBU scluitacnsuerlliMi MilllLc!liingcn köiinwi wir aus eigener Unlersuclmng nocli liinnnfügen, dass die M!t-
tclliaiiilknoclien eine liciiicrkbar nnglciclic S tä rk e n e ig en , nml cinnoln »on innen nacli aussen nicht liloss län g e r, sondern
mick sclilanker und diiiiiier iverdcn, liis znm dritten , und dann sieh sd ia e ll n ied e r verkürzen. Jedes 3Ictacarpiishetn hat
cino dick e re , kantige Basalgcicnkiläciic, und einen cngc tcn, ahgcrundelcn E n d k o p f; ziiischcn hcidcn ist est sanft vcr-
schiiiäclitigf. Die Zeheiiglicdcr zeigen ganz diescllie F o rm , »e rden aller schnell viel kleiner. Die kleinsten Glieder
hahcn die lioidoii .änssercn Z c licn, und darum sind diese am leichtesten »criorcn gegangen. Dass das Endglied der
Mittelzehc eine K ra lle tru g , ist ans seiner zngespitzten, keiiisehen G e sta lt zn e rkennen; ellenbar iverdcn also aocli
die erste und ziicite Z eh e dieselbe Beivaffniiiig gehallt Itaheti; dagegen dürfte de r vierten und fünften Zeiie eine Kra lle
u i e ilt zukommeii. ■—
70.
•Wenn die vordere E s trc in iiä t des B e l l e r G a v i a l s dnrcli Kleinheit überrascht, so is t dagegen die liintcrc durch
ihre Gi'iisse ansgezeicliiict; »eiliger frcilicli durch S o lid itä t, als durch die Gra c ilitä t ihrer Knochen. Auch das lieivcist
ihre vonviegcadc Bcinitznng als Rn d c ro rg an ; » ä re sic zum Gange vorzngsivcisc bestimmt g c » e s c n , so müsste sic für
die Grösse des Rniiipfcs einen kräftigeren Knochcilhnn besessen haben.
Von den heidcii llauptlicstaiiiltlicileii derselben, dem R e c k e n nnd dem B e i n , ist ersteres eher k le in , als gross
zn iicniioii, nud keiiicsnegcs so gross, » ie das Becken Ichcndcr Krokodile von gleichen Körpcrdiiiiensioncn. E s bestellt
ans den gcivölinlichen drei K n o c h e n p a a r e i i , »eiche man D n rm h e i n , S i t z b e i n und S c h a m h e i n genannt hat.
D as D a rm b e i n (os ilic im , T a f. V I. X . r t ) ist cino k rä ftig e , raiiteiiförmigc Knoclienplatte, welche etwas gc -
kriimiiitc Rände r nnd gcnölhlc F lä chen be sitz t. D e r obere Rand is t nach anssen nnd oben gokrämmt, ziemlieli dick
nnd an jedem Ende in eine scharfe E ck e vorgezogeii; die vordere E ck e ist schlanke r, selbständiger ahgcsetzt,
die hiiilcrc grader ziigcscharft, ctivas hernhgcneigt. Man nennt diesen oberen Ran d den K am m des Daniilici-
n c s , »e il er selbständig abstelit und etwas iiacli ansscu v e rtritt; so war cs ancli heim B o i l e r G a v i a l . Vach innen
liel e r schief gegen den Rumpf e in , » e il de r K n odien anssen v e rtie ft, einwärts verdickt titid hier sehr stark i s t, um
den kräftigen Querfortsätzcii de r Kreiizhciiiwirhel eine solide Fläche ciitgegcnznhringcn. Das ist an unseren Exemplaren
zwar nicht zu schell, aller doch ans der Analogie lehciiiler Krokodile, von deren Dannhein die Umrisse dcasclhen beim
R o l l e r C n v i a l in keinem I'iinktc wesentlich abivcidicn, mit Bcstiniralhcit zu folgern. Die Aiissenfläclic war stark vertieft,
znmal nach nntcn, wo sieh die Gc lcukgnihc für den Oberschenkel oder die P f n i i n o (acetcb„li«n) helliidet. Hinter
dcrscllicn is t das Dannhein weniger, vor ih r stark aiifgchogcii iiiicl zn einem Höcker verdickt, der den Rond de r Pfanne
bczciehiiet. Gegen diesen Höcker senken der vordere und der hintere Rand in Bogen sich abwärts; je n e r sta rk , dieser
leicht gckriiniiiit, iiinl zwischen den Höckern lieg t der iiiilcre, kürzeste Rand des n a rin h c in c s , an welrlicn das Sitzlicin
sich heftet. — Im Ganzen betrachtet ist das Darinbciu des R o l l e r G a v i a l s k le in , gegen das eines gleich grossen
K r o k o d i l s oder A l l i g a t o r s . Bei letzterem hat der Kamm des Darnihciiios eine L ä n g e , welche die Ausdehnung
d e r beiden längsten Riickcimirliel ziisaniiiicn au L än g e nh c rtrilll; heim B o i l e r G a v i a l ist e r ciilschioden kürzer,
d. h. kaum so la n g , wie l '/ i der längsten Rückeuwirhcl. D e r eilte wie der andere Cha rak te r: die Longe des
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