
45.
Wenn cs bei ilcn lebenden Krokodiiliicu Regel is t, das.s die jimgeu Tliierc .selioii von vorn licrciii iiill derselben
Anzalil von Ziilnicii vcrselicii sind, wie die A lte n , so bat man allen Griind, ein Gloiclies auch bei den nntcrgegangciica
roriiie ii der Gnippe voraiisziisctzeii. I s t also BnoiviN’s Pelagosaurus nur der Jngcndznstnnd des alten B o i l e r G a v i a l ,
so miisscn beide in Z a h l, Form und relativem Verliältniss der Ziiliiic iiiit einander übcreinsiinmicn. Zuvörderst beweist
das uns vorliegende Exemplar von Pelagosaurus die Iden titä t des Zaiinlypus; man erkennt scbr deutlicli an dem völlig
freiliegenden AlvcolaiTaiule des Unlcrkicfcrs (T a f. X I . luul X I I . ) , dass die Zälme eine abwccliselnd gleiche Grösse hat-
tcii, (1. Ii. giösscrc mit kleineren altcrnirteu. Auch ist cs kla r, dass die eiiizelucn Zähne lang gestreckte, etwas znriick-
gckriimmte Kegel waren und eine feine S treifung anf der Oberfläche besasscu. W enige r bestimmt lässt sich die Anzalil
der Zähne direct e rkennen, weil nur im mittleren T he ile des freiliegenden Alveolarraudes die Zähne se lb st, wenn auch
bis anf die W’urzel abgebrochen, sich erhalten liabcn; die Spitze des Unterkiefers dagegen nnd die liintcrc P a rtie der
Z ä lm e , mit Ausnulnnc eines e inzigen, fcblen. Allein die vorhandene Znlmrcihc genügt, um ans der siclitbaren Distanz
der Zähne ihre Gesainintzalil mit ziemlicher Sicherheit ermitteln zn können, besonders wenn sich fcststellen lä s s t, wie
weit die Zäiine nach hinten reichten. Das is t nun nicht schwer. Man siclit am Unterkieferrande ganz hinten einen
zieiiilieh vollständig erhaltenen Z a h n , dessen S te llu n g , so wie e r je tz t lie g t, de r Mitte des Tliräncnbeiiies entspriclit.
Zugleich erkennt man aus der L ag e des Unterkiefers an de r Spitze des K o p fe s , dass derselbe nach vorn vorgeschoben
wurde, mithin jen e r Zahn in seiner natürlichen Stc lliing etwa dem vorderen Rande der O rbita entsprach. Das jiassl
vortrclTlich zu dem lebenden Gavial und den Krokodilinen überliaupt; gewölinlicli geht der hinterste Untcrkicfcrzahn über
den Oi-bitalrand rückwärts nicht viel liinaiis, woraus gefolgert werden d a rf, dass der criialtcne Zahn des nns vorliegenden
Schädels wirklicli der le tz te oder mindestens der vorletzte gewesen ist. I n gleiclier W'cisc lä sst sich aus der Vorschicbnng
der S p itz e , deren äussere Grenze noch vorhanden i s t , die Zahl der fehlenden Alveolen am Vorderrandc e rweisen;
man wird, wie beim a lten T h ie r , vier Zähne anf die envcitertc Spitze zu rechnen liabcn und die seitliche
Zalinreihc mit einem kleineren Zahn beginnen miisscn; dann fclilt derselben nnr ein grösserer Z ahn, und der vorhandene
erste ist der zweite. D ie folgenden grösseren Zähne lassen sich z äh len , es sind deutlich ih re r e l f , d. li. mit dem
fehlenden ersten also zw ö l f . In die L ü ck e vom zwölften bis zum letzten passen 3 Z äh n e , wenn man die hinteren
Distanzen als Maassstab nimmt, nud so erhä lt man in Summa 16 grössere Zähne am Scitcnrandc des Unterkiefers,
womit 16 kleinere abwcchselten; die Summa aller war also 32 (zwciunddrcissig), wozn noch die 4 ( v i e r ) Zähne
der S p itz e kommen. —
Diese Zälilung passt nicht ganz zn de r beim alten T h ie r erinittcltcu Summa von 32 (zwciunddrcissig) ü iitc r-
kicfcrzähuen. W'ir wissen aber aus der Befrachtung lebender Kro k o d ile , dass die alten Tliierc ganz besonders im Unte
rkie fe r einige Zähne weniger haben, als die Jiiiigcu, und dasselbe mag beim B o i l e r G a v i a l de r Fa ll gewesen sein.
Von jenen 32 Zälinen des alten Thie re s sind nämlich die vier vordersten der erweiterten Sjiitzc abzurccliiien, es bleiben
milliin 28 im K ieferrandc übrig, und diesen 28 Zähnen entsprächen beim jungen T liie r 32 Z ähne ; es halte also dasselbe
v i e r m e h r , als das alte T hie r. So gross is t der Unterschied bei unseren lebenden Arten zwar n ie , aber die Gc -
samnitzahl der Zähne ist ja auch kleiner, als die des B o i l e r T h i e r e s , folglich eine grössere DilTercnz zwischen Jugonil
und Ä lte r kcineswcges abnorm. E s will uns indessen doch bediinken, als ob unsere Angabe zu hoch sein könnte ; einmal,
weil B r o n n nur 22 Unterkieferzähne gefunden h a t, und dan n , weil die Distanzen der 5 hinteren grossen Zähne sehr
viel kleiner sind, dentliciic Alveolen zwisclien ihnen fiir kleinere Zähne fehlen, nnd dafür eine allgemeine stä rk e r vertiefte
Alveolarrinnc sich beincrklicli maclit. Wahrscheinlich hatte das junge T iiie r liinten die kleineren Zwischenzälinc nicht
gleich anfangs, sondern erhielt sic erst später. Dan n mögen in Summa n u r 2 7 wirkliche Kicfcrzäline vorliandcn gewesen
sein. —
A n m e r k u n g . Wir glauben, n icht bloss durch diese Darstellung, sondern auch durcli Vorlage d e r Abbildungen,
den Beweis zu fü h re n , dass die von Brunn fcslgcslelllc Zalil der Züline von im Oberkiefer und h - \ - 2 2 im
Unterkiefer zu klein ist. E s wird der sonst so sorgAilligc Beobachter an dieser Behauptung um so weniger Ansloss
n ehmen k ö n n en , als e r se lb st seine Züblung n u r mntlimasslieh giebt und es fragiicli lä s s t, ob er wirklich alic Zlilmc
gesehen habe (Gavial. Rept. pag. 18. a.). Wenn er übrigens a. a. 0 . s a g t, dass die liintercn Ziilinc etwas weiter
au s einander stä n d en , als die vo rd eren , so is t diese Bemerkung n u r insofern rich tig , als Bronn die kleinen liintercn
Zähne n ich t gesehen h a t. Beim B o i l e r G a v i a l sichen ganz e b en so , wie beim leb en d en , die mittleren Zähne
jeder Kieferreihe in den weitesten Distanzen von e in an d e r, die vorderen und liintcren rücken einander etwas
n aher. Sieht man die Zalinreihe also n u r zum T h e il, so verliert man m it dem Mangel des letzten Abscliriit-
tes auch die richtige Würdigung fü r die Distanzen. Noch meh r ab er täuscht man sich , wenn g a r, wie wir mein
e n , die liinteren kleinen Zähne erst später auftretcn. Wir finden vielmehr die Dislauzabiiahnie beim jungen
Th ie r nach hinten b ed eu ten d er, als beim a lten , un d das is t aucli bei den lebenden Krokodilinen das normale
Verhältniss.
4 6 .
Die Betrachtung des Schiidclgerüstes fortsctzend, stossen wir neben den Oberkieferknoclien zunächst auf die
N a s e n b c i i i c (ossa nasalia, c ). Diese Knoclieii verhalten sich denen des lebenden Gavials ganz analog, indem sie sich auf
das liintcrc Ende der Sclniaiilzc beschränken nnd weit von der Nasenmiiadniig entfernt bleiben. Man sicht sie sowohl
an dem Schädel des alten Th ie re s (T a f . V I I I . ) , als auch an dem des jungen (T a f . X I I .) sehr dcutlicli durch feine,
aber scharfe Nähte vom Oberkiefer sich ahsctzen und gcmciuschafllich eine länglich elliptische gewölbte FläcLe bilden,
welche der L än g e nach durch die F o rtse tzung der von der Nasenmündiing heraiifstcigciideu mittleren Längsfiirchc der
Sclinautze neben der Naht zwischen den Oberkieferbeinen lialbirt wird. In der Jugend sclieint diese F urche deutliclicr
zu s e in , als im A lte r , mul allmiilig dieselbe sich immer mehr zn verflachen, his sic zule tz t vor der S tirn ganz vcr-
scliwimlet. D ie Länge der Nasenbeine be träg t etwa den vierten Tlieil der ganzen Sclinautze; in de r Jugend gewiss
nicht mclir, im Alte r vielleicht etwas drü b e r; indem, wenn die Schnantzc ihre ganze L än g e erreicht h a t, ihre Breite
wieder etwas ziiiiiiiimt, namentlicli in der hinteren Portion. Jedes einzelne Nasenbein is t auch etwa viermal so lang,
wie b re it, und liat seine grösste Bre ite iu der Gegend des zweiten D r ittc b seiner L ä n g e ; sein vorderes Ende is t nicht
cigentlicli sp itz , sondern z iigenindct; der Üusscre Seitenrand gegen die &Iittc etwas nach innen gekrümmt, der innere
g ra d e , der hintere zackig und schief nach vorn und innen gewendet, weil sicli das Stirnbein mit einer langen Spitze
zwisclien beide Nasenbeine hineinschiebt. Diese Spitze ist bei jungen T h ic re n , d. li. bei Pelagosaurus, länger und
sclilanker; allmälig wird sic k ü rz e r und bekommt stärkere Sc itenc cken, die sie beim ganz alten T h ie r in drei ungleiche
Siiitzen zu theilen pflegen. —
A n m e r k u n g . Die Nasenbeine von Teleosaurus h a b en , so weil sie bekannt s in d , dieselbe Fo rm, reiclieti aber
nacb binlcn etwas weiter in die S ü rn h in a u f, un d schieben sieb seitwärts bis nalic au den Drbilalrand zwisclien
Sürnbein un d Vorderslirnbein hinein. —
4 7 .
An die N asenbeine sclilicsst sich in grader Richtung nach liintcn das S t i r n b e i n (os fro n its , f ) . E s is t unter
allen Knochen der oberen Scliädclflächc der grösste. In seinen Umrissen ähnelt cs eiiiigcniiasscn einem Sechseck,
dessen W in k e l theils fein und scliarf, theils breit und aligcstutzt erscheinen. Zwei von den Seiten liegen nach vorn
und werden von Nähten ciiigenominen, die das Stirnbein mit den N a s e n b e i n e n und V o r d e r s t i r n b e i n c n verbinden;
zwei andere freie Seiten bilden die O r b i t a l r ä n d c r , noch zwei nach liintcn gewendete grenzen an die obercu Mündungen
der S c l i l ä f e n g r u b e n .
D ie beiden vorderen oder Nahträndcr sind gegen einander unter einem sjiitzen W in k e l g en e ig t, welcher da.s
vorderste E nde des Stirnbeines einnimmt und zwischen den nacli hinten klalTcnden Enden der Nasenbeine liegt. Unte r
den vielen Z a ck en dieser dicidcn S e iten ist jcdcrseits ein grösserer Vorspning auf der Mitte sichtbar, und der bezeichnet
die Grenze zwischen Nasenbeinen und Vorderstirnbeinen. E r scliicbt sich hier gerade so zwisclien die.sc beiden Knochen,
wie die llaiiptspitzc zwischen die Nasenbeine. Die hintere E cke der beiden vorderen Seiten ist stumpfwinkelig. De r
vou ih r aiissclicnde Orbita lrand is t leicht nach innen gekrümmt, vou einer d ick en , abgerundeten, alter etwas aufgeworfenen
K a n te eingefasst und nach unten citigezogen umgebogen. Seine Grenze nach hinten bezeichnet ein eheufalls
stumpfer W in k e l, der b re it nach aussen vortritt und dort mittelst einer Naht abgcstntzt wird. Hier ha t das Stirnbein
seine grösste Breite. Die liintcren oder Scliläfengrubcnriinder sind wieder einwärts gebogen, scharfkantig, wie die O rbita l-
rä iid e r, aber niclit vou einer erhabenen L e iste umgeben. In ilircr Haiiptriclitiing sind sie nach innen und hinten gewendet
und in der Mitte durch ciue grade , spitzzackige Nah t verbunden, die den liier entstehenden hinteren siiitzcn
W inke l des Stirnbeines abstntz t. S ie verbindet das Stirnbein mit dem Sclicitelbcin.
Die Fläche des Stirnbeines ist ilircr Gcsammtriclitiing nach nicht ganz eben, sondern ein wenig nach der Mitte
zu verlieft; das vordere Endo neigt sich mehr nach u n ten , das hintere strebt aufwärts, und die ganze E b en e des Stirn beines
erhält dadurch ciue geneigte S tellung. Ih re Oberfläciie selbst ist grubig vertieft nnd liöchst uneben, aber nach
einer gewissen Regel sculpirt. In der M itte , da wo die Ossification begann, zeigen sich kleine rumlliclie Grn b en , die
einen K re is beschreiben. Von (Heseni Centrum strahlen nach allen S e iten radia l län g e re , mehr furclieiiförmigc Gruben
au s , die gegen die äussere Pe riphe rie stets etwas b re ite r und tiefer werden. Ganz am Umfange tre ten wieder kleinere,
tüpfciförmigc Grübchen licivor. In frühester Jugend scheint rings um die mittleren Gruben nur e i n Stralilcnsaum von
Furclieu sich gebildet zu liabcn. W ie aber das T liie r ä lte r wird und die Furcbcn dadurch mehr aus einander weichen,
treten zwischen ihnen andere Furchen in einem zweiten Ringe a u f , die sich weiter gegen den Rand Inn verbreiten.
Wälircnd diese sieb mehr in die L än g e aiisdclinen, entwickeln sich die Furchen der ersten Reihe melir in die Breite
und verändern sich allmälig in Griibon. Das gelit so fo r t, nnd nach nnd nach bedeckt sich die Stirn mit melirereii
Kreisen von Gru b en , die zuletzt immer weiter ans einander rücken, nnd dadiircli immer kleiner e rsche inen, je aller
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