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Hieraus nun geht Hervor, dafs dieso eben beschriebenen Bläschen und Kanäle
mit ihren Seitenästen dem Gefäfssystem der Füfschen analog sind, welches ich bei
den Holothurien und Seesternen entdeckt habe, und dafs auch die Function dieser
Theile ganz dieselbe ist, nämlich den hohlen Füfschen die zu ihrer Aufrichtung und
Bewegung nothwendige Flüfsigkeit zuzuführen, und diese Flüfsigkeit wieder aufzunehmen,
wenn sich die Füfschen zusammenziehen 27. Die Bläschen, die Kanäle und
die Seitenäste stehen mit den hohlen Füfschen in einem Antagonismus; sind jene
contrahirt, so sind die Füfschen expandirt und mit Flüfsigkeit angefüllt; und umgekehrt,
contrahiren sich die Füfschen, so tritt die Flüfsigkeit durch die Löcher der
Schale in die Seitenäste und Kanäle zurück, und diese werden expandirt und mit
Flüfsigkeit angefüllt. Es findet folglich keine eigentliche Circulation der in diesem
Gefäfssystem enthaltenen Flüfsigkeit statt, sondern ein blofses Hin - und Her-Strömen
derselben, welches durch die abwechselnde Contractlonen und Expansionen
der Kanäle der Seitenäste und der Füfschen bewirkt wird. Sehr wahrscheinlich ist
es mir, dafs die in den Füfschen enthaltene Flüfsigkeit auch zugleich die Wände
der Füfschen durch Durchschwitzung ernährt, wénigstens habe ich durchaus keine
Gefäfse gefunden, welche aus dem Gefäfssystem des Kreislaufes des Bluts zu den
Füfschen traten. Ob dieses Gefäfssystem vielleicht auch zur Ernährung der kalkartigen
Schale etwas beytragen mag, kann ich nicht bestimmen.
Bau der Füfschen oder Tentakeln.
Die Füfschen des Stein-Seeigels liegen zwischen den Stacheln in zehn Reihen,
welche von unten nach oben gegen die Mündung des Afters herauflaufen. Jedes
Seiten der Seihe von Löchern auseinander gehen Taf. 44. fig. 1 . 2. 5. und zu gewissen Blättern oder
häutigen Falten führen, die den Unterabtheilungen an den Kiemen der Roche nicht unähnlich sind; Taf.
44* 13* D. E . Wenn ich Quecksilber in die Mündungen der änfseren einsaugenden Gefäfse brachte,
so konnte ich- damit vollkommen die inneren häutigen Blätter oder Falten füllen und ausdehnen Taf. 44.
fig. 13. D. E. Nahm ich alsdann ein Vergröfserungsglas zu Hülfe, so konnte ich die Gänge, wodurch
das Quecksilber in die Falten gekommen w ar, deutlich erkennen, ja ich konnte sogar-ein Geflechte von
Communications - Kanälen au f denselben unterscheiden, mit einem zirkelförmigen Gefäfse umgeben, aus
welchem das Quecksilber durch eine einfache Röhre in einen grofsen Kanal gieng, dessen Durchmesser
obngefähr den 2 lsten Tbeil eines Zolles betrug, und der statt eines Stammes dient, die Flüfsigkeit von
einem Paar der Reihenlöcher aufzunehmen. Taf. 44. fig. 13. D. E. F. fig. 14. 15.
P. 91 . Die Gefäfse haben keine Klappen; denn man kann durch die inneren Stämme das Geflechte
auf gefalteten Häuten und die änfseren Gefäfse ausspritzen; oder auch, wenn man nach dem Tode die
Zähne mit ihren Zellen einwärts drückt, so geht die in den inneren Kanälen enthaltene- Feuchtigkeit
durch die Schale und erfüllt die äufseren Gefäfse. Aber eine Gemeinschaft der inneren Gänge und Geflechte
mit der Höhle innerhalb der Schale, läfst sich durch Quecksilberinjektionen nicht entdecken.
Al. Monro hielt die Füfschen und dieses Gefäfssystem sehr irrig für Saugadern, 0. a. O. p. 92 hat er diese
Meinung also ausgesprochen: Die Betrachtung des Baues dieser Gänge läfst gar nicht zweifeln, dafs
die äufseren Mündungen der Gefäfse das, Seewasser einsaugen und durch ihre Röhre in das Geflechte
der inneren häutigen Falten bangen; aus diesen sondert sich ein Theil davon durch unsichtbare Gefäfse
in die Höhlung der Schale ab, das übrige Seewasser aber geht aus dem Geflechte in die fünf grofsen
innern Gänge, und aus denselben durch die Behälter an den Wurzeln der Zahnzellen, um sich in die
See durch zehn OefFnungen neben den Zähnen zu ergiefsen.
Man mufs annehmen, dafs das Wa$ser in der Schale beständig abwechselt, und dafs also ebenso einsaugende,
wie absondernde Gefäfse die miteinander Zusammentreffen, da sein müssen. Diese aber sind
unsichtbar, und es bleibt unbestimmt, ob sie sich in das Geflechte und die fünf innern Gänge oder mit
den Milchgefäfsen in die Blutgefäfse des Thieres endigen.
Kein anderes Thier bietet wie es scheint, eine so schöne Gelegenheit dar,-den Bau der einsaugenden
Gefäfse und ihre Art zu wirken, zu .untersuchen u. s. w.
Diese Meinung beruht ganz auf irrigen Thatsachen.
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Füfschen ist hohl und hat eine cylindrische Gestalt (Taf. 10. fig. 3. h. h. h. fl.). Es endigt
sich mit einem kreisförmigen Teilerchen oder Saugwärzchen, in dessen Mitte
man eine kleine Vertiefung erblickt ( i . i . i . i . i . f die jedoch nicht in die Höhle des
Füfschqns führt 28 *. Die hohlen Füfschen stehen mit den Seitenästen der an der inneren
Fläche der Schale verlaufenden fünf Kanälen in Verbindung. Zu jedem mit
seiner Basis an der äufseren Fläche der Schale fest sitzendem Füfschen führen zwei
kleine Löcher in der Schale (Taf. 10. fig. 3. g.g-g. g .) , durch welche die in den Kanälen
enthaltene helle und durchsichtige Flüfsigkeit aus einem Seitenast in die Höhle
des Füfschens zugeführt wird. Durch die Anfüllung der Höhle der Füfschen mit
Flüfsigkeit werden sie expandirt und aufgerichtet. Durch dieselben Löcher tritt auch
die Flüfsigkeit aus den Füfschen wieder in die Seitenäste zurück, wenn sich dieselben
zusammenziehen.
Die Füfschen bestehen von aufsen aus einer Lage von dicht nebeneinander
liegenden röthlich-braunen, kreisförmigen Muskelfasern. Ueber diese laufen hin und
wieder einige Längen-Muskelfasern. Ihre innere Fläche ist glatt und wird von der
hellen und durchsichtigen Flüfsigkeit bespühlt. Durch die Contraction der kreisförmigen
Muskelfasern wird im Leben die helle Flüfsigkeit durch die Löcher in der
Schale in die Seitenäste ziurückgetrieben, wenn das Thier die Füfschen einziehen
will. Durch die Längenmuskelfasern scheinen die Füfschen nach verschiedenen Richtungen
beweget zu werden. Die Füfschen stehen mit den an der inneren Fläche der
Schale liegenden Kanälen und mit deren Seitenästen im Antagonismus; sind jene
contrahirt, so sind die Füfschen expandirt; und umgekehrt sind die Füfschen contrahirt,
so sind die Kanäle und die Seitenäste expandirt.
O v a r i e n . 39
An der inneren Fläche der oberen Hälfte der Schale liegen zwischen den
fünf Kanälen mit ihren Seitenästen fünf längliche, beträchtlich grofse Ovarien (Taf.
16. fig. 4. b. b. b. b-'). Ihre äufsere Fläche ist an die Haut befestigt, welche die Schale
von innen überzieht. A n ihrer inneren Fläche liegt das letzte Stück des geschlängelten
weiten Darms. Die Ovarien bestehen aus einer Menge von kleinen, runden,
orangefarbenen Körperchen, welches die Eyer sind. Aus dem oberen gegen den
Mastdarm gerichteten Ende jedes Ovariums entspringt ein kurzer, hohler Äusfüh-
rungsgang oder Eyerleiter (Taf. 10, fig. 4. c. c. c. c.'). welcher durch ein Loch in die
Schale geht und sich nach aufsen neben der Mündung des Mastdarms öffnet3o. Organe,
welche den männlichen Zeugungsorganen ähnlich sind, habe ich niemals gefunden.
38 Wie Al. Monro ä. a. O. irrig angegeben und sogar abgebildet hat. Taf. 44. fig. 6. 7. g.
39 Aristoteles hat die Eyerstöcke der Seeigel beschrieben. Hist. Animal. Lib. 4. C. 5. Habent o va omnes
(Echini), sed quidem minima et cibo inepta. Sub ventre in altera membrana ova qüae appellantur, con-
tinentur, aeque singulis quina, quippe imparia. —- Die Eyer wurden von den Griechen gegessen. Ib.
Echinorum genera plura sunt: unum esculentum, in quo quae ova appellantur grandia atque usui utilia
sunt, aeque in majoribus atque in minoribus. Nam etiam ab initio statim parvi ea habent.
Die Ovarien sind auch von Rondelet a. a. O. beschrieben. Ferner von Baster in den Opusc. subse-
civ. p. 115« am Echinus cidaris; auch von Herrn Cuvier in s. Anat. compar. T . 5« p. 199. -
30 Janus Plancus in den Comment. Bononiens. T . 5. P. 1. Opusc. p. 242 sagt richtig: Quinque aliis denique
foraminibus circa anum instructs est quaelibet echinometra, ut per eorum singula copiosa ova excludan-
tur quae in ovariis copiosa semper reperiuntur.