Beschreibung des inneren Baues. .
Die Untersuchung des inneren Baues der Holothurien ist mit sehr vielen
Schwierigkeiten verbunden 9. Zergliedert man lebende Thiere, so zieht sich die Haut
des Thiers bei dem ersten Einschnitt mit dem Skalpell so sehr zusammen,- dafs
durch den Einschnitt, wenn er bis in die Höhle des Körpers dringt, alle Eingeweide
herausgeprefst werden. Will man die Holothurien zuvor in Weingeist tödten, so
werfen sie entweder die Eingeweide durch die Mündung der Kloake aus, oder man
findet in den getödteten Thieren den Darmkanal am Magen abgerifsen und in dem
hinteren Theil des Körpers liegend. Ich habe lebende und todte Holothurien auf
folgende A r t zergliedert: nämlich zuerst unterband ich die hintere Oeffnung des
Thiers, um das Auswerfen der Eingeweide zu verhindern, und dann nagelte ich
das Thier ausgestreckt auf ein Brett auf; oder ich warf das Thier in Weingeist,
um es zu tödten. Auf diese A rt ist es mir öfters geglückt, Holothurien zu öffnen,
bei denen alle Eingeweide unversehrt in ihrer Lage geblieben waren. Um den inneren
Bau aufs genaueste zu untersuchen, habe ich gegen hundert zwanzig lebende
und todte Thiere zergliedert Das, was ich merkwürdig fand, habe ich sogleich
zeichnen lassen. Ich habe den Körper der Thiere von oben, von unten, und von
den Seiten geöffnet, um die genaue Lage der Eingeweide kennen zu lernen.
Mund, Magen und Darmkanal,
Der Mund befindet sich, wie ich schon früher angegeben habe, in der Mitte
des Kranzes der Tentakeln und ist etwas nach unten gerichtet, wodurch die Aufnahme
der Nahrung erleichtert wird. Die kreisförmige Mundöffnung ist von einer
starken schmutzig weifsen Haut umgeben, welche sehr ausdehnbar und contractil
ist. An dem Munde befinden sich durchaus keine Zähne, sondern das Thier scheint
mit der callösen Haut des Mundes die zarten Gehäuse der kleinen Mollusken, von
denen es sich nährt, zu zerbrechen. Gleich hinter der Mundöffnung fängt der Darmkanal
a n 10, der durch einen kalkartigen Ring geht, an welchen sich die späterhin
zu beschreibenden Längenmuskeln des Thiers befestigen. _
Der Darmkanal ( Taf. 2. Fig. 6. a. a. a. a. a. a. a. von einer Holothurie, welche
am Bauche geöffnet ist) lauft an der rechten Seite des Thiers gerade nach hinten,
etwas wenig geschlängelt, beugt sich an dem hinteren Theil der Bauchhöhle neben
der Kloake um, und lauft wieder etwas geschlängelt in der Mitte des Körpers nach
vom; hier beugt er sich abermals links neben dem ersten Stücke des Darmkanals
p Wie schon Otto Friedr. Müller in der Zoologia Danica sehr richtig bemerkt hat; Holothuriae adhuc viven-
tos dissectio diificillime institaitur ob contractilitatem cutis summam; sectione enim vel longitndinali vel
transversali facta, cutis, momento citius sese contrahens crispatur, nec v i quam vis maxima adhibita in
pristinam formam extenditur.
10 0 . Friedr. Müller hat den Darmkanal der Holothuria pentactes gut abgebildet im dritten Band der Zoologia
danica. Tab. 108. Auch ist er im vierten Band p. 4. gut beschrieben.
Herr Cuvier hat iu s.‘ Anat. compar. T . 4. p. 143 den Darmkanal der Holothuria tubulosa sehr richtig
beschrieben.
zurück, und läuft nun, mehrere leichte Schlängelungen oder Krümmungen bildend,
gewöhnlich acht bis zehn, gegen das hintere Ende des Körpers, wo er sich dann
in die längliche Kloake öffnet. Der ganze Darmkanal ist an eine kurze Dupplika-
tur einer sehr dünnen weifslichen Haut befestigt, welche die Höhle des Körpers auskleidet.
Diese Haut ist dem Bauchfell analog, und die Dupplikatur, welche den
Darmkanal befestigt, kann man daher Gekrös nennen. (Tab. 4. fig. 8. a. a. a. sieht
manein Stück des Gekröses). Das Gekrös bildet, wie der Darmkanal, zwei Hauptkrümmungen.
Die angegebenen Schlängelungen des Darmkanals begünstigen die Ausdehnung
und Zusammenziehung des Thiers ungemein; denn ist das Thier ausgedehnt, wie
es beim Kriechen der Fall ist, so wird der Darmkanal mehr in die Länge gezogen
und die Schlängelungen verschwinden gröfstentheils; ist das Thier aber zusammengezogen,
so sind die Schlängelungen des Darmkanals sehr beträchtlich.
Die Länge des ganzen Darmkanäls betrug 31 Zoll in einer Holothurie, welche
ausgestreckt 10 Zoll lang war. Der Darmkanal ist sehr dünnhäutig , so dafs die
in ihm enthaltenen Substanzen durch seine Wände durchscheinen. Er ist von aufsen
von einer sehr dünnen weifslichen und glatten Haut überzogen, welche die Fortsetzung
des Gekröses ist. Unter dieser Haut liegt eine Haut, die fast ganz aus Ge-
fäfsen besteht. Es ist mir einigemal bei grofsen Thieren geglückt, auf dieser Haut
sehr dünne, durchsichtige und weifsliche Längen- und Quer - Muskel-Fasern zu ent- '
decken. Die innere Haut ist glatt und bildet keine Querfalten, sondern Längenfalten.
Jedoch sind die Längenfalten nur an solchen Stellen des Darmkanals zu erkennen,
die gerade keine Emährungs-Substanzen oder Excremente enthalten.
Das erste Stück des Darmkanals, gleich hinter der Mundöffnung, ist etwas
weiter als der übrige Darmkanal und hat auch dickere Wände. Ich nenne dieses
Stück Magen. Der Magen bildet einen länglichen ovalen Sack. Seine Länge vom
Munde bis zum eigentlichen Darmkanal betrug in einer Holothurie , welche 10 Zoll lang
war, 1 Zoll und fünf Linien. Sein Querdurchmesser betrug in der Mitte gegen 6 ißt
Linien. Die innere Haut des Magens ist gelblich-weifs und viel dicker als im übrigen
Darmkanal; sie zeigt deutliche Längenfalten und hat ein drüsigtes Ansehen.
Die Längenfalten endigen sich an einer wenig vorspringenden zirkelförmigen Falte,
in Gestalt eines kleinen Pförtners. Gleich hinter dieser Falte wird der Darmkanal
etwas enger und viel dünnhäutiger. An dem Magen kann man sehr deutlich Längen
und Quer-Muskelfasern erkennen. In ihm fand ich meistens eine gelbliche,
etwas bittere Flüssigkeit, die von der inneren Haut des Magens abgesondert werden
mufs, denn eine Leber oder ein dieser ähnliches Organ habe ich nicht gefunden.
Aus allem diesem erhellet, dafs man das Anfangsstück des Darmkanals als einen
kleinen Magen betrachten kann.
Der Darmkanal wird von oben nach unten allmählig, kaum merklich, enger;
besonders deutlich ist diese Verengung, da wo er in die Kloake einmündet. Die
Kloake (Taf. 2. fig. 6. b.') ist länglich eyförmig und durch sehr viele starke Muskelfasern
(c.c.ci) an die innere Fläche des Körpers .befestigt. Die Muskelfasern kommen
von den Quermuskeln der Haut. Die Länge der Kloake beträgt gegen 11/2 Zoll
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