
BOSCH R i î IBUNG UND KULTUR.
r.s ivli\I ¡11 lier Nc:iizcit in Engkiid (Iber diu Nomcnclatiir der Orchiilccn viel gcs¡>rochen und von Berufenen und Unberufenen gcschric-
Ikii. Einen Plan in der Angelegenheit zu bcobachien dlirfrc Nieniancieni gelungen sein. Wer tlcn Gegensatz der Garteniiomenclatur und
der lioliinisclie Nonienclatur (llxirsulien kann, der wird wolil bald der Ansicht liuldigen, dass es nicht niüglich ist, beide in Einklang zu
l>riiigon. So lange der Botaniker <Ic:n Garleninteressen dient, hat er mit den Anschauungen der Liebhaber so gut zu rechnen, wie mit ilircm
Ciescbmacke. 1 liese Ansicht war die Lindley's, sie Ist auch die nieinige. Natürlich darf die Wissenschaft den Liebhabern zu Liebe nicht
stille stehen, allein nmn soll diesen aucli niclit zuniuihen, dem Wechscl in den Ansciiaiiungen der Männer der Wissenschaft zu folgen, welche
auf VerliiUtnisse bcgrllndet sind, die ein Liebhaber niemals füssen kann, Nimiuern.clir liiibc ich es auch nur einen Augenblick versucht,
wisisenschuftlich unbedingt nodisvendige Schritte, wie die Einziehung der Cattleya in Epidendrum, der La;Iia und Schoniburgkia in Bletia
irgend einem Liebhaber aufzudrängen. Der Liebhaber ist durchaus consorvativ in der Nomenclatur, und es giebt so manchen Ubcrbilr<Ieten
CeschSftsmann, der, um Lindleys Worte zu wiederholen, zufrieden ist, wenn er den ältesten Namen sich eingei^rägt hat. Auf die übrigen
Bezeichnungen verzichtet er mit Vergnügen, oft mit Spott und Ekel ; oft genug ist ihm die Pflanze eine Waare oder ein Object des Sports,
Ein prachtiges Beispiel zur ErlSutcrung dieser Frage bietet sich uns hier. Lindley kannte die Phalienopsis amabilis nur nach
lîildern Rtimphs und nUnnes, und nach ihren Schilderungen. Linnées E.xemplar scheint er nie betrachtet zu haben. Da blühte die
erste l'llanze von den Philippinen, eingeführt von Cuming, bei den Herren Rollisson, in Tooting, London, im Jahre 1838. Lindley meinte
in ihr die Art Blume's zu erkennen, Natllrlich sah er sjxiter die Verschiedenheit der wirklichen Phalxnopsis amabilis Blumes sofort, allein
einmal von dem Vorurthcil befangen, Phala:nopsis amabilis, ßl, zu kennen, stellte er eine neue Art auf, Phalinopsis grandiflora. Das entscheidende
Merkmal der Schwiele der Lippe bemerkte er nicht.
Im Jahre 1862 enischloss ich mich in der l-I.-imbii:^r Gartenzeitung, p. 38, Januar, die Sachlage aufzudecken und nannte fiir die
ÎÎOîanikcr Lindley's l'hala:nopsis amabilis neu Phatenopsis Aphrodiic, waehrend seine Phalxnopsis gnindiflora, lilumcs amabilis ist.
Niemals habe ich daran gcdacht meine Nomenclatur trotz ihrer Berechtigung Garten kreisen aufzudrängen. Auch heute noch halte
ich diese Zurückhaltung für das einzig richtige System,
Ich bin weit enifenit zu glauben, dass auf Versammlungen, durch Berathungen, Abstimmungen u. dgl, neue drakonische Gesetze die
Liebhaber zu einer Umtaufe ihrer Lieblinge veranlassen werden. ff, G. RM. f .
Ein jeder Reisende der jenes Paradies den Malayischcn Archipelago besucht winl mit Staunen erßlllt über den Reichthum und die
Mannigfaltigkeit des Pllanzen- und Thierlebens in den noch unbetretenen Urwäldern. Die Inseln sind unerschöpflich an Orchideen, unter
denen die Nachtfalter-Orchideen, wie die Phala;nopsis gewöhnlich genannt werden, die schönsten sind. Besonders auch sind es die Wälder der
Niederungen Borneos, die diese l'haloenopsis bergen, und doch ist dem Reisenden nur selten vergönnt, den Anblick derselben zu geniessen;
denn sie leben hoch Uber dem Boden, auf den höchsten Spitzen der Baume, dem Heim der Blumen und Insecten, der Vögel und der
AfTen. Der dunkle Untenvald versperrt jede Aussicht auf liclnliebende Epiphyten wie l'halatnopsis. Auf der ganzen Waldeszone
der Kliste entlang wachst P. grandiflora in unzählbarer Menge, mit ihrem Netze langer, fleischiger Wurzeln an den Baumen
ankle!>eiid. Ein überaus reichlicher Flor schneeweiser Blüthen, womit die langen, schlanken Stengel bedeckt sind. Nacli Berichten der
Simimler sind diese Blüthenstengcl der Sonne zugewendet, wahrend die Glätter ohne Ausnahme nach der Nordseite der Aestc hinneigen.
Als einer der lieblichsten und zartesten aller aus den Tropen stammenden Orchideen dient Phaloenopsis grandiflora zum Schmucke
unserer Garten seit vielen Jahren und gehört ihrer langen, verzweigten Blumenstengel wegen zu derselben Grujjpe, die auch P. Schilleriaiia,
Stuariiana, intermedia, Lowii, casta, leucorrhoda un<l amabilis in sich einschlicsst. Letztere, mit Recht die Königin der Orchideen
genannt, ist mit i'. grandi llora am nächsten venrandt, die in der ersten Zeit ihrer Einführung nur als eine grossblumige Form der wenige
Jahre zuvor eingeführten P, amabilis, Lindl., angesehen wurde. l\ amabilis stammt aus Manilla, während grandiflora in Java und Dorneo
zu 1 lause ist. Zum ersten Male im Jahre 1848, im lebenden Zustande in England eingeführt, wurde das erste blühende E.xemplar in demselljcn
Jahre von 1-lcrrn J. H. Schroeder, Stratford Green, London, vor der Royal Horticultural Society ausgestellt. Um diese Zeit
hat Dr. I,indley die unterscheidenden Merkmale beider Species festgestellt. Er sagt ; " P. grandinora hat nicht nur grössere BlUthen, sondern
auch die Petalen uberschlagen sich nicht und berühren dcmnach auch nicht die hinteren Sepalen ; auch sind sie nicht spitz zulaufend, wie
bei P, amabilis. Die Seitenlappen der Lippe sind verschiedenartig geformt und theilweise gelb, «iihrend die Girrhi der Lijjpe gelb un<I
mcht weiss sind." Diese erste von Lindley herrührende Beschreibung erscheint uns heute jedoch nach so zahlreichen Einführungen
weniger auflallend. Die hauptsachliebsten unterscheidenden Merkmale bestehen ausser dem grosseren Umfang der Blüthen, der schmäleren
Lippe und den gelben, statt braunrothen Flecken besonders noch in der hellgrünen Färbung der Blätter bei grandiflora, während dieselben
bei amabilis einen mehr ins Purpurne fallenden Anstrich haben. Unter den mannigfachen ims bekannten und in Bezug auf Grosse und
Gestalt der Blüthen von einander abweichenden Formen erscheint die hier abgebildete Varietät P. grandiflora aurea als besonders auffällig.
Ihr Unterschied vom Typus ist sofort ersichtlich an den durchweg tiefgelbcn Lappen und Hörnern der Lipi>e. Von einer der Inseln der
Straits Settlements stammend wird sie, obgleich seit mehreren Jaliren eingeführt, noch selten in Kultur angetrolTcn.
Diis ganze Genus der Phaltunopsis steht allgemein im Rufe schwieriger Kultur, so dass mit Recht gesagt werden kann, dass derjenige
Züchter, dem die Kultur der Phala:nopsis gelingt, jede andere Orchideengattung ebenfalls zu behandeln verstehe. Ein Hauptgrund
hierfür liegt wohl in der rein epiphytischen Beschaffenheit der Pflanze und dem gänzlichen Mangel an Seitcnknollen, jene ;m Nahrungsbehalter
der meisten Orchideen. Einzig auf ihre Wurzeln und Blatter angewiesen, ist ein guter Erfolg nur dann zu erwarten, wenn dieselben
stets in einem guten Zustande erhalten werden. In den feuchten heimathlichen Wäldern geniessen sie eine Fülle von Licht, Warme und
Feuchtigkeit, und werden sie auch des Tages von der Sonnenhitze angegriffen, so erquicken sie starke Regenschauer und erfrischender
Thau zur Nachtzeit. Ein gutes, gesundes im Standehaken der Wurzeln ist daher wesentliche Bedingung. Wie Reisende berichten, bilden
die oft viele Fuss langen Wurzeln von P. grandiflora ganze ineinander verwickelte Massen. Ein sicherc-S und erfolgreiches Resultat in ihrer
Kultur wird in einem feuchten und sehr schattigen Warnihause erzielt. Die I'lianzcn sollten nur in Moos (Sphagnum) in hölzerne Körbe oder
Cyllntler gepflanzt werden, so dass die Wurzeln so wenig wie möglich beschädigt werden. Vorausgesetzt, dass genügender Wiusserabzug
vorhanden ist, kann ein Uebermass von Feuchtigkeit den ganzen Sommer hindurch die Pflanzen nicht beeinträchtigen, auch ist bei sorgfaltiger
Lüftung die Temperatur des Hauses nie eine zu hohe. Unsere langen, kalten und nebeligen Winter freilich tödten oder beeinträchtigen
wenigstens den Gesundheitszustand der Pflanzen sehr und schwächen dieselben. Eine andere Ursache des Misslingens dt:r
Kultur liegt auch in der allzu ungebundenen EntwickeUing der Blüthen, wodurch die Pflanzen sich selbst schwächen. Dieser UebelsUmd
kann dadurch beseitigt werden, dass man die POanzen nur alle zwei Jahre blühen lässt, oder wenigstens die Blüthen stiele sofort nach dem
Oeffnen der BlUthen von der Pflanze trennt,
Wohl keine andere Pflanzengattung bietet der lmi»ptation solche Scjiwierigkeiten dar, wie da.s Genus der Phalrenopsis, wesshalb
auch von den Sammlern die grösste Vorsicht beobachtet wird. Die Pflanzen werden nach dem I lafenorc gebnchl, wo sie mittels Anbinden
an Holzblöcke erst etablirt werden müssen, bevor sie den Weg der Heimreise antreten. Umsichtige Sammler nehmen sogar stets
n Bord zum Bcgiesssn der Pllanzen während der Reise. Allein trotz aller dieser Mühen und Unkosten ereilt die Pllanzen in
•n Fällen der Untergang auf ihrer l'a-ssage im Rothen Meere.
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:r .'Xbbilduns befindet si. in der Orchidccn-Sammlung<lcs Herrn A. Ingram, Elstcaü H