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BESCI1RHI13UNG UND KULTUR.
T-s Is möylich, dass in diesem Werke verschiedene Varietäten und selbst Individuen dieses Pilanzenpi'oteus bescliriebcn werden ; bildliche
l.larsiel lull gen fllr diese l>l1aiii!on sind durchaus erfor<lcrlich. Hier jedoch haben wir besonders die Nonienclatur in Bctraclu zu ziehen.
Als Dr. l.iiulley, dessen Name in ehrfurchtsvuliem Andenken bewahrt werden miiss, solange Botanik bestehen wird, sein Odontoglossum
crispura nach Hart wog's Kxemplar bcschricb, wie es mit dem ursprünglichem Etikette sowohl in Dr. LIndley's, wie auch In meinem
I Icrbarlum aufliewahrt wird, fügte er folgende Bemerkung hinzu ; " Uiumen gross, gelb mit purpurner Mitte." Dieses ei-scheint bei der
i'i-slen Dliignose, wie Ich seit lange festgestelU habe, und was auch mein ehrenwerther Freund Prof, Oliver, F.R.S., aufs Neue auf meine Anfrage
hin, da das Buch mir augenblicklich nicht zur Hand lag, bekräftigt hat. Auch nannte Dr. LIndley die Pflanze ein Trymcnium. wohin sie
nicht gchöi-t, da die Anthererihühlung nicht von einer Membran umrandet ist. In Bezug auf den letzten Punkt habe ich keinen Schlllssel.
Was diu gelbe I'arbe der Blrtthen mit der pur¡)urner Mitte anbetrifft, so ist eine Copie der Tafel 215, von dem bedauerten Matthews
nach einer Zeichnung von Ruiz und Pavon (Ihr Maler war Tafalla) in Lima, gelb mit purpurner Mitte und zahlreichen purpurnen Flecken
angefertigt, die Ursache davon. W;ts dieses sein soll, kann Niemand erklären ; der gezähnte Kiel steht parallel, halb die Mittellinie an dem
einzelnen l-abelluni rechts bcilcckend. Diese unglückselige Darstellung hat Dr, LIndley bei Beschreibung der Farbe irregeleitet. Die Benutzung
von Dr. LIndley's unschätzbarer, typischer Sammlung muss cum tnaximo grano satis geschehen. Im andern Falle wirtl sie geßlhrlich.
Nachlässige Beobachter sehen 'J'afalia's Darstellung als eine von Theodor Hartweg angefertigte Skizze an. Glücklicher Welse sind seildcm
gelbe O, c^ispun^ entdeckt worden, so da.? Dr, LIndley's Anmerkung zum Theil posl fesium gerechtfertIgt ist, obgleich nicht der geringste
Zweifel vorliegt, dass llartweg's Pflanze weisse Ulü then gehabt hat. Zur Zeit, als Mr. Bateman sein Odontogl Ossum Alexandra: veröffendichte,
hatte er Dr. LIndley's Herbarium Im eigenen Hause, das er von dem zuvorkommenden englischen Botaniker endiehen halte. Ich zweifle
nicht danui, dass die verhängnissvolle Feststellung der gelben Farbe, vielleicht auch die alte, später aufgegebene Beschreibung als ein Trymenium
den hervorragenden Aulor der Odontoglossum-Monographie irregeführt haben, welches Werk sicherlich als unvet^ngllch und
vielleicht auch als das schönste bis dahin über Orchideen veröffentlichte anzusehen ist. mich anbetrifft, so verglich ich, als ich
O. Hluntli verüffendichle, dieses aufs Bestimmteste mit Odontoglcssuni cris|5uni, das ich vollkcir.men kannte. In jenen Tagen konnte
Niennn.l die Proteus-Natur solcher Dinge voraussehen. Fest steht jedoch, dass es filr mich niemals eine Schwierigkeit war. zu erkennen,
was Mr. Batenian's Odontoglossum Alexandra, mit spezieller F-rlaubniss Ihrer Königlichen Hoheit der Prinzessin von Wales gewidmet,
und was O. Bluntil war. Mr. Bateman hat meines Wissens sein Odontoglossum mit dem alten crispuni für vollkommen identisch erklärt
; jedoch hielt ich es fUr billig, die Speeles in zwei grosse Zweige zu theilen, und so haben wir die Freude tmd die Beruhigung,
den Namen Ihrer Königlichen Hoheit der vielbewunderten Pflanze erhalten zu sehen. Mit besonderem Vergnügen stelle ich noch
fest, dass die Tafel wunderbar genau gerade den Typus von Mr. Bateman's Odontoglossum Alexandra; wiedergiebt. Ich kann dieses bekräftigen
dui-ch ein wiidgewachsencs Exemplar, welches von dem verstorbenen Mr, Weir gesammelt, otlkettirt und mir freundlicher \Veise
von Mr, Bateman selbst geschenkt wurde. H. G. Rckb. f .
Die ersten lebenden Planzen dieser Orchldec wurden vor nur zwanzig Jahren in gutem Zustande aus den Urwäldern Neu-Granailas
eingeführt. 1 leute Ist sie eine der populärsten aller Orchideen, und dieser Umstand, verbunden mit Ihrer ausserordentlichen Schönheit,
berechtigt sie zu dem Vorzuge, weichen wir Ihr in der Reihe unserer Orchideenbilder geben.
Die ersten Mittheilungen über O. crispum besitzen wir seit ¡842, in welchem Jahre es von Hartweg auf einer botanischen Excursion
nach Nuu-Granada filr die Horticultural Society in London entdeckt wurde. Er fand es in den Wäldern nahe den Dürfern
Pacho und Zigua()lra, In der Provinz Santa Fé de Bogota, und sandte Exemplare nach England, welche Dr. Llndic)' des gekräuselten
Randes der íilüthen wegen O. crispum nannte. Zwanzig Jahre hindurch hörte man nichts von dieser feinen Orchidee, bis sie
von John Weir Air die Royal 11ortIcultural Society gefunden wurde, dem es gelang, 1863 lebende Pflanzen davon einzuführen ; aber die
IJlütlien erschienen so verschieden von Lindley's O. crlsjium, dass Mr. Bateman sie als eine neue Speeles betrachtete und sie zu Ehren
der Prinzessin von Wales Odontoglossum Alexandra; nannte. Da diese Pflanze so veränderlich ist, so gab es unter den vielen Importationem,
welche zu ims gelangt sind, mannigfache charakteristische Varietäten, wie z. B. Stevensianum, Trlana;, Schroederlanum, Cooksonianum,
Ballantinianum, Veilchianum und Sanderianum.
Obgleich das geographische Vorkommen von O. crispum Im Verhältniss beschränkt Ist, so glebt es einen merklichen Unterschied
In den Varietäten, je nach den verschiedenen Gegenden ; die I leimath der feinsten Formen sind die Pacho-Gebirge, wo die Pflanzen auf den
untersten Aesten der Waldbäume wachsen in Gemeinschaft mit O, gloriosum und O. Llndleyanum. Letztere zwei sind In Bezug auf
Schönheit untei^ordnete Species, sind aber wahrscheinlich grösstentheils die Erzeuger von schönen, mit schmalen Sepalen und Pctalen
versehenen Hybriden gewesen, wie Andersonlanum, Ruckerianum, Jenningsianum und anderer. Es ist eine eigene Thatsache, dass,
während die sternförmigen, Lindley's Originaltypus ähnlichen Blumenformen ausschliesslich im Nortlen von Bogota vorkommen, die feinen,
runden Varietäten reichlich In den Wäldern des Südens gefunden werden, in einer Entfernung von zehn Tagerelsen. Obgleich diese Orchidee
In grosseren Massen aus Süd-Amcrica importirt wird, als jede andere, so sind die Kosten bedeutend. Wir erwerben ausschliesslich das Rccht
des Sammeins In gewissen Wäldern, zu welcher Arbelt Eingeborene In Gruppen von vier bis acht in die Wälder geschickt werden ;
diese kommen nach 14 Tagen zurück und jeder bringt circa 300 Pflanzen. Wenn sie gereinigt und mehrere Wochen lang auf
hölzernen Stellagen aufbewahrt sind, werden sie gepackt; die Pflanzen werden an dicke Stäbe gebunden, und diese in Kisten befestigt
und zwar so, dass die Luft genügend Spielraum hat. Die Kisten werden auf MauUhleren nach BogotK transiiorllrt, eine Entfernung
von ungefähr zehn Tagen, von wo sie ilurch einen Agenten nach Honda geschickt werden, welche Reise wieder scchs Tage in
Anspruch nimmt. Dieser Ort liegt am Magdalenen Flusse. Von hier aus werden die Kisten an Bord des Stromdampfers zur Seehafenstadt
Savanilla gebracht, eine Reise von fünf Tagen, auf der In Folge der grossen Hitze die Pflanzen oft verderben. Die Kisten kommen
dann In der Regel viá Colon und St, Thomas nach England; die Ueberfalirt dauert ungefähr 27 Tage. D;is Unternehmen, diese Orchidecn
zu Importircn. Ist demnach ein gewagtes; da die Pflanzen solche saftige Knollen haben, sind sie derart dem Verfalle unterworfen, dass In
vielen Fällen sieben achtel der Ladung todt anlangt. Die Ausrottung der Wälder in Ihrer Heimath zumal muss gross sein, wenn man berechnet,
dass für je drei in Gärten etablirte Pflanzen ein Baum gefüllt wur<le.
Obgleich diese Orchidee mit Erfolg In jedem Kalthause cultlvlrt werden kam, vorausgesetzt, dass die nothwendlgen Bedingungen
beoljachtet werden, so ist es rathsam, sie in einem speziellen Mause zu ziehen, welches auch für andere kidte Orchidecn passend Ist. Da sie als
Gebirgspflanze nicht <len Extremen von Hi t« und Kalte ausgestzt Ist, so soll man sie in einer niedrigen und feuchten Atniosphäre das ganze
Jahr hindurch haken und um dieses zu erreichen, ist es zweckmässig, das Haus ungefähr Meter lief unter der 01x:rfl."ichc des Bodens
zu legen. Man erreicht dadurch eine kühlere Temperatur Im Sommer un<l eine gleichmässigere Wärme im Winter. Die beste Lage
des Hauses ist gegen Osten und Westen, nie gegen Norden, Man thut gut, eine doppelte Stellage zu errichten, so dass man auf die untere
eine Lage von ausdünstenden Substanzen, wie Cocosnussfasern, Haldeerde, Moos oder kurzen Dünger ausbreiten kann, während die
Pllanzen selbst auf hölzerne Leisten ge.-Jtellt werden. Stellagen aus Schiefer oder Stein errichtet, selbst wenn mit wärmerem Material
bedeckt, sind nicht passend ; denn obgleich die Pflanzen eine feuchte Atmosiihäre lieben, so Ist doch eine beständig kalte Feuchtigkeit
den Pflanzen schädlich. Im jungen Zustande müssen die PAanzcn von April bis Oktober zweimal täglich bei schönem Welter gespritzt
werden ; im Winter jedoch verlangen die jungen Pflanzen sowohl, wie die alten ein sorgfältiges Hegiessen. D;ia Pflanzmaterial soll aus
guter, faseriger Haideerde und Sphagnum bestehen, so gemischt, dass ein guter Abzug des Wassers erzielt wird.
Gemalt n.ieh einer manzc in der Dell collection, Windsor, mit Erlaiibniss des Herrn Baron J. II. W. Schröiicr.