neunundfünf3igftes fcctpite!.
erfrieren? Verhungern?
gange Sad()t f)eulte ber ©turnt, unb unfere bünne geltleinwanb
flatterte im SBinbe. ©utam Wedte mich mit ben StBorten: „eS
ift fdjeufjlidheS SBetter, man fief)t gar nichts." 2iud) bie nädhften Serge
oerfchwanben im Schneetreiben, unb wenn ich baS SEal in © 35° D,
in bem wir weitergiehen mußten, nicht fchon geftern gereift hätte,
hätten wir nicht aufbrechen iönnen. Sin biefem Sag, bem 30. Januar,
mußten wir alte beifammen bleiben, ba ber wirbelnbe ©chnee bie ©puren
fofort auSfüßte. SÜSir hatten gWei Sotfen; ich ^itt als le|ter auf bem
ausgetretenen ißfab, ber fich anfangs wie eine fdfjwarge gewunbene Sinie
auSnahm. SSeiter aufwärts aber, wo ber ©chnee gwet gufj h°dh tag,
fah man (Srbboben unb ©eröß nicE»t mehr. (Sin braunes ißferb, bas
fchon unbetaben war, legte fich im ©dhnee gunt Sterben nieber. Statt
fah, Wie gefdhäftig ber Sreibfcpnee ihm, noch ehe eS fait geworben war,
fein ©rab bereitete. (SS üerfdhwanb hinter uns in ber entfe|Iidhen (Sin*
famfeit.
Sangfant, tangfam gieheit wir burdh bie Schneewehen weiter. SBinbftöfje
reifen ben Sotfen Sßarnrufe oon ben Sippen; ihre ©timme bringt aber
nicht gu unS; wir folgen nur bem ausgetretenen ißfab. Sobfang geht
ooran, oft fieht man ihn gang in bem trocfnen, lofen Schneetreiben üer*
fdhwinben unb in anberer Sichtung nach einem Sßeg fudhen. Sn Stut*
ben liegt meterhoher ©dhnee, nur fchrittweife fontmen wir in bem Sempo
oorwärts, wie uns bie beiben Sotfen mit ihren Spaten eine Sinne burdh
ben ©chnee fdhaufeln. Unaufhörlich faßen bie Siere, baS Umlaben Oer*
urfadht Slufentfjalt, ba alte in berfelben Sinne bleiben muffen. Unb
Stenfcfjen unb Siere finb gu Sobe erfdhöpft unb ringen in ber hohen Suft
mühfam nach Sttem. gum ©rftiden bidjt umfjüßt uns Sreibfchnee unb
fegt unS wie mit S3efeit weiter. Stau wenbet ihm ben Süden gu unb
beugt fich nadh oorn. Sur bie nädhften Staulefel finb fidhtbar, ber fünfte
ift fchon unbeutlidh, unb bie an ber ©pijje beftnbiidhen erfdjeinen nur wie
ein etwas bunfiereS SBeifj; oon ben Sotfen fehe idj feinen ©dhimmer
mehr. Sann bewegt ftdfj ber gug wieber einige Schritte üorwärtS, bis
bie nächfte SSergögerung eintritt. SK8 ber Staulefel unmittelbar oor mir
fidfj wieber in ©ang fefet, ftürgt er in eine fdhneegefüüte Stutbe, wo
ihn gwei Stämter in (Smpfang nehmen ntüffen, um feine Saft gurecht*
prüden. (SS geht jefct öftlidh oorwärts, unb baS SEerrain fteigt. @ef)t
bieS noch einige Sage fo weiter, bann finb w ir üeriorett!
(9Ibb. 315.) ^
(Snblidh erreichen wir eine flache ^afsfdiweße (5568 Sieter hodh).
Siuch in ©eehöhe würbe eine folche Seife fdhon fdfjwer genug fein, wie*
oiet fdjlimmer aber in einem Sanb, baS mehrere §unbert Sieter höher
liegt als ber ©ipfel beS Siontbianc unb wo eS nidhts weiter gibt, als ©rau*
ftein! Stuf ber Oftfeite beS ißaffeS lag ftredenweife meterhoher ©chnee;
es fdhien, als foßten wir rettungslos in ben Schneewehen ftedenbieiben
unb bort warten ntüffen — aber auf was?! Senn ber ißrooiant näherte
fich fernem (Snbe, unb woßten wir überhaupt SSeibe finben, fo mußten
wir üorwärtS. Sun ging eS wieber langfam bergab; ber ©dhnee tag
nicht mehr gang fo hodh, wir näherten unS einer SEalerweiterung, wo ber
Sßinb einige ©treden reingefegt hatte. gut Seiten geigte fich eine §albe,
auf ber Slbbul Serim einige ©raStjatme aus bem ©dhnee heroorguden p
fehen glaubte unb nun baS Säger auffcfjlagen gu bürfen bat. S iit Stülje
gelang eS unS bie gelte aufguridfjten; erft in ber Dämmerung fameu
bie beiben franfen Stänner, ihre ©eftdfjter waren gefchwoßen unb btau!
(Sin unheimliches Säger! Ser Sturm fdjwoß gum Orfan an, unb
man hörte weiter nichts als fein Reuten. SiuS meinem gelt fehe ich
ringsumher nur ein weifjeS SljaoS, aßeS ift weifj, gwifdjen (Srbboben,
Sergen unb §immei ift fein Unterfdjieb, aßeS weift in weift. Sidht ein*
mal bie gelte finb in bem Schneetreiben gu erfennen, ber feine ©chnee
ftäubt herein unb bebedt aßeS mit feinem Weiften Sieht. Sin ©udhen
oon geuerung ift nicht gu benfen, fdjott um brei Uhr habe ich M)cr im
gelt 17 ©rab ilätte. Sraufien aber fehe idh lein iebenbeS SBefen, idh
fönnte ebenfogut gang aßein in biefer (Sinöbe fein.
Stein treuer ©ulam aber fommt fchlieftlidj boct) nodh ntit Sohlen;
Sobfang unb ©ebif haben einige bürre ©tauben gefunben. ©ulam berichtet,
©onam Suntfdjuf woße ficf) gum ©terben in ben Schnee legen; aber
ich rate ihm, oorläufig lieber eine tüchtige SofiS Sh in in gu nehmen. Situ
fpäten Slbenb fchlug wieber bie Stelobie ber ülßahhhatne an mein
¿hr, gang fdjwadj unb unljeimlidjer als gewöhnlich gwifdjen ben SBinb*
ftöfjen. SBir gehen einem bunfetn ©efdjid entgegen! 3dj habe bieSmal
ben 33ogen gu ftraff gefpannt, er fann jeben Slugenblid gerfpringen! SBir