»on einem alten grauhaarigen ©ooa, ber bereits mein ganz befonberer
greunb geworben war. SaS SBetter war herrlich, aber fcEjon jeßt fpürte
man morgens eine beißenbe Kälte, ungefähr wie baßetm auf ben Schären
wenn bte geiben »lütter abgefailen finb unb eine bünne ©ishaut ficb über
bte »achten gefpannt hat. ©anz »arfa war auf ben »einen, um fich
unfere Stbreife anzufcßauen. gugleidß mit uns brach ein öoruehmer Santa
auf, ben ich öon Seß her lannte. Seine »egleiter hoben fich in ihren
neuen roten unb geiben ©ewänbern hübfch gegen ben grün unb grauen
Ubboben ab. ©r war in ScEjigatfe gewefen unb hatte fitrglid^ ben
heiligen »erg umwanbert. SBäßrenb beS ao?arfc^e§ burchwateten wir bie
gilüffe Sam*tfchu, Sung-tföiu, 8a = tfdßu unb ©haleb, bie bem
Sangaf=tfo jeßt jufammen etwa 10 Kubifmeter Sßaffer in ber Sefunbe
Zufüßrieit.
■v5e näher wir bem heiligen »erge tarnen, befto weniger impofant
erfcßien er; oom Sangaf=tfo hatte er fich am fcfjönften ausgenommen.
Ser gorm nach gleicht, er einem auf ein »riSma gefteHten Setraeber.
»on ber SDiitte beS weiten Scheitels geht ein fenfrecßter ©isftreifen auS,
unter bem fidh ein flacher ©isftalagmit erhebt, ben üon oben ein bicfer
SBafferftraßl befpült. Ser Straht §erfrlittert auf bem ©isfegel in
glißernbe Sprüßtropfen unb SBafferglocfen — ein großartiges Scßaufpiel,
bem man ftunbentang zufcßauen fönnte.
Unfer Säger auf tor ©halebgeibe hatte ben »orjug, fern oon allen
menfdhlichen SBoßnungen ju liegen, unb baS war auch nötig, benn oon
hier aus bewerffteüigte ich brei unerlaubte ©jfurfionen! Ser ¿weite biefer
StuSflüge nahm nur einen Sag in Slnfprudß, ben 6. September, fein giel
war bas alte »ett beS Satlebfdß. ® bem Sßunft, wo wir baS »ett
erreichten, fcfjien eS nach Dften wie nach SBeften hin ftiüfteßenbe SBaffer-
anfammtungen ¿u enthalten, ber »oben war aber oöllig eben. Sin ber
Stelle, bie mir bie ßöcßfte fcßien, ließ ich baS Siebethermometer ent»
fcßeiben, baS einige 10 SKeter £öße über bem See angab. goigt man
bem »ett nach SBeften, fo gelangt man ¿uerft an einen feßr enten*
unb aigenreichen großen Sitßwaffertümpel, barauf an eine »eiße burdß
Keine SSafferarme miteinanber üerbunbener Sümpfe unb fcßließlich an
einen »ach, ber langfam nacß Sübweften fließt. Ser »ach ergießt fich
batb in einen großen Süßwaffertümpel Dir. 2, ber feinen ficßtbaren Abfluß
hat. ©eßen wir aber weiter nadß bem »tmft, wo baS »ett ficß ¿wifcßen
fteilen SBänben anfteßenben ©efteinS ¿ufammenbrängt, fo ftoßen wir auf
ZWei Onelleii, bie einen neuen »acß bilben, unb biefer fließt burcß baS
ßier feßr marfierte Tal nadß Sübweften weiter, »acß meiner Überzeugung
ficfert biefeS SBaffer unter ber ©rbe burcß unb fommt aus bem Sangaf=tfo.
golgt matt, wie ich ™ Saßr fpäter tat, bem alten »ett eine Jage»
reife weiter nadß Söeften abwärts, fo finbet man bei Söltfcßu*gumpa
wafferreicßere permanente Quellen, bie ebenfalls im »oben beS »etteS
entfpringen. »on ßier an mtb auf bem ganzen SBeg burdß ben fpima*
laja abwärts nennen bie Tibeter ben Satlebfdß 8angtf<hen*f amba, ben
©lefantenflüß; ber fpügel, auf bem baS Klofter Söltfcßu*gumpa er*
baut ift, foll SÜßnlicßfeit mit einem ©lefanten ßaben, baßer ber »ante.
Sie Quelle felbft bei Söltfcßu heißt 8angtfcßen*fabab ober „ber
ÜJlunb, auS bem ber ©lefantenflüß fommt“ , ebenfo, wie bie »raßma*
putraquelle Samtfcßof = fabab, „ber ÜDimtb, auS bem ber »ferbefluß
fommt“ , unb bie SnbuSquelle Singi*fabab, „ber SOfunb, auS bem
ber Söroenfluß fommt“ , heißen. Ser oierte in ber »eiße ift ber 9J?ap=
tfcßu*fantba, ber »fauenfluß ober Karnali. Sie Sibeter behaupten alfo,
baß bie Quelle beS Satlebfdß jeßt beim Klofter Söltfcßu liege, iticßt int
Himalaja ober SranSßimalaja, auS benett er jebocß feßr wafferreidße
»ebenflüffe erßält. Sie finb aucß überzeugt, baß baS Quellwaffer beS
Sangt)cßen=famba auS bem Sangaf=tfo ftanimt. Unb idß bitte auf bie
außerorbeutlicß beachtenswerte Satfacße aufmerffam rnadßen ¿u biirfen, baß
bie erfte ber beiben heiligen Quellen, beren SBaffer fich ’n beit Sage=tfangpo
ergießt, ebenfalls Sangtfcßen=famba ßeißt (f. S . 86), ein »eweiS, baß man
bie Quelle iu alten geiten im Qfteit beS Sfo*maöang annaßm.
Seßt rate icß bem, ber an ber grage ber Sage ber Satiebfcßquelle
fein 8ntereffe nimmt, baS nun folgenbe gitat zu überfdßlagen. SBäßrenb
meines Slufentßalts in Ktjöto im Sezember 1908 geigte mir ber ®eo=
grapßieprofeffor ber bortigen Unioerfität, fperr Qgawa, eine Sammlung
dßinefifcßer »üdßer über bie ©eograpßie Sibets. ©ineS baüon, Sdßui=tao*
ti=fang, „Sie ©rnnbzüge ber ^ßbrograpßie“ , ift eine Kompilation, bie
Sfcßi Sfdßao »an im 26. Saßre beS KaiferS Kien Sung, alfo im iyaßre
1762, auSgefüßrt ßat. 3nt 22. »udße biefeS SöerfS fteßt folgenbe »fit*
teilung über bie Quelle beS Satlebfcß, bie »rofeffor Qgawa mir mit
großer SiebenSwürbigfeit wortgetreu überfeßt ßat*:
„Ser Kang=fa=fiang tritt auS bem Kang=ti*ffu*icßan (KailaS, ©angri)
auS, auf beffen Süboftfeite ber Sang»tfdßuan=fa=pa=pu=fdßan (Sangtfcßen*
famba ober Sangtfcßen*fabab), groß wie ein ©lefant, liegt. SaS »elief
wirb aKmäßlich immer hügeliger nacß ber fübweftlicßen ©renge ßin unb
fulminiert im Kang*ti*ffu*fcßan (KailaS). Ser »erg ßat einen Umfang
Oon meßr als 140 Si. Sluf aUen Seiten bitbet er abfcßüffige SBänbe,
* iscß ßttbe n ur ein p a ar @äpe au^gelaffen, bie mit bem Problem birelt nidjtS
iu tun ßaben.