
TAFE L X.
Die vorliegende T'afel giebt iingcfiilir denselben Schnitt wieder, welcher
bereits auf der vorhcrgebeiidcn T’afel abgcbildet ist, aber au einem 22jiili-
r ig en ju g o n d lic lic ii, k r ä f tig e n , völlig no rma len Kö rpe r, der ganz
frisch, noch in Todtenstarrc, auf die Anatomie gebracht wurde. Von demselben
Körper wurde auch die folgende Reihe der Durchschnitte bis zum
Becken Iierab genommen, so dass die frühere Folge, welche den SOjälirigeii
Mann betraf, der auch Tafel IX. zu Oniiide liegt, gänzlich bei Seite gelegt
werden konnte.
Die liier vorliegende Scheibe hatte eine Stärke von 3'/, Centimeter uud
zeigt wie die übrigen die obere Fläche, so dass mau von oben in den Körper
liiiicinblickt. Die Arterien blieben miiiijieirt. Der Schnitt traf vorn das
vuinuhriumstmm, hart unter sciiiciii ohcvcii Rande, und hinten den 3. Bnist-
wirbcl nahe seiner oberen Grenze, mit einem Tlieil der daraiifTiegendeu
Baiulselieibe. Von den übrigen Knnchciitbciien sieht man vorn neben dem
Brustbeine die Durdischnitto dev S c iilü s s e lb e iu e iu le n , und zwischen
beiden den Gelenkapparat mit dem Zwiselienkiiorpel. Seitlich von den
bternalenden der Schlüsselbeine liegen dio Durehschnittc der e rsten
R ip p en , hinter diesen die der zw e it e n , und weiter nach rüekwUrts und
einwärts ilie der d r itten . Letztere sind niclit ganz glcicliiuä.ssig getroffen
norden in Folge der etwas höheren Stolhiiig der rcchfca BrusChälfte.
Wälireiul nämlich auf der linken Seite die dritte Rippe ein zusanuncu-
hängeiides Stück darstellt, im Gelenk am proccssiw transcersus und iinniit-
•clbiir unter dem Gelenk am Wirbelkörper getroffen, ist von der rccbteii
iiippe das mediale Ende fast vollständig entfernt worden, und nur noch ein
Stückchen vom Köpfchen geblieben. Die S c h u lt e r b lä tt e r sind durcli
die Gelenkpfaimen gcschnitfeii. Die ü b e r a n iik ö p f e zeigen beide Roll-
hügel und den unteren Theil der Gclenkfläclicu.
Vergleicht man luiii T’afel IX. mit der liier voiTiegeiulcn, also die Lage
der Theile bei einem SOjälirigen mit der an einem 22jährigen Manne, so
hat man dort den 3. Brustwirbel an seinem unter en Ende, hier an seinem
ob e r en Ende getroffen, also bei dem jungen .Manne ziemlich um eine Wir-
belhöhc hulicr gcscliiiitteii als bei dem alten, und trotzdem das Brustbein
an einer t ie f e r e n Stelle erreicliL Dies zeigt, da der Schnitt genau horizontal
verlief, dass bei dem jugendlichen Körper das Brustbein hoher st.and
als bei dem alten. Vergleiclit man die Qiftr- und Tiefeiidnrehmesser beider
Briistscliiiittc mit einander, so tindet man bei dem alten Mamie den Tiefen-
ihiiclimcsser grösser, dagegen den Qiierdui-chmesscr geringer als bei dem
jüiigci-eii. Es ist nicht umnöglich, dass dio vergrössertc, bis in den Tliorax-
raiim liiiieiiirageiKic Schilddrüse die Ursache dieser Verschiedenheit ist.
Ebenso fordert die S c h u lt e r zur Vorgleiehmig auf, die iu Folge der
überaus kräftigen Muskulatur bei dem jüngeren .Manne viel höher stand
und deshalb bedeiitoml tiefer an der Säge getroffen worden ist. Man erkennt
gleich an doii grösseren Fläelien, welche ■m. ¡icctoralü major, deltoi-
detis, subscaptdaris darbieten, dass hier ein stark entwickeltes Jliiskel-
floiseli vorlag. Zum T’lieil wird auch dureli diese Fleisohiuasseu die \-or-
dere Bcgrenzuugsliuic der Haut bedingt, die bei beiden so differirt; zum
grossen T'lieil aber auch durch die verschiedene Seluilterhaltuiig. Während
iiehmlicli der alte Manu mit leicht erhobcueii Armen gefroren aiikam, wodurch
die Seliultern etwas iiaeli vorn gerückt waren, lugen die Arme bei
dem hier abgebildcten Cadaver gestreckt neben dem iiwrax.
Diigegeu differirten auffuileuder Weise die Tiefen- und Qiierditrch-
inesser der Cadaver selbst iu gleicher Höhe auffallend wenig, was sich
auch sclion durch Messung der hier vorliegenden Scliciben erkennen lässt
Der Qiierdurcliuiesser auf Tafel X. beträgt 2 Centimeter iiiclir als der auf
Tafel IX,, ivas zum grossen T’lieil auf Ueclinimg der Muskulatur kommt,
da die Kuoclieucoiitoiiren grosse Uebereiiistiimiuing zeigen.
Was den mittleren T’lieil auf der vorliegenden Tafel anbetrifft, so ist
die Lage dej' Gefässe und Nerven viel einfneliev und vci-stäiidliclier als auf
Tafel IX,, wo durch den bis iu den /Iwmx lüueiTirageiiden Kro]if wichtige
Lagcveiündcruiigcn liervorgebraclit worden waren.
Hinter dem slm wm liegen dio Durelisclinitte der mnsctdi stcrnodiij-
rcoidei, neben ilincii, hinter den Klavikein die der slermhyoidci. Vor dem
slm mm sicht man noch die setiiiigcn Ansätze der mm. stcrnomostoide!.
Geht man weiter nach innen, so zeigt sich hinter dem rotlieii iXiuskeiatrcifcii,
welcher sich hinter sternum und Klavikein im Bogen rpier von einer Seite
zur ändern zieht, dureh die starke mittlere Halsfascie davon getrennt, der
obere Theil der thymus, und iimnittellinr hinter dieser die »ehr schräg von
links nach rechts und unten verlaufende und deshalb sehr weit aiifgcschiiit-
tciic vena anomjmn sinistra. Den Stamm dieser Vene kann man noch ein
Stück nach rcclifs hin verfolgen, fast bis zn dem Veiienliiinen, welches der
scnki'eoht in sic licrabstcigeiidcii vena thyreoidea m/er/oi-aiigeliöi t. Jenseits
dieser Vene lag der Stamm tiefer und schimmerte nicht mehr durch das
Zellgewebe hindurch, daher erscheint auch diu (jiiergescliiiittene vena unn-
nyma dextra davon isolirt.
Bei genauerer Betraclituiig erkennt man in der weit aiifgeschlitzteii
vena a. sin. zwei kleine üeffmiiigeii. Die vordere davon gehört der linken
V. mammaria interna au, dio hintere dem ductus thomcicns. Der ductus
mündete in diesem Falle etwas weiter nach innen als gcivöhiilieh, also in diu
vena anonyma anstatt in die subclavia, er konnte an der inneren Pleiira-
ivaiid der linken Lunge direkt nach hinten verfolgt werden, wo er dann
nach abwärts umbog, um sieh an die Müj'beisänie anzulegeii.
ITintur der grossen Vei«, dio zienjlich mit Blut angefiillt war, und noch
im erstarrten Zustand ihrer Wandungen, naeh Wegnahme des Blutes, genau
abgezeicimet wurde, liegen vier verseliieden grosse Artericnüffmingeii, eine
Reibe cinlialtend, die schräg uaeli vorn und rechts bis zur .Mittellinie verläuft.
Dieselben entspreehen, von links angefaiigen, dw a. suhdavia sin.,
a. rertd/ralis sin., welclie hier selbstständig aus dem Aortenbogen entsprang,
der a. carotis.dn., und dem truncus anonymus. Der Aortenbogen fand sicli
unmittelbar unter der Schnittfläclie.
Die arteria anonyma ist in Bezicliiing auf ihre Länge und ihre Ur-
sprungsstclle vielfacli varriirend, jedocli stets so zur .Mittellinie gelagert,
dass sicli zn iiirer Aufsuclmng am meisten der von Pirogoff vorgeselilageiie
Üclinitt in der Jlittellinie der excavatio juguloh-ackealis ciiiptielilt. Nach
Vcrsiiclien au der Leiclie liabe icli mich überzeugt, dass das von ilim angegebene
Xterfalircii am siclierstcn auf die Arterie lührt.
Man ivciidet den Kojif nadi links, drückt die rechte Schulter abwärts,
und dringt mit dem Messer bis auf die vom Zungenbein und Kelilkopf lier-
abgeheiide .Miiskelgriippc ein. Hier gilt cs, genau iu der Mittellinie zwischen
beiden muscidi sternothyreoidei ciiiziisdineiden, und darauf die starke Halsfascie
zu trennen, mit welcher die grossen Vciicii fest venvaclisen sind. Ist
dies geschehen, so kann man bereits den A rtericnstaium in dem lockeren Zell-
gewcbt auf der trachea isolircu und die Ligatur darum fiilireii, nur hat man
dabei zu bedenken, dass iin iiiitto lb a r d a ru n ter d ie g r o s s e v en a a n o n
ym a s in is tr a liegt, und quer Uber den truncus i'ciTäuft; dass aber an der
r e ch ten Seite des truncus, von hinten her gerechnet, der n e r v u s v a g u s
liegt, wie auch aus der Abbildung ersichtlich ist. Der vagus war hier
unterhalb seiner Abzweigung des ramus recuirens getroffen worden, liegt
deshalb auch weiter nach rückwärts als höher oben; auf der linken Seite
ist der ramus recurrens zivisciicu oesophagus und ti-achea zu finden, der
Stamm des vagus aber vor der arteria suhdavia.
Aus der Lage der a. anonyma ist ersichtlich, dass Eitersenkungeii in
das mediastinum nach einer solchen Operation sehr leiciit einti'eten können;
ebenso müssen die relative Kürze des Arterienstammes und der starke
Dniek im Aortenbogen die Bildung eines resistenten thrombus ausserifi"