
TAFEL IX.
Die vorlicgeiiflc Abbildung geliürt zn einer Reihe von DiiiTliscliiiifts-
zciclinnngen, welelic von dem Runipfc e in e s Cadavers gcnoniinen wurden.
lis erschien mir nothwcndig, trotz der dadureli verniclirtcn Scliwierig-
keit, einen und denselben Körper in inügliciist dünne Scheiben zu zerlegen,
anstatt verschiedene Cadaver dazu zu iielimcn, weil es nur dadureli
iiiüglicli wird, die ciiizelncu Umrisse aiiteiiiaiider zu passen und so durch
Vergleicbiiug der Bilder eine rihunliehe Anschauung der ciiizchion Organe
zn gewinnen. Denn wenn auch bei jedem normalen Individuum dieselbe
relative Anordiiimg der Theile sich wicdcrlindct, so findet sich doch
keine absolute Clciehlicit des Einzeliieu bei verscliicdcnen Individuen, und
es lässt sieb nielit so ohne Weiteres die Zciclinuiig eines Körpers in
die eines anderen derselben Region übertragen.
Der Truncus des vorliegenden Cadai’crs wurde vom Tlalsc bis zur
Steissbciiispitze in etwa zollstarke Scheiben zerlegt. Nur iu der Nälic der
Schulter wurden dieselben etwas diiiiiier genounneii, um jede Lagei-er-
äiideriiiig zu Gesicht zu bekommen, so dass die Scheibe, von der das
vorliegende Bild geiiommcii wurde, mir die Stärke e in e s C cn tim c tc r s
besass. Die Siigefiäclien waren einander vollständig parallel. Bei dcr
Feiiihcit des Sägeblattes war auch nur ein geringer Knbstanzverhist eiiigetreton.
Nachdem die Coutnrcii auf die oben besolirichenc Weise fixii t
worden waren, wurde die Faserriclitung der Muskeln, Seimen und Bänder
in die Zeiehnnng eingetragen und später, nachdem das Ih'äpanit aufge-
tliaut war, die Fascien, Gefässe und Nerven bestimmt und in der Ab-
bihhiiig vervollständigt.
Um in dieser Weise eine Reibe von iJurelisclmiitszeichmiii.gen e in e s
Körpers licrziistelleii, deren jede einzelne über einen Tag in Aiispnieh
iialiin, musste eine Zeit benutzt werden, welche wie im Winter l.S(>4— 18(3.5
über einen Monat laug intensive Kälte mit sich brachte. E s wäre sonst
unniöglich gewesen die Monge von Scheiben in imverselirtem Zustande
zu erhalten. Dalier war ich doiiii aucli gezwungen, einen Cadaver zn
nehmen, wie er eben gebracht wurde und liattc nicht die Wahl des
Materiales frei.
Der Cadaver, welelicii icli tÜr d ie s e Reihe von Durelisclinitten lie-
imt/.te, war der eines etwa öOjältrigon Mannes. Derselbe hatte eine Ycr-
grösseriing der Leber nnd der Seliilddriise, ebenso stellenweise eine zeilige
Anlicfhmg der Pleuren, zeigte aber sonst weder iu Bezug auf das Herz
noch auf die übrigen ürgaiiu chic Abnonnitäf. Er kam fest gefroren
auf die Anatomie, in einer Lage, bei der Oberannc iiiid Oberschenkel
leiclit crliobcn waren, was für die Beiirthoihiiig der betiefl'eiidcii Gelenke
bemerkt werden muss.
Der Schnitt, welcher auf der v o r lie g e n d e n Tafel abgcbildet ist,
ward dnrcli das Stcnioclavikulargoleuk in horizontaler Riclitmig gefiilirt,
so dass zugleich die Schultergelenke und die Baiulselieibe zivi.selien drittem
uud viertem Brustwirbel getroffen wurden.
Die Zeicliiiung stellt die obe r e Fläche der Scheibe dar, was aiieii
an der Bczeiobiiung „rechts und links“ ersichtlich ist, weil cs mir cin-
faebcr für die Betrachtung crscliion von oben nach abwärts auf den Rninpf
zu blicken als iinigekelirt von unten iiacli oben, Alle derarfigeu Abbil-
ihnigcii geben so grossc Scliwicrigkeitcii bei der Orientirang, dass man
jedes mögliche Erleieliternngsinittcl dabei bcmitzcu muss. J[an tliiit gut,
sicli (len Sehnitt als durch den eigenen Körper geführt zu denken und
gleichsam von oben naeh abwärts hiiicinziiblicken.
Ucborrascliciid sind Snnäclist die Grössenverhältiiisse. Die Breite
(40 Ccutiraetcr), namentlich aber die T'iefe (15'.L Cciitimefer) ersclicincn
zu gering, und doch stimmen die Maasse, wie mau sieh am Lobcudcii
leicht iibcrzcugcu kann, mit dciioii eines erwaclisencn kräftigen Muiines
überein, Bemcrkeiiswerth ist ferner dio grossc Schnittfläche der Lungen
in der unmitteibareu Nähe des oberen Randes der ei-sfeii Rippe. Jlan
kann daraus sehliesscii, das» die Liingeiikiippol noch mn ein Beträelitliche.s
die Clavikulärhölio überragen musste, was füi^ die Lage der l^migen-
spitzeii in liezug- auf Verletzungen und Erkraiikuiigeii von Wielifigkoit ist.
Beide Lungen sind zienilieli synimcfrisclicr Fnnii; nur zeigt sicli die
linke von vorn lier eiiigedriiekt, und in die Einbiegung der iiiifstcigoiide
T'lieii der linken arteria rnhclarh ciiigolagert. E« ist walirsclieinlich, dass
diese Einbiegung durch die vergrössertc iiacli links gelagerte imtere Scliild-
driiseiipartlue hervnrgeliiaelit wurde. Um dio Lungen herum sind durcli
weisse Coiifiircii die ITeiiren angedeutet und zwar .so, dass dureli einen
schwarzen Strich, wclelicr die ITeuraliiilde wicdergebeii snil, dius parietale
Blatt von dem visceralen gutrciint wird. An das letztere liUfte dann iiocli
eine Fiiscia .angelegt worden iniisseii, welclie die liiiiciiseite der liitercosfal-
iniiskcln aiiskleidet. Sie wurde weggelasseii, um iiielit ünkhirlieitcii
liervorzubiingen. Schon das Anlegen der Ilauptfascicii hat Sdiwieriglceif,
da sic sämmtlich viel stärker gezciehiiet werden müssen als sic sieh in
der Wirklichkeit ausnelimeii. Will mau nun sämiufiiehe Blätter auf einem
Durchschnitte zur Aiischaiumg hriiigeii, so wird dadurch ein Raum in
Anspruch geiiomiucu, welcher die ursprünglichen Coutnrcii zu sehr aus
der Lage bringt.
Die n.ahe Lage der beiderseitigen a u f s t e ig e iid e ii Arteriae suhdaviae
zur Pleura und Lunge, maclit hier dio Schwierigkeit iliivr Uuterbiiiduiig
recht deutlich. Mau hogrciff die Möglichkeit einer dalici gesetzten ITeura-
verletziiiig. Der a b s te ig e n d e Tlieil derselljeii Arterie ist dagegen bereits
dnrcli die Intercostalniuskein uud Ri|ipeii von der Lunge getrennt. Er bat
»eine Lagerung zwischen plcxm bradnalk und vena su ld a rin ciiigciioniiiien.
Die Venen sind, da sie niclit injieirt waren, zusammeiigefaJtet, wie sie
Vorlagen, abgezeiehuet worden. An der iinkcii v .suhdavia «ielit man in die
EiiimündimgsstelicdcrrcnrtccpAo//co liinniii, die iincIi niebt vom Schnitte getroffen
worden ist. Unmittelbar vor heidoii Venen liegt die Sehne des mvsc.
subdorins, niigolieftet an die erste Rip|io. Dieselbe war auf der rechten
Seite viel deiitlielicr als auf der Unken, da liier nur noch die untersten
Fu.sern geblieben waren. In der Uiugebimg des grossen Nenam- und Ge-
lässbiindels liegen die Arteriae tJioracicae mit den eiitsprccliciideii Venen.
In dem Raume, der, als Beginn des mcdiastimim, von hinten durcli
den Körper des dritten Brustwirbeis, vorn durcli Sternum und Sclilüssel-
bciiie, scitlicli durcli die Plcureii begrenzt wird, liegt zunächst am Wirbel
der ihictus ihoracicus. Erst weiter oben verlässt er diese Stelle, um sich
zur linken vena siibdavia zu begeben. Vor ¡bin war der durcli gefrorenen
Mageninhalt erweiterte Oesophagus. Die Masse, welche walirsclieiiilieh
beim 'L'raiis)iovfircii des Leicimaiiis licraufgefrcfeii war, ist licraiisge-
iioinmcn worden. Vor dem Oesopiiagus dio duiehscliiiitteiie Luftrölire;
scitlieli derselben, etwas naeli hinten gerückt, so dass sic in die Furelie
zwischen Speise- uud Luftröhre zu liegen kommen, die ziirücklaufeiiden
Kehlknpfäste dos nervus vagus. Links neben der Luftröhre die uuteistc
Parthie der struma egstica, au welclie sicii vom und jceht« zwei Venen,
die das Blut von der Schilddrüse lierablciteii, uud demgeinäss in diesem
Falle vergrössert sind, anscliliesscn.
Rechts neben denselben, und links neben der vergrösserten Schilddrüse
die Arteria carotis, beiderseits mit dem Sfaininc des ncrvus vagus
an der Ausscnseite. Noch weiter nach aussen die Anfaiigstheile der
venae anomjmae. Neben diesen die beiden nervi phrenlci, sowie die arteriae
mamniariac intcrnae.
Durcli schwarze Linien sind die fielenkspaltcu aiigodciitet, welche
dem Stemoclavikulargelcuk aiigehöreii, zwischen ihnen erkennt man den
Zwischcnicuorpel.
Während vom Sternum zu beiden Seiten der in csum semüunafis nur
dio obersten-Siiitzcn abgetragen sind, liegen daliiiitcr die grösseren Diircli-
sciinitfsfliiclicn der Seblüsselbeinc. Hinter dem Stenimti die Diircliselmitte
der mtiscuU sternothyreoidei, hinter den Clavikelii, mehr nach aussen, die
der nivsculi sternokyoidei.
Die hintere Grenze des eben beschriebenen Raumes bildet der untei-c
Abseliiiitt des dritten Brustwirbels, liinter diesem die gleichfalls mit getroffene
Bandseheibo; zu beiden Seiten unter der Pleura, Iiitcrcostalveneii,
die zur Azygos und ilcmiazygiis tülireii, und der nervus syvijMthicus.
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