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V o r w o r t .
Meine Bereisung von Lesbos war die Fortsetzung meiner Keise auf den Inseln Thasos, Samothrake,
Imbros und Lemnos, welche letztere ich gleich nach meiner Rückkehr ausarbeitete und unter dem Titel einer
„Reise auf den Inseln des thrakischen Meeres (Hannover,: Carl Rumpler. 1860)“ herausgab. Den Schluss
bildet dort meine Ankunft von Lemnos her im Hafen von Tenedos und mit dieser Ankunft beginne ich
wieder in den hier vorliegenden Mittheilungen über meine Reise auf Lesbos. Was ich auf dieser Insel
— denn der kurze Aufenthalt auf Tenedos lieferte keine Ergebnisse — in Abschriften, Skizzen, Aufzeichnungen
sammeln konnte, blieb nach der Bearbeitung der ersten Abtheilung der Inselreise lange ziemlich
unberührt liegen. Es folgten inzwischen für mich neue Reiseunternehmungen, Italien öffnete sich mir, ich
konnte noch ein Mal nach Griechenland zurückkehren und namentlich das Festland dort etwas genauer
kennen lernen, endlich kamen die Anfänge einer Universitätsthätigkeit. So wurde an die lesbischen Papiere
nur nobl nebenher gedacht. Ich wäre trotz alle dem wohl eher auf sie zurückgekommen, wenn
nicht grade für bildende Kunst und deren Geschichte die Reise auf Lesbos im Ganzen sehr unfruchtbar
geblieben wäre und für mich persönlich damit den eingebrachten Sammlungen die volle Anziehungskraft
gefehlt hätte. Da ich indessen denn doch einmal das Material zusammengebracht., hatte, aus welchem
andere Richtungen der Alterthumsstudien manchen Gewinn mussten ziehen können, so schien mir die Veröffentlichung
des ganzen Vorrathes schon längst eine Pflicht. Dieser habe ich jetzt endlich genügen können.
Je mehr Zeit inzwischen verflossen und. jäi weniger frisch die Erinnerung an das Beobachtete geblieben
war, desto mehr habe ich es für gut gehalten, mich ohne Versuche einer viel weiteren Ausführung
an meine an Ort und Stelle niedergeschriebenen Tagebücher und ändern Aufzeichnungen zu halten. So
hat vielleicht die Verzögerung der Herausgabe dem Umfange der Arbeit, ich glaube aber versichern zu
können, nicht ihrer Zuverlässigkeit geschadet. Eigentlich durchgearbeitet ist der ganze Stoff nun, wie
leicht zu ersehen sein wird, durchaus nicht. Einzelnes habe ich allerdings verfolgt und aufzuklären
gesucht, so namentlich dem topographischen. Tkeile, der manches Neue bringen wird, mich mit grösserer
Liebe zugewandt. Aus Anderem, das mehr oder weniger nur als rohes Material übergeben wird, werden
Andere Besseres machen können, als ich vermocht hätte; ich hoffe da wenigstens für manche Untersuchung
eine nicht ganz unbrauchbare Grundlage geboten zu haben. An einzelnen Stellen habe ich auch
schon bei dieser Herausgabe fremde Hülfe benutzt, wie ich solche u. A. namentlich dem Herrn Hofrath
S a u p p e in Göttingen und dem Herrn Professor H en z en in Rom zu danken habe.
Die Inseln des thrakischen Meeres waren ein vielfach ganz unberührtes Feld für die Untersuchung,
als ich sie sah J). Nicht völlig so war es mit Lesbos; eine ganze Reihe von Berichterstattern hatten vor mir
1) P e r r o t , über dessen Keiseergebnisse auf Thasos mir früher n ur ein kurzer Bericht vorlag, h a t dieselben je tz t ausführlicher
mitgetheilt in seinem Mémoire sur l ’île de Thasos (Paris 1864. Ex trait des archives des missions scientifiques et littéraires
tome 1er, 2e série).: '•>