
Schuhsohle auf den Stein legte, waren die beiden Fussumrisse gearbeitet. Die Form des einen dieser beiden
im Wesentlichen gleichen Exemplare habe ich auf Taf. XIII, 1 angegeben. Der Besitzer der Mauer
sagte, dass er dort an Ort und Stelle mehrfach Steine dieser Art gefunden habe und zeigte mir auch
zwei jenen erstgesehenen ganz gleichartige in seinem Hause im Dorfe. Eine fünfte ziemlich gleiche Wiederholung
fand ich aussen an der Absis der Kirche des h. Konstantin in Erissos eingesetzt, eine sechste
und siebente, die eine (Taf. XHI, 2) an einem Brunnen im Dorfe, die andere (Taf. XHI, 3) ebenfalls an
einem Brunnen im Dorfe bei der Panagiakirche. Diese beiden letzteren Stücke habe ich wegen der von
den früheren etwas abweichenden Gestalt der Fusssohlen abgebildet; auf dem einen würden diese in den
beiden Ovalen kaum zu erkennen sein, wenn wir nicht die Reihe von Vergleichungen hätten. Es ist
natürlich, dass bei solchen handwerksmässig gewiss in Menge gemachten und- zu irgend einem gewöhnlichen
Gebrauche dienenden Arbeiten es mit der Form nicht immer so genau genommen wurde. Die Andeutung
genügte und Jeder verstand sie, weil die Sache eine Allen geläufige war. Eine Inschrift habe
ich auf keinem dieser Steine in Eresos gesehen. Um nun zunächst zu zeigen, dass wir es hier mit den
Denkmälern einer jedenfalls im Alterthume sehr verbreiteten Sitte zu thun haben, habe ich auf Taf. XHI,
4—10 eine Reihe ähnlicher meist in Rom erhaltener Steine zusammengestellt; nur einer (9) rührt nach der
Angabe im Museum Worsleyanum j | aus den Ruinen von Kyzikos her. Dieser ist in der Art der Ausführung
den Exemplaren aus Eresos am ähnlichsten, da nach der Abbildung hier auch offenbar die Fussumrisse
wie Sohlen ein wenig erhaben auf dem Steine liegen; es ist ihnen aber durch die Angabe der
Nägel doch mehr das Aussehen eines wirklichen Fusses gegeben. Ausserdem kommen hier nun aber die
Aufschriften von Namen (—covos, Oivxto?, 2exo6v8oo, MevavSpoo) hinzu. Von den römischen Steinen befindet
sich n. 4 2) in der Galleria lapidaria des Vatikans in der Wand rechts vor dein Eingangsgitter zum Museo
Chiaramonti, n. 5 und n. 7 3) aus den Ausgrabungen bei Tor Marancia herrührend in der Galleria dei
candelabri des Vatikans, n. 6 wieder in der galleria lapidaria links vom dritten Fenster linker Hand vom
Eingänge, n. 8 an der Treppe im' Casino der Villa Albani 4) und n. 10 im Museo Capitolino. 5) Auf allen
diesen römischen Exemplaren sind die Füsse vertieft wie in eine weiche Masse eingedrückte Fussspuren
gearbeitet. Einen Stein mit zwei mit den Spitzen gegen einander gekehrten Paaren von Fussspuren, auch
diese ein wenig vertieft gearbeitet, das eine Paar etwa lebensgröss, das andere ein wenig darüber, hat
ferner M ich a e lis auf der Insel Paros östlich vor Parikiä liegen-sehen. Ein anderes Beispiel sind die beiden
Fusssohlen mit Beischrift im Fussboden des Isistempels auf der Nilinsel Philai t j | Dann wurde in der
Sitzung der Berliner archäologischen Gesellschaft am 15. Januar 18647) ein spanischer Stein aus Italica bei
Sevilla mitgetheilt mit der Inschrift:
G I I . LAVIVS |j I . IRMVS || Fuss V . 0 . T . 0 Fuss || S . L . R || P ßO I. LA | SVCGÜSSO
Diese mir bisher bekannten ®) Beispiele werden so eben durch eine ganze Reihe solcher Fussschemata aus
1) Mas. Worsl. class I , n. 22. the marble is among the ruins of Cyzicus. In Brocklesby- House in Lincolnshire, wohin das
Museum Worsleyanum je tz t von der Insel W ight versetzt ist, habe ich den Stein nich t vorgefunden. C. J . gr. 6845.
2) M u r a t o r i nov. thes. vet. inscr. lat. I, pag. XVII, n. 9. Diesen wie alle die folgenden Steine gebe ich aber nach den
Originalen.
3) B io n d i monumenti Amaranziatni tav. XLI.
4) F a b r e t t i inscr. antiq. explicatio (Romae 1702) caput VI, n. 117.
5) F a b r e t t i a. a. 0 . n.. 114. Isidi und Posuit fand ich nicht auf dem Steine. Daselbst unter n. 115 noch ein Exemplar mit
Ueberschrift QVIEIANAE und unter 116 eines ohne Inschrift.
6) C. J . gr. 4946.
7) G e r h a r d s archäol. Anzeiger 1864, S. 199*.
) Die Fussplatte als Stempelform der Töpfer arretinischer Gefässe mit ihren eingeschriebenen Namen (nach D e t l e f s e n in
G e r h a r d s arch. Anz. 1861, S. 190* nur die von Freien, nicht von Sklaven oder Freigelassenen) gehört zunächst nicht hierher.
Konstantinopel m vermehrt; sie sind hier mit Nägeln dargestellt wie auf dem Steine von Kyzikos, auch
ist wie dort in jedem Fussumriss ein männlicher Namen eingeschrieben. Sie stehen in Reihen, einmal
vierzehn einmal vier, einmal drei und zwei nebeneinander und zwar nur zuweilen als Fusspaare, meistens
nur rechte Füsse. Ueber einer Gruppe von solchen Füssen steht gewöhnlich eine besondere Inschrift mit
der Aufforderung, derselben Leute, deren Namen in den unterstehenden Füssen eingeschrieben sind, zu
gedenken. Ich führe nur ein Beispiel 2) an:
’ AxpoSajxavxo«;
xat ’Apioxtovo? xai
’ AirsXXa xcSv a8-
eXcpaív {xéjiVTjO-
fie éiz a*faOip
o i véot.
Darunter stehen drei Füsse, ein linker, ein rechter und noch ein rechter, in jedem ein Namen:
’AxpoBájxavxos. Apfoxtovo?. AusXXa.
Fragen wir nun nach der Bedeutung aller dieser Steine, so ‘geben bei mehren derselben die Inschriften in
deutlicherWeise sie als Weihgeschenke an (Taf. XIII, 4. 6, 7. 8. 10 und der spanische Stein), diese Weihung
gilt einmal der Kybele (4), dem Liber (7), einer fructífera, Ceres oder Isis (cf. C. J. gr. 4946).
Gegen die Annahme, dass mit der Weihung ein Dank für Heilung eines Fussübels gemeint sei, wie wir
sonst Bilder geheilter Augen, Ohren, Brüste u. s. w. als Weihgaben in Menge aus dem Alterthume kennen
und noch heute in der katholischen Christenheit in Gebrauch sehen, spricht zu Vieles. Dann würden
wir wirkliche Abbildung von Füssen, und namentlich nicht eingedrückte Fussspuren wie auf den römischen
Steinen und dem von Paros zu finden erwarten; es müsste dann in Eresos, so weit die Menge der Fuss-
steine ohne, Vorkommen anderer Gliederabbildungen den Schluss erlaubt, nur Heilung für Fusskranke zu
holen gewesen sein und auch in Konstantinopel müssten Schaaren von Fusskranken zusammengekommen
sein. Doch das möchte sein, aber auch die von einer Person geweihten zwei Fusspaare sind dann unverständlich
und endlich passen die Inschriften in Konstantinopel, auch die der Licinia Philete pro salute sua
et suorum schlecht zu dieser Annahme. Bei D e th ie r und Mordtmann gelten die Fussinschriften für
christliche, wogegen sich, wie die Verfasser sagen, O. Jahn bereits ausgesprochen hat, und die Fussspuren
selbst als die Fussstapfen von Märtyrern, denen die Jüngeren folgen sollen, Eines so unerweisbar
wie das Andere. Ich glaube, O. M ü lle r 3), L e t r p n n e 4) und B o e c k h 5) mit seinem klaren Blicke haben
das Richtige und sehr Einfache erkannt, wenn sie solche Fusssteine als von Wallfahrern zurückgelassene
Weihgaben erklärten ¡gf Die Fussspur zeigt, dass ein Mensch da stand 7), wird ein Namen noch dazu im
1) D e t h i e r und M o rd tm a n n Epigraphik von Byzantion und Konstantinopolis. Denkschr. der phils.-histor. Klasse der K.
Akademie der Wiss. zu Wien. Band XIII. 1864. Taf. VII u. VIII. S. 73 ff. des Einzelabdrucks.
2) a. a. 0 . Taf. VIII, Fig. 29 *.
3) Handbuch der Archäologie §. 436, 2.
4) s. R a o u l -R o c h e t t e Mem. de l’acad. des inscr. XIII, S. 233 ff.
5) Zum C. J . gr. 4946.
6) Bei D e t h i e r und M o rd tm a n n a. a. 0 . S. 75 heisst es: „in christlicher Zeit kommt es wohl auch sonst vor, dass Fussstapfen
gemacht werden z. B. von Pilgern, die ihren Fuss mit dem Namen drin zurück!assen, wenn sie eine lange P ilgerfahrt gemacht
haben.“ Das wäre also noch die alte Sitte.
7) Sie wird zum Gegenstände der Verehrung durch religiöse Sagen verschiedener Zeiten und Völker. Von der Fussspur des
Herakles bei den Alten (Herod. IV, 82) führt uns ein vergleichender Blick zu der des Adam auf den P ik von Ceylon, der eines
einheimischen Propheten in Batoetoelis bei Batavia, denen Mohammeds in der Moschee Omar zu Jerusalem und zu denen des Heilandes,
der sie auf den mittelalterlichen Gemälden seiner Himmelfahrt deutlich im Erdboden eingedrückt zurücklässt. In der Kapelle
S. Maria della piante oder Dominequovadis vor dem Thore S. Sebastiano in Rom, wo Christus dem Petrus erschienen sein soll,
liegt ein Stein mit zwei Fussstapfen am Boden und mit der Umschrift: adoriamo il loco d o v e .....................[Cjristo sparve da S.
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