
lichsten Spitze jenes äussersten Vorsprunges auf seiner Südseite ist ein kleiner künstlicher Hafen, in dem
ich ein neugebautes Schiff liegen sah; der Molo rührt deutlich zum Theile noch aus dem Alterthume her.
Diese Gegend besuchte ich gegen Abend zusammen mit meinem achtungswerthen freundlichen Wirthe,
dem alten Lehrer Niketas, noch einem Zöglinge der früher nicht unbedeutenden Schule in Kydoniäs (Aivali).
Ich kaufte von einem Manne auf diesem Wege den angeblich am Orte gefundenen vertieftgeschnittenen
Stein, der in der Originalgrösse auf Taf. X, 3 abgebildet ist. Die Umschrift ’EiracppoBsito,? zeigt ohne
Zweifel den Besitzer an. Das Bildwerk stellt den Asklepios seiner ganzen Erscheinung und Tracht nach
in der im späteren Alterthume üblichsten Weise *) dar, die Rechte auf den schlangenumwundenen Stab
gestützt, aber auf der offen ausgestreckten Linken eine mit dem Kranze und vielleicht der Palme ausfliegende
Nike haltend; vor ihm steht ein Gewächs, im Originale einem Weinstocke mit einer Traube am
ähnlichsten. Ein Asklepios vix-rjcpopos ist wohl etwas Neues, aber nichts Auffallendes; ausser Zeus und
Athena mit der Nike haben wir eine ’Acppoöfor) vtxiQcpöpo? (Paus. II, 19, 6), eine Ceres mit einem Victoriabilde
auf der Rechten in Enna (Cicero Verr. IV, 49) und es werden sich wohl noch andere Beispiele finden
lassen2), dass verschiedene Gottheiten in verschiedenem Sinne als sieggebende angesehen werden konnten.
Auf dem Steine des Epaphrodeitos könnte es sogar Privateinfall des Besitzers sein, wenn der etwa ein
Arzt war. Dann hat Asklepios den Weinstock als ein heilkräftiges Gewächs neben sich. Diese Beziehung
des Weinstockes zum Asklepios halte ich aber auf jeden Fall, mag Epaphrodeitos ein Arzt gewesen
sein oder nicht, für höchst wahrscheinlich, da der Stein von Lesbos und aus Methymna stammt. Preist
doch Athenäus den süssen Lesbier als euoroji-ayo? und empfahl der gewichtige Ausspruch des berühmten
Arztes Erasistratos den Lesbischen Wein, grade den Methymnäischen aber lobt neben dem von Eresos
Galen3). Der Styl in Schrift und Bild setzen meinen Stein in die römische Zeit.
Auf der türkischen Feste, zu der ich nach einem Besuche beim Aga Zutritt erhielt, fand ich nichts Erhebliches
weder für Gegenwart noch für Vergangenheit. Ausser dem Kommandanten, seinem Sohne und zwei ändern
Individuen war Niemadd oben; die übrige Mannschaft bestand aus einigen einheimischen Türken, die
den Tag über in Arbeit gehen und Abends zur Bewachung hinaufkommen. Von Kanonen waren nur einige
alte da, die übrigen waren zur Zeit des Krimkrieges nach Konstantinopel geschafft — um sie durch bessere
zu ersetzen, wie der Aga und der Kommandant behaupteten. An Alterthümem fand ich Nichts, als eine
mittelalterliche Inschrift (Taf. X, 6), eingeschrieben über einer mit einem Perlstabe verzierten Marmorthür:
* Avsxaiviofirjv e-rct NtxTjcpopoo xoö (rpcoTatoo M7]xpo7coXixou xal ^ptoToirpoeBpoo xtov 7cpo)X0oo"(xsXXa>v sv exsi 6.593-4)
nach byzantinischer Rechnung d. i. nach Christi Geburt 1085. Mehr Ausbeute an Inschriften gab die
Hauptkirche des ayio? IIavxeXefi{i.a)v (Taf. X, 2. 5. XI, 1—3). Maasse und Begrenzung des einen Steines
(Taf. X, 2) vergass ich mir zu bemerken, so dass meine Abschrift der die Stücke eines Ehrendekretes der
Methymnäer enthaltenden Inschrift dadurch etwas an Brauchbarkeit verliert. Bei einem zweiten Fragmente
(Taf. X, 5. W. M. 0,23 M. hoch, 0,12 breit. Links die Kante des Steines erhalten) ist zu bemerken,
dass in Zeile 15 der Steinmetz erst TOS schrieb und dieses dann in TOYS corrigirte. Diese Inschrift
steht nach Kieperts Abschrift bereits in C. J. gr. II. add. 2167 b. Ziemlich vollständig ist wenigstens der
Anfang des grossen Ehrendekretes eines Aristophanes, Sohnes des Aristophon, erhalten (Taf. XI, 2), welches
namentlich auch durch die Phyle Aiolis in Methymna, von der es erlassen ist, merkwürdig ist. Der
Stein ist grauer Marmor, misst in der vollen Breite, da er links und rechts noch theilweise vollständig ist,
0,385 Meter und in der Höhe bis unter den obem ungeglätteten Rand 0,51 M. Ich bemerke noch, dass
die Buchstaben nicht ganz oxoi^oov geschrieben sind. Unter dem Kranze liesst man: «
1) O. M ü l l e r , Handbuch der Archäologie §. 394, 1.
2) M ü l l e r s Denkmäler von W i e s e l e r II, n. 239. 274.
3) S. die Stellen bei P l e h n a. a. O. S. 7 f. Das Kuriren mit Wein erwähnt Apulejus Flor. IV, 19.
4) Aus Versehen ist in der Lithographie die Jahreszahl weggeblieben. TtpOTOTCposSpou x<5v npuixGauyx&XXoiv schreibe ich nach
brieflich mir mitgetheilter Lesung des Herrn Professor H o p f , der auf D u c a n g e glossar. p. 1471 verweist.
’A'yaöyj xojcfl. (boXap^TjoavJxos xo[o ’Ajvxixpaxoo
xoö ----------]oo, ¡fSrafi x<p xoivtp x% cpoXvj?
■njs AtoXiSo]«' ’EirsiSii ’ Aptaxotpav/is ’Apuraxpmv-
TO? exxptö]sls (poXapxTj« äxsiieXf|{bi TrjS tpbXTj;
. _________ _ aq xal '//jß'Tfliaq oöBsv IvXstittüV, 5
airo5eix]wi|ievo; xijv eovotav t,v Ix e t itpbs
■tb xoijvbv, ivot o u f x a l 1] tpuXr) tpavepä y iv rp a i Tt|nuoa-
<sa t]ou? cpiXoBoEoovias eI ; aÖTTjv, a y a ä y zoxfl I<1^-
cpijaöai oTetpavoöv ’ApitrcocpavYiv ’AptaxotpmvTo? x a [ l 9
-- 1 . r : - . . - ctdtov Bia ßiou xou lao x o o toü AttoXX]
amoo piivos g rj TOpirrp x p b s atp teptp 1% ’A3r,va[?
a v a fo p eu o v to ? to ü xfjpoxo«’ i) tj AioXls tmcpavoi
’ Ap]ioxocpavTjV 5 Apioxocpcovxo? cpoXapyrjOavxa apsxrj<; Eve-
x]ev x a l suvoias xrj? e k ■ Eauxrjv oxscpavto y p o atp x<p
.. _ _ _ ooo xoö? Q£ eiup/qvioos xoos a e i Yivopi- 15
v]oo<; irap iax [av ]ai aöxtp airo xtojx {xiafioop-evaiv ispst-
(o]v ^ ■ —— xbv os Oosiv xyj ’ AfirjV^ brcsp o-yieia?
xal ocoxrjplas x o j]v ao,u(poXexa)V, axscpavoöv 8e aöxov
..' / xal ev xyj aovobtp jxexa xac aTcovSa?
— ava'yopeojovxoi; xoö X7)poxo?’ 7] cpuXx] oxecpavo- 20
T ’ ApioxocpdvTjv] ’ Apiaxocpcövxo«; <poXapy7]aav[xa
, -- —- ek abxTjv axecpavtp [xpooto
: - . -■/ -::— — axscpavoöv 5s aöx[bv ■ ■— --
Geringer ist der Ueberrest eines ändern Dekretes der Methymnäer (Taf. XI, 3. Grauer Marmor.
Bis 0 21 M. breit und 0,26 hoch. Rechts der Rand noch kenntlich.).. Auch hier ist nicht mehr äolischer
Dialekt und das H ttp ‘Poipaimv in Z. 12 zeigt die späte Zeit bestimmt genug an. Ebenfalls noch bei
der Kirche des Pantaleimon im Hofe fand ich den nach K iep e r ts genauer Abschrift unter den Addenda
des H. Bandes des C. J. gr. n. 2168b befindlichen Inschriftstein. Zum Beschlüsse dieser Reihe von Marmoren
am Panteleimon i) lasse ich noch ein daselbst vermauertes Reliefstück römischer Zeit folgen
(Taf XI I) Ein Bewohner von Molivos lieferte die einfache Erklärung: <oxävr,s etvat xal oTexerat xat ¡MH ■ ÄXap-ra, der Hund versteht sich beim Hirten von selbst. Die Bewegung ist die des axoaxoxEÖetv,
auch aus den alten Kunstwerken von den Satyrgestalten her bekannt genug. Endlich e r a h n e ich 1er
nun noch ein altes Bau- und Bildwerk, welches sich in einem Garten unterhalb der Stadt erhalten hat.
Die Mündung eines Brunnens in der Felswand ist nach vorn mit einem Bogen von starken Keilstemen
überdecktrauf dessen Schlusssteine die Umrisse einer sitzenden menschlichen Figur noch zu erkennen sind
(Taf XI, 4). Man könnte vermuthen, dass es ein Wassergott sei, der sich mit dem linken Arme auf die
Urne stützte. . , .. , .
Molivos2) ist noch immer der zweite Ort auf der Insel, wie im Alterthume Methymna sich zunächst
neben Mytilene behauptete und allein eine Opposition gegen die Hauptstadt auch im Anschlüsse an äussere
~ 1 ) Die Inschrift "bei” R o s s incr, gr. i n e i n. 196 f E W . äpX- «• 657) fand ich nicht mehr vor. Mein alter W irth . h atte eie
aber noch gesehen und diktirte sie mir folgendermassen:
H BOTAH f KOPNHAION 2EK0TNT0N
ÜAAKOTNTON TQN MEAQN ÜOIHTHNKAI
I1P0®HTHN 2M1N0EQ2
2) Castel Mnlgo auf den Älteren italienischen Karten.