
ausserhalb der alten Stadt lag, deren Befestigungen also nicht 4), wie die heutige türkische Mauer, seine
ganze Küste mitumfassten, wird sieh bei Besprechung des anderen schon erwähnten Ereignisses zeigen,
des Gefechtes des Kallikratides und Konon. Der Bericht Diodors (XHI, 76 79) geht hierüber am meisten
in das Einzelne. Kallikratides hat sich in Besitz von Methymna gesetzt und fährt von da mit der Flotte
nach Mytilene, Konon, der mit seinen Schiffen bei einer der Hekatonnesoi liegt, sieht sie kommen, zu
schwach aber um einen offenen Angriff zu wagen, sucht er die Nähe von Mytilene zu gewinnen, indem
er zugleich die Spartaner zur Verfolgung lockt und dann die von der Hauptmacht sich dabei trennenden
Schiffe angreift. Diejenigen athenischen Schiffe, welche hierbei im Vortheil sind, werden grade weil
sie sich im Verfolgen zu weit vorwagen und Konon sich ohne Erfolg seinerseits auf den Hafen von
Mytilene zurüekzieht, von diesem Bückzuge abgeschnitten und nun von der spartanischen Uebermacht
genöthigt auf den Strand zu laufen, wo sich nur die Mannschaft rettet. Kallikratides folgt darauf mit
seiner ganzen Macht dem Konon, der nun die Einfahrt in den Hafen, in den er eingelaufen ist, zu versperren
sucht. An den seichten Stellen werden kleine mit Steinen gefüllte Schiffe versenkt, auf die tiefen
Stellen Lastschiffe mit Steinen gelegt. Kallikratides landet inzwischen Truppen und errichtet ein Tropaion.
Damit geht der Tag zu Ende. Am folgenden Tage beginnt nun der Kampf um die Hafeneinfahrt. Konon
bemannt seine Trieren und stellt sie in die Durchfahrt, wo diese durch die Vorkehrungen des vorigen Tages
nicht ganz geschlossen war, andere Mannschaft hält die Lastschiffe und die Hafendämme besetzt. Es ist
klar, dass hier überaU nur von dem Nordhafen die Bede sein kann. Erst nach erbittertem Kampfe und
wiederholtem Angriffe dringt Kallikratides durch, die Athener fliehen mit ihren Schiffen in den Hafen in der
Stadt 2), offenbar durch den Kanal in den Südhafen. Der Hafeneingang, um den sie gekämpft hatten, liegt-
ausserhalb der Stadt, heisst es bei Diodor ausdrücklich3), worauf ich vorher schon hingewiesen habe. Es
folgt die Beschreibung der Stadt mit wenigen Worten, die ältere Stadt auf einer Insel v on dem neueren
Stadttheile durch den engen Euiipos getrennt. Kallikratides liegt nun also in dem Nordhafen und greift
von da aus seine Truppen landend die Stadt an, also ganz wie ich es von den Athenern bei der früheren
Belagerung als nicht unmöglich annahm. Die weniger genaue4) Darstellung bei Xenophon (Hell.I, 6 ,1 5 ff.)
lässt denselben Verlauf durcherkennen. Zuletzt liegt Kallikratides auch nach ihm im Nordhafen und führt
von da aus die Belagerung; von Konon heisst es, er habe seine Schiffe unter dem Schutze der Mauer ans
Land gezogen 5). Die zwei Schiffe, welche um Hülfe nach' Athen ausgeschickt werden, müssen wohl aus
dem Südhafen gefahren sein. Wenn weiterhin von dem eopmoi ttuv MoTiXrtvaünv die Bede ist, wo Diome-
don mit den zwölf Schiffen, um Konon zu Hülfe zu kommen, anlegt und geschlagen wird, so verstehe ich
das nicht anders, als dass die allerdings am Gebiete von Mytilene gelegene enge Einfahrt in den -Meerbusen
von Hiera gemeint sein muss G).
Was die Ausdehnung der Stadt nach der Landseite hin betrifft, so haben wir das als . sicheres Besultat aus
den besprochenen Kriegsereignissen gewonnen, dass der Westrand des Nordhafens wenigstens nicht ganz zum
inneren Baume der Stadt gehörte. Weitere Anhaltspunkte haben wir bis jetzt nicht. Mauerreste sind meines
Wissens nicht mehr sichtbar 7), über Vorkomme nvon Gräbern liegen keine genauen 8) Beobachtungen vor.
1) wie es auf dem Plane bei P l e h n angenommen ist.
2) e i? ^öv ¿v T jj TioXet X ip iv a .
3) 6 y<*P etöjcXous &7tep ou 8w]*foviCov~o Xt[xeva fie v e ty e x a X o v , I x r ö ? os TroXsois lo x iv .
4) in Diodors Berichte ist Ortskenntniss unverkennbar, wie C h o i s e u l -G o u f f i e r nicht h ätte leugnen sollen und wie, .voran
mein College H e r t z b e r g mich erinnert, es sehr begreiflich erscheint, wenn Ephorus ans dem nahegelegenen Kyme hier die Quelle ist.
3) ÖTto -tu) T e i le t d v e iX x u o s .
6) Z a n d e r a. a. 0 . S. 27. Unmöglich kann sich das von Xenophon Erzählte in dem Kanäle in der Stadt Mytilene ereignet
haben.
1) P o c o c k e a. a. O. S. 25 sagt: wir bemerkten, dass die Trümmer der alten Stadt weit gegen Westen gingen und fanden
Merkmale, dass die Stadtmauer den Hügel hinangegangen sei.
8) die bei M io h a n d e t P o j o u l a t correspondance d’Orient HI, S. 230 kann man nicht dahin rechnen: „au sud-ouest de la
Man sollte indessen kaum glauben, dass das vielgerühmte Theater von Mytilene noch innerhalb der Stadt
lag. Der Platz dieses Theaters ist noch ein vollkommen feststehender Punkt in der Topographie von
M y t i l e n e i). Es lag ziemlich hoch hinauf an dem westlich von der Stadt kahl aufsteigenden Bergrücken,
so ziemlich oberhalb des Konaks.3),: doch so weit ab, dass ich es auf meinem Plane der Stadt nicht mehr
angeben konnte. Ich habe schon gesagt, , dass der Prachtbau noch bis in die neueste Zeit als Steinbruch
gedient hat und so. ist denn aller Hochbau verschwunden, kaum dass man hie und da noch ein Stück
Marmor sieht. Die tiefe halbrunde Einhöhlung der alten Cavea ist aber sogar unten von der Stadt herauf
deutlich sichtbar. Der . Baum, wo ehedem die ansteigenden Sitzstufen lagen, misst von unten bis oben
etwa 50 Meter, der Abstand von seine» untern Ende bis zur hintern Grenze der Skene, also Orchester
und'Skene umfassend, beträgt etwa 70 3), die Breite der Skene etwa 60 Meter. So wie die Cavea bei
der Anlage des Theaters in den Bergabhang eingehöhlt werden musste, so musste der horizontale Boden
für die Orchestra und- das Skenegebäude- durch Aufschüttung gewonnen werden und daher wohl fällt das
Terrain: hinter der Skene plötzlich steiler ab in die Tiefe. Die mittelsten Sitzplätze des Theaters sehen
grade nach Osten, man überschaut also die Stadt mit ihren Häfen, das Meer und das nächste asiatische
Festland, auf dem das Idegebirge sich zur Linken besonders hervorhe,bt,.;,em Blick, der sich mit allen
gerühmten Aussichten von den Zuschauersitzen griechischer Theater messen kann. \ Hier sass als Sieger
Asiens der grosse Pompejus an der Seite: des Mytilenäers Theophanes und liess sich gefallen, dass die
Dichter im Wettkampfe, sich bemühten seine Thaten zu preisen, recht ein Triumph für seine Eitelkeit
geschaffen. Da soll er dann4) eine Aufnahme, des Theaters genommen haben, um danach, wenn auch noch
grösser und prächtiger, das erste steinerne Theater in Born zu bauen.
Eine von den griechischen Kirchen der Stadt nimmt aller Wahrscheinlichkeit nach den Platz eines
bedeutenden Gebäudes der alten Mytilene: ein, . die Kirche des heiligen Therapon nämlich, ziemlich im
Süden der heutigen Stadt. Der Kirchenbau selbst erscheint sehr alt und man sieht in ihm besonders zahlreiche
alte Beste- erhalten G). Man hat mehrfach die Ansicht aufgestellt'G), dass ein Tempel des Apollon,
des Hauptgottes der Mytilenäer, hier, gelegen haben möge; namentlich, da auch der Uebergang des alten
Heilgöttes in dem tos Oepocmov sehr naheliegend sei. Ein Beweis liegt bis jetzt nicht vor.
ville sur le chemin qui conduit a Methymne“ haben eie einen Sarkophag an : seinem Platze gesehen. Einem Grabmale gehörte
gewiss der Rumpf eines Löwen von weissem Marmor an, den P r o k e s c h -O s t e n am Wege von Mitilini naeh der Bucht von Jero
Hegen sah D en kw ü rd ig k eiten und Erinnerungen ans dem Orient III, S. 349). Vergl. C. J .-g r . 2158. Der Fundort eines irdenen mit
goldenem Kranze umgebenen Aschengef&sses (G e r h a r d , Arch. Anz..1860, S. 3*) in einem Olivengarten nahe bei der Stadt ist
nicht genauer bekannt.
1) B -o u tan h a t es übersehen und versuchte irrig (a. a. O. S. 284) es am Südabhange der Akropolis anznsetzen.
2) M ic h a n d e t P o j o u l a t a. a. O. III, S. 229 f.: (1830) „Comme le paeha de MeteHn fait b&tir un nouveau sérail, on a
'remué et déplacé des terres, ce qui a donné lieu à quelques découvertes; on a trouvé plusieurs colonnes, restées debout en forme
Circulaire, e t soutenant .’une voûte; an miüeu de ces colonnes, nous en avons remarqué une qui est cannelée, et dont le chapiteau
porte une tête de boeuf. An milieu de la colonnade, on a retrouvé une mosaïque fort bien conservée, avec une coquille en marbre
soutenue par un pilier élégant; beaucoup de marbres antiques et de fragments de colonnes sont confondus avec les décombres; —
Les ouvriers ont découvert beaucoup de médailles avec la tête de sangHer et la lettre M 1 On croit généralement que l’édifice
dont on an a trouvé les ruines, était un temple de Vénus. Parmi les objets qui ont été recueillis — plusieurs petits figures de
terre cuite, représentant la tête d’une femme ou d’un enfant“. Is t es der Platz des Konaks?
3) Der Raum ist hier so breit, dass hinter der eigentlichen Skene noch andere Räume gelegen haben werden. Beim Theater
in Athen, wo die Höhe der Zuschauersitze 70 Meter beträgt, misst Orchestra und Skene kaum 40 Meter. Es versteht sich, dass
die Maasse bei dem Zustande des Theaters von Mytilene nur sehr allgemein annähernde sein können.
4) Plutarch. J’ompej, 42.
5) Ich glaube' mich zu erinnern, finde aber keine bestimmte Notiz in meinen Aufzeichnungen darüber, dass je tz t ein Hospital
hei dieser Kirche gebaut ist und also die bei diesem Bau gefundenen Inschriften (s. unten) ebenfalls hierher gehören.
6) M ic h a u d e t P o j o u l a t a. a. O. S. 229. .L a c r o i x , Iles de la Grèce S. 302. B o u t a n a. a. 0 . S. 284 f., der hierauf
seine falsche Ansetzung des Hafen MaXéeiç gründet. A n a g n o s t i s a. a. 0 . S. 43 f.