
genannt, der eine Reihe von Aemtern (xtooocpopia, d^opavojxia, ßovXapyfa, vopocpoXocxta) bekleidet und Priesterämter
des Zeus alfiepios, des Ammon IXsofieptos, der Adrasteia u. s. w. versehen hatte. Hier muss eine
kundigere Hand erst die Lücken des Steines ausfüllen. Neben der Artemis wird auch der Apollon Maloeis
genannt. Bresos war dp^fyopos, iepoxdpo£, tspoOota? und itepnrftfjxas schon vierzig Jahre lang und obendrein
ohne Sold und Lohn, wie ihn seine Vorgänger erhalten hatten. Das Zeichen am Schlüsse hinter aöxou
scheint das gewöhnliche Schlussblatt der römischen .Inschriften zu sein.
Ich zähle weiter meine übrigen am Platze oder in der Umgegend von Chalakaes gemachten Funde
auf. Nahe bei der Ehreninschrift des Bresos lag das Bruchstück einer späten Grabschrift (Taf. XVII, 3.
0,40 M. breit), deren erhaltener Schluss die übliche Zahlung einer Strafe an das Isp&raxov xapsiov für den
Fall der Verletzung des Grabes anordnet. Von dem Platze von Chalakaes sollte auch ein vom Inhalte
nichts mehr ergebendes Bruchstück einer Inschrift herrühren, welches ich am Perama sah; namentlich ein
co in byzantinischer Schriftform war noch kenntlich, ein Beweis denn doch wenigstens von einer Bewohnung
des Platzes bis in so späte Zeit. Nahe oberhalb Chalakaes in einem Garten fand ich ein Stück
eines der gewöhnlichen Grabreliefs mit dem Manne, der auf der Kline liegt, vor ihm der Tisch, die Frau
neben ihm sitzend. Dem Ruinenplatze nahe liegt auch noch die Kirche des h. Theödoros oberhalb der
Skala Perama. Hier befindet sich die Vorderseite eines Sarkophages, äyyeiov (Taf. XVII, 4. 2,30 M. lang),
von einem röthlich grauen Steine mit schwarzen Einsprengungen, auf der die wohlerhaltene Inschrift
steht: Aooxio? BaXepio? Atofsvr^ Cmv xal cppovcuv xaxeoxeuaasv xo affsibv aoxtp xal x-fl “¡'ovatxi xai xoi? xsxvot?.
Mit ziemlicher Sicherheit kann man annehmen, dass auch die beiden weiter oben erwähnten Inschriftsteine
in Plakado aus den Ruinen von Chalakaes herstammen.
Den Namen der Ortschaft, welcher die Ruinen von Chalakaes angehören, liefert uns keine der
angeführten Inschriften. So viel geht aber mit Sicherheit aus ihnen hervor, dass in römischer und bis in
die byzantinische Zeit ein grösseres Gemeinwesen hier bestand. Weiter ist nun der Hergang aller Wahrscheinlichkeit
nach der gewesen, dass in den hereinbrechenden Zeiten des Verfalls des oströmischen Reiches
und der Unsicherheit des Meeres dieses Gemeinwesen sich in der ebenen Lage unmittelbar am Meere
nicht mehr halten konnte und die Bewohner sich, wie fast überall geschah, mehr landeinwärts in die verschiedenen
Dörfer zerstreuten, nur die Gemeinsamkeit des alten Namens und, was merkwürdig ist, eine
gewisse Gemeinsamkeit der Verwaltung beibehaltend. Jetzt bei wiedergekehrter Sicherheit werden natürlich,
wie überall an den griechischen Küsten, die vom Meere entlegenem Wohnplätze nur unbequem und
man erzählte mir, dass mehre von den Einwohnern der Jeradörfer mit Anbau von Häusern an der Skala
Perama umgingen. So würde dann jetzt das alte Gemeinwesen entsprechend der alten Hiera am Meere
wieder aufleben. Bei alle dem wäre es nicht unmöglich, aber auch nicht mehr als das, dass die älteste
griechische Stadt Hiera in geschützterer Lage — denn Chalakaes liegt in der offenen Ebene — an einer
Höhe landeinwärts gelegen hätte; die geringste bestimmtere Andeutung liegt dafür aber nicht vor und
keinenfalls dürfte man wie B out an die Ueberreste eines römischen Baus an der Mana oberhalb Plakado
als einer solchen altgriechischen Stadt angehörig betrachten. In der Ehreninschrift des Bresos ist die
ß6XXa und der oajxoc, wie gesagt, doch wohl auf Mytilene und nicht auf die Ansiedelung zu beziehen, in
deren Ruinen der Stein gefunden ist. Das IXeofispios als Beinamen des Ammon könnte, wenn es nicht
etwa auf die Zeit Alexanders zurückgeht, sich auf die Freierklärung Mytilenes in römischer Zeit beziehen.
Plinius nennt die Stadt ja als eine freie.
Nach der Untersuchung der Ruinen von Chalakaes und einigen Streifereien durch nahe gelegene
Gärten ging ich zur Nacht in eines der Magasiä an der Skala Perama. Dieses ist der gewöhnliche Landeplatz
für die Jeradörfer, wie weiter im Innern des Busens die, Skala von Dip für Agiasso. Namentlich
geht aber von dem Perama, wie schon der Name sagt, die Fähre nach der gegenüberliegenden südöstlichsten
Halbinsel von Lesbos und vermittelt die kürzeste Verbindung zwischen den Jeradörfern und
Mitilini. Bei der Abendunterhaltung in Perama hörte ich von der sogenannten xoulXXa, dem Steinbilde
eines Mädchens an der nahen äussern Südküste in einer Gegend, die sie xcf Tapx nennen. Es heisst,
das Mädchen sei von den Türken verfolgt und auf ihr Gebet in Stein verwandelt worden. Eine ganz
gleiche Sage knüpft sich an die Frauengestalt eines alten Grabreliefs auf Thasos. Ich entschloss mich,
der Sache nachzugehen, obgleich es, da der Ort zu Lande für schwer zugänglich ausgegeben wurde, eine
Kahnfahrt von drei Stunden hin und ebenso viel zurück kosten sollte. Ich bin auf diese Weise dazu
gekommen, den langen schmalen Eingang zu durchfahren, welcher zwischen bergigen Küsten sich hinziehend
den erst nach innen zu sich erweiternden, so ganz geschützten und vor dem Busen von Kalloni durch
grössere Tiefe ausgezeichneten Golf von Jera mit dem Aussenmeere verbindet. Die Schiffer achten bei
der Fahrt durch diese Enge auf die Meeresströmung, die, wie sie sagen, regelmässig wechselt, von Mitternacht
bis Mittag ginge sie hineinwärts in den Golf, dann von Mittag an wieder zwölf Stunden hinaus !).
Die ganze Fahrt endete mit arger Enttäuschung in Bezug auf ihren Hauptzweck; die Kopella ist nur ein
Naturspiel, eine Lücke in dem weissen Ueberzuge eines Felsens, welche die Phantasie der Schiffer zum
Mädchen gestaltet hat. Nach dem Perama zurückgekehrt erreichte ich von da über Papados in drei und
einer halben Stunde mein Standquartier in Agiässo; umgekehrt bergab rechnet man drei Stunden. Am
Abende machte ich noch einen Gang durch die Menschenmenge um die Kirche. Theils schlief man schon
in den offenen Umgängen der Mitropolis, theils wurde im Hofe zur Klarinette und zwei grossen Pauk-
trommeln, einer in ihrer schrillen Eintönigkeit sehr aufregenden Musik, getanzt. Neben den Grossen
übten auch die Buben ihre Glieder. Ich beabsichtigte nicht, die Panigyris selbst abzuwarten, die am
nächstfolgenden Tage, den 27. August neuen Styls, vor sich gehen sollte, sondern setzte zum grossen
Leidwesen meines Dieners die Abreise auf den ändern Morgen fest. Der zweite Agogiat, den ich
annahm, weil mein bisheriger, den ich unvorsichtiger Weise am Abend vorher abgelohnt hatte, es vorzog
mit seinen Groschen bei der Panigyris zu bleiben, übernahm es, mich statt auf dem direkten Wege nach
Mitilini vielmehr auf Umwegen durch die Berge an den Ueberresten der römischen Wasserleitung vorbeizuführen.
Auch auf dieser Strecke fand ich ringsum alles mit Wald oder Oelbäumen bedeckt. An einer
Stelle bot sich über die niederen Berge hinweg noch einmal eine recht freie Ansicht des Iliasgipfels, so
charakteristisch, dass ich meine schnell genommene Skizze mittheile 2). Nach einem Ritte von anderthalb
Stunden von Agiässo aus erreichten wir das erste Stück der grossen Wasserleitung. Sie setzt hier in
der Richtung von SW nach NO über ein Thal hinweg, in welchem ein Wasser aus jenem See, den ich vom
Gipfel des Iliasberges aus sah, herunterkommt, um beim Dip in den Busen von Jera sich zu ergiessen 3).
Ein Bogen ist hier nicht erhalten, die Pfeilerstirnen sind von Rustikaquadern gebaut, das Uebrige ist
kleines Steinwerk mit Mörtel. Eine Stunde weit von diesem Stücke liegt das zweite noch erhaltene an
dem Wege, der von Agiasso nach Mandamados führt. Auch hier ist die Leitung, um über ein Thal hinüberzusetzen,
hoch aufgebaut; sie geht von Westen nach Osten gerichtet. Sie steht hier noch wesentlich
vollständig; von vier Rundbogen, die auf drei freistehenden viereckigen Pfeilern und den an die Bergabhänge
angelehnten ruhten, sind drei noch unversehrt. Die auf allen vier Seiten mit Rustikaquadem
von Marmor verkleideten freien Pfeiler erheben sich nach oben zu . etwas verjüngt zu bedeutender Höhe.
Bis zum Bogenansatze liegen dreissig Steinschichten und jede von diesen mag verschieden zwischen
0,30 bis 0,50 M. hoch sein. Beim Bogenansatze ist nur eine einfache Platte durch eine heraustretende
Quaderschicht gebildet. Die Bogen sind ebenfalls aus Quadern aufgeführt, auch der Raum zunächst über
den Pfeilern zwischen dem Fusse zweier Bögen ist mit Quadern ausgesetzt. Obenauf liegt dann Füllwerk
1) Die ähnlichen Strömungen am euboeischen Euripos beschäftigten die Aufmerksamkeit der Alten besonders. Von dem
aestuarium der ' hntovixic Xifxvr) erwähnt Plinius d. J . (epist. IX, 33), quod vice alterna, prout aestus aut repressit aut inpulit, nunc
infertur mari nunc redditur stagno.
2) Auf Seite 57 am Schlüsse.
y 3) Auf meiner Karte, der durchaus die englische Seekarte zu Grunde liegt, sind diese Terrainverhältnisse nicht zu erkennen,
deshalb sind auch diese ersten Stücke der Wasserleitung nicht auf ihr angegeben.