
Genetiv hineingeschrieben, so war der Genannte da. Sehr erklärlich ist es so ferner, dass die Fussinscbrift
in Philai sich grade im Fussboden findet. Häufig wurde ein Fusspaar geweiht, man begnügte sich aber
auch als Abkürzung mit einem einzelnen Fusse. Die doppelten Fusspaare, auch wenn nur ein Weihender
genannt ist, die dann gegen einander verkehrt stehen, bedeuten am einfachsten das Kommen und Gehen
im Heiligthume. Auf den Steinen von Byzanz setzten endlich die Pilger ihr (ieixw,o9e ’AxpoäctpavTos u. s. w.
über den Fuss, wie später um ein orate pro illo gebeten wird. Wie alle Schwierigkeiten bei dieser Erklärung
hinwegfallen, so wird auch die Menge solcher Steine in einem Orte völlig verständlich und grade
in Eresos haben wir also einen besuchten Wallfahrtsort anzunehmen, vielleicht, wofür die Fundangaben
sprechen, in der Gräbergegend.
Uns bleibt im Dorfe Erissos noch die Durchsuchung der Kirchen auf Alterthümer übrig, die mei-
stens Ausbeute verspricht und sie auch hier gewährte. Aussen an der Absis der Kirche des h. Konstantin
und der Helena ist ein auf der rechten Seite zerbrochener weisser Marmor mit einem Inschriftstücke
(Taf. XV, 6. 0,35 M. hoch, 0,19 breit) eingesetzt; es war eine Grabschrift (Z. 4: Cmv oder Cäm, dann Ix
T(Sv iöfmv xaxsoxeöaoev). Im Innern derselben Kirche ist ein grauer Stein mit grösser Inschrift (Taf. XII, 2.
1,22 lang. Buchstabenhöhe 0,04 M.) später anders zugehauen und in dieser Gestalt als Stufe der Mittelthür
zum Heiligen verwandt. Eines der bedeutendsten epigraphisehen Denkmäler aber, die uns auf Lesbos
überhaupt erhalten sind, steht in der Kirche der ' A-ea Eip^vT). Es istiein grösser Block von grauem Marmor,
bis zur Höhe von 0,65 Meter erhalten, die zwei Breitseiten messen je 0,48 M., seine Schmalseiten unten
0,24, oben 0,23 M., so dass also eine leise Verjüngung nach oben zu bemerken ist. Die eine Schmalseite
ist unbeschrieben, die ändern drei Seiten sind voll Inschrift, aber nicht gleich gut erhalten. Am
meisten mitgenommen ist die eine Breitseite, so dass stellenweise keine Buchstaben mehr zu erkennen sind,
grossentheils ganz unversehrt ist aber die beschriebene Schmalseite, so dass hier sogar die vorliniirten
Quadrate, in welche die Buchstaben, nur selten am Schlüsse der Zeilen ein wenig zusammengerückt, genau
oroixifiBov eingeschrieben sind. So war auch auf den Breitseiten beim Eingraben der Inschrift verfahren.
Der Stein hat sich bis vor einiger Zeit unten näher der alten Stadt in einer jetzt ruinirten Kirche der
Panagia z ta xLapv. T) befunden. Es scheint, dass ein europäischer Beisender dort Geld für ihn geboten
oder sonst versucht hat, ihn an sich zu bringen. Genug die Dorfbewohner haben eine grosse Meinung
von dem Geldwerthe desselben gefasst, der Glauben an verborgene Schätze pflegt bei solchen Dingen auch
ms Spiel zu kommen, und haben den Stein zur Sicherung hinauf und in die Irenenkirche geschafft. Hier
Wurde er mir gezeigt; aber als ich ganz arglos mein Buch hervorholte und Anstalt zum Abschreiben
machte, hiess es, das sei nicht erlaubt, nur wenn ich zehntausend Piaster bezahlte, ganz ernsthaft. Man
kann sich wirklich zu Zeiten über seine Mitmenschen ärgern. Auch ohne Epigraphiker von Fach zu sein,
hatte ich bald genug sehen können, dass die grosse Inschrift sprachlich wie sachlich von Wichtigkeit sein
müsse und glaubte zu wissen, dass sie noch unbekannt sei. Ich war also nach jenem Einsprüche Sogleich
entschlossen, die Sache nicht ohne Weiteres verloren zu geben. Ich wandte mich zunächst an den türkischen
Aga von Erissos, der grade unter den grossen Bäumen im Dorfe seine Pfeife rauchte und dachte
hier vielleicht einen Machtspruch durchzusetzen. Indessen Erissos ist ein ganz überwiegend griechischer
Ort, die Leute sind sehr wohlhabend, so dass der Träger der türkischen Amtsgewalt nicht zu Viel wagen
darf. Er liess denn doch aber wenigstens die Ortsvorsteher aus den Gärten herauf ins Dorf eitiren, wo
Pietro e . . . . lassò la forma dell! suoi santi p iep i, sebjbene la vera pietra sta nell[a ohjiesa di San Bastiano tra le repiquis . . . . . .
und au f der einen Seite mit den Worten: stetemnt pedes ejus. Dieser Stein gleicht auf den ersten Blick im ganzen Aussehen völlig
den meisten der Sterne in Eresos und man könnte daran denken, dass ein altes Exemplar jen e r alten Wallfahrtsvotive der christlichen
Legende zu Hülfe gekommen wttre; indessen so wie die Copie in der Kapelle j a späte Arbeit ist, so sind auch die Küsse auf
dem Originale in San Sebastiano, so weit man unter der Goldbleehbedeckung erkennen kann, eine Arbeit frühestens des Mittelalters.
1) loh habe sie anfgesncht und nur einen Marmorbalken mit christlicher Insohrift in ih r gefunden: — opol t? c i j l a t Mctpl«.
ich dann in einer Sitzung in meiner Stube ihnen, wenn ich erst wieder nachMitilini gekommen sein würde,
mit allen Schrecken vom Pascha dort, der mich eigens ausgeschickt habe, um die Alterthümer zu sehen,
drohte, während ich mich auf der ändern Seite zu einem billigen Geldopfer für die Kirche gern verstehen
zu wollen erklärte. Ich wollte einmal eine Hauptarbeit, die mir so nahe geboten war, nicht ungethan lassen,
irgend welche Gewalt hatte ich nicht in Händen und konnte leicht berechnen, dass, wenn ich etwa
um besondere Hülfe den weiten Weg nach der Hauptstadt schicken wollte, das auch nicht ohne bedeutende
Ausgaben verschiedener Art abgegangen wäre. Es blieb mir also nur übrig einzuwilligen, als man
sich nach einigem Hin- und Herreden bereit zeigte, mir für Erlegung von 3 türkischen Lire an die Kirche
die unbeschränkte Erlaubniss zum Abschreiben des Steines zu geben. Nur wurde ausgemacht, dass Papa
N ik o l aos mich beständig bei der Arbeit bewachen sollte, eine Bestimmung, die mehr zu seiner als zu
meiner Unbequemlichkeit gereichte. Auf diese Weise bin ich dazu gelangt, auf Taf. X n unter A, B und
C die Inschrift mittheilen zu können, allerdings abgesehen von der Schmalseite nicht in einer tadellosen
Abschrift. Sie ist so gut, wie ich sie zu machen vermochte, wobei der stellenweise angegriffene Zustand
des Steines selbst und dann das nicht günstigste Licht im Inneren der Kirche mit in Anschlag zu bringen
sind. Ich gebe die Abschrift, wie sie vor dem Steine gemacht ist, ohne Aenderung auch da, wo ich sichtlich
falsch gelesen habe. Der Text, wie ich ihn hier folgen lasse, rührt von Herrn Hofrath S a u p p e 1)
her, der ihn auf meine Bitte hergestellt und mit dankbarst zu rühmender Freundlichkeit mir zur Mittheilung
an dieser Stelle überlassen hat. In runde Klammern sind die von mir falsch gelesenen Buchstaben
eingeschlossen.
A. uoXi]opx7j0e . . .
ev. .. iroXiTtov 01 v(5|io[i . ]o exaito. . .
? Siopupiot? axaxyjpa? stasTcpa£[e xai
xoi]? ^EXXava? IX(a)iCs[xo] xal x(o)i? ßo>p.oi? [xaxeox]
a<|>s xto Atös xto (<I>)iX(i)7nri(ai), x(a)i itdXsp-ov l£(a)- 5
pjapevo? itpb? JAXe£av8pov xai xoi? ^EXXava?
xoi? p-sv 'rcoXixat? ira(p)sX6fievo? xa oicXa !£sxXeiae
Ix xa? -iröXio? [ira]v(8)ajii, xai? 8e yovatxa?
xai xai? huyaxspa? ao[XX]aß«)V xai epija[?
Iv xa axpoTcoXt xpio)(iX[i]oi? xai 8iaxooio[i? 10
oxax9jpa? sioeirpa^e, xav 8s irbXiv xai xa tp[a
8iap7ta£ai? fxexa x[to]v [X7)]ioxav IveirpYjae xa[i
a[o](y)xaxlxaoas oa>fAax(a) [xtov] iroXixav, xai xb x[e-
XsoxaTov acpixbfxsvo? icpb? ’AXs^avSpov xax[s-
(tji)eu8sxo xai SisßaXXe xoi? iroXixat? * xpivafi 15
[x]ev auxbv x(p)u7rxa <|>dcp[ip] (xa)i ¿pbooavxa? irep[i
hjavaxto, (a)l 8e xe xaxa^[a<p]taüyi Oavaxo?, avxix[i-
paoapqsjvto Ayammro) xav Ssoxepav Siacpopav
7t07jaao(da)i (e)i(pto)x(to)v[xa](?), (ai 8)st aux(b)v a7ro(h)a-
v?jv, cd 8e xs xa[X]X(acph)e[v]xo? * AyamTciroo xa 8(xa 20
xaxayfl xi? xtva xwv ’ AytoviTncco (t]) eiu^ t) irpo(ö)^
Tcspi xado8a> (■/]) xtov xx7)p,dxa>v a7co(8)o.oto?, xax[a-
pajxov s|i,ji,evai xai aoxbv xai ysvo? xb x(yj)vo),
*) S a u p p e hat vorläufig einen kurzen Bericht über die Inschrift in den Nachrichten von der Univ. und der K. Gesellschaft
er Wiss. zu Göttingen 1863, n. 20, S. 359 ff. gegeben, welchen ich hier gleich hinter dem Texte grossentheils wiederholt habe.
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