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ist, und zweifele nicht, dass sie sowohl für die constant vorkommenden Pornien aU für deren Varietäten
später noch vermehrt werden wird, wenn eich die Anatomen erat entschüessen, die einzelnen Theile der
ObcrflÜchon der Hemisphaeren des grossen Gehirns wiederholten specielleren Betrachtungen zn unterziehen.
Die edelsten Theile desKörpers yerdieoen es wohl eben so sehr wie jeder andere Theil, jeder Knochenvoreprung
jedes Bändchen n. s. w., besonders benannt zn werden. Die Aufgabe der Wissenschaft ist es, die Bestiramang
der Theile an der Oberfläche des Gehirnes kennen zu lernen. Da diese bis jetzt nnr im Allgemeinen
oder wenig oder nicht bekannt ist, so können die Bezeichnungen auch erst nach anatomischen Grundsätzen
gewählt werden. Physiologische Voraussetzungen würden hierbei zn den gröbsten Irrthümern fuhren.
Unter den Rinnen hat eine vor allen die Aufmerksamkeif der Anatomen auf sich gezogen. Sie erhielt
nach ihrem Entdecker die Bezeichnnng Snlcus Rolando, wogegen gewiss nichts einzuwenden ist. Spater
ist sie aber die CenfraUFnrche (Sulcus centralisi, die sie umgebenden Züge sind Central-Windungen iGyri
centrales) genannt und hieran ist die Idee geknüpft, dass diese angenommenen Central-Theile eine centrale
Bedeutung besitzen. Die Rinne selbst aber ist in der Regel „ach allen Seifen geschlossen. Nur ausnahmsweise
tritt sie durch einen Sulcus communicans mit einer benachbarten Rinne in Verbindung. Sie
ist kein Centrum für die Übrigen Rinnen. Ebensowenig sind die sogenannten Central-Windungen Centra
für die andern Windungen der Hemisphaeren. Sie sind es nicht einmal lÜr die des Scheitellappens an
dem sie sich befinden. Unter einander stehen sie nur an ihren nussersten Enden (oben und unten), die
sogenannte hintere CentraUWindung mit dem hinter ihm liegenden hinteren Scheitellappen-Zuge ebenfalls
nur oben und unten durch Gyri communicantes, die sogenannte vordere Central-Windung mit den drei
Stirulappen-ZÜgen gewöhnlich durch 3, wie die hintern Scheitel-Läppchen mit den drei Zügen des HinterhaupJs
Lappens ebenfalls durch 3 Gyn transitorii in Verbindung. Es liegt die angenommene Centralfurche
mit der angenommenen vordem Central-Windung am vordem Theil des Scheifel-Lappens wie die innere
Stirnlappen-Furche und der innere Stirnlappen-Zug am innern Rande des Slirnlappens, die innere Schläfen-
Uppen-Rinne und der innere Schläfenlappeu-Zug neben dem innen. Rande des Schläfen - Lappens. Für
den Scheilellappen haben die angenommenen Central-Theile dieselbe Bedeutung wie die angegebenen
grosseren Rinnen und Züge für den Stirn- und Schläfenlappen. Ueberelnstimmend mit der sonst von mir
angenommenen Terminologie habe ich den sogenannten Sulcus centralis Sulcus parietalis anterior und die
sie begrenzenden Züge Tractus parietales lanterior und medius) genannt. In Betrefl der Unterscheidung
grosser und kleiner Windungen iGyri und Gyrulil bemerke ich, dasg sich scharfe Grenzen zwischen ihnen
zwar nicht ziehen lassen, doch verstehe ich unter letzteren solche, welche in einer Strecke bis zu 3 - 4 Linien
durch eine nur seichte bis zu 2 oder 2'), Linien tiefe Rinne getrennt .ind, oder in der angegebenen Länge
verlaufen bevor durch eine Bie;;ung ihre Sonderung von einer benachbarten Windung angedeutet ist.
Ich theile die Ansichten derer welche annehmen, dass die Gehirn-Windungen nicht allein als zusammenhängendes
Ganzes wirken, «ondern dass ihre Abtheilungen besondere Verrichtungen ausüben, wie dies von
den peripherischen Theilen des Nervensystems und von manchen Theilen dos Centrai-Organs bekannt ist.
Wie Bewegungs- und Empfindungsuerven, diese wieder verschieden wirken, j e nachdem sie mehr allgemeinere
oder besondere Empflndongen vermitteln, der Sehnerv in die Nasenhöhle versetzt keine Gerüche, i«
Labyrinth des Ohres kein Gehör erwecken würde, so lässt eich meiner Ueberzeugung nach auch nur
annehmen, dass die in so auffallender eigenthümlichcr Weise gestalteten Abtheiiungen der Obcrflächc der
Grossgehirn-Hemisphaeren besondere Funktionen auszuüben haben, und dass von den verschiedenen Gruden
der EntWickelung derselben die Modificationen der intelleclueilen Befähigung im Ganzen und im Einzelnen
bedingt werden, wenn auch histologische Verschiedenheiten nicht nachgewiesen sind, und überhaupt bei
späteren Forschungen nicht nachgewiesen werden sollten. Geringe Modificationen in der Gestaltung der
Hornhaut nnd der Linse bringen j a auch die auffallendsten Veränderungen im Sehvermögen hervor.
Unter den Anthropologen gehen die Ansichten über die Stellung, welche dem Neger im Menschengeschleciit,
besonders zum Enropäer zukommt, ausserordentlich auseinander. Da« Gehirn des Negers hat man bisher
weniger nach Untersuchungen des Gehirns selbst gewürdigt aU nach Schätzung des Schädelhöhlen-Raume«,
die auf Versuchen beruht welche mit Anfrillung desselben durch Hirse, Wassel , Schrotkörner u. s. w.
angestellt worden sind, und auf den hieraus gezogenen Verglcichungcn mil iUinlichcn nn andern Völkern
angestellten Beobachtungen. Bei der Unsicherheit der Resultate welche diese liefern und den vielfnchen
Täuschungen die daraus hervorgehen, wird man spater wohl dahin gelangen ihnen überhaupt wenig besonderen
Werth beizulegen, wenn man das Negergehirn selbst erst vollständigeren und zahlreicheren Untersuchungen
unterworfen haben wird. Obgleich es an Negergehirnen znr Untersuchung nicht hat fehlen
können, hat doch selbst in der Bliithenieit der Neger-Sklaverei in den vereinigten Staaten von Nord-
Amerika Niemand die Bearbeitung des Negergehirns unternommen, wenn nuch die Bedeutung der Gehirn-
Windungen erkannt wurde. Das« dies der Fall isl ergiebt »ich daraus, dass S. G. Morton in seinem grossen
Werke über Crania Americana den Aufsatz des Phrenologen G. Combe aufgenommen hat, in welchem
dieser in Linear-Zeichnungen die Gehirn-Windungen am Organe des Zcrstörungstriebes bei der Bremer
Giftmischerin Gesche Gottfried und bei dem philanthropen Neger-Sklaven Eustache aufSl. Domingo abgebildet
hat, natürlich nicht wie sie gewesen sind, sondern wie Combe sie sich gedacht hat. Die Untersuchung
des Negergehirns von T i e d e m a n u ist bis jetzt die einzige geblieben, welche auf wissenschaftlichen Werth
Anspruch machen konnte, obgleich zur Zeil als T i c d e m a n n seine Arbeit lieferte, die Gehirn-Windungen
nur noch sehr unvollständig bekannt waren. — Man würde genöthigt sein, den Menschen auch nach der
Beschaffenheit seines Gehirns nur als da« am höchsten stehende Thier zn betrachten, wollte man es nur nach
seiner Aebnlichkeit mit dem Gehirn der Saugethiere nnd besonders der Affen würdigen, nicht nach seiner
Verschiedenheit von ihm, nach seiner Gesammtheit und der Bedeutung die es für den Menschen hat, durch
die es ihm dir BefUliigimg zur Welt- nnd Selbst-Erkenntniss. dadnrcli dio Herrschaft über den
Erdball, Uber die drei andern Natnrreiche nnd alle zu ihnen gehörenden Geschöpfe verleih«.
Will man an den Hemisphaeren des grossen Gehirns Centralrinnen mit diese begrenzenden Centralzngen |Cen>
tral-Windungen genannt) annehmen und ihnen nicht zukommende centrale Bedeutungen beilegen, und gäbe man
dem Europäer an den Wänden der angenommenen Central-Rinnen die doppelte Zahl von Windungen als
er wirklich besitzt, so wäre der Neger ala Halbmensch fertig. Ans den im vorliegenden Werke enthal