
E r s t e A b t h e i 1 w n g.
Untersueluuigen über den feinem Ban der ki*ebshaften GeschAviilstc.
K r c b s li a f t kounen im Allgemeinen a lle G e s c lm ñ ls íc g e n an n t w e rd e n , w elch e d ie naiiirlielie S tru c tu r a lle r G ew eb e
auflicbcn, welclie gleich anfangs conslitulionclt sin d , od e r e s iiu natürlichen V e rla u f ilirer En tw ic k elu n g regelmässig
w e rd en , w elch e constitiitioncll gewo rd en regelmässig nach d e r Ex stirp a tio n w ie d e rk e lire n , und '/.um sich eren Ilu iu der
Imlividiien fuhren. Die hielier gehöi-igen Fo rm eu sind äu sserst v e rsch ied en , gelicu ab er doch in eiuzelneii F ä lle n «ii-
iiicrklicU in e in ander über. Hierin uud in dem Uiiistand, d a ss eine F o rm nach d e r Ex stirp a tio n die an dere e rse tz en
k a n n , o d e r dass vcrsehiedcne Fo rm en g le ichzeitig b e steh en , z e ig t sich die physiologische V erwaiid tsc liaft vo n HiUlnii-
g e n , d e ren E x trem e oft nicht die ge rin g s te Aehulichkcit d e r S tru c tu r buben. N a c h d e r Exstirpation d e s gemeinen
Brustk reb ses k a n n in d e r B n is t od e r in inneren T h eilen ein Murkscliwaniiii entstehen. In dev weiblichen B ru st (rifl't
sich zuweilen Curcinoina simplex und alv eo la re zugleich, in d e r o rhila carcinoma reticu ia re nnd melanodes. D a s Ca rcinoma
fasciculalmn, dui-cli nnd durch faserig und ohne a lle entfernte Aehulichkcit w ed e r mit dem Marksciiwamm noch
mit dem gemeinen Kreb s, ist ihnen in se in en physiologischen Eigenschaften vollkommen gleich.
D e r allgerneiustc anatomische C h a rac ter der krebsliaften Degenerationen is t V erlu st d e s E ig e n g ew eb e s des befallenen
T lie ile s , welch e s hei E n tw ic k e lu n g des K reb se s v e rschwindet. G e fä s s e , M u sk e ln , N e rv e n , D ru s en , K n o chen
und a lle auch noch so dilTcrciilc Geweb e w erd en in dieselbe k reb sig e Degeneration liiiieingezogen. Die e rste
Erselieiuung de r krebsigcii Degeneration b e s teh t imless n icht in d e r blossen Umwandlung d e r vorluuidenen gcsuiideii
Geweb e in die k rebsige Deg en eratio n , sondern in d e r En iw ic k eln n g d e r Formciielcmenle d e s Kreb se s zwisch en den
Gewcbclliciieu des O rg an es , welch e so fort die iiatiirliclie S tru c tu r v e rdrängen. Man sieh t d ies au d e r A rt d e r P ro duction
d e r Formeiielcmente des K reb se s. Die Keimzellen des Carcinoms entslehcn z .B . , w ie sich deutlich hewciscii
lä sst, nicht ans schon vovbandenen F a s e rn , sondern selbständig aus einem walireii seminium morbi, das sich zwisch en
den Gewcbcliieilen des Organes entw ick e lt. Am d eulüchsleu is t dies beim Carcinoma a lv eo la re des M ag en s, in d e r
V e rän d e ru n g , welch e die Mnskelhaut e rfä h rt; zwisch en die Muskelhüiidel d e r Mu sk e lliau t, w elclie sich anfangs noch
erkeimcii la sse n , lag ern sich die Keimzellen des Carcinoms ab , und auch sp ä ter ist noch la n g e die Schielit d e r Muske
lh au t, wenngleich uiigeheiier an g eschwo ilen , zu e rk e n n en , bis du rch die gleiche W u c h e ru n g d e r Keimzellen in den
verscliicilciion Ilä a le n d e s Magens zu letz t a lle S p u r von Tren n u n g d e r Sch ich ten und v o u d e u n atürlichen Gevvebe-
theilen ve rlo ren ist.
Die Umgegend eines Carcinoms v e rw ä c h s t gewöhnlich frühzeitig mit demselben, uud e s lä sst sich dah er nicht
so w ie a n d ere Geschwü lste leicht v erschieben. D a s Carcinom d e s M.agens v e rw ä c h s t mit dem P a n c re a s , mit d e r
L e b e r , das Carcinom der weiblichen B ru s t mit d e r Hau t od e r g a r mit dem Brustmuskel. Iii d e r weiblichen Bru st ist
auch das Verh allen dev W a r z e eharac teristlsch , w elch e frühzeitig einsinkl. Doch is t w e d e r die 'V e rw a ch su n g des
Sclrrhiis mit d e r Hau t uud dem Bn islmiisk el, n och das Eiiisiiiken d e r W a r z e ein g anz co n stan tes Merkmal, un d ich
habe öfters krebshafic Geschwülste u n te rsu ch t, w o w ed e r das eine noch d a s an dere sta tt lialle. Das Einsinkeu der
B ru stwa rz e beim Bru stk reb s hän g t davon a b , ob die Degeneration sich in d e r N äh e d e r W a r z e befindet. W ich tig ist
die Anscliwellung d e r Acliseldrüsen beim B ru s tk re b s , die E x is te n z äbiiliclier Geschwülste in an deren T h e ile n , in der
Umgegend d e r G esc hw u lst, die E n v e ite ru iig d e r Ven en ist hingegen ein u n zu verlässiges Zeich en von Bösartigkeit.
Beim Mag en k reb s liefert d e r Zu stan d d e r Muskelliaut ein sehr sicheres anatomisches Z eich en d e s Kreb se s,
w elch e s auch die Form desselben sein möge. In den meisten F ä lle n der carcinomalösen E n ta rtu n g d e r M agenwände
s chwillt nämlich nicht bloss die .Muskelliaut seh r auf, sondern z eig t auf dem Durchschnitt ein fächeriges A nsehen, welclies
llieils vo n den Dnrchscliiiilten d e r Muskclbundel, theils aber vo n DnrchschniUeii häutiger und fibröser S e p ia und C ap -
seln lierröhrt. In den Zwiscbenrämiien d e r Mu.skelbiiudel en twick e ln sich nämlicb theils die Z ellk u g eln d e s Carcinoma
simplex und eingeschacbtelten Z ellen des Carcinoma alveolare, theils fibröse Sepfa v e rschiedener Ilichliingen. Die F ä c
h er zeigen oft bei n äh erer An.siclit neben nn d übereinander und zwisclieii den Mu.skelbündelii lieg en d e häutige fibröse
Abilieilungcn, welch e g an z mit g a llertigen Z e lle n g e fü llt siud, die w ie d e r k leinere Zellen, eiilhalleu, so d a ss die Capsein
w ie im Innern abgetlieilt erscheinen. Eiiiigemal beobachtete ich in dem fächerigen Durchschnitt d e r v e rd ick ten
.Muskelliaut auch Capseln, die mit faserigen Mas.sen gefüllt erschienen. Das fächerige Ansehen d e r Muskelhaut z eig t .sich
schon bei den e rsten Anfängen d e r kreb sig eii Degeneration, beim Carcinoma a lv eo la re k aun cs .später g an z v erscliwind
en, wem i alle Ünterschiede d e r G ew eb e d e r einzelnen Sch ichten d e s Magens g an z aufgehoben, und den mit Gallerto
g e füllten Z e llen g ewich en siud. Bildliche Darstellungen vo n dem fächerigen A u seheu d e r Muskelhaut d e s Magens
finden sich iii deu meisten p a th o lo gisch-anatomischeu K u p fe rwe rk en , w elch e die äussere mit blos.scn A iigeii erkeiiubare
S tru c tu r d e s Magen k reb se s darstelleii. Ich v e rw e ise a u f C ru v e ilh ie r anatomie patliologiquo L iv r. 12. T ab . G., CarswcU
pathological anatomy. Carcinoma. T ab . I. F ig . 1. 2 ., T ab . IH. F ig . 1., S e ym o u r medico-chiruvgical Tran sa ctio n s X IV .
T a b . 1 ., lia ilU e morbid anatomy. En g rav in g s. F a s e . 3. T ab . V II. F ig . I . Ä . M o n r o scheint d a s fäch erartig e Anseh
en d e r Durchscliiiilte d e r carcinomatösen Muskelliaut z u e rs t b emerk t zu liabcn. E r sa g t: T lie muscular fibres
o f the nitiscular co at a re seldom to b e s e e n , an d wh en v isib le, a re g en erally o f a p a ler colotii- lliau natural an d a re
s ep arated from each o th e r b y cartilaginous (_?) .septa o f different thickness in different case s «"j.
D ie se faclierige Beschaffenheit d e r M n skelhaut kommt n icht bloss beim M a g en k reb s , so ndern auch beim K reb s
a n d e re r mit e in er Muskelliaut v e rse h en e r Tlie ile v o r. Ich sah sie beim S c irrb n s de.s Mastdarms in d e r P o c k e h -
sch en Sammlung, beim Scirrlma oesophagi mit S c irrh u s .d e s M agens in derselben Saiiuiiluiig. S ie kommt auch an
d e r Uriiiblase vor.
E in e Abbildung d e r lacberigen Bildung vom Carcinom d e r Spe ise rö h re findet sich bei B a illie F a s e . ,3. T ab . IV .
F ig . S., vom Carcinom d e s Ilectum eb en d a selb s t, F a s e . 4 . T a b . IV . F ig . 1.
Die F ä c h e ru n g Ist nicht e in er bestimmten K re b s a rt e ig en , so ndern kommt meist bei a llen Fo rm en d e s Kreb se s
v o r. Ich s ah sie liäuiig beim Carcinoma alv eo la re d e s M ag en s und beim Carcinoma simplex desselben. Gleich deutlich
w a r sie bei einem Mediillarsarcom d e s .Magens in d e r P o ck elssche ti Sammlung.
An d ere allgemeine Ciiarac te re des Carcinoms g ieb t e s nicht. Denn w e d e r is t dem Carclnon« immer eigen, dass
e s sich vo u innen nach au ssen oder ex cen triscb en tw ick e lt oder e rw e ic h t, nocli z eichnet e s sich durch anfängiicheii
Man g el od e r eigeutliümliches Verh alten d e r Gefässe aus. Die Gefiisse v e rliallcn sich d a ria w ie iu än dern Th eilen , sie
siud bald sp a rsam , bald ausserordentlich z ahlreich.
D ie positiven Ciiarac te re d e r S tru c tu r d e r Carcinome zeig en ü b rig en s d u rchaus nichts h e terologcs o d e r d e r g e sunden
Organisation fremdes, die Fornienelemente siud theils so lch e, die auch im gesunden e rw ach sen en Organismus,
Iheüs so lc h e, die im primilivcu foetalen Z u s ta n d e d e r G ew eb e Vorkommen, Z e lle n , Z e llfa se rn uad F a se rn . Da sich
d ie Zellfasern aus Z e l le n , die F a s e rn au s Z e llfa se rn bilden, so sind die Unlerscliiede d e r E x trem e n u r d a rin b egründ
e t, w o die En tw ick elu n g stoben b le ib t, ob bei d e r Zelleubildung od e r bei d e r Umwandlung d e r Z e lle n in Zellfa se rn ,
o d e r ob sie rascb z u r Fase rb ild u n g tendirt.
A lle carcinomatösen Geschwü lste enthalten a ls Hauptmasse eiiica e iw eissartigen Kö rp e r. W e rd e n sie von
Z e llg ew e b e und Iltinten b e freit, 1 8— 84 Stu n d en g ekocht, so e rh ä lt man in d e r R e g e l ke in en od e r seh r w en ig Leim,
in v ielen F ä lle n nicht eine Sp u r. Ich habe deu Versu ch mit carciuomatöseii Geschwülsten se h r oft w iederholt. Die
Hauptmasse d e r Carcinome is t beim K ochen g an z unlöslich. D a s w e n ig e , w a s aufgelöst w ir d , k ann Käse sto ff und
S p eichelstoff enthalten. Man hat bisher u n le r den kran k h a ften Degenerationen n u r v ie r, den S c irrh u s , d.os Medullar-
e arcom , den Alv co lark ro b s und den melanotischen K re b s unterschieden. W ir haben diese Fo rm en um zw e i seh r ch a-
racteristisch c v e ru ich rt, und d a s Carcinoma re ticu ia re uud fasciculaluiu I
I . Vom Scün’hus oder Carcinoma simplex. (Syiiom. Carcinoma fibrosum.)
D ie gewöhnliche einfachste F o rm d e s Carcinoms d e r weiblichen B ru s t, d e r S c irrh u s, w u rd e v o r Entd e ck u n g
d e s Medullarsarcoms durch B u r n s nnd d e s A lv eo lark reb se s durch L a e n n e c a ls die einzige F o ru i d e r krebsliaften
D eg eneration angesehen. A u f diese fast kn o rp elig h a rte , u nregeiraässig b e g re n z te , se lten g e lap p te , a u f dem Durchsch
n itt grauliche Deg enornlion, welch e meist eine V erwac lisu iig d e r Hau t mit d e r G eschwulst un d e ia Einsinken der
B ru s tw a rz e b ed in g t, beziehen sich die meisten ä lteren Beschreibungen des Carcinoms.
Mit d e r anatomischen Untersuchuiig des gemeinen Brustk reb ses haben sicli Ad ams, Ba illie, A h ern elh y , B a y le und
Ca yo l, L a e n n e c , B r e s c k e l und F e r r u s , Cru veilhier, W a rd ro p , T r a v e r s , Home, S c a r p a und v iele an dere beschäftigt.
/ I r / n w i s s t e l l t e die vo n ihm a u f k e in e W e ise e rw ie sen e Ujqiothese a u f, da ss d e r K re b s v o u belebten h y d a -
tidösen Bläschen ansgeiie. Man k a n n vermullien, dass e r au f diese V o rslellung durch A n schauungen von Zelleu des
A lv e o lark reb se s gekommen ist, d enn d a ss A d am s Beobachtungen mit dem Compositum an g este llt liab e, ge lit ans seiner
Schrift nicht he rv o r. Die En tw ick elu n g des Carcinoms ans belebten mikroskopischen Keimzellen ruft allerdings die V o r-
s tcllniig von A d am s ins Ged ä ch tn iss, iiidess k ann man ih r schwerlich einiges Verd ien st in d e r Geschichte des Gegens
ta n d es zuerkemien. Denn aus Z ellen en twick e ln sich a lle G ew e b e , und ein seh r g ro sser Th eil der nicht krebsliaften
Geschwü lste b e sieht a u s Z e llen . Den Id een vo n A d am s v e rw an d t is t die neuerlich von H o d g kin vo rg etrag en e
A n sic h t, d a ss Scirrlms nnd MeduUarsarcom w ie die zusammengesetzten Cyslo id en au s Cy sten en tste h en , w elch e aus
*) The morlild anatomy of the Iiuman gullet, slomadi and inlcslines. Edinb. 1811. p. 322.
’■) J, yidnijij observations on llie cancerous breast. London. 1801. 8.
lledico-chiniigical Irans.iclioiis XV. p. 2. und morbid anatomy of the serous and mucous membranes. London. 1836.