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4. Chemische Uiitcrsiichiing «les Enchoiidroms.
A . E n c h o n d r o m d o r K n o c h e n .
K o ch t man S tü ck e vom Enchondrom d e r Knochen 1 0— Í8 Siunden la n g , so e rh ä lt mau da rau s eine anschu-
lichc Quanülät Leim, d e r h e im,Erk a lten (relTlicli gclalinirt, ab er sich in seinen cliemischeii Eigenschaften vom g ewöhu-
lichcn Leim, c o lla , g a n z imlersclieidet, dagegen vollkommen mit dem von mir beohacliielen eigctilhamliclien Leim der
K n o rp e l, Kuorpelleim od e r CliOiulrin übcreiuslimmf. Ich fand diese M alcrié zu erst im Enelioiidron, d a rau f in den p c r-
inancnton Knorpeln. Die Unlersucliung d ieser Materie liabe ich an einem än dern O r t e * ) vorläufig mifgetheilt uud
g ebe sic h ier im Zusainmcnbange mit wen ig en Z u s ä lz e n wieder.
E s g ieb t zw e i A rten des Leims.
1. Colla, Tischlerleim, Leim d e r S e h n e n , Iläu le , Knochen. Dio C h a rak te re d ieses Leims sind b e k an n t, wie
DHcIi, d a ss sich Uauseiihlasc von gewohiilicliem Leim od e r Tischlerleim nur durch ihre g rö s s e re Lö slich k eit in W e in g
e is t niiterscheidet. D e r Leim w ird v on Galläpfeliiifusion, Chlor, W ein g e ist, Qu ecksilberchlorid, schwefelsaurem P la tinoxyd,
Plalinclilorid g efälll; e r yvird dag eg en nicht v on Sa lz säu re , Essig säu re, essigsaurem Bleioxyd, Alaun, schwe fels
aurer Thoiicrde, schwefelsaurem Eisen o x y d niedergeschlagen. Das Schwefelsäure Eisen o x y d fällle anfangs den gewöhnlichen
Tischlerleim n ic h t; nach ciuiger Z e i t slelKe sich je d o ch , hei V ersuchen mit käuflichem Tischlerleim ein
N ied ersclilag ein, d ieser lö ste sich in d e r W ä rm e w ie d e r auf.
Diese A r t d e s Leims e rh ä lt man beim K ochen d e r äussern H au t des Menschen und d e r T lilc re , des Seh iienge-
Webes, d e r F a s e rk n o rp e l, cartilágines ínlerarlioulares, d e s Z e llg ew e b e s , d e r serösen Häute und des Knoclieiikiiorpels,
Dachdem e r ossificirt is l , nicbt aber aus deu p cm an c iiie u Kno rp e ln und den Kiiochenknorpetn v o r d e r Ossificalion.
Dieselbe Lcimart gab auch das Enchondrom d e r P a ro lis beim K o ch e n , das Enchondrom d e r Kn ochen und des Hodens
lösten sich dagegen beim langen K ochen in Knorpelleim auf.
2. Kuorpelleim, Cliondrin. Diese Materie findet sich in den permanenten Kno rp e ln mit Ausnahme d e r sehnig
e n F a s e rk n o rp e l; man g ewin n t sie du rch 1 2 - , 1 5 - , ISslöndiges K ochen aus den Kno rp e ln de.s K eh lk o p fs, den
R ippcnknorpcln, Gelenkkuorpeln und au s d e r Conie.a, und k ann diese bei lange geu u g fortgesetztem Koclien g anz
d arin auflösen. S ie ist eiiigcdampft farbloser als Tischlerleim. S ie g e s teh t beim K altw erd en einer oiiigedampflen Lö su n g
eben so gut wie Lelm ; die Gallerte is t k la r; im ge tro ck n eten Zu stan d e is t die Materie w en ig e r braun a ls gewöhnlicher
Leim. Stimmt der Knorpelleim durch das Gelalin iren , durch sein Aufqaellen vo u kaltem W a s s e r und Gelöstwerden
v o n hcissem W a s s e r, durch seine Reacliouen g egen Galläpfelinfusioii, C h lo r, W ein g e is t, Ouecksilbercldorid mit g e -
wölmlichcm Leim g an z übereiu, so untersclicidet e r sich g anz davon durcli sein Verhalten g egen Alaun, scliwefels.aurc
T h o n e rd e , Essigsäure, e ssigsaures Bleioxyd und schwe feisau res Eisen o x y d . Alle diese. M aterien föllen deu Kn o rp e l-
lelin, w ährend sie den gewöhnlichen Leim nicht im geringsten trüben. Am s tä rk s ten sind die Niederscidäge vo n Alaun
un d schwe felsau rer Tlio n e rd e ; sie bilden g ro s s e , weisse, compacte Flo ck en , welch e sich leicht zusammenballen. Der
Nicderschl.ig von Essig säu re is t feiner v e rtb e ilt und macht die Auflösung s ta rk w o iss g e trü b t; die Nied ersch läg e von
essigsanrem Bleioxyd und schwefelsaurem Eisen o x y d bilden k le in ere oder g rö ssere F lo c k e n , na ch dem Grad e
d e r Conceulrallon d e r Auflösung. Um allen Kuorpelleim aus einer A u flösung auszu fällen , reich t ä u sserst wen ig
vo n e iner Auflösung von Alau n od e r vo n schwe felsau rer Th o n erd e hin. Diese N icd erschläge lösen sich ia k a ltem
uud Lcis.sem W a s s e r n icht w ie d e r, wohl ab er in e iner Auflösung vo n Al.aun oder v on scliwcfclsanrer
Th o n erile w ie d e r auf, wen n man viel von dieser Aiiflösiing zuselzl. Um den Kuorpelleim aus einer Auflösung g anz
auszufiillen, muss inan dah er n u r tropfenweise von e iner Auflösung von Al.aun oder sc liwefc isaure r Tlionerde hinzu-
giesseii. Durch Abdampfen des F iltra te s überzeugt man sieb leicht, d a ss .aller Knorpellciiu au sgefällt worden.
D as fibgcd.ampfio F iltra t g elatinirt niclit mehr und enthält überliaupt n u r ein Miiiimiim Ihicrischer Materie mehr
I lic r.iu s c rgiebt sich , dass d e r Kuorpelleim oder das Cliondrin die Ursache d e s Gelaliuirens des Extr.aclcs
pennancnlcn Knorpeln is t, und nicht e tw a al.s eine zw e ite Malcrié neben gewölinlichem Leim vorhanden ist
Man crhrdt aber .auch durcli Auswaschen d e r zer.slanipflcn G allerte v on Knorpelleim nur aufgelöstes Cliondrin.
Walirschcmlich is t der Niedersclilag von Alaun und schwefels.aurer Th o n erd e eine Verbindung von Cliondrin mit
Al.aiin od e r scliwercls.anrcr T lionerde od e r mit Tlio n e rd e , welch e Verbindung in kaltem und lieissem Wa.sser uiilös-
licli, in überscliüssigcm Alaun od e r schwe felsau rer T lionerde löslich wird. D e r Niedersclil.ag des Ciioiidriiis von
Essig säu re w ird von mehr Essigsäure n i c h t w ie d e r au fg e lö st, ncutralisirt man ab er die S äu re durcli kolileiisau-
re s K a li, so w ird d e r Niedersclilag wied er aufgelöst. Die Niedcrscliläge von Ala u n , vou schwe felsau rer Tlionerde
und Essig säu re werd en vo n w en ig zugcselzlcni essigsanrem K a li, N atro u oder Chlonialrium uicht au fg e lö st; ve rse tz t
*) roMcnilprri Annalen B.1,38.
man ab er eine Auflösung von Kuorpelleim, w orin d ie ser durcb A la u n , Schwefelsäure T lionerde oder Essig säu re nied
e rg e schlagen w o rd e n , mit seh r viel essigsaurem K a l i, Natro n od e r Kociisalz, so lö st .sich d e r Niedersclilag vollständ
ig wieder auf. Der N ied ersclilag des Cliondriiis von essigsanrem Bleioxyd wird durcli überscliü.ssig zu g ese iztes essigsau
re s Bleioxyd nicht w ie d e r aufgelöst. Schw efeisau res Eisen o x y d b ew irk t auf der Stelle eiuen seh r sta rk en Nicde°-
sc liiag, d e r sich von melir schwefelsaurem Eisen o x y d n ich l, wohl ah er in d e r Ilitz c auflö.st.
Sa lz säu re im ¡Minimum e in er Au flö su n g von Knorpeileim z iig eselz t, b ewirk t eine F ä llu n g ; um diese F ä llu n g zu
b ewirk en d a rf jed o cli bei e iner Probe uur etw.as vou einem Tropfen S a lz säu re an g ewan d t w e rd en , mebr Sa lz säu re
ällt den Kuorpelleim nicht und bleibt derselbe g anz k la r. Die Auflösung d e s Cliondrius in Sa lz säu re wird von
Kaiiuiiieiseiicyaiiid nicbt iiiedergcsclilageii.
Ein e conceiilrirte L ö su n g von Knorpelleim wird v on liquor k a li causüci uicht gefällt, die etw aig e T rübung löst
slcli durch Sch ü tte ln wied er au f; aus e iner coiiceiitrirlen L ö su n g von Leim schlägt Kalibyilrat viel n ie d e r, uud dieser
Niedersclil.ag en th ält, nach I te r a e liu s , viel pliospliorsaure K a ik e rd e . Von Platiiiclilorid wird d e r Kuorpelleim getrübt,
vo n salpetersaiirem Silb er dag eg en kaum getrübt.
W ein g e ist fällt das Cliondrin w ie den Leim, und wen n e r zn e iner eingedampfteii Lö su n g z u g esc tzl w ird , in
weissen , coiisislenten, fadenartigeii F lo c k e n ; wird d e r W e in g e is t abfiltrirt und W.asser ziigeselzt, so w ird d e rN ie d o r-
sc h lag w ie d e r diirclisclieineiid und in lieis.sem W a s s e r lö st e r sich g.anz auf. Hierin stimmt das Choiidrin mit Colla
überein. W a s d e r W ein g e ist aiiszieht (Osmazom), ist, abgedampft, iu W a s s e r w ied er löslich, und wird von Galläpfel-
tiiiktur getrübt. D e r Nied ersch lag d e r eiiigedainpfleii Au flö su n g d e s Choiidrins von W e in g e is t, iu W a s s e r w ie d e r
aufgelöst, wird wieder, wie vorlicr, von Alaun, schwe felsau rer Tlionerde, E ssigsäure, essigsaurem Bleioxyd und schwefel-
saurem Eisen o x y d gefällt. D.as eiiigedanipfle W e iiig e is tex tra c t des Choiidrins in W a s s e r g e lö s t, w ird von ehen diesen
SlolTeii uicht gefällt. Die Nied erscid äg e von je n en Sloffeu entlialten also dieselbe M aterie w ie d e r Niedersclilag
d e r eingedickten Lo su n g von W ein g e ist.
W ir kennen unter den gewölinlielien gesunden thierischen Materien nocli eine an d e re , welch e von Essig säu re
fällbar ist, nämlich KäseslofT. Dieser u nterscheidet sicli von dem Kuorpelleim durch das Gelatinireii der abged.ampfteii
L ö su n g des le tz tem , so w ie durch das V erhallen zu r E ssig säu re, zum Alauu iiiid zum Kaliumciseiioyaiiid. Die .saure
A u flösung von Käse sto ir wird von Kaliumei.sencyaind iriedergeschlageii, w ie B e r z e liu s bemerkt, die salz.saiire Lösung
v o n Cliondrin nicht. Die E ssig säu re b ewirk t in e iner Auflösung von KäseslofT sowohl a ls Cliondrin einen N ie d e r-
sclilag, wen n ein Minimum davon ziig esctz t w ird . Ueberscliössige Essig säu re lö st K äsestoff au f, Clioiidriu nicht .auf.
Alauu fällt K äsestoff und Cliondrin, le tz te re s w ird von überschüssigem Alaaii au fg e lö st, e rs te rc r nicht. Auch das in
d c rScliIeimhaut des Labmagens enthaltene Verdauungsprhicip, welch e s durch seh r verdümilo Säu ren da rau s ausgezogeii
werden k a n n , k ann z u r Unterscheidung von Cliondrin und K äsestoff an gewandt werd en . Dies Princip ( P e p s i n ) ,
w elch e s im sau ren Z u stan d e im Minimum lösend a u f thierische Naliruiigsiiiiltel w irk t, d.as geroiiiieiie E iw e iss dabei in
O.smazom und Speicliel.sloff umwaiidelt * ) , und, .Monate lang au fh ewah rt, dieselbe specifische Wirks.anikeit a u f Tliierstoffo
b eh ält, macht auch im iieiitralen Z u stan d e die Milch bei einem gewissen Verhältuiss d e r Ouaiitiläteii ge rin n en , wie
S c /itv am i z e ig te ; .auf das Cliondrin bat e s im neutralen Z u stan d e ke iu en Einfluss. Die Anwen d u n g d e r Essig säu re
z u r E rk en n u n g des Käsesloffs dürfte übrigens fernerhin Vorsicht erfordern, da sie offenbar zu r Erk en n u n g dieses Stoffes
u icbt h in rcich l* * ).
Ich habe mir die F r a g e an fg eworfeii, ob die verseliiedenen Reactionen d e s Lelms und Choiidrins uicht von der
Be reitung d e s e rs tem h e rrü h re n , und ob d e r Leim, im g an z reinen Z u slan d e und aus frischen Theilen b e re ite t, sich
u icht vielleicht w ie Choiidrin v e rh a lle , od e r ob vielleicht der Ktiorpellelm e rs t durch d a s lan g e Koclien aus anderem
Leim e rz eu g t wird. Die Be reitung ist iiide.ss nicht Ursache d e r Verschiedenheit. D ass die eigetithümliclien Ucaclionen
d e s Küorpellciiiis nicht e rs t durch das lan g e Kochen e n lsle lien , k ann leicht bewiesen w e rd e n ; denn auch die F a s e r kn
o rp el und die Hau t erfordern langes Kochen um Leim zu g e h e n , d ie ser Leim is t ab er Coila und kein Cliondrin.
Ausserdem is t 1 5— ISslündiges K o ch e n , w ie es z u r A u flösung vo n Rippeiiknorpeln, Keblkopfkiiorpeln iii Chondrin
Iiöthig is t, kein grö sser Zeitr.aum für Loimbereiluiig, wen n cs a u f die gänaliciio Auflösung e iner Sobslaiiz .ankoiiiml.
Dann g ehen diese Knorpel schon nach 6— Sstündigem Kochen so viel aufgelöstes Cliondrin, d a ss mau, wen n auch
k e in e Gelaliiia b e re iten , doch seh r gut die eigenlliümlicheii Reactionen des Cliondriiis e rkennen kann. Endlich bleibt
auch d e r Leim nach langem Kochen in Hinsicht d e r ß e ac lio iien dieselbe Materie. Die k e in esw eg s so rgfältige Bereitung
des Tiscblerleims Im Grossen is t aucb nicbt die Ursache der Reactionen desselben. Sch o n d e r reinste käufliche
Leim, die H.ausüublase, u nterscheidet sich so bestimmt vom Cliondrin wie Tischlerleim. Um ab er noch sicherer zu
gehen, habe ich mir se lb st Leim au s g a n z frischen T h e ile n , nämlich von S e im e n , vo n H au t, bereitet. Dieser r.eim
ve rh ä lt sich eben so verscliieden vou Cliondrin, und gleicht, bis au f die reinere und h ellere Fä rbuug, gauz dem T isc h -
s. iilier diese Wirkungen: F.hnle Physiologie der Terd.iuung. W iirsliurg. 1834. J. JMSj»«- und SdiuiaiHi iiber die künslliclie Verdauung des geronnenen
Ei\tcisses, in AIüHci-'s Arcliiv fiir An.it. uod Physiol. 1836. 1.; und über die cliemlsclien Eigenscli.ißeii des Vcrdaiiungspriocips Scliwaiia
el.end, 1, und 2. Vergl. J. Aliilliir Pliysiologie. 1. B. Üritte Aufl.ige. Naclilrüge.
'• ) Niicli Gukrbock's Uiifci-sucliuiigen giebt es nocli eine von Essigsäure ßllli.irc BCilerie, die er im Eiter und Scliieiin rand. Sie wird vou Essigsäure
uud Alouu gefilllt, und von iliuen im UelierscUuss uielit .lutgelöst. Gil(«r6ocfc de pure et graauinlione. Beiol. 1837. 4.
II)
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