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Taf. 32. Stictyosiphon tortilis RuPR. sp.
Fig. I Längsschnitt, Fig. 2 Querschnitt eines fructificirenden Astes vom Typus der Fig. 17 Taf. 3 1. (®Y')-
Fig. 3. Zwei vegetative Oberflächenzellen mit ihren Inhaltskörpern, durch Theilung aus einer Mutterzelle
hervorgegangen. (^ Y ").
P'ig. 4 bis 9. Entwickelung der Schwärmsporen im Sporangium, nach lebendem Materiale gezeichnet. (* Y ” )*
P'ig. 10. Irin Sporangium mit reifen Schwärmsporen nach Einwirkung von Glycerin. (^Y**)-
P'ig. l i . Zcllwandgerüst im Innern eines Sporangiums nach Zerstönmg des Inhalts durch eau de Javelle. ( ' Y “ '.
Fig. 12. Geöffnetes Sporangium, dessen Sporen unter Auflösung der Zwischenwände austreten. (‘ Y")-
P'ig. 13. Schwärmspore; der Pigmcntfleck am Chromatophor ist mehr rothbraun gefärbt, als in der
p'igur. (^Y*’ )-
Bemerkungen.
Die Gattung Stictyosiphon wurde auf eine im mittelländischen Meere wachsenden Pflanze von KüT Z iN G ')
gegründet, welche er St. adriatkzis nannte. In der P'olge hat A r e sc p io u G eine bislang als Form zu Dictyosipkon
foenictdacevs gerechnete Pflanze zum Typus einer besonderen Gattung erhoben und Phloeospora subarticulata
genannt, später zu dieser neuen Gattung auch den Scytosiphon tortilis R u p r . als Phloeospora tortilis gezogen.
Darauf hat dann H.\UCK®) mit vollem Recht die Gattung Phloeospora A r e s c h . mit Stictyosiphon KCTZ.
vereinigt, da ein generischer Unterschied zwischen beiden nicht zu finden ist; der Name Pldoeospora musste unter
diesen Umständen dem Kamen Stictyosiphon, als dem viel älteren. Platz machen. Mir vorliegende Präparate von
Stictyosiphon adriaticus, welche ich Plerm Prof. B e r t h o l d verdanke, stimmen im Wachsthum des Thallus wie in
der Sporangienbildung mit St. tortilis so vollständig überein, dass in der That nur Species-Unterscliiede übrig
bleiben. Danach besitzt St. adriatiats einen durchweg röhrenförmig-aufgeblasenen Thallus, während der Thallus
von St. tortilis grösstentheils solid ist und nur an den dicksten Stellen den Anfang eines centralen Plohlraums
zeigt (vgl. Taf. 3 1, P'ig. 13. i8, 19.) Ferner soll nach den vorliegenden Angaben, die ich nicht zu controlircn
vermochte, die innerste Gewebeschicht bei St. adriaticus aus „rundlichen“ Zellen bestehen; auch stehen die Seitenäste
von St. adriaticus häufig in Wirteln, daneben jedoch auch einzeln. Chromatophoren finden sich bei St.
adriaticus ziemlich zahlreich in jeder Zelle, es sind kurze, etwas gewundene Bänder.
Was nun das Vorkommen zweier Arten von Stictyosiphon in den nordischen Meeren, eines St. sidiartiadatus
und eines St. tortilis anlangt, so habe auch ich dasselbe früher vertreten und nach dem Vorgänge von A r e s c h ü UG
diese beiden Arten in meiner P'lora der westlichen Ostsee unterschieden. P'ortgesetzte Vergleichung dieser P'ormen,
besonders im lebenden Zustande, hat mich überzeugt, dass sie durch alle Uebergänge verbunden und nicht einmal
als Varietäten aus einander zu halten sind. Bei aufmerksamem Suchen findet man gelegentlich Exemplare, deren
einer Ast zu Phi. subarticulata, deren anderer zu Phi. tortilis nach den Diagnosen A r e SCHOUG’s gezogen werden
müsste, und auch K je l lm a n N'^I hat die Schärfe der Differenzmerkmale von Phloeospora subarticulata und Phi.
tortilis nicht zu steigern vermocht. Ich habe darum Phi. subarticidata A r e s c i i . ganz eingezogen, weil tortilis der
ältere Speciesname ist. Was die grosse, sterile P'orm des Stockholmer Skärgard anlangt, so möchte ich dieselbe
für einen Zustand halten, der dadurch zu Stande kommt, dass losgerissene Exemplare sich hier durch Adventivsprosse
lebhaft vermehrten und einen etwas veränderten tiabitus annehmen, was nicht ohne Beispiel \si (Ozothallia
scorpioides; schwimmende Form von Sargassmn bacciferum-, manche Sphacelariaceen).
Bezüglich der vegetativen Entwicklung bedürfen die Abbildungen unserer Pflanze noch wenige Worte der
Erläuterung.
Das Längenwachsthum der jungen Zweige vollzieht sich durch intercalare Quertheilung der Zellen (vgl.
Taf. 3 1, Fig. 3), die Spitze ist dabei keineswegs in der Zelltheilung gefördert, so dass ein apicaler Vegetationspunkt
nicht angenommen werden kann. Im Gegentheil, die Quertheilung der Zellen ist in den unteren und mittleren
Theilen eines jungen Astes (vgl. P'ig. 3, Taf. 3 1) entschieden lebhafter, als in der Spitze, wo die olierstc Zelle
sogar häufig eine Längstheilung erfahrt und damit die Quertheilungen ganz einstellt. Genau dasselbe Aussehen
wie P'ig. 3 zeigen junge, noch einreihige Pflänzchen, die man an Steinen u. s. w. findet, nur dass bei diesen
die Spitze, unterhalb der Basalzelle des Plaares, auf eine längere Strecke oft gar keine Quertheilung erkennen
lässt. An solchen Pflänzchen wird der mittlere Theil zuerst mehrreihig, und dann hat es den Anschein, als ob
in dem basalen, sich lebhaft theilenden noch einreihigen Abschnitte zeitweilig ein besonderer Vegetatioiispunkt läge.
') Phycol. gener. p, 301 Taf. 21.
2) Observ. phycol. III p. 25 und Botan, Noliser 1876 p. 34.
3) Die Meeresalgen Deutschlands, S. 376.
‘ ) Handbok i Skandinaviens Hafsaigflora p. 54 und 55.
Das der Spitze des Thallus aufsitzendc, in die Verlängerung der Axe 'fallende Haar besitzt einen
selbständigen basalen Vegelationspunkt, uie die seitlich arn 'Phallus entspringenden Haare, und ist sowohl durch
seine Breite wie durch die geringe l'ärbung des Inhalts scliarf gegen die oberste 'Phalluszelle abgesetzt; letztere
ist übrigens, wie schon bemerkt, an jungen Aeslen häufig durch eine Längsvvand in zwei Zellen gespalten. Irist
an älteren Axen, deren ganzer unterer 'Pheil aus mehreren Längsreihen von 'Zellen besteht, kommt der einreihigen
Spitze des 'Phallus insofern eine liesondere Bedeutung für das Längenwachstlium zu, als hier die intercalare
Zelltheilung am längsten anhält. Ich möchte daher den Sachverhalt so formuliren; Der 'Phallus von Stictyosiphon
besitzt ein intercalares, zuletzt in akroskoper Richtung erlöschendes Längenwachsthuin.
Das Wachsthum des Thallus in die Dicke erfolgt dadurch, dass in den Gliederzellen der einreihigen Aeste
eine Längswand, darauf eine zweite, zur ersten senkrechte Längswand in jeder Segraenthälfte auftritt, so dass das
einzelne Segment in vier Quadranten zerfällt. Wie Fig. 3 (Taf. 31) lehrt, kann die Längstheilung in sehr
verscliiedenen Semnenten beginnen. Die vier Quadrantenzellen theilen sich darauf durch 'l'angential-Wände, die
inneren 'Pheilzellen. die man Markzellen nennen könnte, theilen sich in der P'olge nicht weiter, die äusseren
dagegen zerfallen durch quer gerichtete, radiale und tangentiale Wände und bilden somit die grosszelligere innere
und die kleinzelligere äussere Rindenschicht.
Die Verzweigung des'Phallus ist eine normale oder adventive; die normalen Seitenäste entspringen seitlich
in akroskoper P'olge an der Hauptaxe, die Adventiväste aus beliebigen jüngeren und älteren Rindenzellen, oft so
gedrängt, dass sie an alten Thallusstücken einen dichten Ueberzug bilden, so namentlich in alten Aquarium-
Culturen der Pflanze.
An jüngeren Theilen entspringen die normalen wie die adventiven Seitenäste in gleicher Weise, durch
Bildung eines Auswuchses aus dem oberen Theile einer Rindenzelle (Taf. 3 1, Fig. 4, 5, 7.) An alten Abschnitten,
wo die Rinde kleinzelliger geworden ist, wächst die ganze Oberfläche einer Rindenzelle zu einem Advenüvast aus.
— Die seitenständigen Haare entspringen ebenso wie die normalen Seitenäste, ihre erste Anlage ist nur kleiner
und farblos. (Vgl. 'Paf. 3 1, Fig. 2 bis 11.)
Die auf 'Paf. 32 referirten Untersuchungen haben bezüglich der Sporangien von Stictyosiphon tortilis zu
einem Resultate geführt, welches von demjenigen der Autoren abweicht, welche bisher über diese Pflanze
geschrieben haben. A r e s c h o u g , FIa u c k , K jf l lm a n n (sämtlich 1. c.) betrachten die Sporangien als uniloculär, für
welches Urtheil offenbar die entleerten Hüllen von Sporangien, aus welchen die Schwärmsporen ausgeschlüpft
waren, massgebend geworden sind. Denn diese entleerten Hüllen zeigen in der That nur einen einzigen Hohlraum.
Dann hat aber WOLLNY,'•) allerdings von g e t r o c k n e t e n Helgoländer E.xemplaren und mit dem Ausdrucke
einiger Bedenken, für diese Pflanze pluriloculäre Sporangien beschrieben, welche sich von den auch von ihm
angenommenen einfächerigen Sporangien durch ein intrasporangiales Zellwandnetz unterscheiden sollen.
Ich selbst habe Hunderte von lebenden, fructificirenden Exemplaren der verschiedensten Formen, Standorte
und Jahreszeiten durchmustert, und bin dabei zu dem Ergebniss gekommen, d a s s man b is j e t z t n u r p lu r i lo
c u lä r e S p o r a n g i e n v o n S t ic t y o s ip h o n t o r t i l i s k e n n t , welche in der Weise gefächert sind, wie es
WOLLNY I. C. angegeben hat.
Allerdings sind die entleerten Sporangien vollkommen einfächcrig; dies rührt aber nur daher, weil beim
Austritt der Schwärmsporen sich die inneren Zellwände v o l l s t ä n d i g auflösen. ein Vorgang, der partiell auch
bei den pluriloculären Sporangien vieler anderer Phäosporeen vorkommt und in dieser P'orm längst bekannt ist.
Aber schon wenn man frische Irixemplare mit reifen Zoosporangien in verdünntes Glycerin legt, so dass sich der
Plasmaleib der Zoosporen zusammenzieht, wird es klar, dass zwischen den einzelnen sich contrahirenden Schwärmsporen
Zellu'ände vorhanden sind von allerdings schwachem Lichtbrechungsvermögen. Man sieht, dass die
Innenseite der Sporangienhülle von einer Schicht mit schwächerem Lichtbrechungsx'ermögen gebildet wird,
von welcher aus deutlich Scheidewände zwischen die Zoosporen eindringen. ('Paf. 32. P'ig. 10.) Behandelt man
reife Sporangien aber mit eau de Javelle, welches den gesammten Inhalt derselben verflüssigt, so bleibt das die
'Zoosporen von einander trennende Zclhvandnetz allein übrig. (I'ig. 1 1 .) Ein gutes Objectivsystem zeigt übrigens
auch an lebenden Sporangien deutlich das Netzwerk der inneren 'Zellwände. (Fig. 9.)
Die Sporangien von Stictyosiphon entwickeln sich durch Umbildung des Inhalts vegetativer Rindenzellen.
Diese 'Zellen, während der rein vegetativen Priitwickelungsperiode der Pflanze deren Assimilationsorgan, enthalten
ausser einem hellgrauen, körnigen Protoplasma und einem centralen Zellenkern einige wenige, bandförmige und
gewundene, oft verzweigte Chromatophoren ('I'af. 32 P'ig. 3.) In ganz jungen 'Zellen findet man oft nur einen
einzigen solchen Chromatophor. Die Umwandlung einer derartigen Zelle in ein Sjiorangium beginnt damit, dass
') Iledwigia 1886, IV. S. 130. Taf. II. Fig. i.
’ ) Audi von .SV. adriaticus kenne idi nur pluriloculäre Sporangien; s ; ¿eigen ganz den Typus des St. tortilis.