Der a s s i in i l i r e n d e A p p a r a t der jüngeren Pflanze besteht aus kleinen rundlich-scheibenförmigen Chromatophoren,
welche in grösserer Zahl in den Zellen vorhanden sind. (Taf. 27 Fig. 4; vgl. auch Taf. 28 Fig. i—5).
Diese Chromatophoren sind in den Zellen der Rindenschicht am zahlreichsten und dichtesten, man findet sie aber
in geringerer Zahl und etwas geringerer Grösse auch noch durch das ganze Parenchym zerstreut und in den
secundären tlyphen (Taf. 27 Fig. 5, Fig. 2, 3 ; Taf. 26 Fig. 10 ; Fig. 11). Am spärlichsten sind sie in den nahezu
farblosen primären Hyphen enthalten, hier sind sie auch klein, rudimentär, schwach gefärbt, in I'ig. 1 Taf. 27 noch
etwas zu scharf hervorgehoben. Die Haare enthalten gewöhnlich in ihren Basalzellen einige ganz kleine schwach
gelblich gefärbte Chromatophoren.
Die Pflanze assimilirt in den Stadien lebhaftesten Wachsthums also nahezu durch alle Zellen, am lebhaftesten
natürlich durch die Rinde. Wenn aber letztere beginnt, sich zur Bildung der Sporangialschicht anzuschicken,
so treiben die Rindcnzellen vorher eigenthümliche Auswüchse, die ganz speciell der Assimilation angepasst
sind, und welche ich darum A s s im i la t io n s s c h lä u c h e n e n n e n wili.
Diese Assimilationsschläuche sind keulenförmige, oben abgestutzte Zellen, welche einen continuirlichen
Ueberzug über den ganzen fertilen Theil des Thallus bilden und hierbei die Sporangien übergipfeln, welche
zwischen den schmäleren Basalstücken der Assimilationsschläuche stehen. (Vgl. Taf. 26 Fig. g, 10 ; Taf. 27 Fig. 8,
in diesen Iriguren sind die Assimilationsschläuche mit a, die Sporangien mit s bezeichnet).
Von der Fläche gesehen erscheinen die Assimilationsschläuche mehr weniger kreisrund oder etwas zusammengedrückt,
sie lassen von Flüssigkeit erfüllte Hohlräume zwischen sich (Taf. 27 Fig. 7). Ihre abgestutzt-
keulenförmige Gestalt tritt auf dem Quer- oder Längsschnitt des Thallus hervor (I'ig. 8 a), hier sieht man auch,
dass die Chromatophoren aus dem unteren, stielartigen in den oberen breiteren Theil des Assimilationsschlauchcs
eingewandert sind, wo sie nicht allein sich sehr dicht an einander legen, sondern auch durch Wachsthum zuletzt
eine bandförmige Gestalt annehmen.
Die Pintwickelung der Assimilationsschläuche ist mit der Ivntwickelung der Sporangien zusammen in’s Auge
zu fassen, da beide eng mit einander verknüpft sind und die Assimilationsschläuche auch die Nebenfunktion erfüllen,
als Schutzapparat der jungen Sporangien zu dienen.
Die Fntwickelungsgeschichte der Schlauchschicht — so möge Kürze halber die aus Assimilationsschläuchen
und Sporangien gebildete Schicht hier genannt sein — lässt sich am bequemsten auf Längsschnitten verfolgen,
wobei das Uebersichtsbild des fertigen Zustandes (Taf. 26 Fig. 10) Berücksichtigung finden mag.
Der erste Anfang zur Bildung der Schlauchschicht giebt sich darin zu erkennen, dass in den an sich schon
kürzeren Rindenzellen erneut Querwände auftreten (Taf. 27 Fig. 4 z), welche sehr bald an Zahl zunehmen (Fig. 5 a) ®)
und hierbei mit radialen Längswänden wechseln, so dass die Zellen pallisadenförmig werden, eine zur Thallusoberfläche
normal stehende Längsaxe erhalten.
Diese pallisadenförmig gewordenen Rindcnzellen wachsen nunmehr ganz vorwiegend in Richtung ihrer
neuen Längsaxe, wobei sie sich nach vorne und gegeneinander abrunden, so dass von Flüssigkeit erfüllte Intercellular-
räume zwischen ihnen entstehen (Fig. 6 a, die Entwickelungsfolge geht von oben nach unten). Darauf theilen sich
durch eine zu ihrer Längsaxe senkrechte Wand die Zellen a in eine längere vordere Zelle (P'ig. 6 a') und eine
kürzere hintere Zelle (Fig. 6 b), a' ist der junge Assimilationsschlauch, dessen Chromatophoren schon jetzt sich
bandförmig zu strecken beginnen, b möge die Basalzelle heissen, die Summe der Basalzellen bildet die einfache,
zwischen Schlauchschicht und Grund-Parenchym sichtbare Rindenschicht (vgl. Taf. 26 P'ig. 10).
Die nächste Entwickelungsphase, welche auch aus dem unteren Theil der Eig. 6 Taf. 27 erkennbar ist, besteht
nun darin, dass die Basalzellen (Rindenzellen) mit dem gesammten Thaliusgewebe sich parallel zur Thaliusaxe
in die Länge strecken. Hierdurch werden die Assimilationsschläuche (Irig. 6 a', P'ig. 8 a) von einander dislocirt, sie
zeigen erst wieder eine Annäherung durch die keulenförmige Verbreiterung des oberen Theils. Die Basalzellen
treiben nunmehr Ausstülpungen zwischen die Assimilationsschläuche hinein (Fig. 6 b), diese Ausstülpungen runden
sich eiförmig und trennen sich durch eine Scheidewand ab, die nunmehr ais Zellindividuen abgegliederten Auswüchse
der Basalstücke sind junge Sporangien (Taf. 27 Fig. 8 s). In den jüngsten Sporangialanlagen findet man meistens
nur 2 bis 4 Chromatophoren, diese vermehren sich durch Theilung auf 16 bis 24, um jeden Chromatophor — die
Zellkerne sind schwer erkennbar — arrangirt sich zuletzt eine Schwärmspore. Auf den früheren lintwickclungs-
stufen ist dabei das Protoplasma nebst den Chromatophoren anf den vorderen Theil des Sporangiums zusammen-
Eodrlngl -vährcnd der hintere grössere Theil von einer grossen Vacuole eingenommen wird. Erst später vertheilen
deh die 't'hromatophoren mehr gleichförmig in der l’erilihcrie des ganzen Sporangiums, nur an der Basis lileibi oft
bis zulelzt eine kleinere Vacuole beslehen. Zulelzt verdickt sich die Zellwand stark ülier dem Scheitel des Sporan-
..iunis (Fig. 8 s') und hier liildct sich durch Verllüssigimg ein Imch, ilurch welches die Schwärmer austreten.
° Die Entwicklung der Schlauchschicllt schreitet im Grossen und Ganzen in basiscoper Richtung vor.
b. C h o rd a tom ento sa.
Diese höchstens die Länge von 1—2 Meter erreichende Art ist vielleicht die schönste braune Alge der
europäischen Meere. Der federarlige Habitus wird hervorgerufen durch die l^ekleidung des oberen Thallus mit
langen goldgelben Haaren (Taf. 29 Fig. i ) ; in einer Ausdehnung von 2 bis 5 Centimetem ist der Fuss älterer
Pflanzen frei von diesen Haaren.
Durch den Chroinatophoren-Gehalt der Haare, wie durch das assimilirende System im Allgemeinen unterscheidet
sich Chorda Tomentosa hauptsächlich von Ch. Filum. In den Haaren finden sich die gleichen Chromatophoren
in grösser Anzahl wie in den Rindenzellen. Craf. 24 Fig. 2, Fig. 4, 6 t ^nd b). Weil die Haare länger
sind, als bei Ch. Filnm, so bilden sie den hauptsächlichsten Assimilations-Apparat der Pflanze. In Correlation dazu
sind die den Assimilationsschläuchen von Ck. Filum morphologisch äquivalenten Zellen, die wir darum auch bei
Ch. tomentosa Assimilationsschtäuche nennen wollen, wenig als Assimilationsorgane entwickelt, der Name würde,
wenn man von Ch. tomentosa ausgehen wollte, gar nicht so zu bilden sein. Sie sind (Fig. 6 a) nicht länger als die
Sporangien (Fig. 6 s), von ganz ähnlicher elliptischer, etwas keulenförmiger Gestalt wie diese, die starke Verbreiterung
des Vorderendes unterbleibt und die Chromatophoren sind von gleicher Form, wie in den Basalzellen
(Fig. 6 b). dazu in relativ geringer Zahl vorhanden.
Schon ganz junge Pflanzen von weniger als 10 Millimeter Länge tragen die langen gelben Assimilaüons-
haare, im Uebrigeo zeigen sie analoges Verhalten, wie die jungen Mänzchen von CItoria Filum-. Die Haare
stehen Anfangs in Wirteln, zwischen denen später zerstreut und meist einzeln secundäre Haare erscheinen, (Taf. 29
Fig. 3), die Spitze des jungen Thallus obliterirt (Fig. 4). die Zelltheilung ist intercalar, basipetal eriöscbend. Einige
untergeordnete anatoraiscbe Differenzen sind nocb vorhanden. So finden sich Hyphen auf der Innenseite der hohlen
Thallnsröhre in viel geringerer Zahl (Taf. 29 Fig. 5 h)' als bei Ch. Filum, es sind primäre Hyphen. Auch ist der
Hohlraum nicht durch eigentliche Septa gekammert, dagegen findet man von Strecke zu Strecke einen Pfropf aus
hyalinem Schleim in der Röhre, gleichsam ein unvollkommenes Septum. Das Lumen der Parenchyrazellen ist im
Querschnitt abgerundet (Irig. 5).
C. D ie g a n z e Gruppe.
Die Gattung Chorda mit ihren beiden Arten ^) repräsentirt einen eigenartigen Typus unter den Phäosporeen,
über dessen systematische Stellung die Ansichten der Autoren weit auseinander gegangen sind. IlARVEY ®) vereinigt
Chorda Fihim mit Scytosiphon loinentarius in eine Gattung, wobei allerdings seine Diagnostik eine sehr
fehlerhafte ist, indem 2. B, die Assimilationsschläuche als Sporen beschrieben werden. KÜTZING ®) bildet eine
besondere l'amilie der Chordeae, wozu er ausser Chorda auch Spermatochnus (Stilophora) und Halorhisa rechnet,
Gattungen, die gewiss nur wenig Beziehungen zu Chorda haben. J. A g a r d i i *) stellt Chorda Ftluni als Art zum
Genus Scytosiphon, kommt also im Wesentlichen mit H a r v e y ’S Aufi'assung überein. T h u RET “) stellt Chorda zu
den Chordarieae. GOBi ®) hat dann, wie es scheint auf ^^eranlassung von R o s t a f in .SK!, Chorda zu den Lami-
narieae gestellt, und darin sind ihm Ha u CK H imd Kj e LLMAN ®) gefolgt. Ich selbst ®) habe den Chorda-Typus als
besondere, aber monotype Unterfamilie der Chordeae neben die Sc^’tosiphoncen gestellt, und ich glaube, dass durch
dies Auseinaudergehen der Meinungen bewiesen wird, wie schwer es ist. einen Typus an andere Typen mit S i c h e r h
eit aiischliessen zu können, wenn derselbe morphologisch isolirt da steht und Bindeglieder fehlen.
') In der älteren Literatur meist als Paraphysen bezeichnet. Man sollte seiner Vieldeutigkeit wegen das Wort Paraphysen aus <ler
Nomenclatur der Phäosporeen ausschliessen.
*) Auf Taf. 27 sind in Fig. 5 die Wände des mit p bezeichneten Parenchyms zarter dargeslellt, .als in den correspondirenden Figuren 4,
6 und 8 ; es kommt dies daher, weil Fig. 5 dem oberen Theile eines Thallus enlnommcn wurde, wo im Allgemeinen die Wände dünner sind,
als im unteren.
') Arescuoug beschreibt (Observationes phycologicae III. S, 15) noch eine CharJa abbreviala,
wurde, und zwar in Fischernetzen bei Stockholm, — Nach der Beschreibung des Autors scheint es sich
verschlagene Form von Ck. tomentosa zu handeln, welche dort vielleicht unbedeutende Abänderungen erfahr
ä) Phycologia britann. I Taf, 107.
*) Species Alg. S. 547.
*) Species Genera et Ordines Algarurn I. S. 125.
In L e Joi.is Liste etc. S, 15.
®) Algenhora des weissen Iileeres S, 74 Anm. 4.
’ ) Meeresalgen S. 394.
®) Sk.Tndinaviens Hafsalgilora S, 18 fl,
®) Algenllora der westlichen Ostsee S. 36 (T.
welche aber nur einmal gefunden
nir um eine in die östliche Ostsee