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Nährwert der Pilze.
Über diese Frage finden sich in der Literatur die widersprechendsten
Ansichten. Der beträchtliche Stickstoffgehalt
veranlaßte die älteren Nahrungsmittelchemiker, ihren Nährwert
sehr hoch zu veranschlagen, und es hat nicht an Autoren gefehlt,
welche sie als Ersatz für die Fleischkost empfahlen; sowie
man aber begann, Verdauungsversuche anzustellen, änderte sich
diese Ansicht. S a l te t ,') S tro hm e r ,^ ü ffe lm a n n s ) und
Mörnei’L gelangten zum Schlüsse, daß ein sehr beträchtlicher
Teil des Pilzeiweißes in unverdaulicher Form vorliegt. Diese
Auffassung mag zum Teil wohl davon herrühren, daß diese Autoren
den damals noch nicht bekannten Chitingehalt unberücksichtigt
ließen und diesen Stickstoff als unverdauliches Eiweiß
in Rechnung brachten. Nach meinen Versuchen läßt sich das
Eiweiß durch Trypsinferment leicht in Lösung bringen.
Basen.
Die basischen Körper der Pilze verdienen große Beachtung
wegen der physiologischen Wirksamkeit einiger Glieder dieser
Gruppe, dann auch als Stoffwechselendprodukte. Viele von ihnen
kann man sich von den Aminosäuren durch COj-Abspaltung
herleiten, und dieser Abbauprozeß findet auch in der Tat bei
der Fäulnis fast aller Aminosäuren statt. Es liegen hierüber
besonders die Arbeiten von E llin g e r, sowie von A ck e rm an n
vor. So könnte man sich das im Mutterkorn®) und Polyporus
officinalis ®) aufgefundene Methylamin aus Glykokoll entstanden
denken:
Gif,NH.,
GOOH
-> GH,NH, -L GO,
') Archiv f. Hygiene, Bd. 3, S. 443.
q Ibid., Bd. 5, S. 322.
q Ibid., Bd. 6, S. 105.
q Diese Zeitschrift, Bd. 10, S. 503.
q L u dw ig , Arch. d. Pharmacie, Bd. 164, S. 196; Bd. 187, S. 36.
q S c hm ie d e r, Dissertation Erlangen, 1886.
Das von B ü rg e r und DaleQ im Mutterkorn aufgefundene
Isoamylamin würde in analoger Weise aus Leucin entstehen,
während das physiologisch wirksame p-Oxyphenyläthylamin des
Mutterkorns sich vom Tyrosin ableiten würde.
Neuerdings wurde eine weitere Base mit physiologischen
Eigenschaften von B a rg e r und Dale^) aus dem Mutterkorn
isoliert, das Imidazolyläthylamin, das durch CO^-Abspaltung aus
Histidin entstanden sein kann. Auch Pulrescin und Cadaverin,
aus Ornithin, resp. Lysin gebildet, treten nach Rieländer®) im
Mutterkorn auf. Endlich fanden E n g e lan d und K u tsch e rÜ
in demselben Material Agmatin, welches sich durch CO^-Ab-
spaltung aus Arginin herleitet.
Methylamin. Es soll nach Ludwig®) präforraiert im
Mutterkorn Vorkommen, was jedoch von Ganser®) und Ma-
n a ssew ic zÜ bestritten wird. Nach Tanret®) entsteht es bei
der Zersetzung des Ergotinins mit kohlensauren Alkalien, und
bei Zellner») findet sich die Bemerkung, daß es von Dragen-
d o rff im Mutterkorn, das längere Zeit gelegen hat, aufgefunden
und daraus durch Destillation mit Lauge gewonnen wurde. Diese
Art der Darstellung schließt allerdings eine sekundäre Bildung
durch Zersetzung nicht aus. Aus Polyporus officinalis erhielt
es S c hm ie d e r durch Destillation mit Kalkmilch.
T rim e th y lam in . Aus dem frischen Fliegenpilz gewannen
Kußmaul und B o rn träg e ri» ) durch Destillation mit Lauge eine
Base, die jedenfalls Trimethylamin war. Walz^Ü fand es im
q Arch. f. experim. Path. u. Pharm., Bd. 61, S. 113.
Journ. Ghem. Soc. London, Bd. 95, S. 1123.
Journ. Ghem. Soc. London, Bd. 97, S. 2592.
q Sitzungsber. d. Ges. f. Bef. d. Naturw., Marburg, 1908, Nr. 7.
q Zentralbl. f. PhysioL, Bd. 24, S. 479 u. 589.
q 1. C.
q Arch. d. Pharm., Bd. 194, S. 195.
q Pharmaceut. Zeitschr. f. Rußland, Bd. VI, S. .387 (Referat),
q G., 1876, S. 21; 1877, S. 710.
q Ghemie der höheren Pilze, Leipzig, 1907, S. 57.
'“) Neues Jahrbuch d. Pharmacie, Bd. 24, S. 242.
Verhandl. d. naturhist. Vereins zu Heidelberg, Bd. 1, S. 18.
‘q Jahrbuch d. Pharmacie, Bd. 24, S. 242.