Harnstoff und Purinkörper.
Der Harnstofi; ein spezifisches Abbauprodukt des tierischen
Organismus, ist bemerkenswerterweise auch bei den Piken,
und zwar zuerst im Lycoperdon Bovista L. durch B am b e rg e r
und Land Siedl*) aufgefunden worden. Aus dem alkoholischen
Extrakte des Pilzes krystallisierte der Harnstoff aus und konnte
durch Analyse und Reaktionen leicht identifiziert werden. In
Filzen von verschiedenen Fundorten wurde jedesmal Harnstoff
und zwar bis zu 3,5 »/o gefunden, so daß die Hypothese einer
bloß zufälligen Verunreinigung durch tierische Exkremente fallen
muß. R. Gaze») fand auch im unreifen Bovist Harnstoff, und
auch im Lycoperdon gemmatum Batsch. ist dieser Körper vorhanden.
®)^ Goris und Masere*) fanden Harnstoff in Tricholoma
Georgii Fr., Psalliota campestris jung (2,75 ®/o). Im reifen
Zustande enthält derselbe Pilz 4,30®/o. ln kultivierten Champignons
wurde kein Harnstoff gefunden, ebensowenig in Tricholoma
pessundatum Fr., Tricholoma album Sch.. Lepiota
procera Scop., Lactarius piperatus Scop, Collybia maculata
Alb. et Sch., Coprmus comatus Fl. und Psalliota xanthoderma.
Das Vorkommen von Purinbasen verdient Beachtung wegen
Ihrer Beziehungen zum Nucleinstoffwechsel. KosseH) zeigte
daß sie in der Hefenucleinsäure enthalten sind, und nannte sie
Nucleinbasen. Die höheren Pilze sind daraufhin erst wenio-
untersucht. Aus der Bleiessigfällung des Wasserextraktes aus
Amamta muscaria gewann Zellner®) einen Körper, der beim
Emdunsten mit Salpetersäure einen gelben Rückstand gibt
welcher sich mit NHg nicht verändert, aber mit Kalilauge eine
gelbrote Färbung zeigt. Eine Analyse konnte wegen Mangel
an Substanz nicht ausgeführt werden, doch hält Z e lln e r den
Körper für Xanthin.
*) Monatsh. f. Ghem., 1903, S. 63.
q Arch. d. Pharm., 1905, S. 79.
■q cf. Z e lln e r , Ghemie der höheren Pilze, S. 54
q C, r., Bd. 147, S. 1488.
BH « 'cä S. 284; Bd. 4, S. 290; Bd. 5, S. 267;
Bd. 6, S. 422. — B. B., Bd. 18, S. 1928.
q Monatsh. f. Ghem., 1906, S. 116.
Aus dem Alkoholextrakt von Boletus edulis gelang es Winte
rste in ,* ) kleine Mengen einer Sub.stanz zu isolieren, welche
das Verhalten der Purinkörper zeigte. Einen ähnlichen Körper
fanden B am b e rg e r und L andsiedl») im Merkurinitratniederschlag
des mit Bleiessig gereinigten Extraktes von Lycoperdon
Bovista. Die Substanz krystallisierte aus Wasser in feinen
seidenglänzenden Nädelchen. Mit Salpetersäure abgedunstet’
bleibt ein citronengelber Rückstand, der sich mit Ammoniak
nur wenig dunkler, mit Natronlauge rotgelb färbt. Die Analyse
ergab: 40,59»/„ C, 4,79o/„ H, 26,24o/o N, 28,38®/o 0. Reinke
und Rode wald geben an. daß der Wasserextrakt von Aethalium
Purinkörper enthält, und zwar enthält der Bleiessigniederschlag
Guamn, das Filtrat Sarkin (Hypoxanthin). Zur Prüfung auf
Xanthin wurde entfettetes Protoplasma mit ammoniakalischem
Wasser extrahiert, die Bleiessigfällung zersetzt und mit am-
momakalischem Silbernitrat gefällt. Beim ümkrystallisieren der
Silberverbindungen aus verdünnter Salpetersäure wurden Flocken
von feinen Kryslallnadeln erhalten, welche die Xanthinsilbernitratdoppelverbindung
darstellen. Diese Körper wurden nicht
analysiert, sondern nur durch die Krystallformen ihrer Salze
identifiziert. Der Gehalt an Guanin, Xanthin und Hypoxanthin
zusammen beträgt nach der Schätzung von Reinke und R o d e wald
ca. 0,01 ®,'o für lufttrocknes Protoplasma, die Menge des
Xanthins allein soll 0,006®/o betragen.
Yoshimura®) hat aus dem mit Bleiessig gereinigten
wässerigen Extrakt aus Boletus edulis von Purinbasen nur
Adenin als Pikrat isolieren können.
Im Mutterkorn wurde von S ch u lz e und Bossha rd*)
das Vernin aufgefunden, für das später von S c h u lz e und
Trier®) die Identität mit dem von L e v e n e und Jacobs®)
') Monatsh. f. Ghem., 1903, S. 63.
q R e in k e und R o d ew a ld , Untersuchungen aus dem botan. Laboratorium
der Universität Göttingen, 1881, S. 47.
q Z. f. Unters, d. Nahrungs- und Genußmittel, Bd. 20, S. 153 (1910)
q Diese Zeitschrift, Bd. 10, S. 80 u. 326. - J. f. pr. Gh., Bd. 32 S 432
q Diese Zeitschrift, Bd. 70, S. 143; cf. ibid., Bd. 66, S. 128.
q B. B., Bd. 42, S. 2469, 2474, 2703, 3247.