»Keime«, wie ich sie vorläufig neune, ist die einer kurzen vierseitigen Pyramide (fig. 12 d, fig. 13.14),
deren Kanten abgerundet sind und dient der spitzere Theil als Stiel zur Vereinigung einiger (2— 4)
Keime untereinander oder mit dem Stiele der Polypen. Jeder Keim besteht aus einer äussern hellen
Rindenschicht oder Hülle,-in der an der freien Endfläche eine Schicht grosser Nesselorgane enthalten
ist, und aus einem innern flimmernden Schlauche, der am Stiele mit der Höhlung des Polypenstieles
communicirt und am andern Ende in vier grosse fingerförmige Blindsäcke ausläuft. In den Wänden
des noch ungetheilten Schlauches finden sich viele dunkle rundliche Körper, die an den grossen
Keimen einen Stich ins Blaue haben, und hier sowohl wie in den 4 Ausläufern liegen, wie in der
Höhlung drin, wahrscheinlich aber, wie namentlich aus ihrer unveränderlichen Lage hervorgeht,
ebenfalls an oder in der Wand je zwei Reihen runder gelber Körner von derselben Beschaffenheit
und Grösse (0,004 — 0,005'") wie die Leberzellen, nur heller von Farbe. Von Eiern oder Sperma
habe ich auch an den grössten Velellen in diesen Organen nie eine Spur gefunden, und so vermuthe
ich denn, dass dieselben zur ungeschlechtlichen Vermehrung dienende Sprossen oder Keime sind,
ohne jedoch darüber einen Entscheid wagen zu wollen, welche Form dieselben nach ihrer Loslösung
annehmen. Die Bemerkung kann ich jedoch nicht unterdrücken, dass dieselben sehr an die zu Quallen
sich umbildenden Sprossen der Polypen und Quallen selbst (man vergl. Sars 1. c. tab. I. IV. Busch
1. c. tab. I) erinnern, nur dass ihnen ocellenartige Puncte und eine Magenanlage abgeht, und wird es
mir hiernach wahrscheinlich, d a s s d ie V e le llid e n e b e n fa lls q u a ll e n ä h n li c h e J u n g e n b ilden.
Immerhin wird man, bevor dieser Satz mit Bestimmtheit ausgesprochen werden darf, noch directe
Beobachtungen über die Weiterentwickelung der fraglichen Organe abwarten müssen, denn wenn dieselben
auch von den genuinen Geschlechtsorganen der Schwimmpolypen bedeutend abweichen und sehr
an die Quallensprossen der Polypen erinnern, so ist doch nicht zu vergessen, dass auch die genuinen
Geschlechtskapseln in manchem den Quallensprossen gleichen und es doch nicht in den Bereich des
Unmöglichen gehört, dass die Keime der Velellen in der Folge noch zu wirklichen Geschlechtskapseln
sich umbilden. Mir ist es leider nicht gelungen, eine Weiterentwickelung derselben zu beobachten,
nur will ich noch anführen, dass die grössten derselben häufig sehr leicht sich ablösten, jedoch immer
bewegungslos am Boden des Gefässes liegen blieben. Dagegen habe ich die Entwickelung derselben
aus einfachen blinden Ausstülpungen des Polypenstieles, die, indem sie dicker .und grösser wurden,
an der Spitze in vier Blindsäcke auswuchsen, häufig genug verfolgt und den ganzen Vorgang im
Wesentlichen wie Busch an den Sprossen der S a r s ia gefunden. — Die kleinsten Velellen, die mir
zu Gesicht kamen, massen 3— 4"' und zeigten keine wesentlichen Differenzen von der Körperförm
der erwachsenen Thiere, ausser dass sie plumper (mehr R a ta r ia ähnlich) aüssahen, keine Keime
und eine geringere Zahl von kleinen Polypen, Fühlern und Kammern der Schale besassen. ForskdVs
Abbildung von jungen Velellen (Descript. anim. tab. 26 k. 3— 5) ist mir nicht zugängig. Von den zwei
mehrere Zoll langen Fäden, die Rang nach Quoy und Gaymard’s Zeugniss (Voyage de l’Astrolabe P. zool.
pg. 587) bei sehr jungen Velellen gesehen haben will, habe ich ebenso wie Eschscholtz (pg. 165)
keine Spur gesehen.
A nm e rk u n g . Seit Vorliegendes geschrieben wurde, sind mir von Dr. C. Gegenbaur einige Notizen über die
Entwickelung der Velellen zugekommen, die ich hier noch beifüge. Schon Huxley, der ebenfalls bei Velellen und Porpiten
keine samen- und eibildenden Organe auffinden konnte, gibt An (Müll. Arch. 1851 pg. 382), dass die Keime der Velellen
sich loslösen, zu freien medusenartigen Körpern werden und einen centralen Sack in sich entwickeln, und gibt auch
Fig. 16 eine freilich wenig bestimmte Zeichnung einer solchen Sprosse. Gegenbaur glaubt nun in der That eine Entwickelung
der Velellenkeime zu Medusen wahrgenommen zu haben und zwar in folgender Weise. Derselbe fischte in Messina
Medusen,- von denen die kleinsten mit einer Umbrella von 0,3'" Breite und etwas darüber Höhe den von Huxley abgebildeten
Velellensprösslingen glichen. Dieselben besassen vier Gefässs, einen kurzen kegelförmigen Magen, zwei Tentakeln,
keine Randkörper und Geschlechtsorgane und in der Subumbrella, namentlich am Verlaufe der Gefässe, Haufen jener
gelben Körper (Zellen), die sich in den Knospen der Velella vorfinden. Auf der obern Fläche des Schirmes standen immer
den Kanälen entsprechend grosse Nesselorgane von 0jÖÖ8"', bald einzeln, bald in Reihen. Eine grössere Form von 3'",
die ebenfalls hierher bezogen werden muss, hatte 16 Gefässe, die'Umbrella von der Subumbrella weit abstehend, letztere
gleichfalls mit den erwähnten gelben Körpern und erstere mit- den Reihen von Nesselknöpfen. Die Tentakeln schienen
abgerissen, wenigstens fand Gegenbaur unter drei Exemplaren nur eines mit einem sonderbar gestalteten Tentakel ausgerüstet.
Die Geschlechtsorgane waren zu vieren an dem stumpfconischen Magen vorhanden. Zwei weibliche Individuen
zeigten deutlich die Eikeime, das dritte enthielt in den Geschlechtsorganen nur Zellen mit kleinen eingeschlossenen Bläschen
(Multerbläschen der Samenfäden?).
Es erübrigt noch von den F ü h le rn und eigentümlichen Luftkanälen der Velella zu reden.
Die ersten sind bekanntlich tief blau und stehen rings um die kleinen Polypen herum an der Insertion
des horizontalen häutigen Saumes. Dieselben sind eminent contractil und lassen auch eine aus
äussern Längs- und innern Querfasern bestehende Muskelhaut mit Leichtigkeit erkennen. Eine
Höhlung durchzieht dieselben in ihrer ganzen Länge und mündet wie bei den kleinen Polypen in ein
Gefäss ein, so dass auch diese Organe Nahrungssäfte zugeführt erhalten. Flimmerung fand ich in
dem innern Kanäle nicht, dagegen wimperte das die äussere Oberfläche überziehende Epithelium an
der Spitze dieser Organe. Besondere Nesselwarzen besitzen die Fühler nicht, dagegen enthalten
dieselben unter dem auf einer structurlosen Haut aufsilzenden Epithel zwei breite Streifen von den
schon beschriebenen Nesselorganen, die von ihrer Basis bis zur Spitze ziehen, wo dieselben in eine
einzige Lage zusammenfliessen.
Die L u ftk a n ä le der Velelliden hat Krohn entdeckt und richtig als feine, gegliedert aussehende
Kanäle beschrieben, die, von der untern Fläche der horizontalen Knorpelplatte ausgehend,
durch die Leber bis an die Polypen herangehen. Bei V e lella finden sich nur wenige (10 — 15) von
den 5—6 innersten Lufträumen der Knorpelplatte auslaufende Kanäle von 0,02'" Durchmesser,
welche, nachdem sie durch die Lebermasse hindurchgegangen, wo sie nach Krohn sich theilen sollen,
was mir nicht mit Bestimmtheit zu beobachten gelang, in der Decke und dem obersten Theile der
Seitenwände des centralen Polypen enden. Es bestehen diese Luftkanäle aus einer homogenen,
ziemlich dicken und festen Haut von dem Aussehen der Scheidewände der Schale, welche von Stelle
zu Stelle kleine Vorsprünge nach innen bildet, wodurch der ganze Kanal ein gegliedertes Ansehen
erhält und die Luft wie mit isolirten cylindrischen Tropfen ihn zu erfüllen scheint. Da diese Kanäle
in den Magenwänden des grossen Polypen geschlossen zu enden scheinen, so kann man nicht wie
Krohn daran denken, durch diese Fäden Luft in die Schale überführen zu lassen, zumal nun auch
von mir besondere Luftlöcher an dieser aufgefunden worden sind, und erscheint ihre Bedeutung sehr
zweifelhaft. Ueberhaupt ist es keine ganz leichte Sache, die Pneumaticität der Schale der Velellen
mit den übrigen Lebensverhältnissen dieser Thiere in Einklang zu bringen, wenigstens wenn man
dieselben nicht im Leben genau beobachtet hat. So viel ich mich erinnere, habe ich die Velellen nie
anders als an der Oberfläche des Wassers schwimmend gesehen und zwar die senkrechte Platte nach
unten, die Polypen und Fühler nach oben. In dieser Lage kann sich'jedoch das Thier kaum Nahrung