Ks war am Tage vmr Himmelfahrt (7 . Mai) 1 8 3 4 , als ich einige Charen in sehr verdünnte Salzsäure
g eleg t hatte, um die bei der mikroskopischen Untersuchung hinderliche Kalkkruste zu entfernen. Bei
der Untersuchung fand ich aber die Charenschläuche äusserllch ganz mit Diatomeen besetzt, die von
der Säure gar niclit angegriffen waren. Trotz der Dammei-ung, die schon eingetreten w a r , be-
liandelte ich diese Diatomeen in verschiedenen Ulirschälchen noch mit concentrirten Säuren, wo bei
ich Salzsäure, Salpetersäure, Phosphorsäure und rauchende Schwefelsäure ainvmndte. Die Farbe der
Interaneen wurde in Folge der ersten Einwirkung der Säuren schön grün. Doch die Aveitern mikroskopischen
Untersuchungen mussten für den folgenden Tag verschoben werden. Nach einer schlaflosen
Nacht AA'iirden die Uniersuclumgen mit Tagesanbruch am 8. Mai fortgesetzt, und um 8 Uhr Morgens
desselben Tages hatte ich niclit nur die volle Gewissheit vom Kieselgehalte, sondern auch Amm Eisengehalte
der Diatomeen. Ich setze die Ergebnisse der Untersuchungen mit den damals niedergeschriebenen
Worten her, Aveil sie nocli Jiirgends abgedruckt Avurdeii. „Die mit den concentrirten Säuren in Berührung
geAA'esenen Diatomeen ( sic bestanden aus Synedra spleudens, Cymbella gastroides und maculata)
hatten sich Aveiter nicht verändert, als dass ihre Interaneen verscliAAmnden Avaren.“ Da ich nun
noch von ändern Arten getrocknete Vorräthe aufbewahrt hatte, so wurden die Untersuchungen mit diesen
weiter fortgesetzt.
,,1 . Versuch mit Melosi ra var ians . 10 Gran an der Luft getrockneter Individuen wurden im
Platiiiliegel über der Weingeistflamnie erliitzt. Die graugrüne Farbe der Melosi ra bräunte sich und
AA'urde scIiAA'arz, AA'obei die Masse rauchte und einen animalischen Geruch, dem von verbrannten Haaren,
Knorpel etc. ähnlich, verbreitete. Bei fortgesetztem Glühen AA'urden die organischen Ueberreste
völlig zerstört und es blieb ein Rückstand, an Avelchem noch deutlich die ganze Lage der Melosira-
fäden, Avie vorher, sich erkennen H ess, nur Avaren sie mehr entfärbt und hatten ein graulich-Aveis-
s e s Ansehen erhalten. Das Verbrennen der organischen Theile ging übrigens sehr schnell von
statten. Der Rückstand AA'og noch 94 Gran. Das GeAA'icht der organischen, durch das Verbrennen
verscliAvundeneu Theile Avar demnach verhältnissmässig sehr unbedeutend. Unter dem Mikroskop
zeigten sich die im Rückstand gebliebenen Melosiraglleder — mit Ausnahme ihres Inhalts,
der verschwunden Avar, — nicht A'erändert. Sie glichen ganz denen, welche mit starken Säuren behandelt
AVorden Avaren. Nur der Zusammenhang der Fäd en , Avelche durch die Menge an einander g e -
reiheler Individuen gebildet Averden, Avar lockerer geAvorden; denn Avenn sich die nicht geglüheten
Fäden mit W a sser kochen Messen, ohne ihren Zusammenhang zu verlieren, so lös’ien sich die geg lü h e -
leu Fäden durch das Kochen mit W a sser in lauter einzelne Glieder auf; dasselbe geschah auch mit
nicht geglüheten Fäden, Avpnn sie in W a sse r , dem v iel S a lz - oder Schwefelsäure zugesetzt w a r , g e kocht
AVurdeii.
Fine geringe Menge der geglülielen Individuen Avurde nun ln einen kleinen Plalinlöffel mit
Soda durch das Löthrohr zusaramengeschmolzen, der Löffel aber dabei so gehalten, dass weder die R é ductions
noch Oxydalionsflamme des Löthrohrs mit der schmelzenden Masse in Berührung kamen. Die
Auflösung der Masse in der Soda erfolgte unter Aufbrausen und vollständig, ich erhielt ein vollkommen
durchsichtiges Glas, bei Avelchem jedoch nach dem Abkülilen eine vitriolgrüne Farbe die Gegeiuvart
von Eisenoxydul anzeigte. P ie Kieselerde Avar hierdurch als Hauptbestaudlheil der Diatomeenschalen
nun unbezAveifelt erAvieseii. Um dieselbe rein daraus abzuscheiden, AVurde eine Quantität mit einem
grössern Verhältniss Soda zusammengeschmolzen. Durch Auflösen dieser Masse in W a sser erhielt ich
Kieselfeuehtigkeit. aus Aveleiier ich die Kieselerde durch SeliAvefelsäure im Ilydralzustande, gallertartig
und durchscheinend, abschied.
II. Ver.such mit Achnanthes sa lina, Melo si ra salina, S yn e d r a Ulna, S yn e d r a subiilis und N a v í cula
thuringica. „Ich hatte diese Diatomeen 1833 in der Soole zu Artern in Thüringen in ziemlich grossen
Quantitäten gesammelt und getrocknet. Diese Formen verhielten sich gegen die EhiAvirkniig der Säuren ganz
w ie die Melosira im yorlgeii Versuch. Mit Soda yor dem Löthroiire 'un IMatiulöffel, mit derselben Vorsicht.
als oben bei I. angegeben, behandelt, erhielt ich ein Glas, das Avährend des Glühens braun und nach
dem Erkalten itensiv gelb gefärbt Avar. Dasselbe war der Fall, Avenn statt der Soda Borax angewandt
wurde. I.elzleres, in der Reduetiunsllainine beliandelt, Avar während des Glühens dniikelbraim, nach
dem Erkalten bouleillengrün. Die Reaction auf Eisen z eig te sich hier überhaupt slarkor. als bei Melo-
.sira A'arians; auch bcAvei.sen die Versuclie, dass das Eisen hier als Oxydul und dort als Oxyd vorhanden
Avar.
Um zu ermitteln, ob der Eisengehalt in der Substanz des Panzers oder in den Interaneen der
Individuen zu suchen sei, kochte ich eine Quantität wiederholt mit Salz.säure aus und süsste den Rückstand
mit W a sser aus. Die erste Abkochung zeigte mit Jvaliumeisencyanür einen sehr starken Ki.sen-
gehalt an, denn es wurde eine beträelitliche Quantität Berlinerblau erhallen. Man kann sich überhaupt
«ehr leicht von der Gegeinvart dos Eisens bei den Diatomeen auf folgende Weise überzeugen: Man
macht etwas destillirtes W a sser durch ChlorAvasserstoffsäure sauer und setzt <*inige 'l’rojifen Kaliutn-
eiseneyaiiürlösung hinzu. Bringt man nun in die.se Flüssigkeit nur ein Minimum von einer Diatomee,
so Avird sich um dasselbe (zumal Avcnn das Ei.sen Avie im letzten Falle als Oxyd vorlianden ist) augejiblicklich
eine Zone von Berlinerblau bilden.
Der nach der Abkocliung mit Salzsäure geblieliene Rückstand der Kleselpanzcr, Avelclie vor dieser
Behandlung ein braunröthliches Ansehen besassen, lialte seine Farbe in ein Graugrün verAvandelt,
Avelches nach dem Trocknen etAvas heller Avurde. Während des Glühens im Platiiiiöffel, Avobei sieh derselbe
animalisch-brenzliche Geruch entAvickelte, b(*merkle icli auch, dass ein mit «alzsaure hefeuciiteter
Stöpsel über der verbreimeudcn Masse stärkere und auch dickere Dämpfe entwickelte, Ava.s jedenfalls
von AmrnoniakentAAdckelung lierrührte.*) Der geglühte Rückstand Avar nacii dem vollständigen Verbrennen
des ürgaiiiseheii rein Aveiss und lieferte auch mil Soda vor dem Löthrohre ein ziemlich Aveisse.s
GIas.‘i
Aus diesen Versuchen geht hervor: •
l ) „dass die AA’eichen Interaneen der Diatomeen stickstoffhaltig sind“ (Avoraus ich damals auf
ihre mehr ihierische als pflanzliche Natur schloss).
3 ) „dass der Panzer aus reiner Kieselerde besteht.“
3 ) „das,s die Interaneen, au.sser den Aveiehen organischen Bestandtheilen, noch FAsen in bet
rächt l icher Monge enthal tenj '
4 ) „dass die Farbe bloss den Interaneen zukommt und dieselbe theilweise durch deu beträchtlichen
Eisengehalt bedingt AA'ird, der Panzer aber farblos i.st.“
Diese Untersuchungen Avurden von mir au Herrn A. v. H um b o ld t zur Midiieilung an die
KönigL Académie der Wis.senschaflen in Berlin eingesandt, Avelche die Herren R o s e und F h r e a b e i g
beauftragte, meine Angaben zu prüfen. Dass die beiden Gelehrten meine Angaben bestätigten, ist bekannt.
Dass ich jedoch vergeblich den Wunsch zu erkennen gab, die Miltlieilung meiner Untersuchungen
in Poggendorfs Annalen der Physik und Chemie abgedruekt zu sehen, dürfte avoIiI nicht bekannt g e -
Avorden sein. Alles, Avas ich erreichte, Avar, dass E h r e n b e r g einen kurzen, mangelhaften Bericht über
meine Untersuclmugen lieferte, in Avelchem bloss des Kieselpanzers Erwähnung gethau Avurde, von dem
gleichzeitigen Auffinden des Eisengehaltes in den interaneen jedoch nirgends die Rede Avar.. Es avuh-
derte mich daher einigerma.ssen, von E h r e n b e r g in seinem grössern Infusoriemverke (p. 2 4 4 .) den E isengehalt
der Gal lionellen als seine Entdeckung angeführt zu selien, AVährend er des in meiner, der
Académie übersandten Schrift erAvähnien Eisens, als eines allgemeinen Beslaiidtheils der Diatomeen, mit
Von der Aminoniakhildinig während des Glühens dieser Körperchen kann man sich leicht f lh e r z e i ig e n ,
Avenn man d ie Operation in einer Glasrölire vornimmt und an d ie Ausgänge ein angefeuchtetes Curcuinapapier hält,
Avelclies durch das e u lA v e ic lien d e Aminoniakgas braun gefärbt Avird.