LXIV Zur Vorgeschichte des Wiener Nomenklatur-Kongresses 1905.
hatte, bis nach der Delegiertenversammlung auf der Post liegen Hess. Die Verhältnisse
in der Association internationale des botanistes sind auch sonst ungesund* Die Aufnahme
von Autoreferaten wird von der Begutachtung durch lokale Spezialredakteure abhangig
gemacht, die nach den Statuten doch nur Referate sammelnde Hilfsredakteure sein
sollen, also keine höhere Instanz sind; das führt zur parteilichen Unterdrückung und zur
Fälschung der Wissenschaft. So wurde zum Beispiel meine erste Besprechung von Durand
& Jackson Supplement zum Kew-Index abgelehnt, resp. die Aufnahme von der Erlaubnis desdie
Besprechung betr. M. Durand abhängig gemacht, weil dieses Werk in Belgien erschienen
sei und Durand dort Spezialredakteur für Systematik sei. Als ich dann den ersten Teil anderorts
besprach (cfn No. III meines Schriftenverzeichnisses) und ich Dr. Lotsy darauf hingewiesen
hatte, dass Nomenklatur und Systematik jetzt zwei differente Wissenschaftszweige seien erfolgte
die Aufnahme meines ersten Autoreferates; nachdem ich aber Dr. Lotsy die Unterdruckung
meines Briefes vorgehalten, machte er die Aufnahme des Autoreferates über den
zweiten Teil von der Zustimmung des Spezialredakteurs Prof. Dr. C. Mez abhängig Das ist
für eine wissenschaftliche Association unwürdig.
Herr R. von Wettstein rühmt sich, ein Politiker zu sein, und ich nenne ihn mit Bedauern
auch so, wogegen er mich Grobian schilt. Jeder Erforscher der Wahrheit wird leicht
als grob verschrieen, aber ich will nur mit den Worten von Freiligrath antworten:
Sei dankbar auch dem Grobian,
Führt er dich auf die rechte Bahn!
Ich muss den geraden Weg durchgehen, sonst wird nie internationale Nomenklatur-
Ordnung.
^ ^^^^ ^^^ Wiener Nomenklatur-Kongress nicht mehr kompetent wird
und die Einleitung vom Pariser Bureau total verdorben ist, so ist für einen nur vorbereitenden
Kongress auch die Wiener Leitung nicht mehr an die früheren Direktiven gebunden
sondern kann das Weitere selbst in die Hand nehmen.
Damit nun wenigstens ein vorbereitender internationaler Nomenklatur-Kongress zu stände
kommt stelle ich der Wiener Leitung zu Händen von Prof. Dr. R. von Wettstein 60 Exemplare
des Codex brevis maturus, abzufordern bei der K. u. K. Hofbuchhandlung Moritz Perles in
Wien, unter folgenden Bedingungen zur Verfügung:
Verhandlung^e^^^ ^^^ Pariser Codex basierte Codex brevis maturus dient als Grundlage der
2. Der Text zur Einführung des Codex brevis bei der internationalen Kommission bedarf
meiner Zustimmung und darf nicht von Anfang durch Abänderungsvorschläge und polemische
Beeinflussungen bestritten werden. ^
§ 21e erfolgS^^^^"^^™^^^^^^^^' ^^^ Wiener Leitung können später auf Grund des
NT ich bemerke zur Motivation noch, dass in Wien mir keine Experten für botanische
Nomenklatur-Gesetzgebung bekannt sind und dass ich mein Werk, das hoch über den Parteien
steht, nicht durch mir unzugängliche Polemik untergraben lassen darf. Für die Wiener Leitung
durfte es ratsam sein in die internationale Kommission für Vorberatung des Nomenklatur-
Codex der man wiederholt Mangel an nomenklatorischen Spezialisten vorgeworfen hat. aus
eigner Initiative noch solche Spezialisten sowie Publizisten, die sich — gleichviel welcher
Richtung - um die Reform der Nomenklatur bemüht haben, hinzuzuwählen und dadurch
auch die Internationalität mehr zu kräftigen.
gewünschtem regelrechten Verlauf der Kongressvorbereitungen stelle ich weitere
lUO Exemplare des Codex brevis maturus dem Kongress 1905 zur Verfügung, so dass dann
nur .noch die voraussichtlich geringfügigen Ergänzungen und Abänderungsvorschläge extra
gedruckt zu werden brauchen. s &
S a n Remo, 10. Juni 1903.
Dr. Otto Kuntze,