XLII Neue Kommentare und ergänzende Citate.
ein gutes Citatenwerk mit etwas veralteter Systematik aber mit geringem nomenklatorischen
Wert. In den neuen Supplementen werden aller andern Autoren botanische Fehlernamen
registriert, aber nur höchst selten einmal wird einer von den äusserst zahlreichen Fehlernamen,
die Durand und Jackson selbst veranlassten, citiert; das harmoniert auch nicht mit wissenschaftlicher
Gewissenhaftigkeit. Ausserdem ist der Kew-Index ziemlich unzuverlässig und
lückenhaft Vergl. Journal of bot. 1896: 298—307; Deutsche bot. Wochenschrift 1899: 4—7;
Allgemeine bot. Zeitschrift 1902: 98—100, 1903: 101—105, Botanisches Zentralblatt XC: 685.
3) Die französische Malinvaud — Le Jolis — Leviersche Clique, welche die Priorität aus
dem Pariser Codex zu eskamotieren versucht (cfr. Rev. gen. IIIH: 13—14; 25—30; 43—58); die
Priorität ist aber die Basis des Pariser Codex. Einer dieser Nomenklatur-Eskamoteure, Mr.
Malinvaud, Sécrétaire général de la société botanique de France hat veranlasst (cfr. Le Monde
des Plantes 1903: 21), dass sich diese Gesellschaft nicht an der internationalen Kommission
beteiligte „et qu'elle n'a aucune part dans une agitation factice qui menace d'aboutir à la
faillite des Lois de la Nomenclature". Nun, schlimmer als Mr. Malinvaud kann man diese
Lois und die Société botanique de France nicht kompromittieren. Allerdings hat die Société
botanique de France als Mutter der Lois de 1867 die moralische Verpflichtung, für Aufrechterhaltung
dieser von ihr hauptsächlich veranlassten Lois de la nomenclature botanique zu
sorgen; das kann sie aber nicht mit Mr. Malinvaud, denn das hiesse den Bock zum Gärtner
machen. Diese Société muss sich vielmehr deshalb direkt an einer internationalen Reform
der Lois beteiligen. Dass-diese Lois nicht reformbedürftig seien, können doch nur Leute behaupten,
die sie nicht praktisch anwendeten.
4) Die nordamerikanische Clique (cfr. Note Nr. 24, S. XLIV/VII), die ihre undurchführbaren
Rochester-Regeln trotz den nachgewiesenen 20000—30000 noch umzutaufenden Namen
aufrecht erhält. (Cfr. Rev. HHp. CCLXIV & IIHI: 134—153 der Einleitung). Wenn diese nordamerikanischen
Botaniker sich nicht der internationalen Ordnung anschliessen, darf man von
einem botanischen Tammany-Ring reden.
51b) Ein andrer, der sub 51 ^ erwähnten Nomenklatur-Verdreher, Dr. E. Levier, der
sogar — man weiss nicht mit wie wenig Stimmen und durch wen — in die internationale
Kommission gewählt ist, hat gegen mich ein 12 enggedruckte Seiten langes Pamphlet losgelassen,
nachdem das Bulletin de l'herbier Boissier, ebenso wie vorher das Botanische Zentralblatt
seine schliesslich tobsüchtig gewordenen Artikel gegen mich abgelehnt hatte.
Ich verzichte selbstverständlich, näher darauf einzugehen, und will nur das Pamphlet
etwas niedrigerer hängen, da er es an meine Freunde versendete, wodurch auch mir ein Einblick
gewährt wurde, und weil er es auch Mitgliedern der internationalen Kommission sandte.
Dieser Herr, dessen nomenklatorische Fähigkeit sich schon daraus ergiebt, dass er trotz seiner
vielen Salbadereien nicht einen einzigen Zusatz zum Pariser Codex fertig brachte, behauptet,
dass ich ihn Schafskopf nannte. Die Sache- ist vielmehr die, dass er sich selbst brieflich
bedingungsweise zur Veröffentlichung „Schafskopf" nannte, welches Wort er dann im Botan.
Zentralblatt (cfr. Rev. gen. Hin; 55) in „Schäfer« fäl schte. Die Bedingungen zur Veröffentlichung
dieser Selbstbeichte hat er aber ehrlich erfüllt. Ich erkenne also seine Ehrlichkeit,
wenn solche vorkommt, an. Ich habe ihn aber 1. c. 58 als „Verdreh-Genie" charakterisiert, was
er indes wohlweislich verschwieg.
In dem von mir als Hauptverteidiger des Pariser Codex seit einem Jahrzehnt geführten
Kampfe gegen die weitverbreitete botanische Korruption habe ich öfter solche Uebelthäter
getroffen, und ist deren richtig bewiesene derbe Bezeichnung nur Pflicht. Dass also solche
Bezeichnungen öfter vorkommen war unvermeidlich und ist keine Entschuldigung für den
einzelnen Uebelthäter.
Meine französischen Codex-Zusätze sind von Franzosen, zuletzt im Journal de botanique
von Dr. Morot stylistisch verbessert worden; der französische Text des Codex brevis
ward von einem Genfer Botaniker revidiert, wobei aber auch der alte Text der Lois de 1867
und die Morotsche Redaktion zuviel Verbesserungen erfuhren, dass ich lieber den alten Text
manchmal beibehielt. Es ist schwer mit gutem Stil es allen recht zu machen. Sollte der Text
irgendwo zweifelhaft sein, so entscheidet die Vergleichung mit dem Text in den zwei andern
Sprachen. Dr. Rendle vom British Museum und DC.'s Konservator Herrn Buser habe ich für
sprachliche Revision des Codex-Textes zu danken.
53) Das ist nach gemeinem (speziell Domainen-) Recht selbstverständlich. Wenn jemand
z.B. ein wenig kultiviertes Terrain in Ordnung bringt, so hat er für seine jahrelangen Bemühungen
und Unkosten Jus quaesitum, d. h. Recht darauf, dass seine Meliorationes necessariae
und Meliorationes utiles anerkannt werden. Nur Deteriorationes und deren Impensae können
verworfen werden. Es ist ganz selbstverständlich, dass nur solche schon publizierte, dem
Pariser Codex angepasste Regeln verworfen werden dürfen, bei denen man den Beweis der
Verschlimmerung (Détérioration) erbringt. Da aber das Pariser Bureau so fürchterlich naiv
Neue Kommentare und ergänzende Citate. XLIII
war die publizierten Meliorationen von A. de Candolle etc., zu vernachlässigen, der doch als
verstorben seine ergänzenden Vorschläge dem Kongress nicht unterbreiten kann so habe ich
S e n diese Naivität 1. c. protestiert und (§ 21 d le) oben ergänzt. Die Einsendung früherer
Publikation mit Meliorationes in vielen Exemplaren ist auch oft unmöglich da sie zuweilen
im Buchhandel vergriffen oder manchmal in grossen teuren Werken enthalten sind, die nicht
gratis eii.nial das Recht, erprobte Meliorationes utiles launenhaft durch
andre Vorschläge zu ersetzen; er würde dadurch nur ein andres Nomenklatur-Chaos herbeiführen
an Stelle des von unsrem Lexikon beseitigten, welches Lexikon die Ausfuhrung
des Codex brevis ist und das erste Lexikon dieser Art seit Linne gegen Nomenklatur-
Willkür ist Anstatt ein neues Chaos herbeizuführen, sollte der Wi e n e r Kongress 19Ü5
d e r als nicht kompetent zu d ef i n it i v e n N om en kl a t u r - B e s c h l ü s s e n , do.ch
n o c h ein vorbe r a t ende r Kongress für den nächs ten k o m p e t e n t e n Kongress
T e r d e n kann, die Annahme det nach dem Codex hergestellten Lexikon wahrend eines
botanischen Waffenstillstandes (Treuga Dei, trêve, truce) von wenigstens 5 Jahren betreff NomenkMm
empfehlen, auch damit sich die Botaniker endlich einmal in längerer Zeit die chronische
WmkW ^ g ewö h n e n . Quot capita, tot sensus. Systematische Differenzen sind allerdin^
zu vermeiden weil es dafür keine Regeln giebt; da entscheidet nur tüchtige Praxis und
SssenSaf^^^^^ der Pflanzengruppen infolge gewissenhafter Berücksichtigung
der Mittelformen.
äS WeSir' Absatz galt früher auch für Publikationen von botanischen Gesellschaften ;
aber Gesellschaften haben jetzt unter Absatz II und III besonderes Stimmrecht erhalten
aber Geseiiscnaueji^^^ brevis war eine unbedingte Notwendigkeit; um ihn m Ueberemstimmung
mit den Wünschen der internationalen Kommission zu bringen, bot ich im Janre
1902 die Corredaction Professor R. von Wettstein und durch diesen Dr. J. Briquet an; es
wurde mir aber die Vollendung des Codex brevis allein überlassen.
San Remo, 28. März 1903.
Dr. Otto Kuntze,