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LX Zur Vorgeschichte des Wiener Nomenklatur-Kongresses 1905.
angenehm, weil dann auch Sie mit dabei zur Sprache kämen, denn sowohl die Bildung der
internationalen Kommission zu Gunsten Englers durch seinen Mitarbeiter Briquet, als auch
auch die Festsetzung des Abstimmungsmodus durch Sie mit dem Pariser Bureau ist gegen
die Vollmachten vom Pariser Kongress 1900 geschehen, und dergleichen kann doch dann
nicht unerwähnt bleiben.
Sollte ich überhaupt durch Notwehr gezwungen werden, diesen mir recht unsympathischen
Kampf zu erneuern, so würde ich vorher auch noch die Genera Siphonogamarum
von Dalla Torre & Harms ausführlich besprechen (in 14 Paragraphen) da Herr Dr. Harms
der von der Berliner Akademie angestellt ist, Unglaubliches darin geleistet und nicht geleistet
hat, damit diese Akademie dies kennen lerne.
Lieb wäre mir dies keineswegs, aber ich kämpfe, wenn es sein muss, für den Codex
und internationale Nomenklatur bis zum Letzten. Sie aber könnten im Interesse der guten
Sache wohl einen friedlichen Vergleich zu stände bringen. Wenn Sie jetzt Frieden schaffen,
dediciere ich Ihnen mein Lexikon, das sicher ein Standard-book werden wird und auf Ihre
Anregungen in der Oestr. Bot. Zeitschrift 1895: 87 nur entstanden ist. Nun also werden Sie Pathe
(godfather) der internationalen Nomenklatur, aber hüten Sie sich, deren Herostrat zu werden "
Ich muss hier einige erläuternde Worte zu Komment a r 10 b (S. XXXVI) und über mein
Verhalten zur Berliner Akademie der Wissenschaften einschalten. Am 31. Januar 1901 sandte
ich meine Beschwerde beim preussischen Landtag, datiert 10. Januar, eingereicht Ende Januar,
Uber Englers Werk „Das Pflanzenreich" fast gleichzeitig auch an den Sekretär der Akademie
der Wissenschaften, Herrn Geheimrat Prof. Dr. Waldeyer, mit dem Bemerken: „Die Akademie
muss meiner Ansicht nach im Interesse der Wissenschaft die Beschwerdepunkte durch entsprechende
Neueinrichtungen beseitigen, selbst wenn die politische Instanz, der Landtag, ietzt
nicht Abhilfe schaffen sollte." ^ ^
In seiner Antwort vom 8. Februar meint der Herr Sekretär, dass es eine Streitsache
zwischen verschiedenen Botanikern betreffe, die i n t r a muros ausgemacht werden müsste
selbst wenn der eine dieser Herren der Akademie angehöre. „Was die in Ihrem Schriftstück
enthaltenen Aussetzungen an der Organisation der Akademie anlangt, so könnte diesen nur
durch eine Statutenänderung entsprochen werden. Es b e s t e h t aber m E für d i e
A k a d e m i e durchaus kein Grund, sich mit dieser Frage zu b e f a s s e n , d a
H i r e B e s c hwe r d e sich an d a s Haus der A b g e o r d n e t e n w'^endet." Ich bat nun
im Schreiben vom 13. Februar, die Sache doch unabhängig vom Landtag in die Wege zu
leiten, da die Sache keineswegs intra muros zwischen einigen Botanikern abgemacht werden
könne; es handle sich vielmehr um eine Irreleitung der A k a d emi e durch A. Engler zum
eigenen Nutzen und zum Schaden der Wissenschaft . . . „Ich bin der Meinung, wie ich auf
Spalte 4—5 der citierten Petition ausführte, dass die Aufgaben der Akademie schwer verletzt
worden sind, und dass die Akademie ihre Existenzberechtigung untergräbt wenn sie sich
nicht selbst insofern reformiert."
Darauf erhielt ich folgende Antwort vom 26. Februar 1901:
„Indem ich Ihnen den Empfang Ihrer Zuschrift vom 13. d. M. und den der beigefügten
Drucksachen dankend bestätige, beehre ich mich, mitzuteilen, dass ich nach reiflicher Erwägung
der betreffenden Angelegenheit bei meinem früheren, Ihnen durch Schreiben vom 8. Februar d J
kundgegebenen ablehnenden Standpunkt beharren muss.
In vorzüglicher Hochachtung ergebenst Wa l d e y e r ,
derzeit Vorsitzender Sekretär
der Kgl. Preuss. Akademie der Wissenschaften."
\ 'HallA Tr»rro A. riöno»-/» C J ^ ^ ^
von Otto' .
' " ii vciat^iiicieiuiigeii; § / ßyzanxismus, «^iiquensaciien; üngleriana,
Drudeana, Gilgiana, Loesenenana, Niedenzuana, Paxiana, Pfitzeriana, Schumanniana; § 8 P l ü n d e r u n g andrer
c in n?,' ^ ^ Verheimlichung lausender Namenfehler der Clique, aber Aufdeckung solcher andrer Autoren*
§ 10 Pflanzengeographi^e schwach; § 11 Systematische Fehler; § 12 Statistik der ca. 4500 Fehler; § 13 Mangel a n
Selbstkontrolle; ^^ 14 Schlussfolgerungen für die Berliner Akademie der Wissenschaften. - Es sind erst 4 Hef t e
von dieser von einem Akademie-Beamten (Dr. Harms) gefertigten Arbeit erschienen. Meine Publikation dar-
V • S i p h o n o g a m a r u m ad systema Englerianum conscripta waren
info ge meiner Kritik (Revisio gen. pl. Hin Einleitung, Seite 78) über die vielen wissenschaftliehen Deiekie in
Englers halbpopularem Stammwerk, insbesondere über das Fehlen genauer Citate, erst veranstaltet worden, was
leider in recht unwissenschafüicher Weise geschah. Vergl. auch Nr. 103 meines Schriftenverzeichnisses Seite 3 [1131,
wo ich auf die wissenschaftlich verkehrte Entstehung dieser Flickarbeit hinweise. Echte Monographen - wie
hngler immer seine öfters unreifen compilatorischen Mitarbeiter nannte - haben vorher alle Synonyma zu p rüf en.
^ i J ^ J l ^ I K, " "^9rdentlich gefertigten Arbeit wie Englers „Natürliche Pflanzenfamilien", von fehlenden
Synonymen bloss solche, die dem trügerischen Zweck entsprechen, dass nichts geändert werden darf, hinzugefügt
f ^ . / i l " ' ' in Engler s Werk 9315 Fehler nachgewiesen und berechnet wurden, so dass iedir
M.n i T J i - l u die Berliner Akademie nicht zugestehen möchte: dass sie mit Engler hineingefalleA ist.
wit v T p ^ ^ irgend eine Seite unsres Lexikons mit Englers Gesamtregister 1899, um zu erkennen,
wie viel bei ihm nicht bloss unrichtig ist, sondern sogar ganz fehlt.
Zur Vorgeschichte des Wiener Nomenklatur-Kongresses 1905. LXI
Diese Akademie versteckt sich also hinter einer Formalität, und die Akademiker, di e
alle einzeln die gedruckte Besenwerde an den Landtag über Englers Unterstützung zum Schaden
der Wissenschaft erhielten, reagierten auch nicht darauf, um d ie n a c h g ewi e s e n e Korruption
zu beseitigen. Mir will es scheinen, dass die Akademien durch Missbrauch ihrer Mittel und
durch Bombast manchmal mehr schaden als nützen. Die französische Akademie ward von
dem Zwerg Antoine Godeau (geboren zu Dreux, Chartres 1605) und dem Hofnarren d e s
Kardinals Richelieu veranlasst. Der zweite Präsident der Berliner Akademie J. P. von Gundling
war zugleich Hofnarr oder Hanswurst des Königs Friedrich Wilhelm 1. (cfr. Tabakskollegium).
Die jetzigen Akademiker werden zwar von ihrem König geehrt, erniedrigen sich aber durch
ihr Verhalten in der Englerschen Angelegenheit selbst auf einen der Wissenschaft unwürdigen
Standpunkt. Nachdem sie von durchaus ernst zu nehmender Seite über das Englersche Treiben
aufgeklärt wurden und erfahren hatten, dass sie nur von Engler „einstimmig" übertölpelt waren,
durften diese Berliner Akademiker nicht mehr Englers Ramschbotanik und Talmiarbeiten ä la
Fünfzig-Pfennigbazar den Goldstempel aufdrücken. Wir haben in der Botanik schon einmal
einen solchen Publizisten gehabt, P. J. Buchoz, Leibarzt des Königs Stanislaus, der von 1759
bis 1804 ebenso massenhaft und blendend publizierte, der aber der Botanik nicht viel genützt
hat, während Engler gerade wegen der Akademiereklame dauernden Schaden anrichten wird.
Die Verhältnisse liegen in Preussen jetzt so traurig, weil ein allmächtiger Ministerium-
Direktor, Wirk!. Geh. O.-Reg.-Rat Prof. Dr. Althoff, wie ich auch schon in der -Beschwerde an
den preussischen Landtag als Motivation für die Beschwerde erwähnte, trotz erhaltener Information
seinen Schützlingen dieses nachsieht und dieser wiederum in Allerhöchster Gnade sich sonnt.
Bürgers Dichtertrost lautet:
Wenn dich die Lästerzunge sticht,
So lass dir dies zum Tröste sagen:
Die schlechtsten Früchte sind es nicht,
Woran die Wespen nagen.
Dies soll ja auch auf diesen Ministerium-Direktor, der a u s d a u e r n d e r bleibt als die
Kultusminister, angewendet worden sein, und damit wird jeder, der sich an ihn wagt, von
vornherein als ein Lästerer gekennzeichnet. Aber wer diesen schön klingenden Unsinn ganz
oder geteilt („die schlechtsten Früchte"), aber „im Gesamtsinn" anwendet, merkt entweder
nicht, dass er selbst eine Lästerzunge ist oder dass er in Naturwissenschaft etwas rückständig
ist. Denn Wespen werden mit Lästerzungen verglichen, und im Vergleich wird ihnen etwas
Infames zugemutet, ebenso umgekehrt den damit verglichenen Personen. Aber die Wespen
sind so nützliche Tiere, dass sie als Wohlthäter der Menschen gelten können, ebenso sind
sie wegen ihrer Tapferkeit mustergültig, und dann stechen sie den Menschen nicht aus Bosheit,
sondern nur in der Notwehr. Als aufgeklärter Mann Hesse ich mich wohl schmeichelhaft mit
einer Wespe vergleichen, aber ich würde mich nicht an Herrn Althoff zum Naschen nahen,
dazu ist er mir nicht süss genug, sondern ich würde ihn höchs t en s wespenartig wie eine
grosse Raupe behandeln, die dadurch unschädlich werden. Es ist nicht das erste Mal, dass
die Prinzipien zur Besetzung botanischer Professuren wechselten. Ehe Engler mit Ach und
Krach (cfr. Rev. gen. III" S. 62 der Einleitung) auf diesen akademischen Thron kam und eine
neue Richtung in Deutschland zur Herrschaft brachte, waren die botanischen Zellenschneider,
die Anatomen und Phys iologen, durch ringförmiges Zusammenhalten auf Deutschlands
Universitäten massgebend und diese betrachteten die botanische Systematik ä la Engler überhaupt
nicht als wissenschaftliche Botanik; da wurden, wie Professor K.Koch einstmals auf
dem Londoner Botanikerkongress behauptete, „in Deutschland hier und da die Direktorstellen
der botanischen Gärten mit Männern besetzt, die keine Pflanzen kennen" (cfr. Rev. gen. IIH:
CGLX); sie führten das grosse Wort, bis ich ihrem Häuptling einen Hieb versetzte, der sass,
wie Prof. R. von Wettstein mir einst sagte. Prof. Pringsheim als Präsident hatte nämlich auf
der Naturforscherversammlung in Halle ein Ehrenmitglied Watson für die deutsche botanische
Gesellschaft vorgeschlagen auf Zetteln ohne Vornamen, und als ich frug, „welcher Watson
gemeint sei, da ich mehrere Botaniker Watson kenne", so hatte Pringsheim keine Ahnung von
diesem zum Ehrenmitglied durch andre von ihm vorgeschlagenen Systematiker. Seitdem ist diese
Die Wespen sind so t a p f e r e Tiere, dass sie den mehr als tausendmal grösseren Menschen in Notwehr
zur Verteidigung ihres Nestes und ihrer jungen Brut angreifen und ihn in die Flucht schlagen, sei es selbst der
tapferste General; die Wespen naschen zwar gern, aber welcher Leutnant mit noch schlanker Taille nascht nicht
auch gern an süs s en Lippen. Es ist ehrend anzuerkennen, dass Wespen nur in der Verteidigung zum Schutz von
„Haus und Hof und Familie" den Menschen stechen, wenigstens nach meinen Erfahrungen; ich bin aber durch
fremde Kontinente und Wildnisse mehr gereist (cfr. Meyers Lexikon Band 20) als irgend ein anderer, und nur ein
einziges Mal von ihnen gestochen worden , als ich einmal unabsichtlich auf eines ihrer Erdnester trat. Di e
Wespen sind sehr nützliche Tiere, weil sie als Raubwespen viel Ungeziefer verülgen und als Schlupfwespen ihre
Eier in Raupen etc. legen, so dass diese pflanzenvertiigenden Tiere nicht überhand nehmen. Ohne Wespen gäbe
es kaum noch frisches Gemüse im Kaiserhof, es seien denn Treibhauspflanzen.