I einzelne fchmalc Kammern abgerechnet, aus einer einzigen kompacten Steinmaffe, fo ungeheuerlich wie feitdem keine
I zweite mehr zufammengelUgt worden ift. Bei einer' fcnkrechlen Höhe von 480 .Fufs zu einer Brote an der Bafis von
I Ober 700 Fufs, 'Hellt fich das gefammte Mauenverk diefcs wunderbaren Baues auf nahezu 80 Millionen kubihfufe.
Nicht unmittelbar am Fufse der Pyramide, fondem etwa 50 Fufs Koch Uber der urfpriinglichen Bafis, die gegenwärtig durch
I den vom Winde unaufhörlich herbeigetragenen Wullenfand in beträchtlicher Höhe verfchilttet ¡ft, dort finden wir in der
Mitte der einen Seite, und zwar der nach Norden gerichteten, den zum Hinabfehaffen des Saricophages beftimmten
I Eingang, einen niedrigen, fchmalcn, etwa 4 Fufs hohen und ebenfo breiten, fchräg in das Innere führenden Gang, durch
I welchen man fchhefelich in die, "aus dem lebendigen Fellen gehauene Grabkammer gelangt, die wohl noch an 100 Fufe
tief unter der Bafis des gemauerten Steinberges, alfo nahezu 600 Ftifs lothrecht unter dem Scheitelpunkt der Pyramide
I '¡egt- Von dicfcm Hauptgange zweigt fich nun ein Seitengang ab, welcher in aufwärts (leigender Richtung zu zwei
übereinander liegenden, im Innern des mafliven Baues angebrachten Gemächern fährt, eine Anordnung der inneren Räume,
die von der bei den übrigen Pyramiden bis jetzt beobachteten durchaus abweicht Der vcrdienftvolle Herausgeber
der in Berlin erfcheincndcn. »Zeitfebrile fär Bauwefen» Herr Baurath Erbkam, welcher mit Profcffor Lepsius im Jahre 184z
j:n auf den vcrfchiedcnen Pyramidenfcldem eine forgfältige Unterfuchung widmete, hat im Jahre 1852 eine
»Über den Gräber- i
äußert fi<
d Tempelbau' der alten Egyptcr« betitelte Abhandlung veröffentlicht, die zu dem Bellen gehört, was
In fachkundiger Feder bis jetzt Uber alt-egyprifches Bauwefen gefchrieben worden. Pag. 17 der genannten Abhandlung
der gelehrte Archjtect über die vorerwähnten Pyramidenkammem folgendermaßen:
»Die Sarkophag-Kammern «for alten Pyramiden find urfprünglich ganz, oder doch zur Hälfte in dem gewachfcnen
Boden angelegt; die Wände des rohen Steines erfcheinen mit fdiarf zufammengefägten, fauber bearbeiteten Quadern
bekleidet, und d;e Decke, wenn nicht wie die äjtefte Form, ftufenartig fich zufammenziehend, ift aus fchräg gegeneinander
geftemmten oder auch horizontal liegenden Granitplatten gebildet Ich brauche kaum darauf hinzuweifen in wie gewaltigen
Dimenfionen diefe Platten oft gearbeitet find; es finden fich deren in der fogenannten Königskammer'der grofsen Cheops-
Pyramide von 16 Fufe Länge, 4 bis 5 Fufe Dicke und gegen 4 Fufe Breite, Steinmaflen, welche wenigftens ein Gewicht
von 400 Centnern haben. Eine fechsfache Decke lieht man angeordnet, um die Lad der darüber gethürmten Pyramide
abzuhalten. Es ift eine Ausnahme von der Regel wenn, wie hier, Sarkophagkammem auch in dem mittleren Theile
dcffelben angelegt find, und nur die, voü jenem Könige gleich urfprünglich intendirte, riefenhafte Ausdehnung feines
Grabmonumentes mag Veranlagung gegeben haben, den zur unterirdilchen Felskammer abwärts leitenden Gang in
einen aufwärts fährenden abzuzweigen, und die erftere Kammer unvollendet zu lallen.«
Als Herodot Egypten bereifte, wurde ihm bei einem Befuche der grofeen Pyramide von dem ihm begleitenden
Jn eraählt’ dafe der Erbauer diefes Riefenwerkes, der König Cheops, zur Herbeifchaffung der kololTalen Blöcke '
aus den gegenüberhegenden Steinbrüchen, in grofsartigen Dimenfionen aus behauenen Steinen einen Weg habe herftcllcn
laden, der von den Steinbrüchen des örtlichen, arabifchen Gebirges bis zum Flulfc und auf der anderen Seite dann bis
zum libyfchen Wüftenplateau geltihrt; zehn Jahre feien Uber diefem Strafeenbau und Uber der Herftellung der unterirdifchen
Grabkammer vergangen, wiewohl an hunderttaufend Arbeiter, die immer alle drei Monate durch eine gleiche Zahl
abgelöft worden feien, ununterbrochen daran gearbeitet hätten. Zwanzig Jahre habe dann noch der Bau der Pyramide
felbft beanfprucht, und zwar fei diefer Bau in Stufenabfätzen aufgefährt worden, von Stufe zu Stufe feien immer die
nöthigen Steine durch dafelbft aüfgeftellte hölzerne Mafchinen hinaufgehoben wotden, fo viele Abfätze von Stufen, fo viele
folchcr Mafchinen feien auch’ gewefen, (wohl krahnartige Vorrichtungen zum Aufwinden der koloffalen Blöcke, möglicherweife
aber auch Gerllftc mit einer fchräg emporfteigenden Bafis, auf welcher in fchhttenförmigen Geftellen, wie wir folche vielfach
auf den Monumenten abgebüdet;finden, die Stcinmaffen hinauf gefchleift wurden.) Nachdem nun auf diefem Wege die
beabfichtrgte Höhe des Baues erreicht worden, habe man dann von oben nach unten die einzelnen Abfätze ausgefällt
und mit geglätteten Sternen, auf denen allerlei Figuren eingemeifeelt gewefen, belegt. Weiter erzählt Herodot dann noch,
was er ebenfalls von feinem Dragoman erfährt, dafe untcrirdifch ein gemauerter Kanal von den Pyramiden bis zum
Nile, fuhren follc, und mit einer Notiz Uber die Beköftigung der Arbeiter während des Baues fchliefet er dann feinen
Bencht Uber die Cheops-Pyramide. Es ift auch an der Pyramide angegeben«, heilst es Herod. U. Cap. 125, »was die
Arbeiter während des Baues an Reuigen, Zwiebeln und Knoblauch verzehrt haben follen.« Es wurden nämlich, — ich
ennnere mich noch fehr wohl, was der Dolmetfcher fegte, als er die Budrftaben mir vorlas - nicht weniger den 1600 Talente
(alfo mehrere Millionen Thaler) bezahlt »Wenn das wahr ift,« ruft Herodot aus, »was mufe dann niclit noch verausgabt
worden fern fär Handwerkszeug, und fllr' fonftige Beköftigung und Kleidung der Arbeiter'. Mit den Steinbrüchen
m cm gegenüberliegenden Gebirge, von denen der gefprächige Dragoman dem gricchifchcn ’ Reifenden crzälilte, hat es
feine Riehugkat. In der, in den hieroglyphifchcn Infchriften Troau, von den heutigen Arabern Tura genannten Gegend,
etwa anderthalb Stunden fädwärts von Cairo' befinden fie fich. -Zu langen Gängen und Räumen von bedeutender
Ausdehnung, in denen man noch heute überall die Spuren uralter Werkthätigkeit wahmehmen kann, ift hier das gegenwärtig
mit dem Namen Moqattam bezeichnte Kalkfteingebirge ausgehöhlt. Auch die Erzählung von der alten Chufuftrafee,
von rinn, Iv>i,jftjjjijj_ Transport des Materials angelegten Steindamm, befähigt fich; wir können noch heute jenen
r die ftufenfbrniigen Abfätze,'Weg in n deutlich verfolgen und ebenfo fcheint d in denen die
Pyramide erbaut worden, fich zu bewahrheiten. Unter den Vertretern der altegyptifchen Forfchung hat namentlich Lepfiu
diefem Gegenftande feine befondere Aufmerkfamkeit zugewendet und treten die von ihm gewonnenen intereffanten Rdfultate '
durchaus für die Glaubwürdigkeit der Herodotifchen Angabe ein. Was jedoch den unterirdifchen Kanal betrifft, der von
der Pyramide bis zum Nil geführt haben foll, fo hat eine dafelbft mehrfach angeftellte forgfältige 'Unterfudiung ergeben,
dafe diefe Erzählung wohl eine von jenen wunderlichen Gefchichten, die, gleich derjenigen von der Tochter des Cheops,' der
Dragoman, fei es nun, dafe cf vom Hörenfegen fie kannte, oder dafe fie feine eigene Erfindung war, dem Reifenden auftifchte. -
Ebenfo mufe dahin gedeih bleiben, wieweit die Nachricht von den 30 Fufe grofsen geglätteten Steinen zuveriäflig ift,,mit denen
die Pyramide überdeckt gewefen fein foll und von denen der gelehrte Dragoman, der aber wohl die Hieroglyphen ebenfo
wenig verftanden haben wird wie der heutige Turgoman, dem Herodot die genaue Angabe, der während des Bäu«'von
den Arbeitern verzehrten Reuigen und Zwiebeln vorlas, es mufe dahingeftellt bleiben, wie weit diefe Erzählung Glauben
verdient, da von der ehemaligen Bekleidung der Pyramide nichts erhalten geblieben. So viel Uber die Pyramide des Chufü. —
Diefem koloffalflen aller Grabhügel, diefem an Maffe gewalrigften Bau, den die Erde aufzuweifen hat, fleht nun die
zweitgrößte der Gifehpyramiden, die des Königs Chefren nicht viel nach; bei einer Scheitelhöhe von Uber 450 Fufs; mifet
auch fie an den vier Seiten der Bafis über 700 Fufs: Der in unmittelbarer Nähe diefer beiden Riefengräber lagernde
Sphinxcolofe, der auf dem erden der vorliegenden Nilbilder uns ebenfalls noch mit zur -Anfchauung gebracht wird’ in
ein zum größten Theil aus dem lebendigen Fellen gehauenes Skulpturwcrk, welches den beiden hinter ihm fich erhebenden
Pyramiden durchaus ebenbürtig zur Seite fleht Mit einer ftaunenswerthen Mcifsclgcwandtheit hat hier der altegyptifclie
Lapidan us von aufeen den natürlichen Fellen in einen gewaltigen Löwenlcib mit Menfchcnantlitz umgewandelt und von
innen ihn zu einem Tempel ausgehöhlt, in den man durch ein zwifchen den Vordertatzen angebrachtes Portal eintritt.
Die Maafee diefes feltfämcn Standbildes find wiederum ganz kolöffal, der Kopf Ubertrifft die menfehiiehe Größe mehr
denn 3omal, er mifet vom Scheitel bis zum Kinn 26 Fufe, auf 70 Fufs beläuft fich die totale Höhedes Denkmals und
über 140 Fufe beträgt die Länge.
Nicht möchte ich die ehemalige Stätte des alten Todtenackers von Memphis verladen, ohne des in den feltfamften
Kornraden fich bewegenden landfohaftlichen Gemäldes zu gedenken, welches man in dem von der Spitze der Chufupyramide
fich darbietenden Rundblicke vor fich hat. Der Ausflug zu den Pyramiden von Gifeh und das Befteigen der größten
derfelben, der des Chufü, gehört zu den beliebteften Vergnügungspartien der heutigen Bewohner Cairo's wie aller Egypten,
bereifenden Fremden. Neben der vorher erwähnten alten Cheopsftrafee fährt gegenwärtig ein bequem zu befahrender, breiter
Weg, den der jüngfte Nachfolger der alten Könige von Memphis, der jetzige Beherrfcher Egyptens, Khedivc Ismaöl, in
liebenswürdiger Rücklicht für die fein Land bcfuchenden Fremden angelegt hat, um ihnen die Wanderung zum Grabmal feines
mächtigen Vorgängers zu erleichtern. Diefe Strafec wird denn auch gründlich benutzt, wir finden mitunter auf ihr ein Kommen
1-Gehen, wie es auf den frequenteften Wegen zu irgend einem beliebten Punkte in-einer viel bcfuchtcn Gegend Europa's
nicht lebhafter fein kann. DasHinkommen zi
r Pyramide hat alfo heute nichts .Unbequemes mehr, fär. das Hinaulkommen
jedoch hat Se. Hoheit der Khedhre bis jetzt keine a
i Erleichterung fchaffen können, als die zugreifenden, nervigen
Arme feiner Beduinen. Sobald man diefen, die ftets in
1 beträchtlicher Zahl die Pyramide umlagern, den Wunfch des Bcfteigcns
1 erkennen gegeben, .wird man von einigen derfelben gcwaltfam ergriffen,
und gefchoben, wie im Wirbelwinde Uber die etwa 3 Fufe hohen Blöcke zum .Gipfel des Steinberges empor. Der alfo
auf der luftigen Höhe Angekommene wird nun aber auch für die Mühe des Emporklimmens durch einen Rundblick
von Uberrafchender Schönheit belohnt.'' Zu wiederholten Malen habe auch ich auf meinen verfchiedenen egyptifchen Reifen
das Grabmal des Chufu beftiegen, ünd immer war der Eindruck, den die von der Spitze der Pyramide fich bietende Ausficht
in mir hervorrief, ein ungemein erhebender. Auf der einen Seite das unabfehbare Wuflcnmcer mit feinen iaudofen Sandwellen,
1 gezogen, gehoben ■
aus denen hier die öden, fonnenverbrannten Fclfcn, dort in einzelnen Gruppen die künftlichen Steinberge der
Pyramiden von Abu-Roafch, Abusir, Saqqarah und Dafchur hervorragen, auf der ändern Seite, fo weit das Auge die Landfchaft
zu .überleben vermag , das fruchtbare Thal mit feinen grünenden. Gefilden und feinen zahllofcn, von Palmen und Sykomoren
umkränzten Dörfern, zwifchen denen majeflätifeh der mächtige Nilftrom dahinzicht, in taufenden von Kanälen feine Leben
fpendenden Fluthen nach allen Richtungen hin ausflrömcnd, drüben am öftlichen Horizonte »der Sonnenberg des Oftcns«
wie der Arabifche Gebirgszug in den Infchriften genannt wird, die. fteil .'abfallenden. Felswände des Moqattan find es, denen
unfer Blick dort begegnet, und, nach Norden zu an ihnen hinflreifend, mit, Wohlgefallen verweilt auf dem Uberrafchcnd
fehönen Bilde der ftatthehen Citadellc von Cairo, die meilenweit fichtbar, das Chaos von Hüufcm und. Thürmen der unter
‘hr liegenden Stadt überragt, und dicht unter uns nun die durchwühlte Nekropolis des alten Memphis, wo zwifchen den
langen Reihen von Grabkapellcn, zwifchen diefen durch ihre Darftellungen und Infchriftcn fo beredten Zeugen einer
blühenden Culturepoche »irältcftcr Gcfchjchte, mfe dem vom Winde herbeigewehten Wüftenfande das ftelneme Antlitz
Welche Gegenfetze von Leben und Tod treten
is entgegen, welch ein Bild und welche Erinnerungen! -
Johannes D ümichen.