K a f f e eh a u s in K airo.
* Schwarz,* doch lieblich ill der Kaffee wie das braune Mägdlein, welches bei Tage den Sinn erheitert, Nachts
aber den .Schlaf, raubt«, fingt der arábifche Dichter: und Niemand wird ihm, dem das »Gegohrenc* verboten, zu beweifen
im Stande fein, daß es nqth ein edleres Getränk als Kaffee geben könne. Und .felbft der Europäer' oder der Ungläubige,
welcher gegen dieGefetze des Propheten Mahammed (Undigt und mit jefuitifcher Deutelei, das'Wort des Koran dahin auslegt,
1 dafs man unter.»Gegohrenem« wohl gewöhnlichen rothen Wein, nicht aber Rheinwein, Burgunder, Champagner zu verliehen
habe, flraft den Dichter Lügen, fchon in dankbarer Erinnerung flir alle die Stunden,. welche er' in einem Kaffeehaufe
verträumt.hat. ..So dürftig das Städtchen, fo erbärmlich das arabifche Dorf: ein Kaffeehaus befitzt es gewiß, falls cs an
einer nur irgendwie befuchten Straße liegt. Und Kaffee ifl es, welcher dem Fremden zum Willkommen gereicht .und mit
einer Feierlichkeit ausgefchenkt wird, wie bei uns zu Lande nur von den bewährteflen Kennern der edle Wein. Das
Kaffeehaus ifl dem Türken oder Araber unentbehrlich: cs vereinigt für ihn alle öffentlichen Vergnügungen in fleh, und das
glänzendfle Café der .Boulevards von Paris ¡(I in diefer Beziehung dem türkifchen oder arabifchen gegenüber eine flümper-
hafte Nachahmung.**
ln kleineren Ortfchaften mehr oder minder eine Spelunke, zeigt das arabifche Kaffeehaus gröfserer Städte das
verfchiedenartigfle Gepräge von gedachter Spelunke an bis zu einer für morgenländifchc Verhältnilfe reich gefchmücktcn
Halle. Der Morgenländer verlangt itn Ganzen wenig an Zimmcrfchniuck: ihm genügt eine einfach geweißte Wand, und
die Phantafie des'Baumeiflers zeigt fleh vornehmlich im Schmücken der Säulen, Pfeiler und Ecken des Raumes durch
Stalaktitenwerk, der Thüren und Fender, durch zierlich gefchnitzte Gitter, aus deren Arabesken das eine oder andere
Wort des Propheten hervortritt. So gipfelt denn auch der Schmuck eines Kaffehaufes hauptfächlich in diefer Beziehung,
während fonil die Einrichtung, entfprtchend dem im.Laufe dcrZeit mehr und mehr .verallgemeinerten Bedürihiffe im Wefent-
lichen diefelbe bleibt. Vorne am Eingänge, rechts und links von der luftigen Thtire beginnen mehr oder weniger einfache
Sitzbänke, welche von hier aus längs der Wandungen oes Raumes weiter verlaufen. In den ärmeren Kaffeehäufem lind fie in
eigentümlicher Weife aus Palmenwedeln zufammengebaut und mit Strohmatten überlegt, in den reicheren beftehen de aus
fchweren, getifchlerten Bänken und werden mit Teppichen oder Matratzen, RUckenkiflen und dergleichen bedeckt. Ein
Winkel enthält das Kamin, auf welchem vom Morgen bis zum Abend ein Holz- oder Holzkohlenfeuer brennt, um das
Walter in zwei grofsen kupfernen, innen und aufsen verzinnten, forgfültig blank gehaltenen Kannen ‘fortwährend heiß zu
erhalten. Nebenan auf einem Steintifche befindet • fich das Kaffeegcfchirr, bcdchcnd aus einem Auftrageteller von Kupfer,
Mcfftng oder Silber, einer gröfseren oder geringeren Anzahl türkifcher Kaffcetalfen und der dazu gehörigen Unterfetzer
fowie vcrfchjeden grofser, kupferner Kännchen mit langen Stielen. Die Tallen bedehen aus Porcellan, find, henkellos
und Taffen höchdens das Fünftheil des Inhaltes der bei uns üblichen Kaffetaffen. Da man de, wenn fie mit hcifsem
Getränk gelUllt wurden,'nicht wohl inden Händen halten kann, fetzt man lie in den Sarf, einen unferen Eierbechern
nicht unähnlichen, mehr oder weniger kündlich, oft wahrhad künfllerifch aus Meiling, Silber oder Gold gefertigten Unter-
fetzer und reicht de mit diefem dem Gade. Neben dem gedachten Anrichtetifche flehen tn langen Reihen Wafferpfeifen,
ihnen und außen Tauber geputzt, gefüllt mit geklärtem Walfer und, umhüllt von den fchlangenärtigcn, jetzt Uber fie auf-
gcrolltcn Schläuchen. Die langdieligen, mit oft fehr kofibaren Mundducken verfehenen Pfeifen oder Tfchibukat pflegt der
Wirth nur ausnahmsweife in gröfserer Anzahl zu halten, weil jeder der ihn befuchenden Gälte feine eigene Pfeife mitbringt.
Auf diefer oder jener Bank, dem Divan, wie der Araber lagt, fleht .auch wohl noch ein Schachbrett-, fond ficht man
feiten andere EinriclUungsgcgCndündc.
Ein gut gelegenes und von ejnem verdändigen Wirth gehaltenes Kaffeehaus id vom Morgen bis zum Abend
belebt Denn der Morgenländer quält fich nicht- mit der ihm geradezu unverdändlichen Had des Europäers um die
Bedürfniffe des Lebens, fucht fich das letztere, eingedenk der. Worte feines Propheten' «Gott will es Euch leicht machen«
vielmehr fo behaglich einzurichten als möglich. Dcmgemäfs wirkt er, falls er nicht zu den Armen zählt welche mehr Sdaven
als Arbeiter find;, täglich nur wenige Stunden und verbringt die übrige Zeit im Innern feines Haufes oder im Kneife der
'Freunde und fondiger. Genoffen. Somit.., finden- wir beim Eintritt in das Kaffeehaus jederzeit Gälte vor. Einige find
befchäftigt ihre Wafferpfeifen zu rauchen und geben fich diefem Genuffe fo gänzlich hin, dafs nur der leichte, durch das Waller
geklärte Rauch ihre, bärtigen Lippen kräufclt, nicht aber auch dazwifchen ein verfländiges Wort auf demfelben erblüht
andere unterhalten fich, den handlicheren Tfchibuk in der Hand, mit Brett und Würfellpiel; andere wiederum fprcchen
Uber Tagesneuigkeiten, Gefchäfte, fchöne Pferde, abgerichtete Falken und edle Windhunde, vielleicht auch über einen
berühmten Zitherfpielcr und Sänger, eine ausgezeichnete Tänzerin etc., niemals aber über andere fchöne Frauen, weil fie
es unter die Manneswürde halten, im Krcife Anderer ihres Gefchlechtes über den Harem, das heilst, das Unantaflbarc,
fich zu äußern. Wir grüßen beim Eintritte, die Hand airf Mund, Stirn und Herz legend, wählen einen uns paffenden
Platz zwifchen den bereits vorhandenen Gäflen, und mifchen uns nach einigen einleitenden Worten, welche bezwecken, das
gegenteilige Befinden zu-ergründen, in’s Gcfpräch, befehlen dem uns folgenden Diener, den Tfchibuk zu flopfen oder
bCflellen wohl auch eine Wafferpfeife, erachten es aber, als der Sitte und des Landes kundig, für gänzlich unnöthig, «lern
Khawcdfchi öder Wirth noch ausdrücklich zu fagen, daß wir auch Kaffee wünfehen. Schon bei unferem Eintritte hat
diefer uns überzählt, die. Gebieter von den Dienern gefchieden und die nöthigen Vorbereitungen getroffen, uns mit einem
Täßchen des trefflich Bereiteten Getränkes zu erfrifchen. Er nimmt ein kupfernes Kännchen, welches gerade fo viel
Taffen faßt, als wir Perfonen find, füllt es mit dem heißen Walser aus einer der großen Kannen, bringt es über das
Feuer, mit der linken Hand an .dem langen Stiele es haltend, bis es aufkocht, öffnet fodann mit der rechten die dicht
verfchloflene Budde mit dem äußerft feingeflofsenen Kaffeepulver aus Mochabohnen, welche erfl vor wenig Stunden
gebräunt und in großen Steinmörlem gefloßen wurden, überzählt nochmaß die neu angekommenen Gäfle und fohüttet für
jeden derfelben das richtige Maaß, einen gehäuften Theelöffel voll Kaffccpülver, in das Kännchen, läßt deffen Inhalt
noch einmal auffchäumen, gjeßt ihn in die bereits zurecht gelleilten Täßchen, wendet fich, das Auftragebrett in der Hand
haltend, zu uns, begrüßt uns mit einem »Gott lalfe Euren Morgen glücklich fein« und reicht uns den köfllkhen Trank.
Will er vornehmen Gäflen, zu denen wir in feinen Aiigen zählen, eine befondere Ehre erzeigen, fo bringt er das werth-
vollflc Auftragbrett herbei, überdeckt es mit einem rothen, reich mit Gold geflickten Tuche, flellt auf diefes die Taffen
und winkt feinen und unferen Dienern. Von diefen laßt jeder einzelne eines der Täßchen, den Unterßtz leicht mit
Daumen und Zeigefinger packend', läßt fich dalfelbe von dem Khawedfchi füllen und geht nun gleichzeitig mit den übrigen
auf -die neu angekommenen Gäfle zu, um diefen in gebührender Weife den Trank zu reichen. Sobald wir getrunken,
erfcheinen die Diener wieder und nehmen uns die ihnen zugereichten Täßchen weg, indem fie diefelben mit flachgehaltenen
Händen von; oben und unten ßlfen, ohne die Hand des Gebieters zu berühren. Eines und das andere Täßchen wird
getrunken, ein und! der andere Tfchibuk geraucht -, der vomehmfle Diener berichtigt die wenigen Para oder Heller, welche
gefordert werden; der Galt erhebt'fich mit dem Üblichen Gruße und verläßt das Haus, um 'einem Ändern Platz zu machen.
Dies, ifl, mit kurzen Worten, gefchildert, der alltägliche Hergang in einem morgenländifchen Kaffeehaufe.
: ; Doch auch diefes nimmt zuweilen ein reifliches Gepräge an und belebt (ich dann in abfonderlicher Weife.- Zumal