zu den Ufern des Euphrat feine vom wunderbarften Glucke begUnfligten Eroberungszüge ausgedehnt haben fofi. So weit
die chronologifche Forfchung die Regierungsjahre der egyptifchen Könige bis jetzt, wenn auch nur annähernd, hat fclUlellen
können, dürfte fonach der ältere Theil des Luqfortempels etwa dem Ende des 15. und der Ramfesbau dem Ende des
>4- Jahrhunderts vor unferer Zeitrechnung angehören. Aus einer Weihmfchrifi jedoch, die an einem der Arehitrave des
Tempels angebracht ifl, geht hervor, dafs bereits in jener Zeit; als Theben noch nicht die Hauptfladt des Reiches war,
jedenfalls fchon vor Amenophis, an eben jener Stelle ein dem Amon geweihtes Heiligthum fich befunden haben mufs!
welches, vielleicht zu klein für die fo bedeutend gewordene Stadt, vielleicht auch im Laufe der Jahrhunderte verfallen, die
genannten Könige nur in einem glänzenden Neubau wieder hcrllellcn und erweitern liefsen. In der betreffenden Infchrift,
durch welche uns diele Belehrung zu Theil wird, dort heilst es in Bezug auf das dem Amon neu errichtete Bauwerk:
• Der König Amenophis 111., er hat es ausgefilhrt als fein bleibendes Denkmal für feinen Vater Amon-Ra, den König der
Götter; wiederum hat er hcrfteUen laffen das Ape-Heiligthum; von Neuem cs aufgerichtet und bedeutend vergrößert.
Wir lemen aus diefer Infchrift auch den alten Namen des Luqfortempels kennen, denn es wird hier gefegt, dafs König
Amenophis von Neuem habe herftellcn laffen das A pe-Heiligthum — in anderen Weihinfchriften des Tempels heilst es: Ape res
.das fiidliche Ape«, zum Unterfchicd von einem nördlich, bei dem heutigen Karnak gelegenen. — Nicht feiten wird bei Schreibung
diefes Wortes in hieroglyphifchen Texten noch als befonderes Determinativ das Zeichen des Thrones hinzugefügt, zu deuten
entweder auf die in dem Thebenifcbcn Meiligtltume thronende Gottheit, oder auf den in Theben refidirenden König, und
dürften wir mit größter Wahrfcheinlichkeit in diefem Namen das Wort vor uns haben, aus welchem mit Vorfetzun^ des
weiblichen t, alte T-ape, das griechifdie ejßq entflanden.
..Der hertlidie Tempel von Luqfor ili gegenwärtig, wie ich bereits vorher bemerkte, von einer Menge elender
Lehmhütten dergeflalt umbaut und überbaut, dafs ein genauer GrundrtTs des großartigen Bauwerkes kaum kcrzuflcllen ift,
fo viel jedoch läßt (ich deutlich erkennen, daß die Anlage im Groben und Ganzen diefclbe ift, welche wir bei den meiden
der größeren egyptifchen Tempel erkennen: die hinteren Räume mit dem Sanctuarium in ihrer Mitte find die zuerft angelegten
und kleineren, vor ihnen dann die, gleich diefen mit gewaltigen Steinplatten überdeckten, bedeutend größeren
Säulenfälc, an welche fich die hoch größeren, offenen Vorhöfe anfchließen, in die man durch ein weites, zwifchcn zwei
hochragenden Pylonen befindliches Portal eihtritt, vor welchen, zur Rechten und-Linken die Koloffalllatuen des königlichen
Bauherrn, hier Ramfes d. Gr., aufgeftellt find, und zwei Obelisken, von denen aber heute nur noch der eine an feinem
alten Platze lieht, bildeten nun den Abfchluß einer breiten, auf beiden Seiten von Widderfphinxen begrenzten Proccfiions-
flrafse, die ehedem bin zu den Tempeln von Karnak fich fortfetzte. In nordöftlicher Richtung gelangte man auf diefem,
mit großen Sandlleinquadem gepflallcrten Wege zu den Thoren eines auf der SW.-Seite dem HaupUempel von Karnak
angebauten Seitenflügek. Die Entfernung in grader Linie bis dahin beträgt, wenn man den Luqlbrobelisken ab Ausgangspunkt
rammt, Uber 6000 Fuß und' die Zahl der Sphinxe, welche zu beiden Seiten der Straße ihren Platz hatten, läßt fich
mit ziemlicher Sicherheit auf .200 angeben; diefelben find zwar heute zum größten Theil tief im Schutte verboten, doch
die an verfchicdenen Punkten vorgenommenen Ausgrabungen Haben ergeben, daß fie immer in einem Abiland von etwa
lö Fuß angebracht waren, woraus, fich alfo bei den 6000 Fufs Länge des Weges die Zahl von 600 Sphinxen auf jeder
Seite ergiebt. Fürwahr eine Straße feltener Art!
Es fpricht fich in den Tempelgebäuden von Luqfor, was nicht unerwähnt bleiben darf, eine große Unregelmäßigkeit
aus, fowohl in Bezug auf die Anlage des Ganzen, wie einzelner Räume; wir finden hier, was doch gewiß höchll fcltfam ift
einen dreimaligen Wechfel der Ächte des Tempek. Schwer ift es zu fegen, was die Urfeche der fo auffallend hier zu
Tage tretenden, den alten Egyptem doch fonft durchaus nicht eigenen Gleichgültigkeit gegen die Gefetze der Symetrie
gewefen fein mag; möglicherweife ift De in dem Umftinde zu fuchen, daß man Anftand nahm, die noch wohl erhaltenen
Mauern und Säulen des älteren kleinen Tempels niedetzureißen und fich vielmehr cnlfchloß, diefelben, obwohl in den neu
entworfenen Bauplan nicht recht paffend, dennoch bei dem Neubau wieder mit zu Verwerthen. Daß außerdem, ebenfalls
ganz abweichend von allen übrigen unmittelbar am Nile gelegenen Tempeln, der von Luqfor mit feinem Eingänge nicht
dem Strome zu gerichtet ift, für diefe Abweichung ift der Grund zweifellos in dem lebhaften Verkehre zu fuchen, der in
Folge des gemeinfemen Kultes, wie dies aus den Infehriften deutlich bervorgeht, ehedem zwifchcn den beiden Tempeln von
Luqfor und Karnak beftanden haben muß. Man wollte eine möglich« directe Verbindung mit dem letzteren herftelien,
befonders wünfehenswerth wegen der an den hohen Fellen ftattfindenden und in Folge der wachfenden Bevölkerung immer
großartiger werdenden Proceflionen, das Heiligthum konnte deshalb, da der Eingang nach Karnak zugewendet fein mußte,
nur dem Nile parallel und nicht mit feinem Portale dem Strome zu angelegt werden. Was nun den bildlichen Schmück
der Wände diefes Heiligthums betrifft, fo find es auch hier wieder, wie in den meiden egyptifchen Tempeln, voraugsweile
die Heldenthaten des fiegrcichen Herrfchcrs und die den Göttern dargebrachte Verehrung, welche in den m-nngf-.-i.fW
Variattonen in Bild und Schrift behandelt werden. Eine Ausnahme hiervon machen allein die heute leider nur nodi wenig
erkennbaren Deckenverzierungen, welche aftronomifchen Inhaltes find, und die zum Theil noch recht gut erhaltenen Bau-
infehriften, angebracht an den Architraven und ak ein oben und unten abfchließcnder Rand an den Wänden der verfdiiedenen
Öle, Zimmer und Corridore. Unter allen diefen, von dem Glanze des alten Theben und der Macht feiner Herrfcher, von
der Weisheit feiner Prieflcr und der Gefchiddichkeit feiner Künfller Zeugnifs ablegenden Du Heilungen macht uns keine
jene glorreichfte Epoche der egyptifchen Welthcrrfchaft fo anfchaulich wie das an der Außenfeite des vorderften Pylon
angebrachte große Schlachtgemälde mit der überaus werthvollen Beigabe eines den Kampf in feinem ganzen Verlaufe
bcfchreibenden Hieroglyphentextes, welcher, die größte Heldenthat des kriegerifchen Ramfes feiernd, in fchwungvoller Rede
uns erzählt von der hohen perfönlichcn Tapferkeit des noch jugendlichen Königs in einen, an den Ufern des fyrifchen
Orontes ftaugehabten Kampfe gegen den mächtigen ChctäfÜrften und die mit ihm verbündeten Völkerfchaften, in einem
Kampfe, von deffen Entfcheidung es abhing, ob die von Thebens Königen unterworfenen und zur Tributzahlung gezwungenen
Förden Afiens fich noch ferner' unter egypüfeher Oberhoheit beugen teilten. Wir haben in diefem fo werthvollen hiftorifchen
Dokumente eines jener klaff.fd.en Literaturwerke des alten Egyptens vor uns, das feiner Zeit ak ein hochgcfdiätztcs Schrift-
ftück in hitroglyphifcher und hieratifcher Abfeffung vielfach exiftirt haben mag. Noch heute find uns mehrere Redactioncn
deffelbcn auf Stein und Papyrus erhalten-, außer an den Thoren des Luqfortempels findet cs fich noch in dem gegenüberliegenden
Rameffeum, wie in den nubifchen Felfentempeln von ßct-Walli und Abu-Simbel, am ausfilhrlichften jedoch und
bei weitem beffer erhalten ak die an der Tcmpelwand eingemeißelten Hieroglyphen, in einem in hieratifcher Schrift abge-
feßten, gegenwärtig im British-Mufcum aufbewahrten Papyrus. Aus diefem Papyrus, von weldicm zuerft der fo würdige
Nachfolger unteres großen Mciftcrs Champollion, Hr. Vicomte Emmanuel de Rongé eine Uebcrfclzung gegeben hat, da
lernen wir zugleich den Namen des Dichters jener egyptifchen Ilias kennen, denn am Schluffe des Papyrus heißt cs: . Dies
ift gefchrieben worden im Jahre 7, im Monat Payni unter der Regierung des Königs Ramfes II, des in Ewigkeit lebenden
gleich feinem Vater, dem Sonnengottc Ra — gewidmet dem oberften Confervater der Bücher und verfaßt von dem
Grammaten Pcntaur.« ln einer, .der Felfentcmpcl von Abu-Simbel und feine Bildwerke und Infehriften. betitelten Abhandlung
habe ich unter anderem p. 30—43 auch die in Rede ftchende Infchrift und die dazu gehörigen Darftcllungcn
ausführlich befprochcn. Noch möchte ich zum Schluffe in Bezug auf das Obclkkenpaar von Luqfor die Bemerkung nicht
ünterlaffcn, daß der eine von diefen beiden, mit vorzüglich gearbeiteter Hieroglyphentehrift gcfchmUckten Granitmonolithen
ak ein Gefchenk von Mehmed-Ali im Jahre 1833 nach Paris gcfchafft worden, wo er gegenwärtig nuf dem Platze de ln
Concoide aufgeftellt ift. Einer der hervorragendften Archäologen Frankreichs, der durch eine Reihe ausgezeichneter Arbeiten
zumal um die cgyptifche Alterthumsforfchung hochverdiente Hr. Chabns in Chalons sur Saonc, hat nudi den Infehriften
diefes Parifer Obelisken eine eingehende Abhandlung gewidmet, und verweife ich alle diejenigen, welche fiel, für den
Gcgcnftand inlercffircn, auf die von dem genannten Gelehrten unter dem Titel: .Traduction complète des Inscriptions
hiéroglyphiques de l’obelkque de Louqsor* veröffentlichte Arbeit.
Johannes D ümichen;