D ie T em p e l r u in e n von K um-Ombo.
^ 5o ziemlich auf halbem Wege zwifchen AlTuan und Edfu, etwa 7 deutfehe Meilen nordwärts von der edleren
Stadt, liegen malerifch an einem Bergabhange des örtlichen Nilufers die Tempelruinen von Kum-Ombo. In der langen
Reihe von Denkmälern, die uns von Alexandrien bis zum Affuaner Katarakt auf beiden Seilen des Stromes erhalten geblieben,
haben fie zweifelsohne die pittoreskerte Lage. Es nimmt hier der Nil eine Harke Ausbiegung nach-Olten zu und
lind in Folge ddfen die Mauern des unteren der beiden Tempelgebäude durch die an die rechte Uferwand andringenden
Fluthen nach und nach fo unterfpült worden, dafs man mit ziemlicher Sicherheit fagen kann: der heute fchon zum großen
Theil zufammengertürzte Bau wird in wenigen Jahren gänzlich int Nile begraben fein. Der andere, nicht fo nahe am Ufer
und bei weitem höher gelegene Tempel ift zwar cinflwcilcn noch nicht den Gefahren der Zerftörung durch die Fluthen
des Stromes ausgefetzt, doch auch er hat einen mächtigen Feind, die Wilde, deren eindringende Sandwehen ihn von jahr
zu Jahr immer mehr zudecken. Auf meiner erden Nilfahrt im J. 1864 bei den Tempelruinen von Ombos anlangcnd, landete
unfere Barke zulällig an einer Stelle, wofelbd ein mächtiger in's Walfer geftUrzter Architrav lag, welcher den ihn wie
mit Hohngelächter umbraufenden Wogen die auf feiner nach oben gekehrten Vorderfeite eingemeifselte Weihinfchrift entgegen
hielt, alfo lautend: «Der König von Ober- und Unterägypten Ptolemaeus IX. Euergctes II, und feine Schwerter,
die gebietende Herrin beider Länder Cleopatra und feine Gemahlin, die gebietende Herrin beider Länder, Cleopatra, die
Götter Euergeten, fie haben errichtet zu ihrem Andenken dem Gotte Sebak-Ra, dem Herrn von Ombos, diefes herrliche
Monument aus fchönem weifsen Sandrtein als ein Werk von ewiger Dauer.» — Als ich diefe in fchönen Hieroglyphen
ausgefUhrtc, zwar fchon nicht mehr der kindlichen Epoche des alten Aegyptens, fondem bereits der fpäten Ptolomäerzeit
angehörende, immerhin jedoch vor 3640 Jahren verfhfsle Infchrift las,' und dann einen Bück hinüber warf auf das feiner
baldigen gänzlichen Zerrtörung entgegen gehende Tempelhaus, von welchem jener gewaltige Architrav lieh los gelöft hatte,
da fielen mir die Worte meines verdorbenen vortrefflichen Freundes Dr. Parthey ein, die er in Belllrchtung um das damals
zwar noch ftehende, aber bereits arg bedrohte Heiligthum von Ombos in fein Tagebuch niedergefchrieben, als er 40 Jahre
vor mir, im J. 1S23, an eben der Stelle gelandet war. »Schon wird der Fuß des Hügels, auf welchem diefer Tempel
lieht,» fo äufsertc er fich, »bei hohem Walfer Ubcrduthet und auch bei niedrigem Stande geht die Stromrinne dicht am
llcilen Abhange hin, fo dafs die äufserden Bauwerke in hohem Grade vom Nile bedroht find. Da Niemand fich zur Ein-,
dämmung des Flulfcs veranlaßt fieht, fo wird es hier gellen wie in Gau-el-Kebir, wo der ganze Tempel fpurlos von den
Fluthen weggefpült worden. So wird der wcrkiliütigc Strom, der mittelbar als der Schöpfer diefer Monumente zu betrachten
ift, auch unmittelbar ihr Zerftörer, wenn der Fleifs des Mcnfchen ihn nicht zügelt.» — Was mein verdorbener Freund
befürchtet hatte, war leider bereits eingetroffen; jenes Tempelgcbäude liegt in der Tliat jetzt in Trümmern und in wenigen
Jahren wird es gänzlich vom Nile verlhhlungen fein. —
Diele beiden, wohl ehedem durch eine von Terrade zu Terralfe emporfteigende Proecfflonsftraße und vielleicht
auch durch .untcrirdifchc Gänge mileinander verbunden gewefenen Tempelhäufer befanden fich einft inmitten einer Stadt
die, wie aus den Infchriftcn der noch dehen gebliebenen Tcmpelmauem hervorgeht, im alten Aegypten den Namen «Nub
oder Nubi» d. h. »die Goldene» filhrtc. Jener hieroglyphifche Name »Nubi» wurde bei den Griechen dann durch ein
vorgefchlagenes U oder O zü einem Unbi, Umbi und Omboi, und bei den Kopten zu Embo, während in dem Itine.
rarium Antonini die Stadl unter dem Namen Ombos und in der Notitia dignitatum als Ambos aufgclührt id, welcher
alte Stadtnamc fich ebenfo noch in der modernen arabifchen Ortsbezeichnung Kum-Ombo d. h. der Hügel von Ombo
deutlich erhalten hat Aus Aelian de nat. anim. erfahren wir, dafs die Ombiten das Krokodil verehrt hätten, und
in vollem Einklang mit diefer Nachricht liehen die bildlichen Darftellungen und Infchriftcn der beiden Ombitifchen Tempel,
aus denen wir erfahren, daß der flets als Krokodil oder krokodilköpfig mit dem Sonnendiadem auf dem Haupte abgebildete
Sebak-Ra, eine folare Gottheit die, als der Nilfchwelle vorftehend, vorzugsweife in der Kataraktengegend verehrt wurde,
der Lokalgott diefes Ortes war.
In alter Zeit gehörte die Stadt Ombos noch mit zu dem erften oberägyptifchen Gaue, dir welchen Diftrikt der
Sitz der Verwaltung in der Nomos-Hauptftadt Elephantine war, in der fpäteren griechifch- römifchcn Epoche jedoch wurde
die Gegend um Ombos aß ein belonderer Gau abgetrennt, der aß der Ombites von dem lüdlichen Nomos toSntfi
'Eltyarrivwv za) ©liiç untcrfchicdcn wird, Vielleicht auch mag diefe Abtrennung des Ombites aß eines für fich beftehen
den Gaues mit dem Verwaltungsfitze in Ombos fchon vor der Ptolemäerherrfchaft fich vollzogen haben, zu welcher Vermu-
thung eine von ßrugfcli mitgethcilic Weihinfchrift veranlaßt, die an einem -Felfen der Katarakteninfel Sehel eingemeißelt
ift, und in welcher der Verfaffer der kleinen hierogiyphifchen Legende: »ein Strateg und Oberpriefter der Kataraktentrias
Chnum, Sali und Anukc und Nomosfehreiber von Elephantine und Ombos» genannt wird. Jn der Kaiferteit trat Elephan-
line immer mehr hinter Ombos zurück, bß man fchließlich den Sitz der Verwaltung für beide Gaue nach Ombos verlegte
Und der Ombitifche Nomos nun den ganzen großen Djflrikt bß zu den Katarakten von Syene umfaßte.
Herr Vicomte Jacques de Rougi, dem wir eine Reihe von lehrreichen Abhandlungen über die geographifche Ein-
thcilung des alten Aegyptens verdanken, hat kürzlich auch in einer befonderen Arbeit die in verfchiedenen Mufeen und
Privatfammlungcn fich findenden ägypdfehen Ga um Unzen der Ptolemäer- Und Kaiferzeit behandelt, und in diefer feiner Arbeit
befpricht der genannte Gelehrte da auch drei Münzen, welche durch die Umfehrift: Ombites aß dem Gaue von Ombos
angehörig gekennzeichnet werden. Die eine derfelbcn trägt das Bild eines Kriegers mit der Lanze in der Rechten und
auf der Linken ein Krokodil haltend, die zweite hat einen eben folchen Krieger, nur mit dem Unterfchied, daß das Krokodil
zu feinen FUfsen liegt, während die dritte, mit Fortlaffung des Kriegers, nur die Nomosgottheit des Ombitifchen
Gaues, den aß Krokodil mit der Sonnenfeheibe auf dem Haupte dargeftcllten Sebek-Ra zeigt. — Unter dem Bilde eines
Krokodiß wird vorzugsweife auf den Monumenten der fchreckliche Feind des Sonnengottes Horus, der mit den Göttern des
Lichts in lletem Kampfe liegende Seç-Typhon, das böfe Princjp in der ägypdfehen Mythologie zur Anfchauung gebracht,
der der Nilfchwelle vorftehende Kataraktengott jedoch, der gieichfalß aß Krokodil dargeftellte Sebek-Ra, welcher im Tempel
von Ombos in Gemeinfchaft mit dem Sonnengotte Horus, und zwar mit Hor-uer, d. h. dem großen Horus verehrt
wurde, kanh unmöglich diefes Lichtgottes fchlimmften Feind vorflellen feilen. Der in Ombos verehrte Sebek-Ra, d. h.
Sebek die Sonne, und der auch in den Infchriften geradezu der Herr des Uchtes genannt wird, kann nicht identifch mit
Set-Typhon, dem Repräfcntanten der Finfterniß und. Führer der den Lichtgöttcm feindlichen’Dämonen fein. Mit Recht
bemerkt deshalb in Bezug hierauf Herr J. de Rouge pag. 5 feiner Abhandlung: »Le temple d'Ombos, dont les ruines
fubfiftent encore, femble avoir été divifé en deux parties pour je culte; rmie était confacrée à Har-uer, ceft-à-dire
Horus-le-grand, l’Aroueris des Grecs, et l’autre à Sebek, le dieu à tète de crocodile. La préfence fimultanée de ces
deux divinités avait étonné les archéologues, car le crocodile étant d'habitude l'emblème du dieu Set, l'antagonifte d'Horus