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 (Oestl.  T heben.) 
 -D ie   Hauptgruppe  der aus  dem alten  Theben  uns  erhalten gebliebenen  Monumente  finden wir auf der  rechten  
 Seite des Stromes, und zwar in unmittelbarer Nähe des Dorfes Karnak, welches auf dem Terrain, das wir als ehemaliges Stadtgebiet  
 der altägyptifchen Capitale bezeichnen können, die Nordofleckc einnimmt.  Von der 12. Dynaflie an (3. Jahrtaufend v. Chr.)  
 bis  zur  Kaifcrzcit  hinauf  itt  an  dem  großen  Reichstempel  von  Karnak  und  den um  denfelbcn herum  ftch gnippirenden 
 HeiligthUmern  gebaut  worden.  Wie  nirgend  wo  anders  im Nilthale,  können wir  hier  an  den  noch  flehenden zahlreichen 
 Denkmälern  deutlich  verfolgen,  wie  von  Gefchlecht  zu  Gefchlecht die Henfcher  Aegyptens  es  fich  hatten angelegen  fein  
 Jaffen,  ihre  Reftdenz  durch  großartige  Bauwerke  zu  fchmilcken,  und  wie  es  ihnen  eine  nicht  minder  heilige  Pflicht  ge-  
 wesen,  die  von  ihren Vorfahren  errichteten  und  im  Laufe  der  Jahrhunderte  in Verfall  gerathenen  Prachtgebäude 
 wieder  herzuftellen,  zu verschönen  und  auch  durch  Neubauten  zu  erweitern.  In einer  ganz  vorzüglichen,  die  Ergebniffe  
 einer  forgfältigen  Durchmuflerung  der  Monumente  Theben's  kurz  zufammenfaffenden  Befprechung  äußert  fich  
 Lepfius  in  dem die  Gefchichte des  Reichstempels von  Karnak  behandelnden  Abfchnitte feiner Briefe  pag.  272  alfo:  .An  
 diefen  Tempel  knüpft  fich die ganze  Gefchichte  des  ägyptifchen Reichs  feit der Erhebung der  Ammonsfladt  zu  einer der  
 beiden Landesrefidenzen.  Alle Dynaftien wetteiferten  in dem Ruhme,  zur Erweiterung, Verfchönerung oder Wiederherftellung  
 diefes  Nationalheiligthums  das  Ihrige  beigetragen  zu  haben.  Es  ward  unter  der  erilen  thebaifchen Reichsdynaflie, der  
 zwölften  bei Manethos,  von  ihrem  erilen Könige,  dem mächtigen  Sefurtefen  I.  im  viertletzten  Jahrhundert  des  dritten  
 Jahrtaufend  v.  Chr.  gegründet  und  weift  noch  jetzt  in  feiner  Mitte  einige  Trümmer  aus  der Zeit  und  mit  dem  Namen  
 diefes  Königs auf.  (Durch neu  aufgefundene  Infchriflen  hat  fich  inzwifchen  herausgeftellt,  dafs bereits  von  einzelnen  Vorgängern  
 des Sefurtefen  am Tempel von Karnak gebaut worden.)  Während der  nächftfolgenden Dynaftien, welche mehrere  
 Jahrhunderte hindurch unter dem Drucke des  fiegreichen  Erbfeindes  feufzten,  fland  auch das Heiligthum  ohne  Zweifel  ver-  
 waift  und  nichts  hat  fielt  erhalten, was  in  diefe Zeit gehörte.  Nachdem aber dem erilen Könige der  17. Dynaflie Amosis  
 im  17.  Jahrhundert  v.  Chr.  die  crlle Schilderhebung  gegen  die  Hyksos  geglückt  war,  fo  erbauten  fchön  feine  beiden  
 Nachfolger  Amenophis  I.  und  Tuthmosis  I.  um  die  Rclle  des  alten Heiligthums  einen  flattlichen  Tempel mit vielen  
 Kammern  um  die  Cella  und mit  einem  breiten Hofe  nebll  den zugehörigen  Pylonen,  vor welchen Tuthmofis  I.  zwei Obelisken  
 errichtete.  Zwei  andere Pylone mit anftofsenden  Hofmauem wurden  von dentfelbcn  Könige  im  rechten Winkel mit  
 dem Tempel nach  Luqfor zu  erbaut.  Tuthmofis  III.  und  feine Schwcfter  vergrößerten  diefen  Tempel  nach  hinten durch  
 einen  auf 56 Säulen  ruhenden  Saat  nebft  vielen  ändern  Kammern,  die  ihn  an drei Seiten  umgaben  und  von  einer gemein-  
 fchaftlichen  Aufscnmauer  umfafst wurden.  Die  folgenden  Könige  fchlofien  tlteils  den  Tempel  vollfländigcr  nach vom ab,  
 theils  erbauten  fie  neue  unabhängige  Tempel  in  der  Nähe,  legten  auch  zwei  andere grofsc Pylone  in der  iüdweftlichen  
 Richtung vor die des Tuthmofis  1.,  fo  dafs nun von diefer Seite  her vier hohe Pylone den  flattlichen  Zugang zum  Haupttempel  
 bildeten. 
 Eine  noch weit glänzendere  Erweiterung  des  Tempels wurde  aber  im  15.  und  14. Jahrhundert  v.  Chr.  von  den  
 grofsen Pharaonen  der  19.  Dynaflie ausgefUhrt,  indem Sethos  I.,  der  Vater des Ramfes-mi-Amon,  in der urfprünglichen Axe  
 des  Tempels den mächtigften  Pfeilerfaal  erbaute,  den  Aegypten  und  wohl  irgend  ein  Land je gefeiten.  Von  134 Säulen  
 wird  das  (leincrnc Dach getragen, welches  einen  Raum  von  164 F.  Tiefe  und  320 F.  Breite  überdeckt.  Jede  der  Zwölf 
 Mittelfäulen hat  36 F.  im Umfange  und  ift bis unter den  Architrav 66 F.  hoch;  die übrigen Säulen  von 40 F.  Höhe haben  
 27 F.  im Umfänge.  Es ift unmöglich,  den überwältigenden Eindruck  zu  befchrciben,  den jeder erfährt,  der zum erilen Male  
 in diefen Wald von Säulen  tritt,  und aus  einer Reihe  in die andere wandelt,  zwilchen  den von allen Seiten bald ganz,  bald  
 theilweife hervortretenden  Götter-  und  Königsgeflalten,  die  auf den Säulen abgebildet  find.  Alle Flächen  find mit  bunten  
 theils  erhabenen,  theils  vertieften Sculpturen  bedeckt,  die aber  eril  unter  den Nachfolgern  des Erbauers vollendet wurden,  
 und  zwar zum größten Thcilc von  feinem  Sohne  Ramfes-mi-Amon.  Vor  diefes  Hypoftyl  ward  fpäter  noch  ein  großer  
 hypäthraler,  nur an den Seiten mit Säulengängen  verzierter -Hof von  270 zu 320 F., mit  einem  flattlichen Pylon vorgelegt. 
 —  Hiermit  fchlofs die Hauptanlage  des  Tempels  ab  in  einer  Länge  von  1.70 F., ohne  die  Sphinxreihen  vor  feinem  
 äufserften Pylone und ohne das  befondere Heiligthum, welches von Ramfes-mi-Amon unmittelbar an die hinterile Mauer des  
 Tempels,  und  in gleicher Axe,  doch  fo gelehnt wurde,  daß  fein  Zugang  von der  entgegengefetzten Seite  her war.  Diefe  
 Erweiterungen  mit  .zugerechnet,  würde  die  ganze  Länge  nahe  an  2000 F.  betragen bis zu dem  fUdlichflen Thore der  
 äufserften  Umfaffungsmauer,  welche diefen ganzen  Platz von ungefähr gleicher Breite umgab.  Die fpäteren Dynaftien, welche  
 nun  den Haupttempcl nach allen Seiten  fchon abgefchloffen  fanden, gleichwohl aber  nicht  darauf verzichten  wollten,  auch  
 ihrerleits diefen Mittelpunkt des Thebaifchen  Gultüs  zu  verherrlichen,  begannen  theils  auf der großen von der genannten  
 Ringmauer umgebenen  Fläche abgefonderte  kleinere Tempel  zu  errichten,  theils auch diefe wieder nach außen zu erweitern. 
 —  Das Haupt der  20. Dynaflie, Ramfes Ul.,  (der Erbauer des großen Tempels  von Medinet-Habu)  deffen  Kriegszüge  
 in  Afien  im  13. Jahrh.  v.  Chr.  kaum  denen  feiner berühmten  Vorfahren Sethos  1.  und Ramfes  II.  nachflanden, baute einen  
 befondem Tempel mit Säulenhof und Hypoftyl  über  200 F.  lang,  welcher  nun  ziemlich  unfymetrifch  die  Umfaffungsmauer  
 des äußeren  Vorhofs  durchfchneidet,  und gründete  in  einiger Entfernung davon  ein noch größeres Heiligthum für die dritte  
 Perfon der Thebaifchen  Triade,  den  Ammons-Sohn  Chunsu.  Diefes  letztere vollendeten  die  folgenden  Könige  feiner Dynaflie  
 Und  die Priefterkönige  der  21. Dynaflie, welche  einen  flattlichen Säulenhof und  einen  Pylon davor hinzufügten.  Aus  
 der  22. Dynallie  ift Schcfchonk L, der kriegerifche König Schifchak der Bibel,  bekannt, welcher um  970 Jerufalem  eroberte. 
   Seine afiatifchen  Kriegszüge  find an der  tödlichen Außenwand des großen  Tempels verherrlicht, wo er  140 überwundene  
 Städte  und  Landfchaften  in den  fymbolifchen Geflalten  von  Gefangenen  vor Ammon  führt.  —  Die  beiden  genannten  
 Priefterdynaftien,  welche  unmittelbar auf die Ramefliden  folgten, waren nicht mehr Thebaifchen Stammes,  fondem  
 gingen  aus  unterägyptifchen  Städten  hervor.  Die  Kraft des  Reiches  fank mit diefem Wechfel  und nach der kurzen  23.  
 Dynaflie,  aus welcher  fich gleichwohl  noch  einige Refte  in Karnak  finden,  fcheint  eine Revolution  eingetreten zu  fein.  Die  
 jetzigen Liften der Schriftfleller nennen  nur einen  König der  24. Dynaflie, der  fich noch  nicht auf ägyptifchen Monumenten  
 wiedergefunden.  Unter  ihm erfolgte der Einfall der Aethiopen, weiche die  25- Dynaflie bilden.  Schabak und  Tahraka  
 (So  und Tirhaka  der  Bibel)  regierten  im  Anfänge des  7. Jahrhunderts  in  Aegypten.  Diefe Könige kamen zwar aus Aethio-  
 pien,  herrfchten  aber vollkommen  in ägyptifcher Weife.  Auch  fie  verfäumten  nicht,  dem  ägyptifchen  Götterkönige  ihre  
 Verehrung zu  beweifen.  Ihre  Namen  finden  fich  auf  mehreren  kleineren  Tempeln von Karnak  und an  einer  flattlichen  
 Colonnade  im grofsen  Vorhofe,  welche zuerft  von Tahraka angelegt worden  zu  fein  fcheint.  Diefer letztere wanderte nach  
 der Gefchichtserzählung  freiwillig  wieder  nach  Aethiopien  zurück  und  überließ das ägyptifche Reich  feinen  eingeborenen