betrifft, so mögen wohl einzelne Münzen oder auch deren eine
Menge von gleichem oder zunächst folgendem Gepräge durch die
einfallenden und nachmals ansässigen Deutschen verloren gegangen
sein, aber nicht ganze mehrere Jahrhunderte umfassende Münzreihen.
Sieht man schon heutzutage im täglichen Leben nur selten Stücke
von fünfzig Jahren her, so war dieses unter den römischen Kaisern
noch viel mehr der Fall, da gewöhnlich die Nachfolger die Münzen
ihrer Vorgänger ausser Kurs setzten.“ Mit der letzteren Behauptung
geht nun Schreiber entschieden viel zu weit: sie lässt sich
höchstens, und selbst da nicht in vollem Umfang, auf die Goldmünzen
anwenden und auf die Silber- bezw. Billonmünzen einiger
Kaiser des dritten Jahrhunderts (s. u.). M o m m s e n (Römisches
Münzwesen S. 770) hebt allerdings hervor, dass die Goldmünzen
der früheren Kaiserzeit die Regierungen, unter denen sie geprägt
wurden, im Verkehr nicht lange überdauern: „Die 708—720 (46 bis
34 v. Chr.) geschlagenen Goldstücke machen sich schon um 744
(10 v, Chr.), die des Augustus schon unter Tiberius, die des Tibe-
rius schon unter Domitian selten, und die im zweiten Jahrhundert
vergrabenen Goldschätze weisen von den Goldstücken des ersten
nur die Neronischen und die diesen gleichwichtigen leichtesten auf.
Davon, dass die älteren schwereren Goldstücke mit Aufschlag im
Verkehr geblieben seien, findet sich nirgends eine Spur.“ Es ist
für den Münzstatistiker eine erfreuliche und. ermutigende Thatsache,
dass diese Beobachtung Mommsens, die er an grossen Goldfunden
in verschiedenen Teilen des römischen Reichs gemacht hat (vrgl.
S. 755 A. 54, S. 753 A. 42, S. 754 A. 44), auch durch die viel
weniger umfangreichen Funde im Dekumatenland ihre Bestätigung
erhält. Abgesehen davon, dass sich Neronische Goldstüeke nicht
selten allein finden, sind sie häufig bei längeren Münzreihen die einzigen
Vertreter der Juliscb-Claudischeu Dynastie: vrgl. Bissinger l l.i,
in einer Münzreihe von Messkireh, die von Trajan bis Oommodus
gebt; 49.2 in einer solchen von Nerva bis Hadrian; in Württem
berg: 25.i in Köngen in einer Münzreihe von Vespasian bis auf
Valerian I., in der sich sonst nur noch ein Goldstück von Antoninus
Pius findet; 162.1 in Heidenheim, wo die übrigen Münzen von
Vespasian bis Commodus gehen; 190.1 in Welzheim bei einer Reihe
von Vespasian bis Elagabalus; 10.2 in Böblingen fand sich ausser
einer Goldmünze des Nero noch eine solche des Vespasian; in dem
reichen Fund von Risstissen, der bis auf Valentinian I. geht, gehört
wiederum das einzige darunter befindliche Goldstück dem Nero
an; in Cannstatt 20.13 endlich steht einem goldenen Nero nur
noch ein goldener Honorius zur Seite und in Auingen 227.1
einem solchen ein Gratianus. Überhaupt findet man von keinem
Kaiser verhältnismässig so viele Goldstücke wie von Nero. In
Baden (Bissinger III S. 36) sind unter 48 Münzen des Nero 14 Goldstücke,
während auf 168 des Septimius Severus 0 , auf 160 des
Trajan 8, auf 138 des Hadrian 1, auf 135 des Antoninus Pius 1,
auf 110 des Vespasian 8 , auf 97 des Domitian 5 , auf 88 des
Constantin I. 1, endlich freilich auffallenderweise auf 21 des Titus
8 kommen; trotzdem entfallen von der Gesamtsumme der in Baden
gefundenen römischen Goldmünzen, 51, ein Drittel bis ein Viertel,
14, auf Nero. In Württemberg stellt sich die Sache noch günstiger:
unter 50 Münzen bei Nero sind 12 von Gold, unter 334 bei Septimius
Severus 0 , unter 241 bei Antoninus Pius 6 , unter 223 bei
Trajan 1, unter 168 bei Constantin I. 2, unter 160 bei Vespasian 2,
unter 157 bei Hadrian 0, unter 89 bei Domitian 2 und unter 21
bei Titus 1. Im ganzen entfallen unter den 37 in Württemberg
gefundenen römischen Goldmünzen, von denen zwei unbestimmbar
sind, 12, also ein Drittel, auf Nero. Die Neronischen Goldstücke
geben demnach,keinen historischen Anhaltspunkt; dagegen dürfen die
nichtneronischen als nicht lange nach der Zeit der Regierung, der
sie angehören, verloren oder vergraben angesehen werden. — Anders
verhält es sich mit dem Si lberge ld. Zwar wirkten nach Mommsen
(Münzwesen S. 774) auch hier die fortdauernden Münz Verschlechterungen
störend auf die Courantverhältnisse ein. Aber, wenn auch
die von Nero bis auf Commodus geschlagenen, an Gehalt ungleichen
Denare in grossen Funden vielleicht nie gleichmässig gemischt Vorkommen,
sondern entweder die Denare von Nero bis auf Trajan
oder diejenigen der Antonine überwiegen, so kommen sie eben
doch neben einander vor und es folgt daraus, „dass Funde dieser
Art, namentlich die im freien Deutschland gemachten, keineswegs
mit Sicherheit angesehen werden können als vergraben in der Zeit,
der die jüngsten Münzen angehören, sondern grossenteils eben als
altes und besseres Courant zum- Vergraben ausgesucht worden sind.“
Epochemachend war hier erst die von Septimius Severus im Jahr 198
vorgenommene Münzverschlechterung, durch die „das Silber zum
Billon wird und die Hälfte und mehr des Bruttogewichts auf das
Kupfer kommt“ (Mommsen 1. c. S. 757). Diese „änderte so plötzlich
und so gewaltsam den Metallwert, dass die alten und die
neuen Denare sich augenblicklich schieden und vor- und nach