So wären nur noch einige Worte über die ke l t i s ch- g e r mani
schen Münzen zu sagen. Fr. Streber (Abhandl, d. Bayr.
Ak. d. W. I. Klasse Bd. IX. (1860) Abt. I und III S., 165—276
und 547—730) hat in scharfsinniger Weise nachgewiesen, dass die
sogen. Regenbogenschüsselchen keltischen Stämmen und zwar vorzugsweise
den Bojern, Tectosagen und Helvetiern angehören und
dass sie spätestens dem 4., nach seiner Meinung dem 5. Jahrhundert
vor Christus zuzuweisen seien. Demnach müsste eine Münzstatistik,
die, wie die vorliegende, an den einzelnen Fundorten die
chronologische Anordnung festhält, diese und auch die ihnen verwandten
nachweislich (z. B. als Nachahmungen von Diadochen-
rnünzen) jüngeren keltischen Münzen an die Spitze stellen. Ich
habe sie nachgestellt, weil der Schwerpunkt meiner Arbeit in den
Funden römischer Münzen liegt, die mit den griechischen und byzantinischen
zusammen eine fortlaufende Reihe bilden, während die
keltischen und germanischen (abgesehen von den 2 Ostgotenmünzen
des Athalarich 526—534 und des Totila 542 552 N>* 266. n
und 113. e) als einem ganz ändern Zeitraum angehörig für sich
stehen und nur anhangsweise herangezogen wurden.
Der Anteil der Germanen an diesen Münzen ist freilich ein
sehr geringer. Aus Tacitus (Germ. 5. 12. 15. 21.) wissen wir, dass
noch zu seiner Zeit der grösste Teil der Germanen das Geld überhaupt
nicht kannte, sondern noch auf der Kulturstufe stand, wo
insbesondere das Vieh die Stelle eines Tauschobjekts vertritt. Auch
Strafen wurden in der Form der Auslieferung von einigen Stück
Vieh verhängt. Nur die dem römischen Reich zunächst wohnenden
Stämme wussten überhaupt das Geld im Handelsverkehr zu schätzen.
Dabei zeigten sie eine gewisse Vorliebe für bestimmte Geldsorten
nach wunderlichen Gesichtspunkten : sie zogen die Silbermünzen dem
Golde vor und liebten besonders alte (republikanische s. S. 12) Münzen.
Was Tacitus an diesen Stellen sagt, stimmt vortrefflich mit unsern,
freilich sehr bescheidenen Funden. Wir können höchstens ei nen
germanischen Stamm nachweisen, von dem sich eigene Münzen bei
uns fanden: das sind die Treviri*), die im Moselgebiet wohnten
*) Die Treviri nehmen eine eigentümliche Mittelstellung zwischen Germanen
und Galliern ein. Sie selbst bildeten sich etwas auf ihre germanische
Abkunft ein, wie auch die Nervier (Tac. Germ. 28). Caesar B. G. VIII. 25
und V. 3 scheint sie für germanisierte Kelten zu halten, indem er zwar zugieb ,
dass sie ihrer Art nach den Germanen näher als den Galliern stehen, dies
aber aus der Nachbarschaft der ersteren erklärt. Aus B. G. II. 24 lässt sich
gar nichts folgern. Von gemeingallischen Konzilien hielten sie sich häufig
und von deren Münzen drei Stück (zwei silberne und eine bronzene)
bei Böblingen (10. 4—6) zum Vorschein kamen. Sonst können
vielleicht noch die beiden Goldmünzen aus dem Rheingebiet,
deren eine in Eltingen (32. i), die andere in Nagold (90. 4) gefunden
wurde, und das einzige Exemplar der nach einem Hauptfundort
in Böhmen sogen. Podmokler Typen, das von Herrenberg
(80. 4) stammt, herangezogen werden.
Das ist aber auch kein Wunder; denn in jener vorrömischen
Periode, aus der die grosse Masse der bezeiclmeten barbarischen
Münzen stammt, wohnten in unsern Gegenden, dem späteren römischen
Decumatenland, überhaupt noch keine Germanen, sondern
keltische Stämme, wie dies schon Caesar, Livius und Tacitus bezeugen.
Die allgemeinste Angabe ist die bei Liv. V. 34, 4, nach
der unter der Regierung des Tarquinius Priscus (34, 1) eine Keltenschar
unter Bellovesus nach Italien, eine andere unter Segovesus
nach den Hercynei saltus ausgewandert sei. Aus Caesar B. G. VI.
24, 1 f. erfahren wir ebenfalls, dass einst die Gallier, kriegstüchtiger
als die Germanen, infolge von Übervölkerung Kolonien nach
dem rechten Rheinufer gesandt hätten, so z. B. die Volcae Tecto-
sages, die sich in der Gegend um den hercynischen Wald niederferne
(ib. VI* 3. VII. 63). Von den Germanen unterscheidet sie Caesar wieder
ausdrücklich (VIII. 45) und ebenso Dio Cassius 51, 20, 5 (Riese III. 21), bei
dem unter KsVcol die Germanen zu verstehen sind. Tacitus scheint sie
trotz obiger Stelle der Germania an anderem Ort (Ann. III. 40) wieder zu
den Galliern zu rechnen. Pomponius Mela (3, 20 Riese IV. 108) rechnet sie
zu den Beigen. Endlich sagt Hieronymus in der Einleitung zum Galaterbrief
(prolog. in üb, II. comm. in Gal., vrgl. Lipsius, Hand-Komm. z. N. Testament II. 2.
1892 S. 1 f.): die Galater in Kleinasien redeten dieselbe Sprache wie die Trevirer
an der Mosel. Angesichts dieser abweichenden Nachrichten der Alten sind auch
die Neueren nicht ganz einig. Die meisten, wie Nipperdey zu Ann. I. 41, Zeuss
(Die Deutschen und die Nachbarstämme S. 216), der den Namen aus dem
Keltischen ableitet, Arnold (Deutsche Urzeit S. 22), der eine Germanisierung
der Trevirer zur Zeit des Hieronymus (331—420j für noch nicht möglich hält,
Dahn, Urgeschichte I. S. 11, Bacmeister A. W. S. 87 A. 2, sehen sie als Gallier
an, Gerlach (zu Tac. Germ. 28 S. 136) als Germanen. Ich bin am ehesten
geneigt, auf die eigene Überlieferung der Trevirer einerseits und das Zeugnis
des Hieronymus andererseits hin sie für frühe über den Rhein gewanderte
und allmählich keltisierte Germanen zu halten: dass diese linksrheinischen
Germanen nach echt deutscher Art sich dem gallischen Element gegenüber
durchaus nicht fest zusammenschlossen, zeigt deutlich Caesar B. G. VI. 32. —
Die Nachricht, dass die Trevirer während der römischen Kaiserzeit Münzen
prägten (Treb. Poll. trig. tyr. 31, 2 Riese VIII. 99), kommt für die jedenfalls
bedeutend älteren Münzen, um die es sich hier handelt, nicht in Betracht.