
SiebenunÖ3wan3igites Kapitel.
D a s G eb irg e Öer ta u fe n d C ä le r.
O f m 26. Sanuar. Sie SJtinimaltemperatur ijätt fich auf etttm 5 Grab
unter 9tuü; ein leister Steif, ber ben 93oben bebecfte, üerfcf)Wanb,
als bie Sonne aufging, unb aus bent Spiegel beS SeicheS ftiegen
bünne, weiße Sampf Wolfen auf, bie geigten, baß eS int ßanat Wärmer
ift als auf ber Dberfiäcf)e beS SBobenS.
Säglich ftubiere icE) mit wadhfenbem Sntereffe bie in großem Sftaß*
ftabe auSgefiifjrten engtif^en unb ruffifc^en harten non Sßerfien, bie
ich mitgenommen tjabe, unb freue mich jeber Gelegenheit, fie bertioH=
ftänbigen gu iönnen. (Sine Xagereife, auch locnn fie eine 30 ®ito=
meter lange Strecfe umfaßt, ift auf Hefen harten fein großes Stüdf,
unb mir fchtoinbeit beinahe, toenn idh an bie fofoffafe Entfernung
gwifdfjen bem SIrarat unb bem „23erg beS fdhtnargen SönigS" benfe,
hinter bem idh ein anbereS Sanb gu betreten beabfidhtige. (ßerfien ift
arm an altem, außer — an Quabratf ilometern; ihre Saf)! betrögt
1645000, baS Sanb ift alfo meßt als breimaf fo groß als baS Seutfcße
Steich, unb babei ift bie (Sintoohnergahl ffierfienS mit runb 9 SJtiKionen
faft nur ein Siebtel ber beS Seutfctjen Steigs.
Sn bem allgemeinen (Relief unb bem orograpfjifdhen ®au Öre &
biele 3üge, bie fßerfien mit bem tibetifdhen fpocfjianb teilt. Stuch i)kv,
obgleidh auf einem Stiöeau, beffen $öfje hinter bem tibetifdhen um etma
4000 SReter gurücfbieibt, giehen wir burdh lange, breite unb offene
Sängentäter mit fehr ebenem SSoben aus feinem, gerteiltem SRateriai,
begrengt burdh telatiö niebrige, Weit auSeinanberliegenbe betten unb
Äämme; baS Sanb ift fterii, tot unb öbe, unb feiten ftößt man auf
STieitfd^en. Unb bennodj finb bie Unterfdhiebe groß! Ser größte
ift baS Stuftreten oerhättniSmäßig reichlicher Siieberfdhläge in Sibet,
wo ewiger Schnee bie Gebirge frönt, wo füße Quellen an ben Ufern
großer Seen entfpringen, wo infolge ber |>öhe ftrenge teilte herrfdjt
unb wo GraS unb wilbe (Eiere häufiger finb. ÜBaS aber öor atlem
ben, ber Sibet burdhreift, an ißerfien erinnert, bas ift bie Sage ber
(Gebirge unb ihre gegenfeitige (Gruppierung. Sn beiben Sänbent finb
fie im SBeften am bidfjteften gufammengebrängt unb bioergieren nach
Qften hin. Sät weftlidhen, fübweftlichen unb fiiblichen (ßerfien bitbet
ein nach ©üben fonoejeS Spftem ein treues Sibbitb beS fflogenS beS
^jimaiaja; bie SBergfetten, bie fic£» über ßafchan, Segb unb $irman
hingiehen, entfpredhen bem SranShimalaja, unb ber ElburS unb bie
Gebirge non Gfjoraffan im (Rorbett finb eine SBieberhofung beS Äwen=
fun. Siber anftatt beS fwdhalpinen SanbeS im Süben beS $wen4un
behnen fich im Süben beS (Gebirges oon Stjoraffan bie große SSüfte
unb bie ®ewir aus. Sie 9ihnlt<i)feit erftreeft fidh noch einen S t r it t
weiter nach £>ften, wo Sibet in baS inbodhinefifdhe Spftem übergeht,
(ßerfien aber in bie (Gebirge oon Slfghaniftan unb Setutfdhiftan. Sie
Erboberftädhe hat fidh per in regelmäßige galten gelegt, bie wie
Sraperien nach ©üben hängen, wie bie GebirgSbogen an ben Dft=
füften SlfienS, wo fie befonberS hübfdh in ben Sogen üon Sapan,
Samtfchatfa unb ber Slieuten heroortreten.
SaS alte Sfchupunun rechts hinter uns gurücfiaffenb, fteigen wir
nach 9iorboften aufwärts unb fommen babei enblidh auch aus bem
Sängentai heraus, bem wir gwei Sage gefolgt finb. SaS (Relief beS
GefanbeS wirb jeßt lebhafter unb abwechslungsreicher; bor uns unb
auf ben Seiten taudhen neue Gebirge auf, unb oft fieht man burdh
bie Sücfen gwifdhen ihnen ferne tämme unb Sanbrücfen. 5ßufa=i=wer*
benb ift ber rote Gipfel, ber rechts liegen bleibt, unb linfS geigt fidh
eine tette, bie ben poetißhen (Rainen tuh=i=hefar=bere, baS „Gebirge
ber taufenb Säier" führt, unb oon ber bie (Riguberge ein Seil finb.
$ e b i n , Sftadj Stab ten . I . 2 0