Nach seinen Untersuchungen an menschlichen Körpern, an den Verdauungswerk-
zeugcn des Pferdes und am untern Theil des Darms der Gans, sollen die Saugadern mit
kleineren oder gröfseren Zweigen, Stämmchen und Stämmen, an verschiedenen Stellen,
aufserhalb den Saugaderdrüsen, in die Pfortader, in die innere Schamvene, die Nierenvenen,
die untere Hohlader und die unpaarige Vene einmünden, und sehr zahlreich mit
den Wurzeln der Blutadern eben so zusammenfliefsen, wie die Harngefäfse der Arterien in
diese sich umbiegen. Diese verschiedenen Arten der Verbindungen hat Lippi in mehreren
Abbildungen, die 8 Folio —Tafeln anfüllen, dargestellt, und sie wären es, die unsere Aufmerksamkeit
im höchsten Grade ansprechen würden, wenn wir auf ihre Zuverlässigkeit
bauen dürften. Allein dieses ist nach meinen Erfahrungen nicht der Fall; Verbindungen
durch so starke Gefäfse, und aufserhalb der Saugaderdrüsen, finden im Menschen und den
Säugthieren nicht statt. Bei dem Menschen und den Säugthieren geschieht die Verbindung
nur in den Saugaderdrüsen, bei den Thieren, die dieser Gebilde gröfstenlheils ermangeln,
in den Fischen, Amphibien und Vögeln, sieht man sie an verschiedenen Stellen
des Körpers mit blofsem Auge.
Während meiner Untersuchungen, denen ich seit fünf Jahren obliege, und die
ich nach allen Richtungen auszudehnen mich bemühte, sah ich im Menschen und den
Säugthieren niemals eine Saugader, die sich aufserhalb der Saugaderdrüsen, auf einiger
Entfernung von den Insertionsstellen der Milchbrustgänge in die Schlüsselbeinblutadern, in
eine Vene eingesenkt hätte; alles Quecksilber, welches ich an den verschiedenen Gegenden
des Körpers in den Venen fand, oder "welches ich während der Einspritzung der Saug—
adern in diese überfliefsen sah, wurde durch die Blutadern, die aus den Drüsen entsprangen,
dahin geleitet. In der ersten Zeit, als ich diese Verbindungen gewahr wurde, war
ich auch der Meinung, es seyen ausführende Saugadern der Drüsen, die das Quecksilber in
die Venen überführten, allein bei wiederholten und genaueren Untersuchungen wurde ich
bald den Trrthum gewahr; ich erkannte sie als Venenzweige. Nicht nur die Form dieser
Gefäfse bezeichnele sie mir als Blutadern, sondern auch die Umstände, dafs sie oft noch
Blut enthielten und aufser den ausführenden Saugadern die einzigen Gefäfse waren, die "v^on
den Drüsen abgingen. Um hier nicht getäuscht zu werden, ist grofse Vorsicht nöthig; man
mufs sich von dem Vorhandensein der verschiedenen Gefäfse, die in die Structur
der Saugaderdrüsen eingehen , genau unterrichten, bevor, man den entscheidenden
Ausspruch wagt.
Dieser verborgene Zusammenhang der Saugadern und Venen in den Saugaderdrüsen
ist es auch, der die Anfüllung des Saugadersystems in seiner weitern Verbreitung
oft sehr bedeutend erschwert, da das Quecksilber hierdurch in die Venen abgeleitet wird.
Um diesem zu begegnen ging ich, wenn sich vermuthen liefs, dafs mehrere Saugaderdrüsen
angefüllt seyn könnten, auf diese ein, legte sie, so weit es thunlich war, blofs, um mich
zu überzeugen, ob das Quecksilber in den Saugadern fortschreite, oder durch die Venen
der Drüse abgeleitet würde. War dieses der Fall, so unterband ich die Gefäfse in der
Nähe der Drüse, oder brachte die Venenästchen oder Stämme, in welche sie sich einsenkten
zwischen zwei Ligaturen, so, dafs das Quecksilber nur in den, von den Ligaturen
eingeschlossenen Theil, gelangen konnte. Fuhr ich nun fort, das Quecksilber aufs neue
in die zuführenden Saugadern einzuspritzen, so rückte dieses, nachdem die unterbundenen
Venen angefüllt waren, in andere Drüsen und abermals weiter, wenn es nicht, wie zuvor,
durch die Venen dieser Drüsen von den Saugadern weggelenkt wurde.
Bei diesen Gelegenheiten war es dann nicht selten, dafs ich gerade an den Stellen,
wo Lippi in die Venen mündende Saugadern abbildet, Venen unterbunden und mit Quecksilber
angefüllt hatte. Dies war der Fall an den Aesten und Stämmen der Pfortader, an den
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inneren Schamvénen, an den Niërenvenen, der untern Hohlader, der unpaarigen Vene,
und noch an vielen anderen Blutadern des Menschen und der Säuglhiere.
Die Anatomen, welche eine Verbindung der Saügadern mit den Venen aufserhalb
den Saiigaderdrüsen beobachtet zu haben angeben, scheinen nicht die erforderliche Zeit
zu ihren Untersuchungen verwendet zu haben, und nicht mit der Vorsicht und Genauigkeit
7.u Werke gegangen zu seyn, als es diese, allerdings sehr schwierigen Arbeiten erheischen-
sie wurden getäuscht; sie hielten die von den Drüsen abtretenden Venen für Sau°-adern.
Verbindungen zwischen den Capillargefäfsen der Saugadern und Venen, wie sie
Herr Professor L ippi abgebildet hat, einen Zusammenhang in der Art wie die Pulsadern
in die Venen sich fortsetzen, habe ich, trotz der zahlreichsten und glücklichsten Injektionen
der Saugadern des Menschen und der Wirbelthiere, nie gesehen, und nach den Begriffen,
die wir von den Verbindungen der verschiedenen Gefäfse überhaupt haben, ist es auch
nicht wahrscheinlich, dafs solche bestehen.
Das Blutgefäfssystem stellt einen in sich geschlossenen Kreis dar, dessen venöse
Sphäre Anhänge, Saugadern zeigt, die aus den verschiedenen Theilen des Körpers entspringen.
Die Saugadern sind diè Wurzeln des Blutgefäfssystems, welche in dessen venösen
Theil einmünden und die Substanzen, die sie aus den verschiedenen Gegenden des Körpers
aufgenommen haben, in dasselbe führen. Aller Zusammenhang durch feine Gefäfse durch
Ha,argefäfse, der in einer Fortsetzung desselben Gefäfsesy in einem Umbiegen besteht ist
ßlutgefäfsVerbindung ( Insßrlio terminalis) , Uebergang des Arterienendes in den Anfang
der Vene, oder Fortsetzung feiner Vènenauflösungeu in die Wurzeln anderer Venen, wie
dies bei der Pfortader und den Lebervenen der Fall ist*
Die Verbindung der Saugädern mit den Venen wird durch Einmündungen der
Saugadern durch die Wandungen der Blutadern vermittelt; es kommt eine Saugader mit
einer Venc> in Berührung, deren Wandung sie durchbohrt'^Insertio lateralis,)^ auf dieselbe
Weise, wie kleine Venenzweige und gröfsere Venenstämme sich verbinden und der
Milchbrustgang in die Schlüsselbeinvene Übertritt.
Eine Saugader endigt ihren Lauf, wenn sie ihre Flüssigkeit in ein Gefäfs ergiefst,
welches Blut führt, wenn Sie in. eine Véne mündet. Diese Verbindung setzt zwei Gefäfse,
eine Saugader und eine Vene voraus, die sich zu einem gemeinschaftlichen Stämmchen
vereinigen. So lange dies nicht geschieht, bleibt das Gefäfs und seine Aesfe, in die es sich
auflösen mag, Saugader, Saugaderauflösung oder Saugadergesflecht, da die sämmllichen Aeste
und Zweige keine andere Flüssigkeit als Lymphe enthalten. Die Grenzen zwischen Pulsadern
und Blutadern dagegen bestimmt man bekanntlich auf eine andere Weise, indem
man dort ihren Zusammenhang annimmt, wo die Pulsadern ihre feinste'Auflösung erreicht
haben, und wo unter der Einwirkung der Lebenskräfte die Vorgänge statt finden, in deren
Folge das arteriöse Blut venös wird. Hätte Herr Professor L ippi seine Theorie näher
erwogen -und der Phantasie nicht zu grofsen Spielraum gelassen, so hätte er einsehen
müssen, dafs eine. Capillargefäfsverbindung zwischen Saugadern und Venen in der Art, wie
er sie in der Abbildung, dargestellt hat, nicht bestehen kann, und dafs die Gefäfse, die er
dort als Venenwurzeln, Venenzweige und Aeste angiebt, nichts anderes als Saugadern
seyn köünen.
Versteht man unter Anastomose nichts weiteres als das Wort bezeichnet, den
Zusammenhang von Gefäfsen, deren Lumen in einander überfliefst, so kann man die
Verbindungen der Saugadern mit den Venen auch Anastomosen nennen, obgleich sie sich
hinsichtlich der Vorgänge,- die während dem Leben durch sie erfolgen können, also in
Betreff ihrer Verrichtung, von den Anastomosen zwischen gleichartigen Gefäfsen, sehr
wesentlich unterscheiden. Bei den Anastomosen gleichartiger Gefäfse unter sich, der