gefunden, und immer mehr wurde die Ansicht herrschend, dafs diese Gefafse der Verrichtung
des Aufsaugens, nicht nur der Nahrungsstoffe aus dem Darmkanale, sondern auch
verschiedener anderer Materien aus den übrigen Theilen vorstäuden.
War nun zwar in Italien, Schweden, Deutschland, Holland, England und Frankreich
ein grofser Wetteifer rege gewesen, dies Gefäfssystem in seiner Anordnung und Verbreitung
im Körper der Säugthiere und des Menschen zu erforschen, und seine. Verrichtung
auszumitteln, so trat mit Anfänge des achtzehnten Jahrhunderts allmählig ein Stillstand
in diesen Untersuchungen ein. Die bis dahin gemachten Entdeckungen schienen den
Naturforschern und Aerzten zu genügen und die Lehre von der Einsaugung durch die
Ly mph gefafse und der Ergufs der Substanzen durch die Milchbrustgäuge in das Blut»
schienen ihnen sattsam erwiesen.
Dem ohngeachtet hegten Männer von gröfser Autorität, Boerhaave, Albin, Haller,
Meckel, L ieberkühn u. a. die Meinung, der Chylus werde nur zum Theil von den Saugadern
aufgenommen und durch den grofsen Milchbrustgang in die Schlüsselhein - Vene geleitet,
zum Theil aber werde er durch die GekrÖsvenen eingesaugt oder in diese durch
Saugadern ergossen; auch in andern Theilen sprach man den Venen das Einsaugungsvermögen
nicht gänzlich ab.
In der letzten Hälfte des verflossenen Jahrhunderts, da man anfing die Lehre von
der thierischen Organisation in einem umfassendem Umfange zu bearbeiten, und die
Ueberzeugung wach wurde, dafs die Kenntnifs des Baues des menschlichen Körpers nicht
hinreiche um die Wirksamkeit oder das Leben des Menschen zu ergründen, nahm man
wieder zur Thier-Anatomie und zu Versuchen au lebenden Thieren seine Zuflucht.
William Hewson und Alexander Monro richteten ihre Aufmerksamkeit auf das
Saugadersystem der Vögel, Amphibien und Fische und waren so glücklich, auch in diesen
Thieren Saugadern zu entdecken. John und William Hunter, Hewson , Sograffi und
Awimann stellten Versuche an lebenden Thieren an, um das Einsaugungsvermögen der
lymphatischen Gefäfse des Darmkanals zu beweisen und die noch immer von einigen Physiologen
vertheidigte Lehre von der Venen-Einsaugung, in ihren Grundfesten zu. untergraben.
Bei diesen Versuchen wollte man verschiedene gefärbte und riechende Substanzen,
welche lebenden Thieren in den Darmkanal gebracht waren, wohl in den Saugadern,
niemals aber in den Venen angetroffen haben.
Da nun ferner die Lehre von den Saugadern in England, Italien und Deutschland
in Cruikshank, Sheldon, Mascagni, Soemmerring, Schreger, Werner, und F eller,
Haase u. a. die eifrigsten Vertheidiger fand und Saugadern fast in allen Theilen des
menschlichen Körpers nachgewiesen wurden, auch der Antheil der Saugadern bei mancherlei
Erscheinungen im krankhaften Zustande durch Soemmerring, Blizard, Assalini u. a»
nachgewiesen wurde, so erklärten sich zu Ende des vorigen Jahrhunderts fast alle Physiologen
für die Meinung, dafs den lymphatischen Gefäfsen allein das Geschäft der Einsaugung
zukomme.
Der Bemühungen so vieler ausgezeichneter Männer ungeachtet blieben dennoch
folgende Punkte in der Lehre von den Saugadern und der Einsaugung unentschieden:
1) Auf welche Weise gelangen Materien aus dem Darmkanale in die Saugadern? Geschieht
dies mittelst freier Mündungen, mit denen die Saugadern in der Schleimhaut
ihren Ursprung nehmen, oder übt diese Haut nur eine Capillaranziehung auf die Substanzen
aus, und werden dieselben, nachdem sie diese Haut wie einen Schwamm durchdrungen
haben, erst von hier aus durch die Saugadern aufgenommen?
2) Endigen sich alle Saugadern in die beiden grofsen Stämme, welche sieb als Milch—
brustgänge in die Schlüsselbeinvenen einsenken, und werden nur durch diese die ein—
gesaugten Substanzen in das Blut ergossen? ,odev verbinden sich auch Lymphgefäße
au andern Stellen mit den Venen?
3) Kann man wirklich den Saugadern nur allein das EinsaugungsVermögen zuschreiben
und mufs man dies Vermögen den Venen gänzlich absprechen?
Diese Fragen fanden in der neiären Zeit, wo' man anfing die Lehre über die
Aufsaugung abermal zu prüfen, v.elseitige Berücksichtigung, und die letzten Punkte wie
man dafür hält, ihre Entscheidung. Es »scheint nämlich keinem Zweifel mehr zu unter
hegen, dafs die Milchbrustgäuge. nicht als die einzigen Verbinduugskanäle zwischen dem
Saugadersystem und den Venen anzusehen seyen, und dafs man nebst den lymphatischen
Gefäfsen auch den Venen das Einsaugungsvermögen zugestehen müsse. Die Richtigkeit
dieset' Annahmen verbürgen zahlreiche anatomische Erfahrungen und eine grofse Reihe von
Versuchen Ober ‘die Äesofption an lebenden Thieren.
Beobachtet würde z-tvabi schon vöh älteren Anatomen, von Wa lk e s , Wepfer
Abraham Kaaüw, Herehstreit, Mertrud, Meckel u. a ., dafs im Menschen und den Säug-
thieren auch noch an änderen Theilen als den gewöhnlichen. Einsenkungsstellen der grofsen
Saugaderstämme in die Venen, Saugadern in die, Venen einmünden; allein diese Erfahrun-
geü fanden wenig Glauben, da sie sich nur auf einzelne,' oder sehr oberflächig vorgenom
mene Untersuchungen stützten, -und die Verbindungen nicht': so» bestimmt nachgewiesen
wurden , als es die Anatomen forderten, die einen solchen Zusammenhang läugneten Als
unrichtig verworfen wurden aie endlich und geriehen in Vergessenheit durch die Aussprüche
der grofsen Autoritäten eines Haller, Masoaohx und Soemmehmo, welche Verbindungen
der Art rm Falle ste wirklich beobachtet worden wären, als seltene Abweichungen von
er Regel erklärten, oder das Quecksilber, welches bei Anfüllung der Saugadern und ihrer
rusen in ie Venen überflofs, in Folge von Zerreifsung dahin gelangen liefsen.
R H ia äer Zeit, als ich diesen. Gegenstand wieder zur Sprache brachte
durch Untersuchungen an Thieren weiter entwickelt und. erläutert hatte Q, und meine
Ausspruche für emen vielfachem Verkehr zwischen Saugadern und Venen durch die Arenen
L auth’S , der meine Untersuchungen hierüber wiederholte, als gegründet befunden
worden waren, kam diese Lehre zur weitern Aufnahme.
Die Leichtigkeit mit,der Quecksilber bei Anfüllung der Drüsen durch zuführende
Sadgadern in die Venenzwbige' überflofs; dasselbe Ergebniß immer wieder bei
wiederholten Injektionen der Drüsen auf diesem Wege; die besondere Anordnung in manchen
Drüsen, an denen man wohl zuführende aber nicht ableitende Saugadern wahrnahm
be, welchen nur ganz allein die Venen das Quecksilber ausführteu, welçbes durch die ein-’
gehenden Lymphgefäße in sie getrieben war; endlich die, genauere Kenntnifs, welche
wir yon den Saugadern der Vögel erlangten, in denen die Saugadern der untern Gliedmassen
und des Darmkanals zum Theil schon in die Heiligenbem-- oder Heren-Venen
emmunden, hefsen dem Zweifel,»'ijiber die mehrerwähnte vielfältige Verbindung zwischen
Saugadern und Venen, nicht ferner Raum.
I Fur das Bestehen eines vielfachen Zusammenhangs zwischen Saugadern und Venen,
außer den ‘M.lchbrustgängen, sprüht sich in der jüngsten Zeit auch ein italienischer Ana-
, err Professoi Lippi zu Florenz, aus, dessen Angaben aber wenig Glauben zu ver-
dienen scheinen. ?)-
■ ■ ■ . Dr- V . »“ tO 'Ä l'l,U n te rsu ch u n g en , über die Verbindung der S^ugadern mit den Venen:
mit einer Vorrede von F r ie d r . T ie d em a n n . 8, Heidelberg 1821.
a) Illustration; Csiologiche e pnthologiche del Systeme linfatico - chillfero median,0 'la scoperta di un grau
numero di commUnicazioni di csso cöl renbso) Sei Prof. R egolo Lippr. Firenze iSaS. 4,