Z W E Y T E A B H A N D L U N G ,
D i e S p i n n e.
( A r a n e a ) .
Eben so wenig als von dem Skorpion giebt es bis jetzt von einer der zahlreichem
Spinnenarten eine genaue Zergliederung. Bios Reaumur, Rösel, Ramdohr und
Cuvier stellten einige anatomische Untersuchungen über jene Insekten an. Diese'
beschränken sich aber nur auf einzelne Theile und machen bey weitem kein Ganzes
aus. Reaumur *) beschrieb die Spinngefäfse, Rösel **) gab einige Abbildungen von-
geöffneten Kreutzspinnendie aber blos die weiblichen Zeugungstheile und die
Spinngefäfse zeigen; in Ramdohr’s Abbildungen zur Anatomie der Insekten * * *)
finden sich Zeichnungen von den Speichelgefafsen. und dem Därmkanal der Hausspinne,
und in Cuvier’s Vorlesungen über die vergleichende Anatomie einige zerstreute
Bemerkungen über jene Thierarten, besonders über das Herz und die Organe
des Athemholens derselben*
In der gegenwärtigen Abhandlung werde ich eine so .vollständige Beschreibung,
der sämtlichen innern Theile der Spinnen zu liefern suchen, als bey den vielen', mit
der Zergliederung dieser- Thiere verbundenen; Schwierigkeiten möglich ist; Die Arten,
die ich am häufigsten untersucht habe, sind: Aranea Diadema L. (Epeira Diadema
♦ ) Mem. de l'Aead. des sc. i Paris. 1713; Ed. il’Amsterdam, p. a83;
*■ *) Insektenbelustigung. Th. 4.- S. a58»- Tab, XXXVIII. XXXIX».
»**) H. 4. Tab, XXX; hg. 1* a&fy.
Eatr.) r Aranea domestica L. et Latr. und1 Aranea atrox L. (CTubioüa' äfröX Latr
Ausser diesen habe ich die Aranea obscura Fahr. (Dolbmedes mirabilis Latr.), Aranea
littoralis Degeer. (Lycosa saccata Latr.), Aranea scenica L; (Salfictls scehicus-
Latr.), Aranea montana L. und Aranea bipunctata L. untersucht. Von den letztem
nähert- sich die A-ranea bipunctata- im- innern Bau- der Aranea. Diadema j die übrigen1
sind in dieser Hinsicht mit der Aranea domestica und Aranea atrox verwandt. Erhebliche
Abweichungen, die ich bey den letztem gefunden habe , werde* ich am gehörigen
Orte' anführen.
Es wird auffallend- seyn, dafs ich die Anatomie der Spinne gleich nach der des:
Skorpions folgen lasse, und andern Insekten der Ärachnidenfainilie, die dem Aeüssern
nach mit diesem weit näher als jene verwandt sind, wie dem Bastärdskorpion, eine
spätere stelle anweise. Die Resultate meiner Untersuchungen Werden mich aber hierüber
rechtfertigen und zeigen, dafs Bey den Arachnid'en grofse Äehnlichkeit im Äeus-
sern oft mit Unähnlichkeit' im Innern verbunden ist,-
Die äussere Gestalt der- Spinnen hat in der That keine nähe Verwandschaft mit
der der. Skorpione. Die Vereinigung des Kopfs mit der Brust;, acht, an der Brust
befestigte Fiifse, und der Umstand, dafs sich die äussere Oeffnung der Geburtstheile
in der Nähe der Brust befindet: dies sind- die einzigen Hauptcharaktere, welche die
Spinnen mit den Skorpionen gemein haben.
Eine auffallende Verschiedenheit zwischen' beyden Thiergeschlechtern zeigt sich
dagegen schon beym ersten Blick in der Gestalt des Hinterleibs und der untern Seite
der Brus t in der Struktur und Befestigung der Beine; in der Gegenwart von Fühlhörnern
, die gar- keine Äehnlichkeit mit den zangenförmigen- Palpen- der Skorpionen
haben, und von Organen, welche den Stoff zum Gespinnst liefern;- in der Bildung,
der Frefswerkzeuge, und in der Lage der Werkzeuge des'Athemholens.-
Der Hinterleib ist, wie bekannt’, oval oder kugelförmig, durch eine enge Röhre
mit der Brust verbunden, blos mit einer dünnen Hanf bedeckt, und, bis’ auf einige
Queerfalten, die man auch nicht immer antrifft , ganz ungegliedert. Auf der untern
Seite desselben, nach hinten, befinden- sich die vier kurzen gegliederten Röhren,
vermittelst welcher die Spinne ihr Gespinnst verfertigt, und hinter diesen zeigt sich
der After als eine kurze trichterförmige Röhre.