liielloses Brustbein, sein Becken, dem des Säuglhiers ähnlich gehaiit und seine Haar-
bekleidiing an vielen Stellen des Leibes erkennen wir als Momente, welche ihn dem
Typus des Vogels entCremden. Suchen wir aber den Verkiiüpfimgspunkt auf, den die
Natur bietet, um die Straufsenlörm in Einklang zu bringen mit wirklich ihr nahe
stehenden Eormen, so mögen wir ihre Entwickelung belauschen und beobachten, wie
der Straufs aus dem Ei als Trappe geboren aus dem Trappenkleide hervorgeht und
in dieser Weise den Trappen als seinen natürlichen Vorgänger in seine Beihe versetzt.
Wir fügen darum den Charakteren des Straufsen auch den jungen Straufs hei und
halten uns -überzeugt, dafs auch dieser zur Cliarakterislik gehört. Aber dieser Typus
des Straufsen hat wie der des Casuars mir in wenigen Formen sich noch lebend erhallen.
Diese üehfi'gangs- und Mittelgebikle hatte, wie es scheint, die Urzeit zahlreicher
geschaffen. Bereits an den Casiiar schliefsen sich jene iiiitersetzten, stämmigen
Formen, welche sich in der Neuzeit auf Neuseeland gefunden. Ce la c u r t a , M m e u s
c r a s s u s und S y o r n i s C a s u a r i u s waren vielleicht dem Casiiar liengalens nahe
verwandt oder nur analoge Gestalten von solchen, welche vielleicht einst noch Indien
aus seinen walirsclieinlich an Produkten der Urwelt so reichen Dislricten uns spendet.
Der Straiifstypus selbst ist in zwet A p t e r y x , einem D r o m a i u s , zwei R h e a
und einem S t r u t h i o lebendig gebliehen, welche Neuseeland, Australien, Südamerika
nebst Holivien und Afrika gesondert bewohnen. Alle stehen in ziemlich naher Beziehung
zueinander, dennoch lassen alle vier Gattungen so bedeutende Lücken zwischen
sich, dafs deren Ausfüllung wahrscheinlich einst ursprünglich statlfand.
Die reiche Ausbeute an Knochen vorweltlicher Vögel, welche Neuseeland geboten,
und deren Kenntnifs wir den schönen Berichten und Untersuchungen von Owen verdanken,
verlhcilt sich aiicli wohl der Verwandtschaft nach, zunächst auf die in Australien
noch lebenden Formen. Einige kurz und plump gebaute von ihnen lial O w e n
seihst und wir nach ihm mit dem Casiiar Bengalens vergliclien, aber die übrigen liar-
moniren mehr mit den australischen Arten. So reihen sich A p t o r n i s , A n o m a -
l o p t e r y x und P a l a p t e r y x an A p t e r y x und wahrscheinlich wird P a l a l p t e r y x
diesen besonderen Typus vollenden. Die riesige Moa g i g a n t e a und M o v i a i n -
g e n s , von doppelter Gröfse des afrikanisclien Straufsen, endlich D i n o r n i s S t r u t
h i o i d e s mögen wohl zum besonderen Typus D r o m a i u s gehören, im Fall sicli
nicht U e u r a n t ' s Aussage hcsläligt, welche angebliche Schwingen des Vogels Moa
mit denen des Albatros vergleicht und diesen ähnlich genannt hat, in welchem Falle
diese von ihm gesehene Mo a vielmehr ein Zwischenglied zwischen Trappe und D r o m
a i u s gewesen sein möchte. Demi auch von diesen für ausgcstorbeii gelialteneii
Formen soll nämlich eine der Aussage nach im Jahre 1813 selbst noch gelebt hahen.
Das „New Zeeland Magazine" — vergl. Jardine Contributions to Ornühology 1851
p. 9 — erzählt nämlich, dafs sich nach dem Zeiignifs des Mr. M e u r a n t , Dolmetscher
bei der dortigen Begieriing, eine lodte Moa im Gastliofe zu Molyneaux im J. 1813
befunden und dafs die Eingeborenen die diinkelscliwärzliclien, purpurfarbig gesäumten
Federn als Schmuck in den Haaren getragen. Er sah ein Bein dieser Mo a , welches
ihm selbst noch 4 Zoll über seine Hüfte liinarireichte, es war so dick als sein Knie
noch mit Fleisch und Sehnen bedeckt. Das Fleisch sah aus wie liindlleiscli. Bewohner
des inneren Landes versicherten, der Vogel komme dort noch vor. Das Exemplar,
dessen Fleisch er gesehen, sei zufällig todt aufgefunden worden; er habe oft versucht,
dergleichen Vögel in Schlingen zu längen, aber immer vergeblich. Ein Mann, Namen.s
Ge o r g e Pai i l ey, welcher in den Foveaux Straits lobte, versicherte, er habe die
M o a ' s an einem Lamlsce im Inneren gesehen, sie seien Ungeheuer von 20Fii fsHöhe.
Auch hätte er Fiifslritte von ihr gelünden, bevor er den Flufs Fairi und die Gebirge
erreichte.
Mit dem dritten besonderen Straufsenlypus R h e a wahrscheinlich deutlich verwandt,
mul jedenfalls durch Vaterland nahe verbunden, sind jene ungeheueren dreizehigen
Vögel, welche in uralter Erdhildungszeit, d. h. als der alle Sandstein der ältesten Flötzzeit
noch knetbar gewesen, ihre Fiifstritte in unaiislöschliclier Weise eingedrückt
haben.
R e r e c y n l h i a R e d f i e l d i i halte bei 13 Zoll langen. Fiifszelien eine Schritt-,
weile von 30 Zoll, während B e l l o n a g i g a n t e a mit 15 bis 19 Zoll langen Zehen,
und wie es scheint, selbst im ruhigen Gange, vier Fufs weit ausschritt.
So hatte jeder Welltheil seine grofsen Laiifvög'ei, aber Afrika blieb es Vorbehalten,
diese Form zu ihrem Ahschlufs zu führen. Wenn hei den Laufvögeln die Beine das
Organenverliältnifs entwickeln und darbieten, in welchem die Natur bei der Lebens-
bestimmiing ihre Tiiätigkeit übte, so mufste auch der Fortschritt sich vorzugsweise in
diesen zur Anschauung bringen. Was aber hier in der Fiifsbildung Fortschritt genannt
werden kann und darf, ist wieder abhängig von der Stelle, auf welcher wir uns im
Systeme befinden, und so kann diese gegenwärtige Stelle selbst das zum Fortschritt gestalten,
was wir anderwärts Verküraniernng zu nennen befugt sind. Diese Stelle ist
und soll aber die sein, wo der Vogeltypus seinen Ausgang findet und wo er seinen
Uehergang zum Säugthier vermittelt; der Fortschritt mufs darum für den Typus des
Vogels negativ, für den des Säuglhiers positiv werden.
Wälirend wir also in A p t e r y x noch die .Andeutung einer vierten Hinlerzehe,
aiifser den drei Vorderzelieii gefunden, während alle folgende Formen drei Vorder-
zelien besitzen, so sehen wir endlich den Fufs des afrikanischen Straufsen auf zwei
Zehen rediicirl und dürfen dies aiuilomisch „Verkümmerung“ nennen, während wir es
im Zwecke des Lebens dieses Vogels als offenbaren „Fortschritt“ erkennen. Der Zweck
war der, dem Vogel'einen Fufs zu gestalten, welcher deiiiFiifse eines schnelllaiifenden
Säugtliieres sich assimilirte, um für den schnellen Lauf ihn im höchst möglichen Grad
tüchtig zu machen. Das Vorbild war der Karaeelfufs und durch dessen Nachbildung
wurde der Straufs zum Kanieelvogel und dadurch in den Stand gesetzt, den schnellsten
Lauf unter allen Vögeln zu üben.
Von den paläoiilologischen Forschungen in Afrika dürfen wir die Lösung des
liälhsels erwarten, ob dieser lebendige Straufs wirklicli.so allein stellt, wie die historische
Zeit bisher uns gelehrt hat. Mit gröfster Wahrscheinlichkeit gingen auch ihm
wie seinen Verwaiullen in Australien und in Amerika, in ähnlicher Weise drei nahe
verwandte Glieder voraus, und ob eines von ihnen oder zwei oder alle drei noch
dreizeilig gewesen, das dürfen wir von der Ausdehnung paläontologischer Nach-
siichiingen in dem Welttheile, vielleicht besonders in dessen Mitte erwarten, in welchem
diese -Ahnen des Straufsen vielleicht schon eine alte Urzeit begrub.