Das n a t ü r l i c h e S y s t e m ilei Vögel .
O i d e m i a tritt anl' als Erismatura (Biziura^) in der vierten Potenz, P e l io -
n e l t a als Wiederholung von T h a l a s s i o r n i s , E n i c o n e t l a als solche von N e s
o n e t t a und ganz deutlich von C l a n g u l a in der zweiten Potenz, aber alle sind
Vorläufer von S o m a t e r i a , welche sich als ihr eigener neuer Typus in der Andeutung
auf die C y g n i n a e vollendet, so dals jene nur ihre sie vorbereitenden Subgenera
sind.
Aus der Prüfung der Tabellen ergieht sich leicht die lintwiclieluiig der i'ihrigen
Gruppen in ganz gleicher Weise. Zeigt sich aber der Zusammenhang der Formen in
solcher Weise gegliedert durch ein ganzes System, dann mögen wir sagen, wir halicn
wenigstens die Grundzüge gewonnen für die Anscliauung des Werdens und des Eiit-
wickelns der Vogelnalur, und nimmer wird dann die BeobacliUing ruhen, um noch
Einzelnes zu ergänzen und berichtigend die Glieder in das aus der Natur selbst ge-,
wonnene Schema zu ordnen. Aber der Ordner wird auf einem nalürliclien Boden
stehen und sein mühevolles Bestreben wird ihn aus der Zerfahrenheit seiner Zeit in
die Ordnung der Natur selbst liiiieiiifnlireii, die willkülirlicli zerijtreuteii Objecte werden
sich sammeln und die üiiriihe eines selhslbewufst denkenden Geistes wird durcli eine
klare Anscliauung der wahren Natur-Erkemitnifs mul der willigen Befolgung der in ihr
selbst gegebenen Gesetze sich in eine heitere Beniliiguiig aiiflöseii können.
R ü c k b l i c k
auf tlie
H ¥ a d V ö g e l .
a. Urtypus der Ordnung.
Jener Urtypus der Schwimmvögel, der Tag und Nacht im hohen Meere schwimmende
und in dasselbe eiutaucliende Pinguin konnte zu einer Zeit erscliaffen worden
sein, in welcher sich nur so viel Erdboden darbot, um in dessen Ilöliliiiig seine Eier
aiisbrüten zu können.
Der Typus des S u m p f - oder W a d v o g e l s setzt bereits eine Eiitblöfsung von
Landstrecken voraus, wo seine Thäligkeit geübt werden kann, und ebenso mufslcii die
später geschaffenen Scliwimmvögel der liüliereii Stufen bereits eine Vegetation begrflfst
haben, von welclier sie zum Tlicil sich ernälirten und ihre Nester erbauten.
Der Sumpfvogel tritt auf als W a d e r im seichten Wasser, und wenn die Mehrzahl
der Schwimmvögel dem Oceaiie gehörte, so findet sich die Mehrzahl der Sumpfvögel
an Sümpfen, an den Rändern des Brackwassers, welches am Strande des Meeres
hereintritt, anderwärts auch Landseen bildet oder an denen der süfsen Gewässer,
welclie sich nach der weiteren Eiitblöfsung des Landes gebildet. Jene urtypischeii
Eigenschaften des Schwimmvogels, das Schwimmen mit Hilfe nackter Flügel niiler der
Fläche des Wassers, das aufrechte Stehen mit Hilfe des elastischen Schwanzes, das
salamaiiderartige Schlängeln seines langen Leibes am Boden, mit Hilfe der Flügel sich
forlschleppend und das froschartige Hüpfen vom Strande hinab in das Meer, und dieselbe
Salamanderbewegiing im Meere sind auf den höheren Stufen der Schwimmvögel
schon längst überwunden und keliren darum auoli hier nicht wieder zurück.
W a dvöge I. 23
Der zweite Typus der Vogcigeslallung, das Urbild des Wadvogels, im A u s t e r n -
f i s c h e r , tritt w.agereclit auf, auf senkrecht gehaltenen Beinen und bewegt sich in
wasserdichtem schwarz und weifsem Kleide, also wieder in der Urfarhc des Schwimmvogels,
schreitend und laufend von dannen und wadet im seichten Gewässer nacli ähnlicher
Nahrung wie dieselbe die meisten Schwimmvögel genossen, fiiindwürmer und
nackte Moliiskcn, Miischeltliiere und Schnecken und Krebse bilden den Haiipttlieil dieser
Nahrung, und nur für die gröfseren in der dritten, d. h. Pelikan-Reihe, folgenden
Formen treten Fische und Amphibien, ja sogar kleine oder junge warinbliitige Thiere
hinzu, bei selir wenigen Saamen iinil Beeren. Der Magen ist hier noch dünn muskulös.
Der Allsternfischer, zugleich als Nachbild der Schwimmvögel, schwimmt noch
gern und oft und geschickt und versieht noch zu tauchen, aber sein unangenehm
schmeckendes, fast iingeniefshares Fleisch zeigt auch noch überdies, wie sehr er diesen
tauchenden Vorbildern ähnlich organisirt ist; er ist der Pinguin unter den Wadvögeln.
I>. S e k u n d ä r t y p e n f ü r d i e C o h o r t e n .
Die Wa l d s c h n e p f e und der Silberreiher treten auf als die sclirolfsten Gegensätze
des Aiisternlischers, beide das Wasser nur noch im Waden berührend. In der
Schnepfe bietet sich zum erstenmale in der Vogelwell der Typus eines Nachtvogels
dar, im zarten, weichen, feingelleckten und gesprenkelten, düster erdfarbigen Gefieder
und mit grofsen glotzenden Augen, hoch oben neben dem Scheitel gelegen,-die ganze
Disliarmonie mit dem Bilde eines Tagvogels vollendend. Den Tag über, für den sie
nicht geschaffen ist, liegt sie niedergedrückt und verborgen im Grase, erst Abends
sondirt sie mit dem Endkiiöpfchen des langen Schnabels den Schlamm nach ihrer
Nahrung und in sanftem Fluge streichen die Männchen im Beginnen des Frühlings in
der lautlosen Ruhe einer wannen Däinmerungsstuiide in taumelndem Kampfe auf ihren
Tummelplätzen natlemd im düsteren Walde, worflif dann das Männchen mit lierab-
gedrückten Flügeln mul ausgebrciletem Schwänze liülinerarlig balzend, die Begattung
vollzieht. Hinter einem Bflsclichen oder Baiimslurzel legt das Weibchen in einiges
G'eniste vier Eier und führt die iiaoli 17 Tagen geborenen Jungen baldigst zur Nalir-
img! Das Fleisch der Schnepfen gehört unter die gröfsten Delikatessen.
Der S i l b e r r e i h e r , als zweiter Gegensatz des Austernfischers, ist eine Zierde
, unter den Vögeln aller Theiie der Welt. Bedeutend grofs und bei Längsstreckiing
aller Theile von zierlich schlanker Gestalt bildet ein langer, sehr spitziger SchnaheF
die nackten grünlichen Zügel, der dünne, sehr streckbare Hals, das schneeweifse Ge^
fieder, die längeren Sclimiickfedern am Rücken aus ilünnen, schwankenden Schäften
mit borstenarligen lockersteliendcn Fahnen, welclie den Schwanz weit überragen, die
langen Beine und der kamraförmige Nagel der Mittelzehe zum Festhalten liarter und glatl-
schaliger Thiere besondere Aiiszeiclimingen des schönen und harmonisch-anmiilhiFen
Tagvogels. Die Reiher bewohnen Ufer und Moräste, stofsen mit dem Schnabel schnellend
nach Fischen und anderen kleinen Wasser- und Laiidtliieren. Ihr Charakter ist
scheu, schliui und hösartig-lflckisch. Die Reiher nisten auf hohen Bäumen und ihre
Jungen sind Noslliocker, so dafs sie unter den Sumpfvögeln die gleichfalls als Raubvögel
fischenden Konnoranen unter den Schwimmvögeln, hier wieder als Baumvögel
vertreten. Ihr Fleisch ist von eben so unangenehmem Geruch und wird nicht Genossen.
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