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2 Das n a t ü r l i c h e S y s t em d e r Vöge l.
Der G r u n d s a t z eines Natursyslems ist doslialh nur in der Anschauung dieses
wahren Wesens der Natur, d. i. in ihrem „W e r d e n “ erfolgreich zu suchen und sicher
zu finden. *
Die B a s i s eines natürlichen, auf dieses Wesen der Natur gegründeten Systems
entspringt ans der EiTahnmg üher die Kemitiiifs der EntwickeUnig der liulividnen.
Der W e g zu der Aufstelhing des Systems ist die Vcrgicicluing der Imlividiien in
ihrer .Mannichfaltigkeit, nach dem Grundsätze der Zunahme oder Ahnahrne ihrer Ent-
wickelungsverliällnisse zusamniengestellt.
In der I d e e repräsenti rt das höchstorgaiiisirte Individuum die Gesammtheit aller
Individuen innerhalh seiner Classificalioiisstufen, so wie der Mensch die Organisation
des ganzen Thierrcichs nnifafst und im Gegensätze wieder die Gesamnilheit der niedriger
als sein Ideal, stehenden Thicrwelt als Inhegriff der denkharen Hemmiingsgehilde
in dem Entwickelungsgange des Organismus des Menschen erscheint.
In der A n s c h au i i n g oOfenhart uns die Natur ihr Werden, ihr Fortsclireiten vom
Einfachen und Niedern zum Zusammengcselzfen und Höheren. Die Vcrineliriing und
weitere Vollendung der Organe und Organismen durch Parallelreilien und die An-
rcihung der Organismen wird parallelen Stufenleitern oder Ketten oder den Feldern
zwischen den Meridianen einer I.andcharte, also einem Netze passend verglichen.
■Aber die P r o g r e s s i o n dnrcli die parallelen Beilien oder durch eine einzelne
Classificationsstufe einer solchen Reihe hindurch ist immer mir eine durch neue Anläufe
unterbrochene, als Theil untergeordnet unter die Progression des Allgemeinen
und Ganzen, immer wieder von einem niederen Verhältnifs als die vorige Stufe in
ihrem Ahschlurs erreicht hatte, selbstständig beginnend.
Alle diese Anläufe zu den Progressionen beginnen durch bis zu einem gewissen
und jeder Stufe eigenlhümlichen Organenverhältnisse entwickelte A r t e n und werden
durch Arten bis zu ihrem Ende, geffihrl. Die Auffindung und Bestimmung der Arten
in der Natur ist darum die erste und die Grundaufgabe für alle nalürliche Systematik.
Denn die A r t allein, der InbegriiT aller Individuen, welche sich gleichartig, d. li.
mit Beibehaltung ihrer Kennzeichen forlpllanzen, ist diejenige Stufe der Classification,
welche in der Natur durch ihr Auftreten, durch ihre Erscheinung allein gesondert sich
darbietet, und sich seihst erhaltend, sich durch Generationen im Fortschreiten der Zeit
immer wieder erneuert.
Aber auch die Art ist durch individuelle Entwickelungen dem Wechsel des inneren
und des äufseren Baues unterworfen und auch ihr Begriff ist nur für die auf gleicher
Entwickelungsstufe befindlichen Individuen ein durch Umschreibung bestimmbarer,
während junge wie sehr alle Individuen, ja sogar das abweichende zweite Geschlecht,
dann Unterarten und Abarten in ihren Abwcicluingen erläute rt, dem Artbegriffe sich
mir anfügen können und ihm in der Diagnose nicht einmal sich iinlerziiordneii vermögen.
Für die M e t h o d e der Wissenschaft, ist es sclnvierig und meist unmöglich, eine
jener Classificationssliifen innerhalb der Classen in jmsiliver Sprache so zu umschreiben,
dafs die ümsclireibung eine Differenz von den übrigen lieraiiszuheben vermöchte.
Die hergebrachte S i t t e hat zwar nach der Gewohnlieit der alten künsilichen
Systeme dergleichen Umschreibungen gegeben, aber diese Umschreibungen sind weder
im Stande, alles, was ihren Objecten gehört positiv zusammenzufassen, noch alles.
was ihnen nicht gehört, aiisscliliefsen zu können.
Die N a t i i rw a h r h e i l , welche der Mensch zu erkennen vermag, ist demnach darauf
beschränkt: dafs derselbe für alle Stufenfolgen der Classification entweder — wie
er hei der Art tliul, wo er für die Diagnose nur den fertigen Typus, ja , bei Abweichungen
des Geschlecljls sogar nur das vollendete männliche Individuum durch die
Diagnose zur Anschauung führt — 1) eben nur den T y p u s auffüliren und die Abweichungen
von ilcinsclhen erläuternd hiiizufügen kann, oder 2) dafs derselbe lOralle
Stufen keine anderen als g e n e t i s c h e Charaktere als in der Wirklichkeit nachweisbare,
positiv begründet erkennt, welche deutlich anssprechen, wo die Stufe beginnt
und wie weil sie vorsclireitet, wo sie sich also vollendet.
Die klare Erkenntnifs und Anscliauung eines T y p u s mufs darum für jecje Classi-
ficationsstufe eben so wie wir hei der Art daran gewöhnt sind, für das System der
Natur die Hauptsache sein. . Wir finden aber diesen Typus immer als einen g e g
e b e n e n in der Natur und der Mensch scliafft ihn nicht seihst, ihm ist mir die Auffindung
der U r t y p e n , nächstdem die Ableitung der N a c h t y p e n und die Erkenntnifs
ihrer Aufeinanderfolge für alle Classiflcalionsslufen und dann die Gruppirnng der verwandten
Formen um sie herum, als Aufgabe gestellt.
Die R e l a t i o n auf den Typus besteht in allen Fällen he! den ihm zunächst verwandten
Formen entweder 1) im Zurückbleiben hinter seiner Vollendung als normales
Hemmimgsgehilde oder 2) im Hinausstreben über den Typus als Uebergaiigsform durch
Hinneigung zu einer höheren Stufe. Auf der Milte jeder Stufe beides zugleich, auf
dem Anfang der Stufe nur das Erste, am Ende derselben das Letzte allein.
Die P r o b e für die Natürlichkeit eines Systems erlangt man durch Vergleichung
der Stellung einzelner Glieder und Stufen, durch die Nachweisung, ob deren Steigerung
in ihrer Organisation auch ihrer Steilung entspricht, ob überhaupt der G r u n d g
e d a n k e des „ N a t u r w e s e n s “ dem Ganzen als Canon harmonisch hindiirchtönend,
eine feste Basis gewährt hat und der rationelle algebraisch berechenbare Zusammenhang
der Glieder entscheidet hierauf allein, oh die Lösung der Aufgabe die richtige war.
Das G e g e n t h e i l von allen diesen Anforderungen bieten uns jetzt noch zahlreiche
Beispiele dar von fälschlich so genannten natürlichen, aber eines leitenden Canons
gänzlich entbehrenden, nur willkührlich nach suhjectiver Auffassung ohne Conseqiienz
in der Gliederung, künstlich gnippir tcn Systemen. Alle Ziisammenstelliingen, nicht ans
der inneren Entwickelung der Natur, sondern aus der Willkülir der Anschauung ihres
Verfassers geflossen, am häufigsten von den für die höchsten gehaltenen Gliedern beginnend
und zu den geringer geachteten liinnbsteigend, folglich im Gegensätze mit
dem Entwickclungsgange der Natur schon im ersten Prinzip nalurwidrigq öfter auch
gemischt, olme altes Prinzip, sind und bleiben nur Abbilder der Mannichfaltigkeit in
der Richtung der Willkülir der classilicirenden Individuen aller Zeiten, sie bleiben
s n h j e c t i v e Systeme, welche in ihrem ewigen Schwanken nie und niemals einen Ruhe-
pnnkt finden im Wesen der Sache und nie sich eines festen Bodens erfreuen, auf
dem sie durch innere Nothwendigkeit relalnriscli gegliedert, rein naturwüchsig zu beharren
vermochten. Abgerissene Stücke enthaltend, nach einseitiger Aehnliclikeit aneinandergereiht,
ist ihnen die allseitige, zugleich fortschreitende und zugleich parallele
Bezeichnung der Stufen eine gänzlich fremde gehliehen, und wir finden sie täglich