Zeichen für die Systematik nicht isolirt ahscimeidend und vorschreihend gelten, sondern,
lim ihre Deutung zu finden, auch ilir Anläng und Ende, wie die Art und Weise ihres
Wieileranrtretens genetisch erfafst werden mufs, um zu einem inneren Natiirverstäiid-
nifs gelangen zu können. Um nicht auf den Urtypiis der Schilder- und Schuppcn-
bildung bei den Radialen und Mollusken, wo dieselbe allerdings ilireii Griiiid hat, ciii-
gelieii zu wollen, genüge es, hier zu bemerken, dafs auch bei den Wirbeltliieren der
ursprüiigliclr nackthäiitige üeberziig in den Schiippeiiziistaiid und dieser in den Geschilderten
durch IJeherschreileii des ziegeiscluippigeii Quiiiciincialverliältnisses in das
Transversale sieli forlbildet, dieser aber eben so in das Beschuppte wieder zui'ück-
kehrt und die nackt werdende Haut endlich am Ahschliisse wieder erreicht wird. So
erscheint .überall als .Mittelverliälliiifs der scliilderig gepanzerte Zustand, welcher immer
wieder in den geschiippteii mul nackten auf der höchsten Stufe sicli aiil'löst.
Seihst die Befiederung, so charakteristisch sie auch die Classe der Vögel im Ganzen
bezeichnet und so mühevoll und Ireiriich uns N i t z s c h die Kenntnifs ihrer Verhältnisse
vermittelt, kann in ihren Verhältnissen nicht a h s c h n c i de iul auftreteii, um
etwa eine theilweise Scliwingenverkflniiiierung inaasgehend überall für Trennung oder
Verbindung erscheinen zu lassen, sondern auch diese Verhälliiisse offenbaren sich als
andeutend, fortscliieiteiid und sich wiederholend im Prinzip der ewig veränderlich
waltenden Natur, wälirend oft Färbung und Zeichniing des Federkleides weit charakteristischer
aulitriU als jene sogenaiiliten Charaktere, die man der Form des Schnabels
und der Beine und einzelner Federn ahzuzwingen versucht hat.
Einzelne, das Naturleben selbst beobachtende Forscher haben diese Schwierigkeiten
in der VA'alil der Classificatioiismittel empfunden und sind zum Theil von den siihjectiv
und in zerrissener Anschauung einseitig aufgeläfsten Kennzeichen zu mehr objectiven,
aus der Leben'stliäligkeit des Geschöpfes selbst horvorgegaiigenen Erscheinungen üher-
gegangen, und so hat z. B. der scharfblickende T e m m i n c k seine Aufmerksamkeit
mehr auf die Ernährungsweise des Vogels gewendet und diese als vorzügliches Merkmal
selbst in seinen Familien lierausgeliohen und diese darnach ohjcctiv nomeiicla-
torisch bezeichnet. Wer sollte aber bei notliweiidiger Vergleichung verkennen, dafs
aiicli hier nur a priori geschlossen worden sei und dafs seine Äapoces viele insecten-
fresser enthalten, vielleicht Becrenfresser, me. Altherie strenua, auch unter den Insectivores
entschiedene Beerenfresser, selbst älürder warmblütiger Thiere und unter den Grani-
vores offenbar Insektenfresser sich vorfinden. So stehen die blutdürstigen Meisen,
Würger und Tyrannen unter den sanften Insektenfressern und einige seiner Omnivores
können eine mannichlälligere Nahrung als viele von jenen nicht nachweisen lassen.
Im Gegentheil finden wir in der nächsten Verwaiidlscliaft bestimmte Unterschiede in
der Nahrung, so stehen neben den zahlreichen entschieden von Grassaamcii lebenden
Papageien in Neiiholland die schwarzen Kakatii’s, welche die fetten Holzraupeii zu ihrer
Eriiäliriuig aus den faulen Eiikalyptenslämmen herausziehen, und nahe neben den fischfressenden
Eisvögeln kennen wir solche, die sich von Insekten ernähren. T e m m i n c k ’ s
iilirige Ordnungen, Zygodactyli, Anisodactyli, Alcyones, Chelidones, Gallinae,
Alectorides, Cursores, Grallatores, Pinnatipedes und Inertes weichen auch wieder ab
von jenem Prinzip und diirlten in inconseqiienter Weise andersartigen Charakteren entsprechen,
ungerechnet, dafs jene Verhältnisse der verschiedenen Nahriingsraitlel nicht
einmal Kennzeichen des Vogels genannt werden können.
Neben allen Systemen, welche bis auf die Gegenwart in der Weise der alten
Jägersysteme mit den Raubvögeln beginnen und alles Uehrige in mehr oder minder
passender Weise willkülirlicli anreilien, hat das von I l l i g e r eine originelle Bedeutung
gewonnen, weil es als höchst organisirte Vögel nicht mehr die Adler und Geier,
sondern die Papageien erkennt und voranstellt. Die zahlreichen Momente, welche
anatomisch wie in der Betrachtung ilirer Lebenserscheinungen und in L i n n é ’s Vergleichung
dieser Vogel mit den Affen — „inter aves simiae'’^ — die Naturwahr-
heit dieser Ansicht hekränigeii, müssen dieselbe als eine rein objective der Systematik
auch ferner werthvoll erhallen; doch dürfen wir nicht vergessen, dafs eben diese hohe
Bedeutung der Papageien deren Stellung am Anfang oder am Ende nicht zulässig
macht. Die Classe der Vögel ist die dritte in der aiifsteigenden Reihe der Wirbelthiere
und ilire drille Ordnung repräsenti rt die eigene Classe der Vögel, während die
vierte den Dellex zu den Säiigtliieren zeigt; in der naturgemäfsen Stellung kann deshalb
der Papagei nur auf der dritleni Stufe der dritten Ordnung als Centriim und
höchster Typus der VogelhikUing erscheinen*), aber I l l i g e r verbleibt das Verdienst,
seine hohe Bedeutung, nach L i n n é zuerst durch die Stellung angedeutet zn haben.
O k e n glaubte nach älteren Andeutungen die gesammten Vögel in N e s tl 1 ü c h t e r ;
aves dutophagae, und N e s t h o c k e r : aves sitistae, für ein natürliches System trennen
zu können, aber auch er hat seinen Anklang nur so weit gefunden, als nicht
eigene weitere Kenntnifs der Entwickeliingsgeschichte und der Lebensweise der Vögel
die Unwahrheiten und das Naturwidrige seiner Eintheiliing auffimien liefs. Wir hoffen
vielmehr zu zeigen, dafs auch unter den Nestflüchtern in jeder dritten Ordnung, in
Hindeiitung auf die Ordnung der Baumvögel, Nesthocker Vorkommen müssen, wie in
der ersten Ordnung die Pelikane, in der zweiten die Reiher lind Störche, in der
vierten die Megapotlien, Tauben und Hokkos wirklich dies sind.
Alle diese Umstände sprechen einzeln dafür, dafs es abschneidende Charaktere, so
wie wir dergleichen im künsilichen Systeme gewohnt sind, für das natürliche nicht
giebl; alle entgegengesetzten Verhältnisse stehen in der Natur friedlich neben einander
und unsere Schilderungen der Classificationsstufen müssen sich bequemen entweder
den Typus allein zu beschreiben und dessen Vor- und Nachbilder innerhalb der Gren-
.zen der Stufe dazu anhangsweise zu erläutern oder sie müssen geradezu, wie wir dies
auch in allen Büchern finden, welclie meinen, abschiieidende Charaklere gehen zu
können, die positive Sprache verlassen und Gegensätze und unbeslimnite Ausdrücke
aufnehmen. So steht in der Natur in def That neben einander als Gegensatz ein
langer, und kurzer Schnabel: Apterys : Struthwneae, Certhiinae : Picaeum, Merops:
Psarisomas, Coradas : Colaris et Eurylaimus etc. sogar bei einer und derselben
Art an Männchen und Weibchen bei Neomorpha; ferner ein schwacher und starker
Schnabel bei A rd ea : Cancroma et Balaeniceps, Alcedo : Dacelo, Cuculus : Scy-
ihrops, Certhilauda : Mirafra; gerader und krummer Schnabel bei Picus : Colapies,
Galbtda : Jacainerops, Dendrocincla : Xiphorhynchus, Conirostrnm :Diglossa, in der*)
Hierbei ist zu bemerken, ilafs von unseim Tafeln die der Hülmon-ögel, Taf. XIX— XXXII,
eigentlich die letzten sein müssen, weil sie den Deflöx zu den Säugthieren vermitteln; in der Ausgabegingen
sie voraus, weil die höchst schwierigen Tafeln der Bauravögol nicht so schnell vollendet
werden konnten, um au ihrem Platze eingereiht werden zu können, so dafs sie erst von
XXX — c folgten
D u s n a iiir l. S y s lcm tl. J ''ö g el. , 2