Tabula XIX.
Neunzehnte Tafel.
Diese Tafel enthält Darstellungen sehr bedeutender Erweiterungen und Verkrümmungen von Lymph-Gefasscn.
Fig. I. Der äusserst merkwürdige, in seiner Art einzig dastehende, von Breschet1) beschriebene, von Dr. Amussat beobachtete
Fall. Ein junger Mensch von 19 Jahren, früher gesund und von kräftiger Constitution, war von der Insel Bourbon, wo er geboren war,
nach Frankreich gekommen und lebte daselbst 5 Jahre zu St. Malo. Seit einem Jahre hatte sich bei ihm in jeder Scbam'-Lcistc eine
ziemlich bedeutende Geschwulst gebildet, l'm die weitere Entwickelung der Geschwülste zu verhindern, war ihm das Tragen eines
doppelten Bruchbandes gerathen. Auf seiner lteisc nach Paris, wohin er im November IS29 kam, hatte er starke Tagcmärsche'gcmacht
und sich dabei sehr ermüdet. Er hatte die Gewohnheit des Abends das Bruchband abzulegen, um sich Erleichterung zu verschaffen.
Diese fand er auch bisweilen wenn er sich auf den Bauch legte. Ohne Compressiv-Verband konnte er jedoch nicht gehen, weil ohne
diesen die Geschwülste weit schmerzhafter wurden. Am «. Oktober befand er sich des Abends sehr wohl; am folgenden Morgen fühlte
er heftige Schmerzen im rechten Schoossc und in der Plica inguinal!«, dabei beschwerliches Athmen, trockenen Husten, eingefallenes
Gesicht, Kopfschmerz, Fieber, stechende Schmerzen in den Geschwülsten. Während der Zustand des Kranken sich verschlimmerte
wurde die Zunge weiss, entfärbt, immer trockener. Grosse Empfindlichkeit im Epigaslrium trat ein, aber keine Neigung zun, Erbrechen,
kein Schluchzen, keine Stuhlentleerung; die Respiration wurde beengt, stossweisc. Das Scitenstechcn. war fast ganz verschwunden,
die Stimme matt, tief, grosse Empfindlichkeit in den Geschwülsten zeigte sich und Rothe der linken Seite. Auf Befragen zeigte sich die
Geistesthätigkcit ungestört, sonst aber leichtes Delirium bei erweiterter Pupille; während der Nacht Delirium, heilige Angst. Der Kranke
stand auf und schlug den Wächtcr. Am Morgen war die Haut der Geschwülste roth. Man fühlte darin Fluctu'ation. Der Unterleib
wurde aufgetrieben, der Körper entfärbte sich. Eindrücke der Finger in der Haut blieben zurück.
Amussat wurde um 10 Uhr Morgens gerufen; der Kranke befand sich in der äussersten Ermattung, lag auf das Bett hingestreckt
mit offenem Mund und blauem Gosichtc. Er klagte über Respirationsbcschwerden und über Schmerzen im Unlcrleibc. Dieser war
beim Berühren selbst schmerzhafter als die Geschwülste. Die Gedanken des Kranken waren zwar zusammenhängend, doch antwortete
cmur mit Mühe auf die an ihn gerichteten Fragen. Er starb in dem Augenblicke, als Amussat Mittel anwenden wollte.
Leipri* 18S7G °"sCh|70 D" L5'mi',"S,"tCm b HI°'icllt "ufAn"onie. Pkywolopo nad Pathologie. Deutseh bearbeitet von Dr. Eduard Martin)-. Quedlinburg und