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Neben den Formen, welche zweifellos angewachsen Vorkommen, giebt es eine Anzahl sehr schmaler
Formen, welclie losgerissen nun im Wasser treiben, da sie nie eine neue Hasalscheibe bilden können. Es
erscheinen diese Formen auch stets steril. Sie messen von i 5 bis 20 cm in der Länge. Hei diesen sehr langen
Pflanzen beträgt die Breite der Lappen meist 1 mm, während sie bei kleineren l'ormen von 10— 15 cm auf
3—4 mm steigt.
Eine Kigenthümlichkeit der im Gebiete vorkommenden Pflanzen ist die, dass einzelne Aeste und Sprosse,
vom Hauptstamme ausgehend, sich an der Spitze nur wenig oder überhaupt nicht verflachen. Die etwa vor-
konimenden flachen Enden sind dann zuerst meist speerförmig, später werden sie breiter und beginnen dann sich
gabelig zu theilen. Nicht unhäufig macht sich auch eine einseitige Verzweigung an den Pflanzen bemerkbar.
Eine Anzahl von Sprossen entspricht dem Stamm auf der einen Seite nur, oder aber sie kommt zu Stande durch
eine Wendung der allseitig entstandenen Aestchen, sodass sie nach einer Richtung hindeuten. Es wird dies
wohl eine Anpassung an die Strömung sein, weil der Stamm von Phyll. vieinbranifolia nicht so geschmeidig und
biegsam ist, wie der von Phyll. Brodiaei und Phyll. rubens. Die verschiedenen Formen kommen im Gebiet
verbreitet nebeneinander vor.
b. Phyllophora Brodiaei.
Während bei Phyll. membranifolia hervorgehoben wurde, dass das Typische des Blattes darin bestand,
dass seine Triebe sich nicht scharf gegen den Spross abhoben, sondern allmählich aus demselben hervorgehen,
f in d e n w ir b e i Phil. Brodiaei, d a s s d ie T r ie b e s c h a r f a b g e g r e n z t s in d , so d a s s
an o f t e in e R e ih e v o n Ja h r g ä n g e n un t e r s c lie i den k a n n (Fig. 3).
Gute Abbildungen, auf denen diese Erscheinung zum Ausdruck kommt, finden sich
bei K ü tz in g (2 2 . Vol. X lX , Tab. 74 a u. b), L yn g b y e (2 5 , p. 1 1 , Tab. 3 B), H a r v e y
(18. pl. XX), T ü r n e r (3 4 , Vol. II, No. 72, p. 2) und in der P 'lo r a D an ic a (13, Tab. 1476).
Wir gehen bei der Beschreibung von typischen Pixemplaren aus, wie sie etwa in
den verhältnissmässig salzreichen Gewässern von Helgoland wachsen. Der Stamm ist
dünner als bei Phyll. membranifolia und zwar meist bis i mm d ick ; er ist nicht knorpelig,
sondern ziemlich biegsam. Die ganze Pflanze, die selten so dicht rasig ist, wie Phyll.
membranifolia hat typisch eine Höhe bis zu 12 cm, selten mehr.
Wir finden hier breit keilförmige Erweiterungen oft schon der aufrechten Thallusäste,
welche direkt der Basalscheibe entspringen. So gleicht oft ein Blatt an grösster Breite
genau seiner Höhe. Die grösste Breite eines Blattes beträgt ungefähr 4—5 cm.
Es entstehen die Triebe an Phyll. Brodiaei in besonderen Herden, aus welchen
sie büschelig hervorsprossen. Oft wächst nun der diesen Herd tragende Kantentheil des
Muttersprosses interkalarisch weiter (Fig. 3). Da nun auf der äussersten Kante eines keilförmigen
Blattes meist mehrere solche Triebherde entstehen, so bekommt dasselbe durch
Fig. 3. Phyll. Biodlari. das interkalarisclie Wacbsthum an zwei bis drei Stellen, tiefe Einbuchtungen. Diese sind
Typischer aufrechter jedoch meist nicht von der koniplizirten, doch regelmässigen Art wie die von Phyll.
Thallus. Nat. Grösse. membranifolia.
Zuerst sind diese jungen Triebe, welche gegen den Mutterspross durch eine scharfe Einschnürung deutlich
getrennt sind, dünn membranös, und etwas länglich-oval, allmählich werden sie fester, und es bilden sich dann
an ihren äussersten Kanten wieder die jungen Triebe.
Verzweigungen aus dem älteren Triebe des Stammes sind verhältnissmässig selten. Derselbe ist meist
flach, da er eigentlich nur ein Blatt darstellt, das allmählich etwas schmäler und dicker geworden ist. Nur ganz
an der Basalscheibe ist der Stamm stielrund.
Auch in der Ostsee finden sich Pflanzen, die denen der Nordsee sehr ähnlich sind. Bis kommen sogar
in salzärmeren Gebieten solche vor, deren Blätter fast 4 cm breit sind. Jedoch sind solche Individuen meist sehr
dünn membranös am flachen Theile. Oft ist ferner bei solchen p'ormen aus dem Gebiete, welche nicht mehr wie
10 bis 12 cm hoch werden, der Uebergang von Spross zu Trieb weniger scharf markirt, als bei Nordseepflanzen.
Doch ist der Triebansatz meist noch zu unterscheiden.
Neben den oben erwähnten typischen Formen kommt in der O s tse e noch eine Anzahl von Formen vor,
welche ihre Entstehung wohl dem geringen Salzgehalt des Wassers verdanken, ihr Fortgedeihen in freiem
Zustande ohne Basalscheibe, dem Fehlen von Gezeiten im Gebiete. Der geringe .Salzgehalt erzeugt die dünnen.
langen Formen, welche fast überall im Gebiete freischwimmend und stets steril Vorkommen. Das Ausbleiben
der Gezeiten gestattet den also entstandenen l'ormen eine ungestörte Fortentwickelung und rein vegetative Fortpflanzung
am Meeresboden, in Tiefen, die bei der Ebbe, wie sie z. H. bei Helgoland auftritt, sicherlich in dem
Wirkungsgebiet der Wellen liegen würden.
Die schmalen Formen haben lange und sehr schmale Blätter. Die jungen Triebe gehen etwas allmählich
aus.dem Mutterthailus hervor. Besonders ist dies der Fall, wenn aus dem äussersten Ende eines Blattes nur ein
Trieb entstellt, was bei den sclunalen Formen nicht selten vorkommt. Als Repräsentant dieses Formenkreises
hatte schon LYNGBYE (2 5 , S. 11 ) die fon n a concaténala aufgestellt. Die concaténala oder kettenförmige Erscheinung
wird erzeugt durch das Abwechseln des breiten Blattes mit dem schmalen Triebansatz, welchem wieder ein
breiter Trieb folgt,
Die von K ü tz in g (2 2 . Vol. 19, Tab. 74c) aufgestellte forma angustissima ist, wie auch H au ck (19, S. 141)
angiebt, besser mit concalenata in eine Form zu ziehen. Es ist in der That die f . angustissima, welche KÜTZING
auch schon als forma sterilis bezeichnet nur eine bedeutend schmälere concatenata. Im Princip ist sie gleich. Es
verschwinden jedoch o ft' die etwas breiteren Stellen vollständig. Wir
haben dann einen fadenförmigen Thallus (Fig. 4 Mittelfigur) mit fast
gleichmässig dickem stengelrunden Stamm, Alle diese verschiedenen, nur
frei ohne Basalscheibe vorkommenden Formen fasst Hauck in seine forma
ß. elongata (19, 5. 14 1) zusammen.
Der Uebergang von der breiten Stammform in die schmalen bis
ganz linearen Nebenformen lässt sich leicht verfolgen. Es können direkt
aus ganz breiten Blättern (Fig. 4), welche 2 cm breit sind und welche von
der • Basalscheibe losgerissen sind, und am Meeresboden umhertreiben,
längsgestreckte, schmale Blätter hervorwachsen. Diese können nach dem
mehrmaligen Hervorsprossen von Trieben, mit einer Breite von 2 bis 7
und 8 cm, die concatenata L y n G B Y E s erzeugen. Es pflanzen sich nun diese
schmalen weiter fort, doch stets nur auf vegetativen Wege.
Was die Maasse anbetrifft, so sei noch das Verhältniss von der
Länge zur Breite des flachen Thallus bei dem Formenkreis elongata Hck.
angegeben. Bei einer grössten Breite des ganzen aufrechten Thallus von
7 bis 8 mm erreicht die Pflanze selten eine grössere Länge als 12 bis 14 cm.
Jedoch schon bei 18 cm Länge sinkt die Breite auf höchstens 5 mm.
Letztere beträgt kaum 3 mm bei Pflanzen, die 25 bis 27 cm lang sind.
Bei Individuen von 30 cm und ein wenig mehr Längsausdehnung, welche
selten breiter sind als i bis 1.5 mm, finden wir den Stamm auf grössere
Strecken wenn nicht vollständig stielrund. Da diese Pflänzchen immerhin
nur losgerissene Bruchstücke sind, so sind die Längenmaasse nur als
Phyll. ßivdiaei. Einige Ostseeformeii.
grösste Messungen für die entsprechenden Blatttheile anzusehen. Die ganz
Nat. Grösse.
schmalen stielrunden Pflänzchen, welche oft kaum 3 mm dick sind, findet man in allen Längen bis zu 30 cm;
und wie schon bemerkt, gelegentlich etwas mehr. Die im Gebiete vorkommenden schmalen tormen sind im
Ganzen ziemlich gleichmässig mit den Hauptformen vertheilt.
Die in der PiiYCOTiiECA u n i v e r s a u s (3 8 ) von R e i n k e ausgegebene forma y baltica lässt sich ganz
leicht in den Formenkreis elongata Hauck unterbringen. Ebenso ist die öfters im Aigenherbar der Universität
Kiel erwähnte forma ligulata nur eine etwas breitere Pflanze derselben Form, K ü t z in g s forma ligulaia fructífera
(2 2 , Vol. 19. i'ab, 74b) ist dagegen eine typische Pflanze, welche allerdings eine ziemliche geringe Breite aufweist,
dabei jedoch normalerweise am festen Substrat haftet und zum mindesten Nemathezien tragen kann. Der Name
ist also fälschlich auf elongata-Vñ&mchen übertragen worden.
C. Phyllophora rubens.
Von dieser Alge finden wir eine treffliche Abbildung bei GREVILI-E (17 , plate XV). Wir gehen wieder
von einer breiten Nordseepilanze aus.
Der aufrechte Thallus ist immer fiach und gelegentlich findet man am basalen Ende der ganzen Pflanze
oder eines Thallusabschnittes, ein schmales fast kielrundes Stückchen. Der als Stamm zu bezeichnende untere