
unversehrt. Namentlich ist das Hinterhauptsloch und die andere Nasenöffnung ganz unbeschädigt. Der
Unterkiefer war mir nicht mit zugekommen. Von den Zähnen des Oberkiefers waren nur noch drei
Backzähne, der dritte und vierte des linken und der dritte des rechten Kieferbogens vorhanden. Ein
kleiner Keim des fünften Backzahns war rechts bcmerUich, links noch keine Spur davon. Es sind
also im Ghnzen im Oberkiefer 14 Zahnhöhlen vorhanden, wovon nur diè der beiden vierten Backzähne
sich noch nicht um den Hals des Zahnes 'zusammengezogen hatten. Ein Anfang des 15 alveoli
ist daselbst rechts, wie erwähnt, vorhanden. Der gerade Durchmesser des Schädels beträgt 3 Zoll 10
Linien par. Maafs; der gröfste quere Durchmesser 4 Zoll 6 Linien; der verticale Durchmesser von
der pars basitaris des Hinterhauptbeines bis zum vertex 4 Zoll 2 Linien. Die Schndelknochen sind
im Ganzen schwach; die Nähte noch nicht stark ausgezackt; die Stirnnaht vorhanden, die Basilarsjro-
physe noch ganz offen. Das tuberculum articolare des Schläfenbeines und der processus mastoideus
sind nur schwach entwickelt, die tuberà sincipitalia treten bedeutend hervor. Die sutura incisiva des
Intermaxillarknochens ist jedoch nur schwach angedeutet
Diese Merkmale zusammengenommen und mit denen der Zahnentwickelung verglichen, lassen mich
das Alter des Individuum, von welchem dieser, Schädel entnommen ist, ungefähr auf 12 Jahre anschlagen.
Der Durchbruch des vierten Backzahns findet gewöhnlich, beim europäischen Menschen, mit dem
12ten bis 14ten Jahre Stati. Die Zartheit der Knochen des Schädels, besonders die Kleinheit der processus
mostoidei, des tuberculi articularis des Schläfenbeines, die Schwäche des Jochbogens, die gröfse
Breite des Hinterkopfs, welche Breite Raum genug darböte für die Langsdorfischen Drüsen, wenn solche
je wirklich existiren und mcht Täuschung waren, vermögen mich, diesen Schädel für einen weiblichen
Schädel zu halten, wenn nicht etwa diese Zartheit des Knochens, wie ich nach Herrn Hofrath
Tilesius nachher zu erwähnender Beobachtung zu schließen nicht abgeneigt bin, nationale Eigenthüm-
lichkeit ist. Der gröfste Querdurchmesser der Stirn beträgt nur 3 Zoll 6 Linien, der Querdurchmesser
von der Mitte der Scldäfenbeine 3 Zoll 9 Linien, der gröfste Durchmesser des Kopfes von dextprotu-
barantiis sincipitalibus aus 4 Zoll 6 Linien. Der verticale Durchmesser von der pars basildris des
Hinterhauptbeines Lia'zur Scheitelhöhe ist 4 Zoll 4 -Linien. Bei zwei europäischen Schädeln, von ungefähr
demselben Alter, sind diese Durchmesser, der erste 4 Zoll, der zweite 5 Zoll, der dritte 6 Zoll
4 Liniep, der vierte 4 Zoll 7 Linien. Es verhält sich also die Breite der Stirn zur Länge des Schädels
bei dem NUkahiwerkopfe ungefähr wie 4 zu 6; bei den beiden europäischen Schädeln wie 4 zu 7;
Von oben herab, angesehen hat die Calvario eine flaschenähnliche Form, ist nemlich breit hinten, an
Jd en Schläfen eingedrückt und schwach an der Stirn gewölbt. Der Vorsprung der Stirn ist nicht be-
*trächtlich. . Der Gesichtswinkel hat ungefähr 75 Grade. Die tuberà frontalia sind wenig bemerklieb,
stark dagegen springen die tuberà sincipitalia vor. Die Schläfengegend ist ganz flach und Ton der
Höhe des Scheitels an wie gerade abgeschnitten. Eben so schief nach vorwärts wie abgeschnitten er-.
Scheint der Hinterhopf» . Die Basis des Schädels ist seitlich zusammengedrängt. Die Breite des Flü-
geibeines daselbst beträgt nur 2 Zoll 3 Linien, (dei den erwähnten europäischen Schädeln ' 2 Zoll 9
Linien). Die ¡pars basilaris des Hinterhauptbeines wird nach vorn conisch schmäler, der Gaumen ist
schmal. Die Choannoe sind enge, die processus pberygoidei steigen schief nach vorwärts und divergi-
rend nach unten und auisen herab. Das Pflugscharbeiri läuft mit seinem hintern Bande unter einem
sehr schiefen Winkel nach vorwärts und:nicht gerade nach abwärts. Der Oberkiefer tritt mit seinem'
Zahnhöhlenrande nach vorwärts vor. Die alveoli sind ziemlich grofs, die Dichtung der für die Schnei«
dezahne ist schief. Der untere Band der äufseren Nasenöffnung ist, wie beim Negerschädel abgerundet
ausgehöhlt. Die Nasehbeine fehlen durchaus. Es stofsen aber die Oberkieferbeine mit ihren verbal
tnifsmäfsig sehr starken und massiven processusfrontales oberhalb der Nasenöffnung zusammen, so dafs
die knöcherne Nähe ganz glatt und eingesunken aussieht, die Länge von 5 Linien und die Breite von
9 Linien an der Wurzel besitzt. Es sind diese beiden processus frontales mit einander, durch die Harmonie
verbunden, dagegen ist durchaus keine Spur einer früher vorhandenen Naht an ihnen selbst zu
sehen. Nur eine starke Furche für eine Arterie bemerkt man auf beiden Seiten, welche aber nur
oberflächliche Betrachtung mit einer Naht verwechseln könnte^
Diè Augenhöhlen sind höher, als breit, stehen schief n'ach aufsen. Die’fissura orbitalis superior
ist sehr weit,. Die processus. nasales ossis fro n tis steigen tief herab, wodurch auch das• Siebbein■ herabgedrängt
wird.
Es spricht sich also die Negerform dieses Schädels durch verschiedene nationale Eigenthümlich-
keiten aus.
Tab. XXI. Schädel eines Mohren aus Blumenbachs- Sammlung Dec. prim.
Tab. VU1.
Obgleich dieser Schädel am hintern Theil der Calvaria schön gerundet und
fast kugelig ist, so ist die keilförmige Form im Ganzen an ihm doch nicht zu
Verkennen.
Uebrigens werde ich auch auf diesen Schädel nochmals zurückkommen, und
ist hier eine nähere Beschreibung nicht nöthig.
VON DEN RACEN - SCHÄDELN INSBESONDERE.
Bekanntlich hat Blumenbach zuerst auf eine genügende Weise fünf Men-
schenracen oder Varietäten aufgesteüt und zwar: die Caucasische, Americanische,
Mongolische, Malayische und Aethiopische.
. Blumenbach bestimmt die Racenverschiedenheiten der Schädel auf folgende
Weise’).'
1) Das Mittel von allen hält der Kopf, an welchem man das meiste Ebenmaas,
eine sanft gerundete Form, eine mäfsig geebnete Stirn und engere Jochbeine
findet, welche nirgends hervorsprinnen und von dem Jochfortsatze des Stirnbeines
herablaufen. Der Zahnhöhlenrand ist ziemlich rund,, die YorcLerzähne in beiden Kiefern
stehen senkrecht.
Zum Muster dient der schöne Schädel eines alten Griechen Tab. I .; der
Schädel eines Mannes am Niederrhein; Tab. II. und Tab. III. der einer Frau gleichfalls
vom Niederrhein.
Diese schöne Schädelform ist das Mittel zwischen zwei Extremen und an
deren einem ist
2) der Kopf gleichsam viereckig; die Jochbeine stehen heraus; die Nasenvertiefungen
und die Knochen der stumpfen Nase stehen mit den Jochbeinen fast horizontal;
die Augenbraunenbogen sind kaum merklich;, /die Nasenlöcher sind enge;
die Wangengrube nur leicht gehölt; der Zahnhöhlenrand macht vorwärts einen flachen
Bogen; das Kinn ragt hervor.
Diese Schädelform ist den mongolischen Völkerschaften eigen.
Zum Muster dient der Schädel eines Jäcuten Tab. XI,
An-dem ändern Extreme hingegen
3) ist der Kopf schmal und an den Seiten eingedrückt; die Stirn sehr uneben
und höckericht; die Jochbeine hervorstehend; die Nasenlöcher weit; die Wangengrube
neben den Furchen am untern Rande der Augenhöhlen sind tiefer gehölt;
die Kinnbacken stehen hervor; der Zahnhöhlenrand ist schmäler, länger und ovaler;
die obern Vorderzähne stehen schräg hervor; die untere Kinnlade ist grofs und
stark; der obere Hirnschädel dick und schwer.
1) Blumcnbach über die Verschiedenheiten des Menschengeschlechts Seite 149#