
Gesichte finden mehr allmählich statt; daher ist der weibliche eiförmige Schädel
mehr, gerundet, ob er sich gleich deutlich oder bestimmt noch von der runden
Schädelform unterscheidet. Der Gehirn und Gesichtstheil ist auch beim weiblichovalen
Schädel niedriger als beim männlich-ovalen Schädel; die Kiefer stehen auch
etwas mehr zurück, sind weniger kräftig ausgewirkt, wodurch gleichfalls gröfsere
Rundung entsteht.
Ich stehe daher nicht weiter an, die ovale Ur-Schädelform in zwei Abtheilungen
zu. bringen,, nämlich:
1) in die ovale oder männlich-ovale Ur-Schädelform; und
2) in die rund-ovale oder weiblich-ovale Ur - Schädelform.
Muster oder Beispiele dieser Formen sind: T ab. I. T ab. II. und T ab. III.
T ab. I. Schädel eines alten Griechen. Dieser griechische Schädel ist wohl
der schönste bis jetzt bekannte Schädel. Unser würdiger Blumenbach erhielt diesen
Schädel von dem König Ludwig von Baiem, und ist aus einer Grube im alten
Grofsgriechenland.
Die aufserordentliche schöne Wölbung der Stirn und die senkrechte Richtung
der Oberkiefer zeichnet ihn besonders aus, und widerlegt so die aufgestellte
Behauptung, dafs das Gesichtsprofil in den griechischen Kunstwerken nicht nach der
Natur, sondern rein ideal sey,
Blumenbach hat ihn in der Dec. sext, coll. suae craniomm diu. gent. illust,
T ab. LI. abbilden lassen.
T ab, II. Schädel eines Europäers mit ovaler Schädelform.
Ich habe .absichtlich den Schädel eines grofsen, starken Mannes gewählt, wo
alle Theile kräftig ausgebildet sind und wo die rein ovale Schädel - Form so bestimmt
ausgedrückt ist; was sich durch die Vergleichung mit den übrigen Schädelformen
nur um so mehr ergibt. -
T ab. IJI. Schädel einer Europäerin mit rund ovaler-Schädelform.
Es ist dieser Schädel in Beziehung zu dem vorhergehenden rundlicher, kleiner,
zarter gebaut u. s. w. und beide Schädel dienen, so auch als instructive Beispiele
von Schädeln des männlichen und weiblichen Geschlechtes.
VON DER RUNDEN UR - SCHÄDELFORM.
Wenn der Gehimschädel niedrig, mehr breit und vollkommen kreisförmig ist,
so dafs der Schädel vorn, an den Seiten und am Hinterhauptbein fast ganz gleiche
Rundung und Umfang hat, so nennen wir einen solchen Schädel rund. Der Gesichtstheil
hat gleiche Bildung; die Kiefer sind mehr seitlich entwickelt, daher weniger
hervorragend, niedrig, und in sieh gerundet. *
Die beiden Querdurchmesser des Schädels, d. i. der vordere in der Schläfengegend
und der hintere in der Ohrgegend, .kommen hier in Hinsicht ihrer Gröfse
einander beinahe ganz gleich, so dafs man bei runden Schädeln eigentlich nur einen
Querdurchmesser zu bestimmen hätte.
Der gerade Durchmesser der runden Schädel verläuft vom Hinterhaupt (vom
äufsern Hinterhauptstachel, protuberantia occipitis externa,) zur Stirn (Stirnglatze
Glabella), ist aber eben darum auch kleiner als bei den ovalen Schädeln, und kommt
daher dem Querdurchmesser seiner Schädelform in Hinsicht seiner Ausdehnung oder
Gröfse relativ sehr nahe, und die Gesiohtslinie ist bei diesen runden Schädeln darum
auch mehr senkrecht.
Muster oder Beispiele hiervon sind: T ab. IV., T ab. V., T ab. VI., T ab. VII.
und T ab. VIII.
T ab. IV. Runder Schädel eines Europäers,
Die. Stirn ist niedrig, zurückweichend; das Planum semicirculare ossis fton-
tis et ossis parietalis prominiren auf beiden Seiten bedeutend; die Augenbraunenbögen
ragen stark hervor und nähern sich beinahe ganz; die Stirnglatze, Glabella,
ist mehr prominirend; die Nasenwurzel' ist breit;' die Augenhöhlen tief und mehr
rundlich; die Nasenknochen liegen mehr fläch dachförmig und sind nicht lang, aber
verhältnifsmäfsig breit; die Oberkiefer stehen g a n z s e n k r e c h t , sind niedrig und breit;
die Wangenbeine ragen mäfsig nach aufsen hervor. Der Eingang in die Nasenhöhle
ist grofs und weit. Das Gaumengewölbe, wie die ganze Basis des Schädels gerundet,
verhältnifsmäfsig mehr breit als lang.
Der Längendurchmesser des Gehirnschädels beträgt 6 ZoU 2 Linien, der hintere
Querdurchmesser 5 Zoll 2 Linien und der vordere Querdurchmesser 4 Zoll
6 Linien.
T ab. V, Runder Schädel eines Juden.
Nach Blumenbach sind die wichtigsten unterscheidbaren Eigenthümlichkei-
ten des Judenschädels 1) die ungewöhnlich grofsen und seltsam gestalteten Nasenknochen,
welche die den Juden eigne Habichtsnase hervorbringen; 2) die vom mehr
spitz zusammenlaufen und in einen gröfsem vordem Nasenstachel endenden Oberkiefer;
und 3) das vierseitige und Stark vorragende Rinn
Diesen Kennzeichen fügt Mulder noch ein anderes bei, nämlich eine Grube
welche an der äufsern Fläche der Augenhöhle, wo der Schläfenmuskel sich in dieselbe
heftet, befindlich sey, und innerhalb der Augenhöhle selbst, an der jener
Grube entsprechenden Stelle, eine Erhöhung hervorbringen soll. Die gedachte Grube
selbst soll durch eine den Juden eigenthümliche Bewegung des Schläfenmuskels
beim Reden und Lachen hervorgebracht werden, so wie überhaupt die ganze Juden-
1) S. comment. Gotting, vol. XIV. p. 42. De gen er, Num. ver. nat. edit, 3. p. 195 et 196. Nat. e. f. ?•
— Abbildung eines hundertjährigen Judenschädels in der vierten Decas. T ae. XXXIV.