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An dem Schûdclfi'nginent von Bordeaux liai der fiinflleizte
Zahn eine Krone, deren mit längs geninzellcm Scbmelz bedeckter
Theil 1" Breite gegen ebensoviel Höhe besitzt. Am
vordem scharfen Kande scheinen die Zacken gar nicht ausgebildet
zu sein, am hintern Rande folgen auf die Gipfelzacke noch
4 Zacken mit scharfen Rändern. An der äiifsern Seile der Wurzel
verläuft eine breite, an der innern Seile eine liefe schmälere
Furche, welche die Wurzel in eine weniger dicke vordere und
in eine viel dickere hinlere Portion Iheilt. Auch an den folgenden
Zähnen scheint der hinlere Theil der Wurzel etwas dicker.
Die Grenze des Schmelzes ist an allen diesen Zähnen tiefer als
an den Zeuglodonzühnen und bildet einen viel flacheren Bogen.
Die 3 letzten Zähne nehmen an Länge und Breite allmählig ab,
alle haben die Zacken (aufser der Mittelzacke meist 4 am vordem
und hintern Rande) ausgebildet. Der drittletzte Zahn hat
1" Breite auf 9'" Länge des mit Schmelz bedeckten Theils der
Krone und 6"'Dickc an der Basis der Krone. Der zweitlelzle
hat nur 11"' Breite, der letzte nur 10"'Breite auf 7"'Höhe des
Schmelztheils der Krone. Alle diese Zähne scheinen einfache,
nur am Ende getheille Wurzeln zu besitzen, diese Art der Wur -
zelbildung ergiebt sich aus der Form der Alveole des vierlletzlen
Zahnes, welche bis auf den Grund offen und am Grunde getheilt
isl. Diese Wurzelbildnng halte auch der von Gervais
beschriebene Zahn aus dem Kalkstein von Saint-Jean de Védas hei
Montpellier, calcaire moellon des Ma r c e l de Serres. Ann. d.
sc. nat. in. série. T. V. 1846. p. 262. Die Backzähne des S f f i t a -
lodon Grateloupi sind übrigens von schlankerer und verhällnifsmäfsig
schmalerer Krone als die von Scilla abgebildeten
(unserer Abbild. T a f. XXI IL Fig. 6 ) und diejenigen von Linz
(unserer Abbild. Taf. XXI ÏL Fig. 7]. Die Backzähne von Malta
(und Linz?) sind auch nur doppeltwurzelig. Bedenkt man dazu,
dafs die Sqiialodon-Formation von Bordeaux mittlere, diejenige
von Malta vielleicht obere Terliärformalion ist*), so könnten der
Squalodon Grateloupi und der Phocudon Scillae vielleicht
verschiedene Arten sein.
In Hinsicht des feinern Baues der Zähne von Zeuglodon
kann ich auf die Untersuchungen von Owen verweisen. Blutgefäfse,
welche man in Dresden in den Knochen und Zähnen
gesehen haben wollte, giebt es in den Zähnen nicht, sondern
nur in den Knochen, wo ihr Verlauf wenigstens durch die verzweigten
Markkanäle, in denen sie ihren Silz hatten, angegeben
ist. Der Durchmesser der feinsten dieser Kanäle in den Knochen
ist nicht gröfser als bei andern Säugelhieren, von Blutkörperchen
kann überhaupt keine Rede sein (so wenig als von versteinerten
Knorpeln); die Markkanäle der Knochen sind übrigens
stellenweise durch ihre bräunliche oder rothbräunliche Färbung
auffallend deutlich.
S c l i l u f s - B e m e r k n n g e n über den Schädel.
Dafs die Zeuglodon Säugethiere sind, darüber kann nach
den Resultaten der gegenwärtigen Untersuchung nicht der geringste
Zweifel sein. In der Zusammensetzung des Kopfes ist
auch nicht die entferntesle Andeutung von einem Reptil. Völlig
) Die Tertiiirformation von Linz soll der Molasse angehören, v. Meyer
im Jalirb. cl. Mineral. 1843. p. 704.
entscheidend sind der Mangel der Nälhe am Unterkiefer aufser
der Symphysis, die Zusammensetzung des Schläfenapparates, die
Gegenwart einer Bulla ossea in derselben gerollten Form wie
bei den Cetaceen, die Schnecke mit driltehalb Windungen und
Spiralplalte ganz von derselben Form wie beim Menschen und
bei den Säugelhieren, die beiden Condyli occipitales, die doppeltwurzeligen
eingekeilten Backzähne, die platten Endflächen der
Wirbelkörper. Die beschuppten Amphibien haben immer nur einen
Condylus occipitalis, und wenn derselbe bei den nackten Amphibien
wie bei den Säugelhieren doppell ist, so sind gegen diese
die übrigen Gharactere völlig entscheidend, wie Schnecke, Paukenmuschel,
Mangel der Nälhe am Unterkiefer. Die Osteologio des
Kopfes vereinigt Gharactere der ächten Cetaceen und der Seehunde,
die Kiefer gleichen nur denen der ächten Cetaceen. Die
Zähne erinnern durch ihre gröfsere Zahl an jene, durch ihre
Form ganz und gar an die Seebunde, aber die grofse Zahl der
einvvurzeligen gekrümmten Zähne mit einfacher nicht gezackter
Krone, welche die vordere Hälfte der Kiefer einnehmen, weicht
von den Seehunden ab. Weder im Bau des Schädels, noch in
der Form der Zähne sind Affinitäten mit den grasfressenden Cetaceen
oder Manatis vorhanden.
W i r b e l im Allgemeinen.
Während der Schädel eine zwischen den Seebunden und
ächten Cetaceen in der Mitte stehende Form andeutet, treten in
der Wirbelsäule die Gharactere der Cetaceen und insbesondere
der Wallösche auf das entschiedenste auf. In einigen Funden
entfernt sich zwar die Wirbelsäule von derjenigen der Cetaceen,
das sind aber solche die Zeuglodon überhaupt eigenthümlich und
ihm mit keinen andern Säugelhieren gemein sind.
Übereinstimmend mit den Cetaceen, und zwar den Wallfischen,
isl dafs die Halswirbel und vordem Rückenwirbel sehr kurz
sind, dafs die Wirbel nach hinten an Länge der Körper zunehmen
und ihre gröfste Länge in der Lenden- und vordem Schwanzgegend
besitzen. Übereinstimmend mit den Cetaceen ist ferner
der Mangel der schiefen oder Gelenkforlsätze am gröfslen Theil
der Wirbelsäule von dem Rücken bis zum hintern Ende. Denn
nur die Halswirbel und vordem Rückenwirbel der Cetaceen bedecken
sich mit ihren schiefen Fortsätzen. Am ganzen übrigen
Theil der Wirbelsäule besitzen die Bogen der Wirbel nur Processus
musculares am vordem Theil derselben, und diese umfassen
nur den Domfortsatz des nächst vorhergehenden Wirbels,
welchen sie bei Zeuglodon wegen der Länge der Wirbelkorper
nicht einmal erreichen. Die mehrslen Wirbel waren daher nur
durch die platten Endflächen der Wirbelkörper verbunden; diese
halten Ligamenta intervertebralia zwischen sich.
Übereinstimmend mit den Cetaceen ist ferner das Verhalten
der mittlem Schwanzwirbel, deren Querfortsätze senkrecht durchbohrt
sind, und die Stellung der Querfortsätze, welche bei den
Cetaceen, insbesondere bei den Wallfischen und ebenso bei den
Zeuglodon am gröfslen Theil der Wirbelsäule sich am Körper
des Wirbel s befinden, auf den sie schon am Anfang des Rückens
übergehen.
EigenthOmliche Erscheinungen der Zeuglodon-Wirbel sind
folgende. Die Körper aller Wirbel, mit Ausnahme der kurzen
Halswirbel und ersten Rückenwirbel, sind von 2 naho bei einander
liegenden Emissaria durchbohrt, wie es bei Plesiosaurus und auch
bei Säugelhieren (Mylodon) vorkommt.
Zeuglodon eigenthümlich sind ferner die Stellung derQuerfortsätze
der hintern Rumpfwirbel am Rande der Basis des Wi r -
belkörpers und die Stellung der grofsen Processus accessorii seu
musculares am vordem Theil des Wirbelbogens, welche bei den
Wallfischen und Delphinen meist verlical aufgerichtete Blätter sind
und den Processus spinosus des vorhergebenden Wirbels zwischen
sich nehmen, ohne dafs hinter ihnen entsprechende gleiche
Fortsätze vorhanden wären. Bei Zeuglodon ist das breite Blatt
dieser Fortsätze der Rückenwirbel, Lendenwirbel, Schwanzwirbel
nicht senkrecht aufgestellt, sondern liegt flach und beide Fortsätze
stehen weil auseinander, so dafs sie den Processus spinosus
des vorhergehenden Wirbels nicht zwischen sich nehmen, den
sie ohnehin nicht erreichen, was bei den Wallfischen erst am
Schwanz einlriltt.
Unter den 3 Wallfischspecies, die ich vor mir habe, sehe
ich nur bei Balaenoplera musculus Fr. Cuv. eine Annäherung
darin, dafs die Processus accessorii der hinlern Lendenwirbel
sich aus der aufgerichlelen Stellung, die sie weiter vorn
hatten, mehr neigen und divergiren.
Ein sogleich auffallender Characler der Wirbel der grofsen
Zeuglodon liegt in der Schichtung der Rinde der Knochen, wenigstens
beim erwachsenen Thier; man bewundert diese Slruclur
an jedem abgebrochenen Querforlsalz oder Bogen, dessen letzlern
Wurzel ganz aus Schichten besteht. Aber bei den Cetaceen
ist davon nichts zu sehen.
Endlich ist zu erwähnen, dafs die Epiphysen der Wirbel
mit hohen Blättern und tiefen Spalten in die gleichen Spalten und
Blätter der Diaphyse des Wirbels eingreifen, wodurch auf der
Grenze auswendig, oder auf Durchschnitten, ein Ansehen entsteht,
wie von den sich kreuzenden Fingern. Die Blätter und
Spalten haben eine slrahlige Stellung, d. h. ihre Ebenen stehen
radial. Taf. VIII. Fig. 5. Wegen dieses liefen Ineinandergreifens
ist es sehr schwer sich zu überzeugen, ob die Epiphyse
angewachsen ist oder nicht. Man siebt indefs auf Durchschnitten
der grofsen und langen Wirbel die zickzackförmige Grenzlinie
meist noch erhallen nnd hier durch graue Sleinmasse bezeichnet,
abstechend gegen das immer röthlich aussehende Knochengewebe,
welches auch dann noch dieses Ansehn hat, wenn seine Knochenzellen
durch Sleinmasse ausgefüllt sind. Nur seilen ist die Grenze
zwischen Diaphyse und Epiphyse nicht eine schmale Zickzacklinie,
sondern eine breitere durch Sleinmasse bezeichnete Schicht
wie an einigen der kürzern Wirbel, aus denen Koch den
Schwanz des Hydrarchus gebildet halle, die aber Lenden- und
vordere Schwanzwirbel einer andern Art sind.
Es ist eine Reihe Rückenwirbel und Lendenwirbel von einem
ganz kleinen Zeuglodon vorhanden. Die Rückenwirbel sind 2" 9'"
breit, 2" 2"' lang, die Lendenwirbel 2", 8 " ' - 3 " ' breit, 2", 3"'
bis 2" 6"' lang.
Diese Wirbel haben das eigene, dafs sie nicht geschichtet
sind und dafs sie durch und durch aus einer ziemlich grobzelligen
Knochensubslanz bestehen. Die Grenze ihrer sehr dünnen Epiphysen
ist meist sehr undeutlich und nicht zickzackförmig. Ob
diese Wirbel einem jungen Thier oder einer kleinen Species
von Zeuglodon angehören, ist nicht sicher zu bestimmen.
Eine Trennung des Bogentheils des Wirbels vom Körper
ist nicht vorhanden, was dafür zu sprechen scheint, dafs diese
Wirbel nicht sehr jung sind. Es müfsle denn der Bogcnlheil
sehr frühzeitig an den Körper anwachsen. Ebenso wenig findet
sich an irgend einem der gröfsern Wirbel eine solche Grenze
oder eine Spur von einer Naht, und wenn der Bogen von einem
Wirbel getrennt ist, isl es immer Folge des Bruchs.
Die kurzen Wirbel, wie die Wirbel des Halses, die vordem
Rückenwirbel und bei der kurzwirbeligen Art von Zeuglodon
überhaupt alle Wirbel bestehen wie gewöhnlich die Wirbel der
Säugethiere ganz aus Knochensubslanz; dagegen zeigen die sehr
langen Wirbel, Lenden- und vordem Schwanzwirbel der langwirbeligen
Art ein sehr auffallendes Verhalten, indem sich bei
einem guten Theil derselben an gewissen Stellen des Wirbels
statt Knochensubslanz reine Steinmasse zeigt, und das gilt selbst
von den allergröfslen Exemplaren von Wirbeln von 16" Länge
und 8 — 9 Zoll Breite des Wirbelkörpers. Nur einzelne unter
den langen Wirbeln sind ganz ossificirt. Bei andern und zwar
den mehrsten ist nur der mittlere Theil des Wirbelkörpers, das
mittlere Drillheil und die Endlheile durch die ganze Dicke des
Wirbels ossificirt. Was dazwischen isl, das vordere und hinlere
Drillheil des Wirbelkörpers ist auf der Oberfläche nur dünn und
stellenweise sogar gar nicht ossificirt, besonders am hintern Theil
des Rumpfes. Diese laugen Wirbel enthalten im Innern im vordem
und hintern Drillheil einen mehr oder weniger, oft sehr grofsen
Steinkern und müssen im Leben hier Knorpelmasse enthallen
haben. An mehreren Wirbeln slöfst die das Innere füllende
Sleinmasse nach der Oberseite des Wirbelkörpers gar nicht einmal
auf die erwähnte dünne Schicht von Knochensubslanz, sondern
geht rein in Sleinmasse über, welche den ganzen Wirbel
eingeschlossen hat. Die untere Seile des Wirbelkörpers ist
mehrenlheils in ganzer Länge ossificirt. Beispiele von diesem
ganz eigenlhümlichen Verhallen, welches von mir zuerst bemerkt
worden, sind auf den Tafeln XV. Fig. l , XVL Fig. 3 , XVII.
abgebildet. Es mufs ausdrücklich bemerkt werden, dafs die
von Steinmasse ersetzten Weichtheile des Wirbelkörpers nicht
der Trennung der Epiphyse und Diaphyse entsprechen, vielmehr
liegt die Naht zwischen Epiphyse und Diaphyse viel näher
den Endflächen des Wirbelkörpers, und diese Naht hat über sich
und unter sich noch Knochenmasse; sondern es handelt sich um
einen in vielen Fällen nicht ossificirenden Theil der Diaphyse
des Wirbelkörpers vor und hinter dem milllern Drillheil.
H a l s w i r b e l .
Von den Halswirbeln der Zeuglodon sind in der Kochschen
Sammlung nur zwei gefunden worden, welche von ihm
nicht zu dem Hals des Hydrarchus benutzt worden, dessen Hals
vielmehr aus dem Rücken- und Lendentheil einer andern Zeuglodon
Species zusammengesetzt war.
Nachdem hier das zu dem kleinem Schädel gehörende Hinterhauplsende
mit den Condylen aus dem Gestein blofsgelegt worden,
entstand die Vermuthung;, dafs zu diesen Condylen ein Atlas gehören
könnte, der einzeln vorhanden war. Hr. Koch äufserte
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