DAS NÖRDLICHE AMERIKA.
DIE VEREmiGTEN STAATEN, CALIFOMIEN M D OREGON MIT ALLEM FESTLAND UND DEN INSELN BIS ZOM NORDPOL.,
Nordamerika bildet die grosse Ilälfle des ganzen Amerika, fast 1 Fünftlicil des oberen Ei-dfesten. Es ist durch die Natur des
Landes wenig gegliedert, aber durch die polilisclien Grenzen der Vereinigten Staaten schachbretartig geographisch scharf gelheilt. Am
Weslrande ziclien die Cordilleren der Andes - Gebn-ge bald einfach bald mehrfach mil iln-er erst neuerlich bekannt gewordenen Vulkanen-
Reihe bis über 12,000 Fuss aufsteigend', von Süden nach Norden, denen sich östlich unmittelbar hohe nicht vulkanische Schneeberge,
das theils granitische, tlieils liauptsächlich aus Thonschiefer mit goldrciclien Quarzgängen gebildete Felsengebirg (Rocky mounlains), und
westlich in Californien und Oregon mehrfache Küstengebirge anschliessen. Die grosse masseniiafte Ausbreitung des Landes bildet, wie
in Südamerika, der Gebirgs-Abhang nach Osten und Nord-Osten, welcher sich in erst liohe und lebensarme, sehr allmälig absteigende
innner reichere Ebenen verflacht, die dann in grosser östlicher Entfernung von den Cordilleren durch wasserreiche, in breiten Thälern
fliessende, grosse Flüsse und Seen in ein überreiches. Culturland umgebildet werden. Am östlichen Rande des grossen Landes, gegen
das atlantische Meer bin, ünden sicli parallele wellenartige, wie durch seitlichen Druck in mehrfache Falten gehobene höchst gleichartige
Bergzüge, Alleghani oder Apalachisches Gebirge genannt, von älterem Gestein, mit ganz gleicher Schichtenfolge, welchc nur selten den
AVa SS erlaufen nach Osten und Westen Durchgang gestalten, sicii aber mit den Tliälerti und Gewässern von Norden nacli Süden, bis über
2700 Fuss 2 erhoben, hinziehen. Ueber die colossale Einfachheit und grossartige gleiche ganz eigentbümliche Verbreitung von nur
wenigen Gebirgsformationen im ganzen Nordamerika hat, auf den Grund von JAMES HALL'S Untersuchungen der besonders von STANSUURY
gemachten geognostischen Sammlungen, neuerlich LEOP. v. Bucu von Neuem aufmerksam gemacht (Mouatsber. der Bcrl. Akad. 1852 S. 665),
nachdem LYELL aus eigenen Untersuchungen und JAMES HALL'S Materialien eine geognostiscbe Uebersichtscharle zusammengesetzt hatte. Mehr
als die Hälfle von Nordamerika, -vom Eismeer bis zum mexikanischen Meerbusen, wird von einer ungeheuren Thalfläche eingenommen, welche,
von Norden nach Süden gerichtet, die Mitte bildet und gewaltige Steinkohlenlager bietet. Die oben erwähnteil Wellengebirge aus älteren
Gebirgsschicliten schliesseu das Thal gegen das ailautische Meer im Osten. Vom Missouri-Strome an geht ein hohes Tafelland von schon
seit 1842 miki-oskopiscli festgestellter Kreide ^ als westlicher Thalrand bis zu den Rocky mountains und bildet die grösste Kreide-
Ausdehnung in der Well, aber nicht einer unorganischen, sondern der aus Lebens-Elementen gebildeten Polylhalamien-Kreide. Auf der
Westseite der Rocky mountains gegen das grosse AVeltmeer hin ist keine Kreide gefunden. Marine Tei-liärscbichten, auch Infusorien-
Biolilhe (Tripel), linden sich am Fusse der atlantischen Gebirgsreihe, der Alleghani, in aufl'allend besonderer Art. Süsswasser-lnfusorien-
Biolithe derselben und neuerer Periode sind zahlreich auf beiden Seiten des Felsengebirgs gefunden. Ein ungeheurer Ring von Granithergen,
gleich einem Monds-Kraler nach v. BÜCH, umgiebt die Hudsonsbay. Die Jura-Formation fehlt nach demselben dem ganzen Festlande
von Amerika im Süden und Norden.
In diesen so gebauten Oberflächen-Verhältnissen hat die in dem hier zu nehmenden Gesichtspunkte der Verlheilung und
Ansammlung des kleinsten Süsswasser-Lebens die Wasserverlheilung einen eben so grossartig besonderen Charakter, ßiesenflüsse utul
Riesenseen, welchc letztere Binnenmeeren gleichen, liegen mitten im Festlande. Kein anderer Erdlheil hat solche Süsswasser-Massen.
Der Mississipjii-Slrom ist der Hau[)ls!immler der W.asserläufe, welcliem der Missouri die westlichen, der Ohio und Tenessee die östlichen
Gewässer des ganzen ungeheuren südlich der Seen gelegenen Mittel - Landes zuführen. Die 5 grössteii gegen Norden im Binnenlande
gelegenen meerartigen Süsswasser-Seen haben ihren Ablluss im Lorenzsironie, vor dessen sehr nördlicher Müiulung und Bay Neu-Fonndland
liegt. Eine übergrosse Menge kleinerer, noch nördlicher gelegener, Seen führen ihre Gewässer durch den Mackenzie-Slrom ganz nördlich
in das Polarmeer, während kleinere zahlreich zur Hudsonsbay fliesscn. Von den Rocky mountains und allen West-Cordilleren gehen nocli
reiche Wasserläufe in den Rio Graiule del Norte nach Texas, andere, der Colorado, Gila, Columbia und Oregon in den grossen Wesl-Ocean.
Die Vertheilung der Fluss-Ablägerungen an erdigen und organischen Süsswasser-Gebilden drängt sich in Nordamerika durch
den Mississi[)pi und Rio del Norte vorherrschend zum mexikanischen Meerbusen hin, wo diese Ströme sich münden und mit ebenso
riesengrossen Delia's, den Prairien von Texas und Luisiana, das Festland jetzt abscbliessen. Der Lorenz-Strom trägt seine Trübungen
ins nördliche allantische Meer und der Mackenzie ins Polar-Meer. Die kürzeren westlichen Flüsse bringen nordamcrikanisches Süsswasser-
Leben mit ihrem Goldstaube in den grossen Wesl-Ocean. Die ungeheuren Fluss-Ablagerungen des Mississippi vermögen nicht den
mexikanischen Meerbusen zu versumpfen, sondern haben dasselbe Schicksal wie die des Amazonas und Nil's, dass sie in der jetzigen
Eril-Periode eine unübersteigliche Grenze erreicht zu haben scheinen, welche durch oceanische Stiöniungen gegeben isl. Was der
' Mount Helens soll 12,700 t'ass liocU suin, Moiinl Hcigiiicr 12,330 lüiss. Muunl Hood ward von DVES und TUWAIUET 1854 18,301 Kuss gemessen.
- Nack CiiAiaiis KLLET in Pcnsylvanien 2 7 5 4 Fuss. Smithsonian Conlribmion lo knowledge. Vol. II. 1851.
' Alihandl. der I3cil Akad. 1S4I, gedmckt 1S43, S. AÜÖ und 433. (Im besonderen Abdtuckc S. 77. 145.)
II. I'orlselzmij;.